Die „Zeit“ sucht die politische Mitte – und findet lauter Radikale

Je stärker die politischen Ränder, umso mehr erscheint die „Mitte“ als Sehnsuchtsort. „Fast alle wollen dazugehören“, schrieb die „Zeit“ in der vergangenen Woche gegen den Trend der jüngsten Wahlergebnisse und veröffentlichte einen digitalen Selbsttest. „Gehören Sie zur politischen Mitte?“, lautete die Gretchenfrage – Antwort bekommt, wer sich zu 13 Fragen von der Klima- bis zur Steuerpolitik positioniert.
Auf den ersten Blick erinnert das ein wenig an die „Psycho-Tests“ der „Bravo“ („Bin ich verliebt?“, „Bist du in einer toxischen Beziehung?“, „Wie viel Einhorn steckt in dir?“). Tatsächlich ist der „Zeit“-Test natürlich weitaus ausgeklügelter – und fördert dennoch einiges Gift in den gesellschaftlichen Verhältnissen zu Tage.

Ok, anderswo schreiben Journalisten mit KI-Unterstützung zu 100% für Google.
Bei der Zeit baut man sich mit viel humanen Hirnschmalz eine Rage-Bait-Umfrage. Da sieht man doch, das Qualitätsjournalismus nicht tot ist.
„Zum Teil basiert das auf einem Missverständnis, das die Redaktion mit ihrer Grafik allerdings selbst provozierte.“ Ja, wenn jemand eine völlig missverständliche Graphik veröffentlicht, hat der Jemand nicht etwa einen fetten, dummen und ultraleicht zu vermeidenden Fehler gemacht, bei dem der Verdacht, dass das Absicht war, irgendwie von alleine aufkommt, sondern es heißt, er hätte ein „Missverständnis _selbst_ provoziert“. Ich verstehe ja, dass auch eine Seite über Medienkritik ihre Kollegen nicht mit victim-blaming überziehen will, aber so viel Samthandschuhe müssen es auch nicht sein.
„Wer sich bei allen 13 Fragen nicht positionierte und stattdessen die Option „teils/teils“ auswählte, fand sich am Ende im Zentrum der Grafik wieder.“
Da stellt sich mal die Frage, warum es keine Fragen gab, die nur die eine Hälfte des Spektrums abfragen? Wer bspw. die Kollektivierung der Produktionsmittel gutheißt, ist wohl links, aber wer sie ablehnt, könnte auch Mitte sein. Oder wer eine völkisch definierte Staatsangehörigkeit ablehnt, ist wohl nicht rechts, aber vielleicht „trotzdem“ Mitte.
Wenn die Zeit „Mitte“ nur als Wischi-Waschi-Kompromiss aus Rechts und Links begreifen kann, muss man sich über sowas nicht wundern.