Nachrufe auf Helmut Kohl

Menscheln und Mauscheln

Am Morgen des 16. Juni 2017 sind sie also endgültig verstorben: die Achtzigerjahre. Hätte man nicht den Namen Helmut Kohl auf Twitter oder Facebook gelesen, man hätte glauben können, der Außerirdische Alf, der Sänger von Kajagoogo und Colt Seavers seien gleichzeitig verblichen. Für die Babyboomer war Kohl eben der Bundeskanzler, der bei ihrer ersten Teilnahme als Wahlberechtigte einer Bundestagswahl ins Amt kam. Für die Generation danach war er, ganz selbstverständlich, immer schon da gewesen. Als Teil einer Jugend.

1982 war Kohl mit 52 Jahren der jüngste Kanzler seit der Gründung der Bundesrepublik. (Adenauer war bei seinem Amtsantritt schon 73 Jahre alt, Erhard 66, Kiesinger 62, Brandt und Schmidt jeweils 56.) Kohl hatte prominente Förderer und Feinde, und er hat das Ende der DDR zwar nicht erkämpft, aber die Chance auf die Wiedervereinigung in den Zwei-plus-Vier-Gesprächen ergriffen und mit Mitterand die deutsch-französische Aussöhnung vorangetrieben.

Zum Schnelldurchlauf gehören allerdings auch die Parteispendenaffären. Ja, es waren zwei Parteispendenaffären, in die Kohl verstrickt war, und es gab Akten, die am Ende seiner letzten Amtszeit als Kanzler plötzlich verschwanden.

Doppelseite aus "Bild" vom 17.6.2017 mit vielen Fotos von Helmut Kohl und der Text-Überschrift: "Die Welt hat einen großen Deutschen verloren"
„Bild“-Nachruf auf Helmut Kohl Screenshot: „Bild“ 17.6.2017

Egal, wie positiv oder weniger positiv man Kohls Wirken beschreibt, auch das gehört zu dem Politiker Helmut Kohl, der am 16. Juni 2017 gestorben ist. Die 16 Jahre Kanzlerschaft sind halt nur ein Teil seines langen Lebens. In „Bild“ aber taucht das Wort „Parteispendenaffäre“ nur am Rande auf. Das erste große Jubelstück zum Beispiel, das am Samstag, einen Tag nach Kohls Tod, erschien, endet mit der Wiedervereinigung und dem Satz: „Der Rest ist Geschichte“.

„Wir kannten keinen anderen Kanzler“ schreibt CDU-Generalsekretär Peter Tauber vorigen Montag in der „Welt“ und beginnt seinen Nachruf mit den Worten: „Als ich die letzten Buntstifte aus meiner Schultüte aufgebraucht hatte, da war Helmut Kohl schon eine ganze Weile Bundeskanzler.“

Tauber bleibt ganz bei sich, erzählt von seiner Fußballerkarriere in der D-Jugend, der Bundeswehrzeit, dem Studium – fast sein halbes Leben fand während Kohls Kanzlerschaft statt. Als Gerhard Schröder bei der Wahl 1998 Kohl ablöste, hat er sich „ernsthaft für einen Moment gefragt, ob das das Ende der Bundesrepublik bedeuten würde“. Er schreibt das nicht ganz unironisch, aber dass er sich diese Frage tatsächlich ernsthaft stellte, glaubt man ihm sofort.

Die eigene Biographie, also die des Nachrufers, mit der Würdigung des Toten zu verbinden, ist seit einiger Zeit sehr angesagt. Bei einem verstorbenen Popmusiker mag es naheliegend sein, den ersten Kuss mit einem Hit zu verknüpfen, der sich während des pubertären Knutschens auf dem Plattenteller drehte, aber in vielen Kohl-Nachrufen schwingt auch eine gewisse Eitelkeit mit, derjenige zu sein, der das letzte intensive Gespräch mit dem nun Toten geführt oder eine ganz besondere, noch nicht erzählte Anekdote beizusteuern hat. Es ist, als würde man eine Todesanzeige in Auftrag geben und den Gestalter bitten, den eigenen Namen größer zu setzen als den Namen des Toten.

