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Die Frauenzeitschriften der Klambt-Gruppe machen seit Jahren in großem Stil Schleichwerbung für eine Faltencreme. Immer wieder veröffentlichen sie in ihren Gesundheitsressorts vermeintliche Tests von Anti-Aging-Mitteln, aus denen jedesmal überraschenderweise dieselbe Creme als Sieger hervorgeht, deren behauptete Qualitäten dann überschwänglich angepriesen werden. Die Artikel werden nur minimal variiert. Angebliche Verwenderinnen mit wechselnden Namen und Fotos aus Stockfoto-Datenbanken schwärmen wortgleich dafür, dass man ihnen ihr wechselndes Alter dank der Creme nicht mehr ansieht, sie hinterlasse „ein fantastisches Hautgefühl“.

Der Presserat hat Anfang des Jahres einen solchen Schleichwerbe-Artikel in der Zeitschrift „Die 2“, über den sich jemand beschwert hatte, als „schweren Verstoß gegen das Gebot zur Trennung von werblichen und redaktionellen Inhalten“ gerügt.
Und weil ich es ein bisschen unfair fand, aus dem gewaltigen Schleichwerbe-Epos, das die Verlagsgruppe Klambt für ihren Pharma-Partner produziert, nur einen einzelnen Text herauszugreifen, habe ich mich danach über insgesamt 41 ähnliche Artikel aus neun Zeitschriften beim Presserat beschwert.
Das Selbstkontroll-Gremium der deutschen Presse sprach daraufhin gegen alle Zeitschriften öffentliche Rügen aus. Der Beschwerdeausschuss kam zu der Auffassung, dass die
„in Aufbau und Text annähernd identischen Veröffentlichungen (…) in der Gesamtschau zwingend nahlegen, dass es sich bei den streitgegenständlichen Veröffentlichungen nicht um redaktionelle Produkttests, sondern um Anzeigenplätze handelt.“
Diese Werbung sei aber in keiner Form für die Leserschaft als solche kenntlich gemacht worden.
„Der Beschwerdeausschuss betont, dass der vorliegende Verstoß gegen das Trennungsgebot [von Redaktion und Werbung] aus Richtlinie 7.1. des Pressekodex angesichts der Menge an Veröffentlichungen besonders schwer wiegt. Weiter erschwerend kommt hinzu, dass der Verlag der Beschwerdegegnerin bereits in der Vergangenheit für eine ähnliche Veröffentlichung (…) gerügt wurde und entsprechend hätte sensibilisiert sein müssen.“
Die betroffenen Medien haben in solchen Verfahren beim Presserat die Möglichkeit, vor der Entscheidung zu den Vorwürfen Stellung zu nehmen. Das haben die Zeitschriften der Klambt-Gruppe in diesem Fall leider nicht geschafft: Der von ihr beauftragte Rechtsanwalt teilte dem Gremium mit, dass es ihm in Anbetracht der vielen Vorgänge nicht möglich sei, eine fundierte Stellungnahme abzugeben: Bei ihm sei unerwartet ein Fristenstau entstanden.
Der Presserat fand diese Begründung nachvollziehbarerweise nicht überzeugend genug, um deswegen gleich das Verfahren zu vertagen.
Redaktionen sind verpflichtet, Rügen in ihren Blättern zu veröffentlichen, und daran scheinen sich auch die Klambt-Zeitschriften zu halten. Nach und nach erscheinen in verschiedenen Titeln in diesen Tagen kleine Kästen „in eigener Sache“, die den Sachverhalt leicht geschönt und verklausuliert darstellen. In „Die neue Frau“ heißt es etwa:
„In vier Heften (…) wurden Tests dreier Produkte veröffentlicht. Darin ging jeweils derselbe Hersteller als Sieger hervor. Der Presserat sah darin keine redaktionellen Produkttests.“

Im Frühjahr, zwischen der ersten und zweiten Entscheidung des Presserates in dieser Sache, erschien in den Klambt-Frauenzeitschriften „Frau mit Herz“, „Lea“, „Woche der Frau“, „7 Tage“ und „Funk Uhr“, „Die neue Frau“, „Die 2“ übrigens noch „Unser großer Anti-Aging-Frühlings-Test 2025“.
Auf dem ersten Platz der drei angeblich getesteten Produkte landete „eine geniale Liftingcreme“, ein Mittel mit „Wunderkraft“ – dasselbe wie immer. Je nach Zeitschrift schwärmten „Stefanie Wagner (57)“ oder „Michaela Fuchs (55)“ von der unglaublichen Wirkung und sagten: „Ich sehe nicht nur jünger aus – ich fühle mich auch so“ oder: „Ich sehe jünger aus und fühle mich auch so“.

Und jetzt bin ich total gespannt auf den großen Anti-Aging-Herbst- oder Wintertest.
Stefan Niggemeier ist Gründer von Übermedien und BILDblog. Seit vielen Jahren Autor, Blogger und Medienkritiker, früher unter anderem bei der FAS und beim „Spiegel“. In seinem Notizblog macht er Anmerkungen zu aktuellen Medienthemen. Hier können Sie alle Folgen lesen.
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Ist doch immer wieder dasselbe. Die Konsequenzen für die Verlage sind ein absoluter Witz. Die sind ja nicht dumm und wissen genau das die ganzen Artikel bei Beanstandung gerügt werden. Ich kann mir sogar vorstellen dass die sich darüber amüsieren und Spaß dran haben die Rügen möglichst nichtssagend zu formulieren.
Das zahnlose Kätzchen Presserat müsste mit wirksameren Befugnissen ausgestattet werden.
Wiederholungstäter sollten einfach die durch diese Schleichwerbung entstandenen Gewinne als Strafe zahlen. Ich glaube dann wäre ganz schnell Schluss damit.