Dunz-Festspiele

Vom Erfolg, dem US-Präsidenten eine Frage gestellt zu haben

Am Freitag hat die deutsche Journalistin Kristina Dunz von der Nachrichtenagentur dpa dem amerikanischen Präsidenten eine kritische Frage gestellt. Schon kurz danach konnte man nachlesen, was für ein Kulturschock das war:

Es sind deutsche Reporter, die dem amerikanischen Präsidenten auf den Zahn fühlen. Ihre direkten, offenen Fragen werden hundertfach in den sozialen Netzwerken weiterverbreitet, sind Thema in anschließenden Diskussionsrunden bei CNN. Längst ist es kein Usus mehr, dass im Weißen Haus auf harte, unbequeme Fragen offene, sachliche Antworten kommen. Trump quält diese Offenheit sichtlich. Es fehlt nur noch, dass er laut seufzt.

Verbreitet wurde diese Meldung von der Nachrichtenagentur dpa. Über ihr steht als Autorin: Kristina Dunz.

Gemeinsam mit ihrem Kollegen Martin Bialecki hat sie den Korrespondentenbericht geschrieben, in dem sie ihre eigene Frage und ihre angeblich außergewöhnliche Wirkung auf Trump hervorhebt – allerdings ohne in irgendeiner Weise deutlich zu machen, dass die „direkten, offenen Fragen“, die sie hier lobt, mindestens zur Hälfte ihre eigenen waren.

Seit Freitag sind Kristina-Dunz-Festspiele in den deutschen Medien. Deutsche Journalisten feiern fast unisono ihre dpa-Kollegin dafür, dass sie Donald Trump unter anderem darauf ansprach, dass er Medien „Fake News“ vorwerfe, selbst aber immer wieder unbelegte Behauptungen verbreite.

Das Ausmaß der Bejubelung kann man am besten im Twitter-Feed von Sven Gösmann, dem dpa-Chefredakteur, nachvollziehen. Gösmann scheint die vergangenen Tage nicht zuletzt damit verbracht zu haben, seine Reporterin zu loben und Fremdlob für seine Reporterin zu loben und zu verbreiten.

Er retweetet zwei „Chapeaus“, ein „Bockstark“, ein „coole Frage“ und ein „Sie waren eine Wucht“.

Er nennt Trumps Reaktion den „schönsten Journalistenpreis“,

Und retweetet, als eine Kollegin schreibt, er hätte Trumps Reaktion den „schönsten Journalistenpreis“ genannt:

Er verlinkt einen „Welt“-Artikel, der zu diesem Zeitpunkt noch falsch behauptet, Trump hätte der dpa-Reporterin unterstellt, „Fake News“ zu verbreiten.

Er retweetet dies:

Und dies:

Und dies:

Und sogar dies:

Den irreführenden Jubel-Artikel in der „Welt am Sonntag“ empfiehlt er mit den Worten: „Nichts hinzuzufügen“:

Und der Tatsache, dass die „Bild“-Zeitung, bei der er früher gearbeitet hat, seine Reporterin zur Gewinnerin des Tages gekürt hat, hat er auch nix hinzufügen außer einen Tweet mit genau dieser Information:

Der „Süddeutschen Zeitung“ entnahm er, dass die Schauspielerin Mia Farrow seine Agentur gelobt hätte, und twitterte dies:

(Auswahl unvollständig.)

Die Kollegen in der Redaktion von dpa waren vorher schon so begeistert von der Wirkung ihrer Fragestellerin, dass sie noch vor dem ersten Bericht von der Pressekonferenz als einzelnes Zitat folgende Meldung brachten:

Zitat: Donald Trump zur Medien-Berichterstattung

„Nette, freundliche Reporterin.“

(US-Präsident Donald Trump am Freitag in Washington auf die Frage der dpa-Korrespondentin Kristina Dunz, warum er sich so sehr vor pluralistischer Berichterstattung fürchte.)

Das ist ohne Zusammenhang höchst rätselhaft und entsprechend ohne jeden Nachrichtenwert, es sei denn, man glaubte, das Publikum interessiere sich für die Meldung: Trump antwortet sarkastisch auf kritisch fragende deutsche Reporterin, wie er es sonst auf kritisch fragende amerikanische Reporter tut.

