Der Autor
Lukas Jacob, geboren 1994, hat nach dem Abitur eine zweieinhalbjährige Ausbildung zum Lokführer gemacht, war anschließend ein Jahr lang Lokführer im Rangierdienst und ist seit 2016 Lokführer in Kornwestheim.
Sie kennen sich aus, weil es ihr Beruf ist, ihre Profession. Weil sie jeden Tag damit zu tun haben. Und sie stolpern immer wieder über Ungenauigkeiten und Fehler in journalistischen Berichten, die sie ärgern. Deshalb schreiben hier ab heute Menschen über ihren Beruf und was ihnen in Medien dazu aufstößt. Den Auftakt macht der Lokführer Lukas Jacob, der uns diese Reihe vorgeschlagen hat. Vielen Dank dafür! Und wenn es Ihnen ähnlich geht, wenn also auch Sie häufig Falsches über Ihren Beruf lesen, dann schreiben Sie uns doch eine E-Mail.
Ich bin Lokführer. Daher liegt mir, es sollte niemanden verwundern, die Eisenbahn am Herzen und ich halte sie für wichtig. Sie geht quasi alle an. Wie sollte man auch sonst Massen an Pendlern zur Arbeit karren und wieder zurück, wenn nicht auf Schienen? Wer sollte tausende Tonnen Stahl durchs Land schaffen, wenn nicht Güterzüge? Und das sind nur zwei der unzähligen wichtigen Aspekte der Verkehrs- und Umweltpolitik in diesem Land.
Ich nutze Medien, um mich auf dem Laufenden zu halten, was eben diese Politik angeht. Daher muss ich darauf vertrauen, dass kundige Menschen die Feder schwingen oder wenigstens solche, die sich kundig machen, denn man hat nicht zwangsläufig einen besseren Einblick in die Verkehrspolitik, wenn man Lokführer ist. Dieses Vertrauen wird allerdings hin und wieder auf die Probe gestellt. Häufig dann, wenn Medien über die Dinge berichten, in die ich einen tieferen Einblick habe – etwa meinen Job.
Es beginnt schon damit, dass meine Kolleginnen und Kollegen und ich keine Triebwagenführer sind. Auch keine Triebführer, Zugfahrer, Lokfahrer, Zug-Piloten (Holla die Waldfee!) oder dergleichen, sondern Lokführerinnen und Lokführer oder, wer es ganz offiziell mag: Triebfahrzeugführer/innen.
Die Bezeichnung „Zugführer“ ist übrigens auch nicht richtig. Allerdings wird es hier schon diffiziler: Vereinfacht gesagt hat der Zugführer die Verantwortung für alles, was in und mit dem Zug geschieht. Der Lokführer ist dann die Fachkraft, die den Zug fährt, aber grundsätzlich erst losfahren darf, wenn der Zugführer ihn damit beauftragt. Der Zugführer ist der Chef. Da S-Bahnen und viele Regionalzüge mittlerweile ohne eigenen Zugführer verkehren, nimmt dessen Aufgaben der Lokführer mitunter zusätzlich wahr, unterstützt durch technische Einrichtungen. Dann sind wir also Lok- und Zugführer zugleich.
Lukas Jacob, geboren 1994, hat nach dem Abitur eine zweieinhalbjährige Ausbildung zum Lokführer gemacht, war anschließend ein Jahr lang Lokführer im Rangierdienst und ist seit 2016 Lokführer in Kornwestheim.
(Gegenüber Reisenden in Zügen, die mit eigenem Zugführer verkehren, tritt dieser allerdings meistens auf wie jeder andere Zugbegleiter und kümmert sich mit um die Fahrgäste. Falls Ihnen, übrigens, im Zug mal ein Zugbegleiter begegnet, der eine weiß-rote Armbinde trägt: Das ist der Zugführer! Die Armbinde trägt er, wenn es mehrere Zugbegleiter auf dem Zug gibt.)