Nachruf von Kristina Schröder auf Helmut Kohl auf Zeit.de, Überschrift: "Meine Jugend mit Helmut Kohl"
„I like Birne“: Kristina Schröder über Helmut Kohl Screenshot: zeit.de

Konsequenterweise handelt auch der Nachruf auf „Zeit Online“, den Kristina Schröder schrieb, die ehemalige Ministerin im Kabinett Merkel II, in erster Linie von: Kristina Schröder. Kohl hat sie – geboren 1977 – „begleitet, von der 1. bis zur 13. Klasse“. Das ist schön. Andere hatten in dieser Zeit nur ihre Eltern, sie hatte auch Helmut Kohl. Zwar zunächst nur in der „Tagesschau“, aber die kommt immerhin täglich. Vor allem erinnert sich Kristina Schröder natürlich an Kohls Dialekt und seine drolligen Saumagenvorlieben. Wer nicht.

Dann, im Herbst 1989, Frau Schröder war gerade zwölf Jahre alt, bemerkte sie plötzlich, dass in ihrem Fernseher etwas „Bemerkenswertes passierte“. Sie bespielte „wie wild VHS-Kassetten“, um diesen Moment für die Nachwelt festzuhalten. Falls also jemand noch Videos von der Wende sucht, Kristina Schröder hat entsprechendes Material. Das ist gut zu wissen. Ebenso wie das Datum ihres Eintritts in die Junge Union – es war ihr 14. Geburtstag im Jahr 1991.

Überleben, um anderen einen einzuschenken

Ganz anders Martin Walser. Immer im Dienst, versteht er seinen Nachruf als literarische Stilübung und wünscht sich schon in den ersten Zeilen den vielfüßigen Hexameter für „den Gesang, der Kohliade heißt“. So schmierig, wie der Text startet, geht er leider auch weiter: „Deutschland, vergesst das nicht, war ein Unwort geworden. Dafür hatten wir selber gesorgt. Vorkommen dürfte es nur noch im Wetterbericht.“ Mit so ähnlichen Formulierungen hatte Walser schon einmal (1998, Paulskirchenrede) wenig Glück, aber man muss auch mal vergessen können.

Natürlich hat Martin Walser irgendwann Helmut Kohl auch persönlich getroffen, der mit „deutlich festen Schritten“ ein Zimmer betreten konnte. Beim ersten Mal bleibt Walser während des Treffens schweigsam und glaubt heute, sich danach mit Frank Schirrmacher in einer Kneipe getroffen zu haben. Beim zweiten Mal ist es kein „Privatissimum“, sondern ein geselliges Dutzend von Intellektuellen rund um den Kanzler und seinen „Assistenten Schäuble“.

Ein ARD-Mitarbeiter, über dessen Namen Walser den langen Lodenmantel der Scheindiskretion breitet, kritisiert in dieser Runde die Sprache Kohls als „Jargon“. Walser beschreibt, wie er für Kohl in den Ring stieg und sagte, „die Sprache dessen, der mit der Sprache politisch handle, müsse, dürfe mit Recht eine andere Sprache sein als die Sprache des Intellektuellen“. Marcel Reich-Ranicki, der 2013 verstorbene Literatur- und auch Walser-Kritiker, saß „natürlich“ mit am Tisch und „verbreitete, nämlich, dass ich Kohl hinten hineingeschlüpft sei“. Das sagt weniger über Helmut Kohl als darüber, dass es strategisch klug ist, jene zu überleben, die einen kritisieren – um ihnen dann, wenn sie sich nicht mehr wehren können, hübsch einen einzuschenken.