Aber die Begeisterung über den Scoop der eigenen Reporterin hat bei dpa wohl die üblichen Agenturkriterien vorübergehend außer Kraft gesetzt – wobei: Scoop? Die deutschen Journalisten hatten vorher abgesprochen, welche beiden von ihnen Fragen stellen dürfen. Kristina Dunz wusste, dass sie von Merkel aufgerufen würde. Ihre Frage erbrachte keine neue Erkenntnis von Trump. Der journalistische Wert der Frage scheint nicht in der Antwort zu liegen – sondern im Stellen der Frage an sich.

Man kann das natürlich feiern – vor allem als ein in eine Frage gekleidetes Statement. Und als eine Haltungsübung gegenüber dem angeblich mächtigsten Mann der Welt, der ein Problem mit der freien Presse und mit der Wahrheit zu haben scheint.

Ein bisschen merkwürdig ist es trotzdem, dass der Chef einer Nachrichtenagentur die Qualität einer Journalistenfrage daran bemisst, dass der Befragte sie nicht beantwortet hat. Er müsste, wenn es danach geht, Dutzende Fragen feiern, die deutschen Politikern jeden Tag gestellt und nicht beantwortet werden.

Aber Sven Gösmann, der seine Reporterin unendlich dafür feiert, dass sie diese Frage gestellt hat, kann auch gar nicht verstehen, warum seine Reporterin so unendlich dafür gefeiert wird, dass sie diese Frage gestellt hat. Dem „Tagesspiegel“ sagt er über die Frau, die er als eine Art Heroin im Kampf um die Pressefreiheit darstellt:

„Ich bin eher erschüttert, dass Frau Dunz als Heroin im Kampf um die Pressefreiheit angesehen wird, weil sie ihren Job gut macht und eine kritische Frage gestellt hat. Das zeigt auch, unter welcher Verunsicherung die amerikanischen Kollegen leiden.“

Weiters sagt er, er gehe davon aus, dass die kritische Frage keine Folgen für dpa haben werde, und fügt hinzu:

„Wenn es für die dpa in den USA nicht mehr möglich ist, frei und unabhängig zu berichten, dann wird es finster in der Welt.“

Nichts spricht dafür, dass die Frage der dpa-Frau Konsequenzen hat oder es dpa nicht mehr möglich sein wird, frei und unabhängig aus den USA zu berichten. Aber dadurch, dass Gösmann in dieser Form – und sei es als Verneinung – ausdrücklich darüber redet, wirkt es natürlich so, als habe sich Dunz tatsächlich etwas Ungeheures getraut und einem brutalen Diktator mutig die Wahrheit ins Gesicht gesagt – unerschrocken, ohne Rücksicht auf mögliche Konsequenzen.

Was in der nationalen Besoffenheit über die deutschen Reporter, die den amerikanischen Kollegen mal zeigen, wie man mit so einem Trump umgeht, auch untergeht: Dass es vielleicht gar keine Frage von Mut ist, den Präsidenten nicht mit dem Thema „Fake News“ und seinen Abhörvorwürfen zu konfrontieren. Sondern eine Frage des journalistischen Selbstverständnisses oder der inhaltlichen Prioritäten. Die beiden amerikanischen Journalisten, die Fragen stellen konnten, fragten nach den Verhandlungen über den Haushalt und die geplanten Änderungen im Gesundheitswesen – aktuelle Themen, die viele Amerikaner bewegen und betreffen – anders als vielleicht die Abhörvorwürfe und der Dauerbrenner „Fake News“.

Christoph von Marschall, der Amerika-Korrespondent des „Tagesspiegel“, wollte deshalb bei der großen La-Ola-Welle deutscher Journalisten nicht mitmachen. Er weist unter anderem darauf hin, dass die „Fake News“-Diskussion Trump ganz gelegen komme, weil sie von den wahren Machtfragen ablenke.

Er schreibt, dass Dunz und ihr „Welt“-Kollege Ansgar Graw, die die deutschen Fragen stellten, „ihre Gelegenheit im Grunde zu Meinungsäußerungen nutzten, die sie grammatisch in Frageform kleideten“. Und mehrere Themen zusammenbunden, was es Trump erlaubte, sich eines herauszupicken:

Dunz verband unüberhörbare Kritik am Begriff „America First“ mit der als Suggestivfrage formulierten Sorge, ob Trumps Europapolitik die EU schwäche, sowie als drittem Thema, warum Trump so viel Angst vor Medienvielfalt habe und selbst Behauptungen aufstelle, die er nicht Fakten belege.