Gut, das muss erst mal niemand wissen. Es beeinflusst nicht den Lauf der Welt, ob da jetzt Lokführer, Zugführer oder sonst was steht. Aber wollten Kinder früher nicht in großer Zahl einmal Lokführer werden, wovon doch bestimmt ein paar mittlerweile in Redaktionen sitzen? Gibt es nicht eine bekannte Gewerkschaft, die den Lokführer im Namen trägt? Müsste im Gedächtnis sein, oder? Aber es scheint, als hätte irgendwann jemand recherchiert, wie die Berufsbezeichnung lautet – und ist zum falschen Ergebnis gekommen. Seither haben wir den Salat.
Es liegt in der Natur der Sache, dass man sich als Journalist oder Journalistin Zusammenhänge erklären lassen muss, wenn man sich nicht zufällig selbst auskennt. Und dass man die dann vereinfacht und zusammenfasst, damit es möglichst viele Menschen verstehen. Dann wird es oft kritisch. Aber ich kann mir vorstellen, wie ich ins Schwimmen geriete, würde man mich in die Schifffahrt einweihen und ich müsste berichten. Insofern ziehe ich den Hut vor der Arbeit, die in den Redaktionen tagein, tagaus geleistet wird.
Doch wir leben in modernen Zeiten (zugegeben: Wann tat man das nicht?), und es ließe sich doch bestimmt immer jemand auftreiben, der mal kurz zurückmeldet, ob man da nun korrekt vereinfacht und zusammengefasst hat. Das wird spätestens relevant, wenn ein Artikel oder eine Sendung tief einsteigt und technische Zusammenhänge erläutern möchte. Auch hier frage ich mich oft, wie das nun wieder passieren konnte.
Da kommt es zum Beispiel vor, dass man ganze Absätze eines Artikels durchgehen kann und Satz für Satz sagen muss: Nein, stimmt (so) nicht. In der „Süddeutschen Zeitung“ findet sich etwa ein Artikel von 2013 mit dem Titel „Weniger Mensch, bitte!“, der viele Kolleginnen und Kollegen geärgert hat.
Ein Absatz, fünf Sätze – und nichts stimmt so ganz:
In den Hochgeschwindigkeitszügen der Deutschen Bahn ist der Zugführer inzwischen vor allem dafür da, im 30-Sekunden-Takt den ‚Tot-Mann-Knopf‘ zu drücken1)Dieser Satz wurde von vielen Kollegen verständlicherweise als Unverfrorenheit aufgefasst. Ich kann aber auch nachvollziehen, wie dieser Eindruck bei Außenstehenden entstehen kann. Einzig: Der Schein trügt.. Tut er das nicht, schlägt das System Alarm – und bremst den Zug ab. Viel mehr, als über die Technik zu befehligen, hat der Mann im Führerstand des ICE nicht zu tun, der nicht umsonst längst ‚Zugchef‘ heißt und nicht mehr ‚Zugführer‘. Nicht einmal die Befehlsgewalt über das Tempo obliegt ihm mehr. Vielmehr kontrolliert das ‚Punktförmige Zugbeeinflussungssystem‘, dass Züge sich … an Geschwindigkeitsbegrenzungen halten.
Ich kann den Gedanken hinter diesem Artikel verstehen und teile ihn sogar bedingt. In allen Lebens- und Arbeitsbereichen soll die Technik immer mehr Verantwortung übernehmen oder uns zumindest in unseren Aufgaben unterstützen. So auch hier. Auf modernen Eisenbahnfahrzeugen sitzt zwischen Lokführer und Schiene immer der Computer, der etwa Befehle des Lokführers nicht oder nur bedingt umsetzt, wenn sie unmittelbar zu Schäden am Fahrzeug führen können.
Doch selbst im halbautomatischen Betrieb, der auf Schnellfahrstrecken grundsätzlich möglich ist, muss ein Lokführer ständig die aktuelle Situation erfassen, beurteilen und entsprechend handeln – auch wenn das nicht mehr so viel körperliche Arbeit bedeutet wie zu Dampflokzeiten. Aber auch trotz Automatisierung: Es kann immer etwas passieren, unerwartet, worauf ein Lokführer reagieren muss, zum Beispiel ein Schaden an einer Oberleitung.