Zum Schluss wird es noch einmal richtig cool, da schreibt Walser nämlich: „Und wie er jetzt tot ist, das macht ihn unsterblich. Und weil das Entsetzliche jetzt weg ist, ist Unsterblichkeit schön. Und mehr als schön ist nichts.“

Helmut Kohl lebt nicht mehr, Kai Diekmann bleibt

Der anekdotische Nachruf ist nicht nur Sache von Politikern oder Prominenten, die über einen gerade Verstorbenen schreiben, auch Journalisten lieben ihn. Thorsten Denkler zum Beispiel. Er beginnt seinen Nachruf für die „Süddeutsche Zeitung“ mit einer „Portion Schinken auf Melone“, die 2001 beim „Edelitaliener in Berlin-Kreuzberg“ vor Helmut Kohl stand. Zum Zeitpunkt dieser „Zufallsbegegnung“ arbeitete Denkler noch bei der „taz“ und durfte sich überraschend ein Stündchen an den Tisch des Ex-Kanzlers setzen.

Geschrieben hat er damals nichts über diese Begegnung, denn er hatte ein Agreement mit Helmut Kohl getroffen: „Wenn die Begegnung nicht öffentlich wird, dann würde er der ‚taz‘ irgendwann ein Interview geben.“

Titelseite der "taz" von 2003 mit einem Foto von Helmut Kohl, Überschrift: "Heute gibt's Kohl"
Einziges Kohl-Interview in der „taz“, 2003

Thorsten Denkler ist sich nicht sicher, ob es wirklich mit dieser Abmachung zu tun hatte, aber tatsächlich gab Helmut Kohl der „taz“ zwei Jahre später ein Interview. Gut, es war keine übliche „taz“: Das Interview erschien in einer Jubiläumsausgabe, aber vielleicht könnte man es trotzdem gelten lassen. Denkler hat der „taz“ ein Kohl-Interview verschafft. Um das zu sagen, muss man jetzt nur noch weglassen, wer der Interviewer war: Kohl-Freund Kai Diekmann, damals „Bild“-Chefredakteur und zum Jubiläum der „taz“ dort „Chefredakteur für einen Tag“. Vielleicht ist das aber auch alles nur Zufall, und die Geschichte ist wild und bunt und „mehr als schön ist nichts“.

Überhaupt – Kai Diekmann. Bis Ende Januar war er „Bild“-Gesamtherausgeber im Springer-Verlag, kurz vor Schluss durfte er noch ein Exklusiv-Interview mit Donald Trump führen. Er war halt immer nah dran und an seinem „Freund Helmut Kohl“ noch ein gutes Stück näher. Kohl war Diekmanns Trauzeuge – und umgekehrt. Im Haus in Oggersheim ging (und geht) der Ex-„Bild“-Chef ein und aus. Schon zu Kohls Leb- und Diekmanns Springer-Zeit konnte man natürlich fragen, ob so viel Nähe nicht zu einer gewissen Unsauberkeit in der Berichterstattung führt. Und wer ist das wohl, der da flüstert, wenn „Bild“ nun Worte publiziert, die „ein Vertrauter des Altkanzlers“ gesprochen hat?

Nachruf auf Helmut Kohl von Ex-"Bild"-Herausgeber Kai Diekmann, Überschrift: "Mein Freund Helmut Kohl"
Kai Diekmann über seinen „Freund“ Helmut Kohl Ausriss: „Bild“ 17.6.2017

Kohl lebt nicht mehr, aber Diekmann bleibt. Er arbeitet nicht mehr offiziell als Journalist, schreibt aber trotzdem in „Bild“ über seine Kohl-Freundschaft, und er lieferte das Titelfoto für die Ausgabe von Montag, das Maike Richter-Kohl zeigt, wie sie ihre gegen Kohls Stirn presst. Diekmann scheint eine Art Nachlassverwalter zu sein, vor Ort in Oggersheim. So öffnete er auch Kohls ältestem Sohn Walter die Tür zu dessen Elternhaus. Walter Kohl hatte, so sagt er, vom Tod seines Vaters aus dem Radio erfahren. Als seine Mutter vor sechzehn Jahren starb, rief ihn die Büroleiterin seines Vaters an. Das klingt nicht nach der Familienidylle, die „Bild“ gerne zeichnet und mit Fotos illustriert.