Trump nutzte die Gelegenheit, sich herauszusuchen, was er beantwortet und was nicht. Er sei „kein Isolationist“, sondern ein „Freetrader“, aber auch ein „Fairtrader“. In der Tat ist Trump nicht gegen Freihandel, wie er immer wieder betont. Er ist gegen multilaterale Freihandelsabkommen und bevorzugt bilaterale, weil da der Machtvorteil der USA gegenüber kleineren Volkswirtschaften besser zur Geltung kommt. Und er schob, offenkundig bezogen auf dieses typische Missverständnis über seinen handelspolitischen Ansatz, nach: „Ich weiß nicht, welche Zeitung Sie lesen. Aber ich vermute mal, das wäre dann ein weiteres Beispiel für, wie Sie sagen, Fake News.“

Dunz bekam keine Antwort zu „America First“, zur Europa-Politik und zur EU.

Marschall fragt sich deshalb, warum viele Medien ihre beiden Vertreter in der Pressekonferenz wie Helden behandeln:

Wenn jemand Trump in den acht Wochen seit seinem Amtsantritt immer wieder in die Schranken gewiesen hat, dann waren es wohl kaum deutsche Medien – die sind im White House Presse Corps und im inneramerikanischen Schlagabtausch so gut wie nicht präsent. Sondern es sind die US-Kollegen, die sich angeblich „nicht trauen“, die entscheidenden Fragen zu stellen.

Für Marschalls Text hatte Sven Gösmann keinen Tweet übrig.

42 Kommentare

  1. Ich habe beim Lesen einen Seitenhieb oder zumindest eine Erklärung dafür vermisst, warum in den zitierten Quellen einerseits von Kristina, andererseits von Waltraud Dunz die Rede ist. Mag nicht googeln, Faulheit siegt.

  2. Kurz: Eigenlob stinkt.

    @Vannay: Die Frau heißt Kristina Dunz, @WaltraudDunz ist nur ihr Twitteraccount. Warum auch immer sie den gewählt hat.

  3. Bei diesem „Wir sind die Helden“ rumheucheln wird mir inzwischen schlecht. Da hätte es einige Fragen an die Kanzlerin gegeben, mit denen man sich hätte beweisen können. Aber diese Branche kann auch eines am besten, sich selbst auf die Schulter klopfen, feiern und sich selbst Preise verleihen. Augen zu und weiter so, wird schon wieder werden.

  4. Frau Dunz scheint mir trotz ihres etwas seltsamen Berichts recht unaufgeregt. Im Gespräch mit der Washington Post sagte sie, dass die amerikanischen Kollegen Vorbild für Deutsche seien. Aber dass sie sich für die DPA freue.

  5. „…dass die amerikanischen Kollegen Vorbild für Deutsche seien..“
    Gibt es dafür auch einen Grund? Oder ist das nicht auch wieder nur zu viel Schmeichelei? Zu viel Selbsterhöhung durch Bescheidenheit? Zu viel National-Pathos? Gibt es nicht solche und solche, hüben wie drüben?
    Spass beiseite: Niemand zweifelt daran, dass Frau Dunz noch bescheidener und selbstloser ist als Hillary Clinton.

  6. Ah. Gut zu wissen, dass ich nicht der einzige war, der das Bohei um eine zwar berechtigte, aber weder besonders geistreiche noch originelle Frage bei einer Pressekonferenz etwas übertrieben fand. Dachte schon, es läge an mir.

  7. Also zunächst einmal denke ich auch, dass der Hype wegen Frau Dunz etwas zu groß ist. Zweitens aber meine ich, dass die Fragen von Ansgar Graw durchaus von journalistischem Wert waren. Drittens ist die Einschätzung des „Tagesspiegel“-USA-Korrespondenten nicht Allgemeingut und steht im Widerspruch zu anderen Beobachtungen.