Der Absatz ist aber auch ansonsten schlecht recherchiert. Dass der Begriff „Zugführer“ Quatsch ist, hatten wir ja weiter oben schon. Der angesprochene „Tot-Mann-Knopf“ heißt bei der Eisenbahn, weil er eine sehr spezielle Variante2)Der Taster ist ständig gedrückt zu halten und muss nach (in aller Regel) etwa spätestens 35 Sekunden kurz losgelassen und wieder gedrückt werden, um eine Zwangsbremsung zu verhindern. ist: Sicherheitsfahrschaltung und überwacht eben nicht nur die Anwesenheit des Lokführers (mehr kann ein „Tot-Mann-Knopf“ nicht), sondern auch dessen Reaktionsfähigkeit. Die Konklusion, der technische Fortschritt habe zur „Degradierung“ des Zugführers zum Zugchef geführt, ist kompletter Unsinn. „Zugchef“ ist einfach nur die Bezeichnung, die die Deutsche Bahn für Mitarbeiter im Fernverkehr benutzt, die unter anderem die Aufgaben des Zugführers (nicht: des Lokführers) wahrnehmen.
Ja, auf entsprechend ausgerüsteten Strecken kann die Zugsicherungstechnik die Geschwindigkeit nach oben begrenzen. Diese Technik heißt aber „Linienförmige Zugbeeinflussung“ (LZB). Die „Punktförmige Zugbeeinflussung“ (PZB) ist das andere, viel weiter verbreitete System, das genau das nicht kann, sondern – vereinfacht gesagt – Züge bis zum Stillstand bremst, wenn sie unerlaubt an einem Halt zeigenden Signal vorbei- oder zu schnell in einen Gleisbogen einfahren.
Übrigens: Die LZB3)Die LZB erfordert außerdem eine weitere kurze Ausbildung und Prüfung. Dieses nach außen hin einfacher wirkende System stellt also an den Lokführer höhere Anforderungen. interessiert sich nicht dafür, was sinnvoll oder gewünscht ist, sondern achtet nur auf die Sicherheit. Die Geschwindigkeit, die der Lokführer tatsächlich fährt, ist also regelmäßig niedriger als erlaubt. Wir halten fest: Hätte man mal vor Veröffentlichung jemanden gefragt, der sich auskennt!
Unsereins rauft sich auch oft auch die Haare, wenn es in Artikeln um Unfälle an Bahnübergängen (BÜ) geht, vor allem bei Artikeln, die in Lokalblättern erscheinen. Zum Beispiel, wenn dort gefragt wird, wer eigentlich Vorfahrt hat, sollte so ein Bahnübergang mal ausfallen. Spoiler: Immer die Eisenbahn!
Natürlich machen Unfälle betroffen, aber Schranken gibt es an Bahnübergängen hauptsächlich, um der Unaufmerksamkeit der Autofahrer und Fußgänger etwas entgegenzusetzen.
Der oben erwähnte negative Eindruck entsteht häufig deshalb, weil zum Beispiel Zeitungen die Forderungen und Sorgen der Anwohner und die Reaktion des Infrastrukturbetreibers einfach hintereinander schreiben. Eingeordnet wird das dann häufig nicht. Etwa dieser Fernsehbeitrag über einen BÜ, dessen Gleis etwas höher liegt, wodurch Autos im Interesse ihrer Stoßdämpfer langsamer darüber fahren sollten, merkt nur in einem Nebensatz an, dass es richtig ist, Bahnübergänge vorsichtig zu befahren. Was dem Problem vor Ort doch erheblich die Brisanz nimmt. Immerhin: Findet eine Einordnung statt, wird oft betont, dass eben alle mit in der Pflicht sind, an Bahnübergängen besondere Vorsicht walten zu lassen.