Am Tag nach Helmut Kohls Tod schreibt „Bild“ als letzten Absatz der Chronik des Todestages: „Am frühen Abend kam auch Walter – einer der beiden Kohl-Söhne – ins Haus seines Vaters und nahm am Totenbett Abschied. Als er heraus kam sagte er: ‚Sie sehen einen sehr traurigen Menschen‘.“ Was hier fehlt, sind sechs Jahre Funkstille mit dem Vater und die Tatsache, dass die Polizei ihn auch am Todestag zunächst vom Betreten seines Elternhauses abhielt. Hausverbot. Das Zerwürfnis wird dann in „Bild am Sonntag“ beschrieben und inzwischen zeichnet sich ab, dass diese Geschichte sommerlochfüllend werden könnte. Ex-Journalist Diekmann ist dann wieder ganz nah dran.

Es gibt noch jemanden in diesem Konflikt, der nah dran und publizistisch tätig ist, neben allen anderen Rollen, die er so hat: Stephan Holthoff-Pförtner ist Gesellschafter der Funke-Mediengruppe, des drittgrößten Verlags der Republik, der unter anderem „Die Aktuelle“, „WAZ“ und das „Hamburger Abendblatt“ herausgibt. Außerdem ist Holthoff-Pförtner Präsident des Verbandes Deutscher Zeitschriftenverleger (VDZ), er ist der Rechtsanwalt der Kohl-Witwe, und er war es auch, der 2001 als Kohls Strafverteidiger in der Parteispendenaffäre dafür sorgte, dass das Ermittlungsverfahren eingestellt wird. Inzwischen ist der vielbeschäftigte Herr auch noch Schatzmeister der nordrhein-westfälischen CDU, aber das ist eine andere Geschichte. Vielleicht auch nicht.

Stephan Holthoff-Pförtner schreibt über seinen Freund Helmut Kohl: "Freundschaft war für Helmut Kohl die Grundlage für alles"
Stephan Holthoff-Pförtners Nachruf auf Kohl Screenshot: der-westen.de

Holthoff-Pförtner wirft Walter Kohl nun öffentlich vor, sich nicht an Absprachen zum Besuch in Oggersheim gehalten zu haben. Er sei, unter anderem, nicht ans Telefon gegangen, als man ihn anrief. Walter Kohl bezeichnet das als „Lüge“. Und da Kohl noch nicht mal beerdigt ist, werden sich vermutlich noch mehr Gelegenheiten ergeben, diesen eigentlichen Familienstreit öffentlich auszubreiten. Am Samstag aber war erst mal Holthoff-Pförtners Nachruf auf seinen „großen Freund“ Helmut Kohl und dessen „Talent zur Freundschaft“ in einem ganzen Dutzend Tageszeitungen zu lesen. Schon gut, wenn man über Zeitungen verfügt und die Geschichte so ein bisschen mitdeuten kann.

Was stört, ist das publizierte Gemenschel und Gemauschel um den Verstorbenen, zu dem auch Holthoff-Pförtner beiträgt. Dass sich Helmut Kohl zum Beispiel – wie im Nachruf zu lesen – in einem Restaurant die Kartoffeln von Holthoff-Pförtners Teller nahm und ihm sein Hühnchen gab, oder dass er sich auch in Diätphasen fünf hartgekochte Eier neben den Salat legte. Und wie Stephan Holthoff-Pförtner oder auch Kai Diekmann in ihren Texten ihr Zögern und ihre Unterwürfigkeit schildern, als Kohl ihnen das „Du“ anbot – spätestens an dieser Stelle ist einfach alles zu viel. Helmut Kohl hat Geschichte geschrieben. Aber jetzt sind auch genug Geschichtchen geschrieben worden.