    Wer nach der Trump-Merkel-Pressekonferenz etwa die Diskussionen auf CNN verfolgt hat, hatte beileibe nicht den Eindruck, Trump habe auf diese Weise von den wahren Machtfragen ablenken können. Die haben sich auf die Fragen und Antworten geradezu draufgestürzt. Das Beharren Trumps darauf, abgehört worden zu sein und seine Weigerung, sich in irgendeiner Weise (bei Obama oder auch beim britischen Geheimdienst) zu entschuldigen, sind keine Kleinigkeiten. Übrigens war man bei CNN (und auch in anderen amerikanischen und englischen Medien) sehr angetan vom Auftreten der deutschen Kollegen.

    Kurzum: es ist okay, gegen den Strom zu schwimmen, allein schon aus Gründen der Pluralität (gelegentlich ist es vielleicht auch der Aufmerksamkeitsökonomie geschuldet). Aber hin und wieder ist Übermedien, das ich sehr mag, etwas beckmesserisch.

  8. Die deutschen Journalisten, die Frau Dunz für ihren Mut loben, haben offensichtlich noch nie eine Pressekonferenz mit Sean Spicer gesehen, wo u.a. Jonathan Karl ständig Kontra gibt. Zu sehen bsw. gestern als er kritisch nachfragte als Spicer ausgerechnet Paul Manafort als unwichtigen Teil der Trump-Kampagne bezeichnete und dafür das Wort von Spicer abgeschnitten bekam. Trump gibt diesen kritischen Journalisten allerdings nur selten eine Audienz. Der Hype um Frau Dunz ist in der Tat Fake News.

  9. @14, RM:

    Sie schreiben es ja selbst: „das Wort von Spicer abgeschnitten bekam“. Das ist nur eine der vielen Tricks der neuen Administration, die Arbeit der kritisch nachfragenden Journalisten zu erschweren. (Lesehinweis auch an dieser Stelle: „Fake News“, eine Reportage über die Arbeit im Presseraum des Weißen Hauses von Markus Feldenkirchen im aktuellen „Spiegel“). Bei einigen wirkt es insofern, dass sie sich nicht mehr allzusehr aus der Deckung wagen. Wenn selbst Jim Acosta nur mit Mühen seinen Platz im Briefing Room behalten konnte, als Spicer ihn loswerden wollte…

    Wolf Blitzer (CNN) kommentierte direkt im Anschluss an die Pressekonferenz, die Fragen der US-Kollegen hätten zu diesem Zeitpunkt und zu diesem Anlass wenige Leute interessiert (so unterschiedlich kann man die Dinge sehen). Blitzer und seine Studiogäste, ebenso die zugeschaltete Christiane Amanpour beschäftigten sich auch mit der Frage, warum die Kollegen aus dem eigenen Land sich nicht trauten, solche Fragen zu stellen.

    Wenn „Übermedien“ meint, die Fragen der beiden amerikanischen Journalisten nach den Verhandlungen über den Haushalt und die geplanten Änderungen im Gesundheitswesen seien aktuelle Themen, die viele Amerikaner bewegen und betreffen – anders als vielleicht die Abhörvorwürfe und der Dauerbrenner „Fake News“, dann ist das eine sehr exklusive Ansicht, die sich dem Augenschein nach allein auf die Meinung von Christoph von Marschall stützt (und auch etwas unverständlich wirkt, denn wenn etwas ein „Dauerbrenner“ im Medienbiz ist, warum sollten sich dann die Leute nicht dafür interessieren?).

    Christoph von Marschall schreibt: „Beim Thema Abhören, das legten die Erfahrungen nahe, würde er womöglich die nächste Nebelkerze werfen.“ Das Gegenteil war aber der Fall, wie wir live via TV sehen konnten. Die einzige wirkungsvolle Nebelkerze platzierte Trump bei der Frage nach der Krankenversicherung.

  10. War besagte Frage von Frau Dunz nicht eigentlich an Merkel adressiert oder täuscht mich da meine Erinnerung?

  11. @16:

    Beide (Dunz, Graw) haben sowohl Merkel wie auch Trump Fragen gestellt. Die Fragen der US-Journalisten richteten sich ausschließlich auf Trump, betrafen ausschließlich US-amerikanische Innenpolitik – und waren daher, meiner Ansicht nach, auch ziemlich unpassend für den Anlass der Pressekonferenz (um nicht zu sagen, unhöflich dem Besuch aus Deutschland gegenüber).

  12. @18 TH
    Man darf gerne der Ansicht sein die Fragen der US-Journalisten seine ziemlich unpassend und unhöflich gegnüber dem Besuch.