Erfreulich ist, wenn sich die Berichterstattung zum Besseren wandelt. Bei Personen- oder Bahnübergangsunfällen kommt der Lokführer inzwischen häufiger als (auch) betroffene Person vor. In den vergangenen Jahren gab es mehrere gute Reportagen darüber, was mit Kollegen passiert, die so etwas erleben. Denn obwohl allen Kolleginnen und Kollegen klar ist, dass es ihn oder sie treffen kann, ist es keineswegs der Fall, dass wir Suizide oder Unfälle einfach so wegstecken. Die Folgen reichen häufig von mehreren Tagen Krankheit über den Wechsel der Einsatzstrecke, um die Unfallstelle nicht mehr befahren zu müssen, bis hin zur zeitweiligen oder vollständigen Berufsunfähigkeit.
Was bleibt, zusammengefasst und vereinfacht?
Die kleinen, absolut vermeidbaren Fehler sind, weil sie immer und immer wieder passieren, irre nervig, auch wenn der Schaden, den sie anrichten, gering ist. Aber es geht doch um korrekte Berichte, um Genauigkeit, um Journalismus, oder? Bleibt also die Hoffnung, dass über die entscheidenden Entwicklungen auf dieser Welt anders, korrekter berichtet wird und die oben skizzierte Richtung beibehalten wird, um stetig besser zu werden.
Fußnoten
↑1 | Dieser Satz wurde von vielen Kollegen verständlicherweise als Unverfrorenheit aufgefasst. Ich kann aber auch nachvollziehen, wie dieser Eindruck bei Außenstehenden entstehen kann. Einzig: Der Schein trügt. |
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↑2 | Der Taster ist ständig gedrückt zu halten und muss nach (in aller Regel) etwa spätestens 35 Sekunden kurz losgelassen und wieder gedrückt werden, um eine Zwangsbremsung zu verhindern. |
↑3 | Die LZB erfordert außerdem eine weitere kurze Ausbildung und Prüfung. Dieses nach außen hin einfacher wirkende System stellt also an den Lokführer höhere Anforderungen. |
Die unerschütterliche Redlichkeit eurer Bemühungen um besseres Handwerk rührt mich immer wieder aufs Neue. Danke!
Ich hätte den Artikel wirklich gern gelesen, musste aber leider immer nur „Lukas, der Lokomotivführer“ vor mich hin giggeln.
Ich versuche es später nochmal, versprochen!
Tolle Rubrik!
Bitte mehr davon!
Toll geschrieben!
Tolle neue Rubrik!
Wieder was gelernt :-)
Danke.
Auf jeden Fall eine sehr schöne Kolumnenidee, in mehrfacher Hinsicht, vielen Dank auch an den Ideengeber und ersten Autoren! Ich wünsche viel Erfolg und werde eifrig weiterlesen.
Ich bin übrigens gelernter Betriebsschlosser und stolz darauf. Nichts mit im „Arbeiterviertel“ wohnen o.ä.
Hies auch immer: Dann arbeiten, wenn andere feiern.
Aber wenn es denn unbedingt „Maintenance“ u.o. „Service-Technician“ heissen soll: So what…
Noch ein Dreivierteljahr, dann gibt’s Rente.
Freue ich mich drauf wie Geburtstag und Weihnachten zusammen.
Jetzt, zum Schluss, muss ich mich alimentieren lassen, wie die Spahns dieser Welt.
Dreihundert Euro plus KV, der Rest durch eine Unfallversicherung:
Kein schlechtes Gewissen dabei…
Ist aber off topic
Das warme Licht zwischen den Zeilen ist die Austrahlung, der man immer dann begegnet, wenn man auf Leute stößt, die ihre Arbeit gerne machen.
Ich jedenfalls habe den Artikel gerne gelesen.
Danke für den interessanten (und gut recherchierten ;-) Artikel. Es wäre vielleicht eine bessere Welt, wenn Lokführer Zeitungsartikel schrieben. Ich sorge mich nur vor lokführenden Journalisten.
Prima Artikel, hätte da gleich mal ne Frage.
Der Lokführer arbeitet ja im Führerstand und nicht im Führerhaus.
Nun bin ich aber auf die Beschreibung einer Diesellok gestoßen, bei der von einem Mittelführerhaus die Rede ist, kann das sein? Danke schon mal.