Korrektur: In einer ersten Version stand, Brandt und Schmidt wären bei ihrem Amtsantritt 65 Jahre gewesen. Das war ein Zahlendreher. Sie waren 56. Außerdem hatten wir versehentlich geschrieben, Stephan Holthoff-Pförtner sei Präsident des Bundesverbandes Deutscher Zeitungsverleger, er ist aber natürlich Präsident des Verbandes Deutscher Zeitschriftenverleger. Wir haben das korrigiert und bitten, die Fehler zu entschuldigen.

22 Kommentare

  1. Ich schwöre, dass das zum deutlich größeren Teil ganz aufgeschlossene Neugier ist, und nur zum erheblich kleineren VDS-haft reaktionäres Sprachgenörgel:
    „Gesellschafter der Funke-Mediengruppe, dem drittgrößten Verlag der Republik“
    Steht das da aus Überzeugung so, oder aus Versehen? Ich kann damit leben, dass es anderen anders geht, aber mich irritieren solche inkongruenten Appositionen immer ganz extrem, und ich wüsste gerne, woher die kommen und so.

  2. Meine Frau ist Ausländerin, daher nicht mit Kohl aufgewachsen, sondern die haben ihren eigenen Monarchen… aber ich meinte so, pass auf, am ersten Tag heißt es überall, ein ganz großer ist gegangen, am zweiten Tag kommen die Parteispenden und blühenden Landschaften, am dritten Tag wird die Schmutzwäsche mit der Familie gewaschen. Und denk nicht drüber nach, was er sagen würde, wenn er wüsste, dass Angela Merkel auf seiner Trauerfeier redet. Und auf eine ehrliche Bilanz muss man dann noch ein bisschen länger warten. (Ich gebe aber zu, im Nachhinein, lieber ein Historiker als Kanzler, als ein Jurist oder Physiker(in). Man merkt das am Niveau der Visionen der amtierenden Kanzler. (Kohl hatte den Riecher für deutsche und europäische Einigung (auch wenn das als Wirtschaftsunion losging), Schröder wollte das Land sanieren (ob nötig oder unnötig), Merkel will nur nix kaputt machen.)

    Das wird bei Schäuble auch so werden. Da dauert es auch drei Tage, bevor der Name Schreiber fallen wird. Aber BILD wird ihm Absolution erteilen.

  3. Wie wohl an Angela Merkel erinnert wird, wenn sie pünktlich zur vierten Wiederwahl Ursula Von-der-Leyens das Zeitliche segnet?
    (Ironie, bitte nicht ausrasten …)

  4. Das „Problem“ ist halt, dass die Kanzlerschaft von Kohl schon fast 20 Jahre her ist und dies alles in einer schon da gewesenen Mediengesellschaft passiert ist. Was soll man da noch großartig zur politischen Leistung schreiben, das wurde doch alles noch und nöcher durchgekaut. Jedes Jahr wird die deutsche Einheit gefeiert, jedes Jahr gibt es irgendein EU-Jubiläum und somit x Berichte, Reportagen und Dokureihen.

    Da bleiben doch nun nur noch die Menscheleien und schmuddelige Wäschen.

  5. Ich fand die Aufmachung der „taz“ mit den blühenden Lanschaften schon OK. Es war nicht nur Kohl’s Schuld alleine das die DDR samt und sonders verkauft, verraten unnd geplündert wurde, aber wer so viel verspricht muss auch mit Kritik umgehen. Gut, jetzt isser tot, also wird es ihn umso weniger interessieren.
    Überhaupt diese Unsitte, daß man über Tote nicht negativ sprechen sollte. Diese Unart darf man ruhig mal fallen lassen.