    Das ist aber dem Umstand geschuldet das der Herr Donald diese Journalisten als „Feinde des Volkes “ deklariert und sich im „Krieg“ mit ihnen wähnt, und eine solche Pressekonferenz mit ausländischen BesucherInnen momentan die einzige Möglichkeit für US-Journalisten (außer sie arbeiten für Breitbart oder anderes Grobzeug) darstellt, dem Twitter-Troll direkte Fragen zu stellen, ohne übers Maul gefahren zu bekommen oder aus dem Briefing Room verbannt zu werden.

    Im Übrigen ist das gängige Praxis, sehr oft stellen deutsche Journalisten bei solchen Staatsbesuch-Pressekonferenzen in Berlin innenpolitische Fragen die mit dem aktuellen Gast nichts zu tun haben.

  13. Lustig. Sobald Tilo Jung bei der Bundespressekonferenz kritische Fragen stellt rollen die Kollegen gerne mit den Augen.

  14. @20
    Tilo Jung stellt ja auch so gemeine Suggestivfragen.
    Da kann man ihm besser die Eignung zum Journalisten generell absprechen, als sich inhaltlich mit den Fragen zu beschäftigen.

    @Thema
    The Donald nutzt selbstverliebte, profilierungssüchtige (deutsche) Journalisten, um mit einer vorgeschobenen „Fake News“ Debatte und polternden Provokationen vom eigentlichen Inhalt seiner Politik abzulenken.
    Funktioniert seit Monaten, wird weiterhin so laufen.

    Aber viele halten es ja auch für die beste Maßnahme, türkische Politiker nicht in DE auftreten zu lassen, damit die Türkei unsere Freiheitswerte und Demokratie besser verinnerlicht.

    Einge werden einfach gerne vor nen Karren gespannt und rufen dann begeistert „Jeah, Freifahrt!“
    Oder bemerken den Karren und den Kutscher nicht und loben sich dafür, den Weg ganz alleine gefunden zu haben.

  15. @19, Schnellinger

    „Das ist aber dem Umstand geschuldet das der Herr Donald diese Journalisten als „Feinde des Volkes “ deklariert und sich im „Krieg“ mit ihnen wähnt“

    Gilt aber vermutlich nicht für die beiden amerikanischen Journalisten, um die es hier konkret geht. Ich glaube kaum, dass Trump sich zwei Fragesteller auswählt, die er als „Feinde“ betrachtet. Robin Alexander („Welt“) schätzte die beiden gestern bei Lanz (ZDF) als eher unkritisch ein.

    @ 21, Anderer Max
    Trump konnte gar nicht wissen, was die deutschen Journalisten fragen würden. Die Fragen müssen nicht zuvor abgenickt werden. Sie meinen, er hat sich über die Fragen gefreut? Und die „vorgeschobene“ Fake-News-Debatte ist eigentlich welche? Trump hat es geschafft, mit seiner Antwort auf Graw zum Thema „wiretapped“ von anderen Dingen abzulenken? In den USA spricht also jetzt keiner mehr von dieser Sache? Really? Bevor jetzt noch Müller eines seiner Whataboutism bringt, bin ich lieber schon mal weg.

  16. Guter Einblick hinter eine Meldung und wie sie gemacht wird. Aber warum sollten sich die Amerikaner nicht für die Abhörvorwürfe und Fake News interessieren? „… Themen, die viele Amerikaner bewegen und betreffen – anders als vielleicht die Abhörvorwürfe und der Dauerbrenner „Fake News“.“ Mir schien, dass zumindest meine amerikanische Twitterblase stark auf diese Frage reagiert hat, auch ohne Zutun der dpa.

  17. @TH
    Nein, wo habe ich das geschrieben, was Sie mir in den Mund legen?
    Ihr präventives Rückzuggefecht … naja, Stilmittel halt.

    Nein, ich sage, dass Herr Trump ganz genau wusste, dass er mit seinem ausgedachten Thema „Fake-News“ (als ob es „Falschmeldungen“ oder politisch eingefärbte PR vorher nicht gegen hätte …) eine Ablenkungsdebatte anstößt, die ihm in den ersten Monaten seines Regierens einen Freiraum bei den „echten“ politischen Maßnahmen gibt, weil viele kritische Journalisten mit mit dem Herausarbeiten, selbst nicht „Fake-News“ zu sein oder zu verbreiten, beschäftigt sind.