Ich möchte mir wünschen, daß Journalisten nicht nur die richtigen Begriffe benutzen, und daß sie sich nicht nur mit den technischen Hintergründen, sondern auch mit den politischen Begebenheiten auseinandersetzen.
Journalisten übernehmen irgendwelche Agenturmeldungen über die Bahn. Oder sie ärgern sich persönlich über einen Vorgang bei der Bahn und schreiben eine Glosse darüber.
Aber sie fragen sich nicht: Warum sind die Dinge so wie sie sind? Sie nehmen die Geschehnisse einfach so hin, als wären sie gottgegeben. Zeitungsartikel, die mit der Bahn zu tun haben, wirken oft wie Blogtexte, nicht wie das Ergebnis einer journalistischen Recherche. Viele Dinge aus Zeitungsartikel zum Thema Bahn würden sich ganz anders darstellen, wenn der jeweilige Journalist sich ein paar Gedanken über Abläufe in großen Konzernen, über die Bahnreform und die politischen Rahmenbedingungen der Regulierung gemacht hätte.
Welche Konsequenzen hat es zum Beispiel, daß innerhalb des DB-Konzern bestimmte Bereich der Regulierung unterliegen und bestimmte Infrastruktur-Dienstleistungen diskriminierungsfrei gegenüber allen Eisenbahnverkehrsunternehmen erbracht werden müssen? Für welche Sachverhalte ist der DB-Konzern verantwortlich, für welche die Gesetzgebung und für welche der jeweilige Besteller? Welche Geschehnisse, die für einen Außenstehenden merkwürdig oder gar dilettantisch erscheinen, sind in Wirklichkeit juristisch begründete Kniffe, mit denen der DB-Konzern mögliche Konkurrenz auf Abstand hält?
Ach ja, ich schreibe das nicht zum ersten Mal.
https://uebermedien.de/7975/claus-kleber-ueber-weltraumbahnhof/#comment-8072
https://uebermedien.de/16340/keiner-schreibt-ueber-die-privatisierung-der-autobahnen/#comment-27722
Konnte den Artikel leider nicht lesen, da mich schon der erste Satz mit der eigentümlichen Übersetzung des Wortes „Beruf“ ins altmodische, aus dem Französischen stammende „Profession“ (so der Duden) nichts Gutes für den weiteren Verlauf erahnen ließ.
Würde die Entscheidung gerne überdenken, falls mir der Autor dies schlüssig erklären kann.
In der Zeit des Abfassens Ihres Kommentars und des Nachschlagens im Duden hätten Sie es bestimmt geschafft, den größeren Teil des Artikels zu lesen und damit Ihre Ahnung, worin auch immer sie bestehen soll, entweder bestätigt zu finden oder widerlegt zu sehen. Stattdessen soll Ihnen hier die Verwendung eines Synonyms erklärt werden, wobei Ihre Bedenken gegen die Verwendung in keiner Weise konkretisiert sind, und dann wollen Sie zunächst diese Erklärung lesen und abwägen, Ihre Entscheidung gegen die Lektüre des Artikels noch einmal zu überdenken. Darauf muss man erst mal kommen. Respekt geht raus von hia.
Wäre der Beruf, um den es geht, Taxifahrer, also Droschken-Chauffeur, hätte ich die kritische Anfrage ebenfalls gegenüber dem Redakteur, dem Schriftleiter, gestellt. Bei entsprechendem Vorhandensein einer Telefonnummer möglicherweise sogar per Fernsprecher, also telefonisch bzw. fernmündlich.
Was IST Ihre kritische Anfrage? Was IST Ihr Problem mit der Verwendung des Wortes „Profession“? Vielleicht könnte man bei einer schlüssigen Antwort auf diese Fragen die Entscheidung überdenken, auf Ihre Anfrage nicht zu antworten.
Hallo Jan,
heutzutage wird der Arbeitsplatz der Lokführer in der Regel als Führerraum bezeichnet. Der Begriff «Führerstand» ist noch absolut verbreitet, kommt aber noch aus der Zeit, als die Arbeit tatsächlich im Stehen verrichtet wurde (Dampfloks und frühe E- und Dieselloks, einige davon noch heute im Dienst).