  6. Da fehlt ein „l“ in „Helmut“. (Zweite Zwischenüberschrift oder wie das heißt.)
    Dass Leute, die jetzt über Kohl schreiben, aus einem persönlichen oder privaten Blickwinkel schreiben, liegt schon darin begründet, dass man in der Masse an Kohlnachrufen unterginge, würde man einfach nur schreiben, was alle wissen.

    Aber dieses Nachtreten oder Selbstbeweihräuchern ist schon übel. Was würden die Leute nur machen, wenn Kohl nicht tot wäre?

  7. Zum Walser Zitat „Deutschland, vergesst das nicht, war ein Unwort geworden. Dafür hatten wir selber gesorgt. Vorkommen dürfte es nur noch im Wetterbericht.“

    Ach so und das hat Kohl dann beseitigt? Und die brennenden Asylbewerberheime in den 90ern waren dann nur Kollateralschaden?
    Und heute steht Deutschland für was denn eigentlich? Dazu würde mich Herr Walsers Antwort tatsächlich mal interessieren.

  8. @5 (Onkel Hotte):
    Diese „Unsitte“ wie es hier genannt wird, sollte auf jeden Fall bestehen bleiben. Na klar, der Verstorbene interessiert sich nicht mehr dafür, aber ein bisschen Menschlichkeit gegenüber den Angehörigen kann man doch in den Tagen direkt nach dem Versterben schon irgendwie erwarten.

  9. @Daarin

    Im Gegensatz zu den Angehörigen benehmen sich die Medien in diesem Fall aber respektvoll.

  10. Die Schlammschlacht hat ja noch gar nicht richtig angefangen. Das war bisher nur ein kleines Vorgeplänkel. Wenn Kohl beerdigt ist und die Trauerfeierlichkeiten abgeschlossen sind, beginnt der Kampf um das finanzielle und politische Erbe erst richtig. Da können wir uns in nächster Zeit noch auf einige Unappetitlichkeiten gefasst machen, natürlich mit „BILD“ und Kai Diekmann an vorderster Deutungsfront.

  11. @1 Muriel: Habe ich dort ergänzt/reinredigiert. Der Duden sagt, dass das „nicht korrekte Ausweichen auf den Dativ“ sich „schon für die erste Hälfte des 19. Jahrhunderts belegen“ lässt. Ich befand mich also in guter falscher Tradition. Hab’s mal geändert. Danke!

  12. Jau,das wird noch echt lecker,wie unsere Freunde in Holland sagen würden…
    Dagen war die Interview-Geschichte und das gerichtliche Bewerten/Auskaspern Kindergarten!
    Das wird eher wie eine nordkoreanische Version der Muppetsschau mit Rechtsanwälten und „Medienexperten“!

  13. Ich hatte mir fest vorgenommen, über Helmut Kohls Privatleben öffentlich nichts zu lesen und zu schreiben. Ich finde es einfach unwichtig und entwürdigend, traurig und zum Kotzen, was da abzugehen scheint (mein Wissen speist sich da nur aus Überschriften, denen es schwierig ist zu entgehen). Über die Politik hingegen gibt es unendlich viel zu disktutieren. Eine Medienkritik von den dazu Berufenen ist natürlich trotzdem immer angemessen.

  14. An Muriel. Pardon, was wollen Sie eigentlich sagen? Ich verstehe kein Wort, am wenigsten „inkongruente Appositionen“.

    Es gibt ein kluges Wort, dass kluge Journalisten untereiander benutzen: „Kompliziert ist einfach. Einfach ist schwer.“

  15. Meine Fantasie fragt gerade den Helmut Kohl, „was denkst du über die Nachrufe deiner Freunde, was antwortest du ihnen?“ Wenn die Nachrufe alle schon vorbereitet in den Archiven bis auf Abruf schlummern, dann könnten diese ja eigentlich darauf antworten. Wäre sicher ganz amüsant.