    Google Trends hilft sehr herauszufinden, ob ein Thema schon Relevanz hatte, bevor es der lauteste Schreihals aufgebauscht hat:
    https://trends.google.com/trends/explore?q=Fake%20News

    Beispiel für Dinge, von denen Trump ablenken wollte, gibt es ja wohl genug. Im Wahlkampf war es die Steuererklärung und mangelnden Beweise für den „Hillary is a liar“ claim; nach der Wahl z. B. die Personalfragen, von denen sehr erfolgreich in den ersten Wochen abgelenkt wurde, dann die „Russia ties“, bis hin zum Wiretapping-Vorwurf, der nicht haltbar ist.

    Und klar freut sich Trump dann über diese Art fragen, auch wenn er die Frage im voraus nicht kannte (was ich ebenfalls nie behauptet habe!).
    So haben andere Journalisten weniger Zeit, relevante Fragen zu stellen
    und er kann polemisch daherschwafeln was er will, so wie SN das im Artikel auch perfekt rausgearbeitet hat (Fragenkombination aus 3 Fragen, keine davon beantwortet).

  18. @23, Anderer Max

    nur flott, weil ich aufm Sprung bin:

    Die Frage von Ansgar Graw hatte – im Gegensatz zu der Frage von Frau Dunz – null mit dem Begriff „Fake News“ zu tun. Da empfehle ich einfach noch mal, sich die PK anzuschauen.

    Graw fragte explizit nach zum Thema „wiretapped“, das (neben dem Komplex in Sachen russischer Einmischung in den Wahlkampf) nun auch Thema einer Anhörung war, bei welcher die Direktoren von FBI und NSA ausgesagt haben. Ich weiß nicht, ob Google Trends das schon erfasst hat. Ich lese nur Zeitungen und schaue Fernsehen.

    Wenn das alles Ihrer Ansicht nach ein Beweis dafür ist, dass es Trump gelungen ist, von wichtigen Dingen abzulenken? Vermutlich werden wir warten müssen, bis Tilo Jung uns das näher erläutern kann. ;-)

  19. Man lesen die aktuelle „Spiegel“-Ausgabe, auch Merkel verbannt Journalisten aus ihrem Umfeld. Fragen werden im politischen Berlin, aber auch in der Landespolitik, zu oft mit Phrasen beantwortet. Mir ist sogar schon gesagt worden, solche PK sei doch nicht der richtige Anlass, kritische Fragen zu stellen. Und Fake News? Lenkt wirklich von den Sachthemen ab. Jeden Tag kann man in vielen deutschen Medien nachlesen, dass Pressemitteilungen abgeschrieben werden – ohne sie zu hinterfragen. Das führt nicht unbedingt zu Desinformation, aber manchmal zu komischen Eindrücken. So twitterte gestern die Heute-Show, M. Schulz hätte sich selbst gewählt. Weil die Medien nicht meldeten, dass es 100% der gültigen Stimmen waren. Nicht der Wahlberechtigten. Und ich zitiere Joseph Hader: Wer Witze über Trump vor einem Publikum reißt, das ihn nicht mag, agiert populistisch.

  20. ich dachte so beim Lesen der Selbtbeweihräucherungstwitterei des Herrn Gösmann, das kommt mir doch irgendwie bekannt vor.

    Und dann las ich das: „Und der Tatsache, dass die „Bild“-Zeitung, bei der er früher gearbeitet hat, …“

    Und dann war mir alles klar.

  21. „Auch Merkel verbannt Journalisten aus ihrem Umfeld“

    Sitze gerade im Zug, Spiegel vor mir, wo finde ich das im Heft, Schnatterina?

  22. @Schnatterina:

    „Als der Journalist Mainhardt Graf von Nayhauß 2006 (sic!) zum ersten Mal über Merkels Visagistin berichtete, war bei der nächsten Auslandsreise kein Platz mehr für ihn im Kanzlerjet frei.“ (Spiegel, S. 21)

    Es geht da um 1 Fall und darum, dass Merkel etwas dagegen hat, wenn ihr Privatleben öffentlich gemacht wird. DAS möchten Sie mit dem Verhalten Donalds Trump gleichstellen, der mit Hilfe seines Sprechers große Zeitungen, Agenturen und Sender komplett aus seinem beruflichen Umfeld schaffen möchte zugunsten dubioser Medien wie „Breitbart“, „Christian Broadcasting Network“ und „Gateway Pundit“?