Wo wurde eine Lok denn mit «Mittelführerhaus» beschrieben? Geläufig ist mir für Loks, die in beide Fahrtrichtungen von derselben Stelle aus bedient werden, eigentlich der «Mittelführerstand». In der Fachliteratur oder in anderen Unterlagen ist mir noch kein Haus begegnet.
Viele Grüße
Lukas
Hallo Lucas, danke für die Antwort. Das mit dem Führerraum ist sehr interessant. Klingt auch logisch.
Auf das Mittelführerhaus bin ich bei der Beschreibung einer modernen Diesellok, der Gravita, gestoßen. Zwar gab es die Beschreibung nur in der Wikipedia so, aber immerhin haben einige Modelleisenbahn-Seiten dies so übernommen.
Danke, Jan.
Moin Kollege,
ganz großes DANKESCHÖN aus dem Norden!
Der Artikel der Süddeutschen ist ja mal der Hammer. Man stelle sich vor, jemand schriebe so einen hanebüchenen Unsinn über PKW oder Fußball, da wär aber was los…
Viele Grüße, Tobias
Nachtrag: Genausoein hanebüchener Unsinn ist es ja auch, wenn mal wieder als Zeichen der „Unmenschlichkeit“ „der Bahn“ der Begriff „Beförderungsfall“ ausgegraben wird und fälschlicherweise als Synonym zu „Fahrgast“ aufgefasst wird.
Tatsächlich handelt es sich beim Beförderungsfall um einen Fahrgast, der einmal über eine bestimmte Strecke transportiert wird. Wenn der Fahrgast also morgens hin- und abends zurückfährt, hat dieser eine Mensch schon zwei Beförderungsfälle generiert. Es handelt sich also um eine (wichtige) statistische Kenngröße.
Weil der Begriff verpönt ist, sagt man stattdessen einfach „Fahrgäste“ – und es heißt auf einmal, ein Unternehmen habe hunderte Millionen Fahrgäste gehabt, was dann klingt, als sei halb Europa mal zu Besuch gewesen…
@ 10, Daniel Rehbein: Sie verallgemeinern hier den Begriff „Journalismus“ genauso wie es mit der Eisenbahn manchmal gemacht wird. Denn: Es gibt eine Vielzahl von unterschiedlichen Journalismus-Formen, die zum Teil völlig verschiedene Aufgaben erfüllen. Das kann man nicht alles in einen Topf werfen. Nicht jeder Journalist schreibt eine „Glosse“. Nicht jeder journalistische Beitrag ist dazu da, um Hintergründe zu erörtern. Hier einige Beispiele:
– Nachrichten-Meldungen: Schildern neutral, was passiert ist, anhand von vorliegenden, überprüfbaren Quellen. Das können Polizei-Einsätze sein, Unfälle, politische Ereignisse, und auch Sachen, die den Bahnverkehr betreffen. Der Sinn einer Nachrichten-Meldung ist es nicht, Dinge investigativ zu hinterfragen. Dafür gibt es andere Formate. Nachrichtenmeldungen sind auch nicht subjektiv und meinungsbildend. Sie schildern nur nüchtern den Status-Quo, der gerade passiert ist.
– Reportage: Ist praktisch ein längeres Nachrichten-Stück mit einem Reporter / Korrespondenten vor Ort. Auch hier geht es um die neutrale Schilderung einer Sachlage. O-Töne von Menschen vor Ort können eingebaut werden, wenn sie helfen können, die Nachricht zu illustrieren.
– Kommentar: Hier gibt jemand eine subjektive Meinung ab. Er kommentiert ein Ereignis aus seiner persönlichen Sicht. Eine Glosse kann so ähnlich sein. Sowas schreibt aber nicht jeder. Schon gar nicht im Rahmen einer Nachrichten-Meldung, weil sich das gegenseitig ausschließt. Es würde gegen den Presse-Kodex verstoßen (Neutralitäts-Gebot).