  16. @Jan Vering: Ich machs mir halt gerne leicht und bin auch kein Experte für Sprache. Aber ich erkläre manchmal auch gerne, wenn jemand fragt. So gut ich halt kann.
    „Gesellschafter der Funke-Mediengruppe, dem drittgrößten Verlag der Republik“
    Was hinter dem Komma folgt, ist eine so genannte Apposition, ein ergänzender Einschub sozusagen. Dieser Einschub muss meines Wissens nach den gängigen Regeln der deutschen Grammatik kongruent sein mit dem Nomen, auf das er sich bezieht, also im gleichen Fall stehen. Wenn ich also schreibe, jemand sei
    „Gesellschafter der Funke-Mediengruppe“, dann steht „Funke-Mediengruppe“ im Genitiv (Wessen Gesellschafter ist er? Er ist Gesellschafter der Funke-Mediengruppe.), und der Einschub, der sich darauf bezieht, müsste deshalb auch im Genitiv stehen und folglich lauten: „des drittgrößten Verlags der Republik“, wie es jetzt im Text oben auch steht.
    Stattdessen stand der Einschub aber im Dativ, was nach den derzeit noch gängigen Regeln als Fehler anzusehen wäre.
    Mit dem Rest meines Kommentares wollte ich vor allem betonen, dass ich der Autorität der noch gängigen Grammatikregeln gegenüber durchaus skeptisch gegenüber stehe. Sprache kniet vor den Sprechenden, und was sich durchsetzt, ist nicht mehr falsch.
    Die Tendenz, solche Appositionen in Dativ zu setzen, beobachte ich schon länger, und mir scheint, dass sie inzwischen sogar die Oberhand vor der konventionellen Regelung gewonnen hat. Weil mich das interessiert (und zugegebenermaßen auch, weil es meinem Sprachgefühl doch immer auch ein bisschen weh tut, ich bin ja auch nur ein Mensch), frage ich deshalb gerne mal nach, wenn ich es irgendwo sehe, in der Hoffnung, was drüber zu erfahren?
    Hilft das, oder kann ich noch was erläutern?

  17. Fein aufbereitet, Peter Breuer. Vielen Dank!
    Die Titanic trauerte um den Verlust „eines ihres besten Mitarbeiters“.

  18. Schöner Text, aber Herr Holthoff-P. ist nicht Präsident der Zeitungsverleger sondern der Zeitschriftenverleger.

  19. Was ich interessant finde ist die Äusserung von Frau Maischberger über H.K.:
    ..Er konnte negative Gefühle wie in einem Kühlschrank aufbewahren und wenn der rechte Moment käme,diese wieder rausholen und gegen den Absender,der diese bestimmt vergessen hat,verwenden…!“
    Frau Maischbeger äusserte sich auch noch dahingehend dasdas Kindisch wäre und das H.K. stolz auf diese Eigenschaft gewesen sei!

  20. Zitat:
    „Es gibt noch jemanden in diesem Konflikt, der nah dran und publizistisch tätig ist, neben allen anderen Rollen, die er so hat: Stephan Holthoff-Pförtner ist Gesellschafter der Funke-Mediengruppe, des drittgrößten Verlags der Republik, der unter anderem „Die Aktuelle“, „WAZ“ und das „Hamburger Abendblatt“ herausgibt. Außerdem ist Holthoff-Pförtner Präsident des Verbandes Deutscher Zeitschriftenverleger (VDZ), er ist der Rechtsanwalt der Kohl-Witwe, und er war es auch, der 2001 als Kohls Strafverteidiger in der Parteispendenaffäre dafür sorgte, dass das Ermittlungsverfahren eingestellt wird. Inzwischen ist der vielbeschäftigte Herr auch noch Schatzmeister der nordrhein-westfälischen CDU, aber das ist eine andere Geschichte. Vielleicht auch nicht.“
    Ab Freitag, den 30.06.2017 ist der Herr auch Minister im Kabinett Laschet, NRW.
    Zuständig für Europa und (sic) Medien.
    Entzückend…

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