    Das ist wirklich ernstgemeint von Ihnen?

  23. Letztlich zeigt das alles doch nur, dass eine Pressekonferenz in diesem Rahmen von den anwesenden (und auserwählten) Presseleuten als Audienz am kaiserlichen Hofe betrachtet wird. Alles ist so wahhnsinnig aufgeladen mit den höchsten Insignien der allerhöchsten weltlichen Macht, und jeder, der dort vorgelassen wird ist selbstverständlich ein hyperkonformistischer Bückling sonst wäre er/sie nicht dort.
    Durch diesen sehr speziellen Präsidenten (der ganz selbstverständlich auch unserer ist) kommt vieles in einem ganz anderen Licht zu tage. Sehr erhellend fand ich auch die präsidialen Statements zur NATO, die das Militärbündnis der freien und der gleichen letztlich als ordinäre Schutzgelderpressung entlarven.

  24. „jeder, der dort vorgelassen wird ist selbstverständlich ein hyperkonformistischer Bückling sonst wäre er/sie nicht dort“

    Sie kennen sich aus in dem Metier?

    Und die rhetorischen POTUS-Finessen wie „schulden uns Geld“ (die längst z.B. von der dt. Regierung richtiggestellt wurden) sind für Sie gleichbedeutend mit der realen Verfasstheit der Nato? „Entlarvend“?

    Das ist schon erhellend, wie im Diskussionsstrang eines medienbeobachtenden Blogs sich Halbwissen und Ideologie mischen (und die Betreiber dieses Blogs, ansonsten – bei anderen Medien! – peinlich genau achtend auf sauberen Journalismus, im eigenen Laden eher tatenlos zuschauen)

  25. Ich frage mich ja auch, warum ein seröser Journalist überhaupt über Friseur oder Visagist schreibt. Aber die Reaktion halte ich dann doch für zu heftig, der Bericht hat keinerlei gesellschaftliche Brisanz. Und worüber regen wir uns denn so auf. Trump geht nicht zum Journalisten-Dinner. Hat mich nicht verwundert. Wer feiert gerne mit denen, die er angreift? Er lässt Leute nicht zum Hintergrundgespräch zu. Das ist leider seine Entscheidungsfreiheit, in Deutschland dürften auch nicht alle ins Kanzlerinnenflugzeug oder zu Vieraugengesprächen. Er lässt bestimmte Medien bei PKs keine Fragen stellen. Nur damit verletzt er demokratische Spielregeln, klar. Und das ist selbstbewusst zu benennen.

  26. Schatterina bzw. Schnatterina:

    Und nebenbei nennt Trump ihm nicht gesonnene Journalisten „Feinde des Volkes“, versucht deren Arbeit im Amtssitz des Präsidenten zu sabotieren, bezeichnet deren Veröffentlichungen – bewusst lügend – als „fake news“, lügt überhaupt regelmäßig gegenüber der Öffentlichkeit…

    Wenn das keine Verletzungen der demokratischen Spielregeln sein sollen, was denn dann? Ausdruck seines Selbstbewusstseins? Tatsächlich?

  27. @33
    Was gibt es da groß auszukennen? Pressekonferenzen im Weißen Haus werden live übertragen. Auf beiden Seiten sind ausschließlich Speichellecker vertreten. Besonders schlimm wenn wieder mal Krieg auf der Tagesordnung steht.

  28. Herr Säger,

    es ist komplett falsch und idiotisch von mir, hier weiter Position gegenüber Relativierern, grundsätzlichen Nato-Gegnern und sonstigen Müllers zu beziehen. Das ist nicht mein Blog. Machen Sie also ruhig hier weiter, ich schalte – was Übermedien betrifft – nun in den Read-only-Modus. Da bin ich bestimmt nicht der erste Übermedien-Leser, der resigniert, und vermutlich auch nicht der letzte.