– Feature / Hintergrund-Bericht: Das sind längere Stücke, wie man sie in Zeitschriften findet. Oft über mehrere Seiten. Hier kann auch in die Tiefe gegangen werden, mit Hintergrund-Informationen und ausgiebigen zeitintensiven Recherchen. Solche Berichte werden aber nicht von Nachrichten-Jornalisten geschrieben, sondern von Kollegen, die mehr Zeit haben, sich in Themen zu vertiefen. Manche Hintergrund-Berichte sind sopgar mit Reisen verbunden. Für einen Artikel kann man im Einzelfall tagelang unterwegs sein. Entsprechend teuer ist das dann für den Arbeitgeber.
Und es gibt noch eine ganze Reihe anderer journalistischer Darstellungsformen („Formate“). Sie sehen also: Es gibt nicht „den“ Journalisten, der pauschal für alles zuständig ist. Genauso wenig wie es „den“ Eisenbahner gibt. Natürlich kann nicht jeder Journalist von allen Themen sofort Ahnung haben. Niemand ist allwissend. Es gehört zu seinem Beruf, sich kundig zu machen und Meldungen/Quellen auf Wahrheit und Autentizität zu überprüfen. Dazu muss man nicht Eisenbahn-Experte sein.
Ich stimme den Vorschreibern zu, dass es (leider) viele Journalisten-Kollegen gibt, die den Beruf „Lokführer“ falsch benennen. Oft liest man „Zugführer“ oder „Zugfahrer“. Das geht natürlich gar nicht. Wenn bei uns einer sowas schreibt, dann sage ich dem Kollegen Bescheid, dass dort ein Fehler vorliegt. Warum machen die das? Keine Ahnung. Es sind zum Teil Leute, die mit der Bahn nicht viel am Hut haben.
Gegen die Verwendung vo0n Agentur-Meldungen ist generell erstmal nichts einzuwenden, sofern es sich bei der Quelle um eine seriöse größere Agentur handelt, wie z.B. dpa, afp, epd. Dort arbeiten genauso Journalisten, die sich an die Richtlinien des Presse-Kodex halten. Viele kleinere Zeitungen und auch lokale Radio- und TV-Sender können es sich gar finanziell nicht leisten, überall Reporter und Korrespondenten hinzuschicken. Denen bleibt dann nichts anderes übrig, als auf Agentur-Meldungen zurückzugreifen. Natürlich steht es den Medien frei, die Agentur-Meldungen selber durch eigene Recherchen zu ergänzen oder die Quelle nochmal zu befragen. Aber auch dafür braucht man Personal, das Geld kostet. Durch das Internet herrscht im das Nachrichten-Geschäft ein enormer Preisdruck. Vieles wird kostenlos angeboten. Nachrichten verkommen somit zur Billig-Ware, in die oft nur noch wenig Zeit investiert wird. Klassische Verlagshäuser und Medienbetriebe stehen in direkter Konkurrenz mit kostenlosen News-Angeboten im Internet. Die dann zum Teil sogar mit ungelernten Leuten arbeiten.
Da wird es schwierig, einen großen Personalstamm erfahrender Journalisten in der Redaktion vorzuhalten und zu bezahlen. Besonders bei kleineren Anbietern. Das kann selbst durch Werbung kaum noch finanziert werden. Die Werbung verlagert sich nämlich auch immer mehr ins Netz und verteilt sich dort auf hunderte Medien-Anbieter. Wenn man Glück hat, bekommt man pro 1000 Leser/Visits/Seitenaufrufe ein paar Euro. Viel ist das nicht. Großanbietern wie Spiegel, Welt, Focus usw. geht es zwar noch relativ gut. Aber Bereich von lokalen Medien sind die Redaktionen oft schon sehr ausgedünnt. Manche Zeitungen haben verkaufte Auflagen von weniger als 10.000 Exemplaren, Tendenz weiter sinkend. Da sind keine großen Sprünge mehr drin. Und Bahnstörungen oder BÜ-Unfälle fallen leider meist in den Bereich lokaler Berichterstattung …
Triebwagenführer
Es gab und gibt den Begriff auch noch heute! Wenn es auch nur noch einige wenige gibt, die meisten sind pensioniert.
Z.B. den (Ober-)Triebwagenführer(K), den verbeamteten Busfahrer bei der DB.
@19: Soll es wirklich eine Begründung sein für das Zur-Schau-Stellen seiner Ahnungslosigkeit, daß ein Journalist im konkreten Fall nicht den Auftrag hatte, einen Hintergrundbericht zu schreiben oder zu recherchieren?
Der Journalist ist doch gleichzeitig auch Staatsbürger. Er geht wählen oder auch nicht, er trifft eine Entscheidung für eine Partei, für einen Kandidaten, für eine Enthaltung oder für eine bewusst ungültige Stimme. Die Sachverhalte bei der Regulierung von Infrastrukturunternehmen betreffen Politik. Es sind Rahmenbedingungen, die wir Bürger (vertreten durch die von uns gewählten Abgeordneten) setzen.
Die Vorschriften für den diskriminierungsfreien Zugang zu Infrastruktur, die Überwachung durch die Bundesnetzagentur für Elektrizität, Gas, Telekommunikation, Post und Eisenbahnen – das alles ist uns doch nicht durch Außerirdische vom Mars aufgezwungen worden. Sondern dieses Regelwerk haben wir 80 Millionen deutsche Bürger uns selbst erarbeitet (mit Hilfe von Verfahrensweisen der repräsentativen Demokratie). Zu diesen 80 Millionen Urhebern der Marktregulierung gehören natürlich auch Journalisten – egal, ob sie gerade eine Glosse, einen Hintergrundbericht oder einen Kommentar schreiben.
Und doch kommen dann solche Texte heraus wie dieser:
http://www.faz.net/aktuell/gesellschaft/menschen/irrsinn-bei-rueckerstattung-von-db-handy-tickets-13664762.html?printPagedArticle=true
Der Autor schimpft herum, er beschreibt die Außensicht gewisser Vorgänge, aber er stellt nicht ein einziges Mal die Frage, sich doch eigentlich jeder mündige Bürger stellt: Warum sind die Dinge so, wie sie sind? Welche Gründe gibt es, warum bestimmte Vorgänge so ablaufen wie sie ablaufen?
Bezogen auf den beschriebenen Fall heißt das: Welche der beschriebenen Unternehmen im Konzern Deutsche Bahn AG gehören zu den Infrastrukturunternehmen, die nach gesetzlicher Vorgabe alle anderen Unternehmen (also sowohl die aus dem Bahnkonzern als auch die Konkurrenten) gleichbehandeln müssen? Und welcher der bei den Vorgängen betroffenen Unternehmen sind Unternehmen, die im Wettbewerb stehen, die also nach gesetzlichen Vorgaben keinen direkten Zugriff auf die Interna der Infrastrukturunternehmen in demselben Konzern haben dürfen?
Um mir diese Fragen zu stellen, muß ich keine Journalist sein. Es reicht, daß ich mündiger Staatsbürger bin, der sich für politische und gesellschaftliche Abläufe und Zusammenhänge interessiert. Um die Fragen zu beantworten, ist es natürlich von Vorteil, ein Journalist zu sein, um Ahnung von Recherche zu haben.
Solche Texte, in denen Journalisten ihre Ignoranz und Abhnungslosigkeit gegenüber der Politik darstellen, fallen mir nicht nur im Bereich der Regulierung der Bahn auf, sondern auch in anderen Bereichen mit einer differenzierten Struktur voneinander abhängigen und der gesetzlichen Regulierung unterliegenden Infrastrukturunternehmen: Post, Telekommunikation, Energieversorgung.
Da wird in manchen Artikeln das örtliche Stadtwerk, das lediglich die kommunalen Verteilnetze betreibt (und das zur diskriminierungsfreien Durchleitung jeglichen Stroms verpflichtet ist), mit den Betreibern der Atomkraftwerke gleichgesetzt. Da werden Einnahmen aus Netzbetrieben mit Abschreibungen von Kraftwerken verrechnet. Da werden Vergleiche mit Versorgungsnetzen in anderen Kontinenten angestellt, ohne die dabei geltenden anderen politischen Rahmenbedingungen überhaupt zu erwählen.