  29. Das Problem bei der „Trump lenkt mit X nur von Y ab“-Argumentation, ist, mit was lenkt er eigentlich von was ab? http://www.dailykos.com/stories/2017/3/20/1645101/-Cartoon-So-many-distractions
    Implizit liegt solchen Einschätzungen ja die Auffassung zugrunde, dass das Y sehr wichtig ist, jedenfalls viel wichtiger als das X und dass Trump durch das Verdecken der wahren Absicht, die anhand von X erkennbar wäre, etwas gewinnt. Das hört sich verdächtig an, wie der feuchte Traum eines Journalisten, der ja nur ein Machtmittel hat: durch das, was er veröffentlicht die breite Meinung zu beeinflussen. Die Hoffnung ist, dass man die Aufmerksamkeit der Öffentlichkeit nur auf das wichtige Thema lenken müsste, damit diese versteht, was Trump wirklich im Schilde führt und damit sein Rückhalt zusammenbricht und er zumindest auf ein erträgliches Maß zurückgestutzt wird. Ich fürchte, das ist vielleicht zu schön, um wahr zu sein. Quae volumus, et credimus libenter.

    Wer den geheimen Plan Trumps aufdecken will, sollte berücksichtigen, dass er vielleicht keinen hat. Es ist für reaktionäre Positionen nicht ungewöhnlich, das sie aus einem Bündel eigentlich unvereinbarer Überzeugungen bestehen. Du gute Wissenschaft sagt dir, wo Du bohren musst, um Öl zu finden, die böse behauptet, das wäre da, weil dort vor vielen Millionen Jahren ein Meeresbecken war. Solange man die beiden in der Praxis so trennen kann, ist das kein Problem.

  30. @ TH
    Sie haben in diesem Thread über weite Strecken jeden zweiten Kommentar bestritten. Das muss zur Erschöpfung führen. Außerdem stelle ich (mit Erschrecken) fest, welche Übergröße ich in Ihrem Kopf angenommen habe: Sie gehen ständig mit dem Colt auf der Straße herum, kontrollieren andere Verdächtige und rufen, ich solle endlich rauskommen. Sie brauchen wirklich eine Pause, Sheriff!

  31. Ich kann mich der Kritik des Tagesspiegels nur anschließen. Und wer die journalistischen Grundregeln nicht mehr beherrscht oder sie nicht anwendet, handelt unprofessionell. Wenn die dpa ihre Mitarbeiter für Unprofessionalität feiert, sagt das nichts über Trump, aber viel über die dpa aus.

    Die ständigen Statements von Journalisten – statt Fragestellungen – zeigen die Selbstüberschätzung dieses Berufsstandes. Sie glauben, auf alles die eine – die richtige – Antwort zu haben und können nicht anders als ihrer verbalen Diarrhoe freien Lauf zu lassen. Leider wird das auch im Journalismus-Studium nicht mal im Ansatz kritisiert, sofern es ins politische Weltbild passt.

    Dass Trump keine kritischen Fragen gestellt würden, und dafür erst eine Deutsche nach Amerika schippern musste, das ist übrigens selbst eine fake news. Nicht mal die Grundregeln zivilisierten Verhaltens werden von den US-Medien eingehalten. Ich erinnere nur an die Pressekonferenz fünf Tage vor der Inauguration, als der CNN-Reporter wie von Sinnen Trump niederbrüllte. Wo ist da der Unterschied zu Breitbart und Co.?

  32. Trump will regieren, wie er seine Firma führte. Als Alleinentscheider, Boss, der keinen Wiederspruch duldet. Offensichtlich ist er nicht gewohnt, mit anderen Meinungen und Kritik umzugehen. Im Moment zeigen ihm die Organe der amerikanischen Demokratie die Grenzen auf, da wütet er beleidigt zurück. Journalisten haben die Aufgabe, über diesen Prozess zu berichten und ihn mit ihren Fragen und Richtigstellungen seiner Weltsicht voranzutreiben. Wir müssen nicht mit ihm kuscheln oder befreundet sein, Nähe schadet oft. Und ich habe mich schon lange von der Illusion verabschiedet, dass Pressekonferenzen zum Dialog gedacht sind, um zu erhellen. Das sind oft Promotionveranstaltungen, wo der Einladende seine Meinung verbreiten will.
    Und sorry, wenn schon der Intendant des BR und Chefredakteure deutscher Zeitungen einräumen, dass Meinung und Nachricht mittlerweile zu oft vermischt werden, kriegen das doch auch die Rezipienten mit.

  33. Na also. Geht doch! Warum sollen immer nur die Pappnasen alle anderen vergraulen? Viel Spaß noch beim Lesen.

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