Der rbb und die verkorkste Recherche zu Stefan Gelbhaar
Am vergangenen Freitag war in der Berliner „Abendschau“ im rbb-Fernsehen mal wieder der rbb selbst Thema. Man kennt das. Doch dieses Mal ging es nicht, wie vor mehr als zwei Jahren und seither immer mal wieder, um Verfehlungen in der Intendanz des öffentlich-rechtlichen Senders, sondern um eine brisante Recherche, die der rbb veröffentlicht hatte – und die nun teilweise zusammengebrochen ist.
Ende Dezember hatte der rbb über Vorwürfe der sexuellen Belästigung gegen den Berliner Bundestagsabgeordneten Stefan Gelbhaar (Grüne) berichtet. Der Sender stützte sich dabei unter anderem auf die Erzählung einer nicht namentlich genannten Frau, die dem rbb „ihre Geschichte“ mit Gelbhaar erzählt und darüber auch eine eidesstattliche Versicherung abgegeben hatte. Wie der Sender aber am Freitag einräumte, ist diese Frau offenbar eine Erfindung, und die rbb-Journalisten waren auf sie reingefallen.
Bemerkenswert an der nun veröffentlichten Korrektur des rbb ist zunächst, dass der Sender es so aussehen lässt, als sei er von allein darauf gekommen, dass etwas nicht stimmt – was wiederum wohl nicht ganz stimmt.
Bereits am Mittwoch hatte der „Tagesspiegel“ berichtet, dass es Zweifel an der Echtheit einer eidesstattlichen Versicherung gebe, die dem rbb vorliegt. Gelbhaars Anwälte hatten Anfang Januar angekündigt, presserechtlich gegen die Berichterstattung des rbb vorzugehen. Der „Tagesspiegel“ konnte die Unterlagen aus dem Unterlassungsverfahren nach eigenen Angaben einsehen, und dort fand sich auch die eidesstattliche Versicherung. Der rbb hatte sie dem Gericht offenbar zu seiner Verteidigung vorgelegt.
„Mit hoher Wahrscheinlichkeit existiert die Frau nicht“
Der „Tagesspiegel“ machte dann, was der rbb unterlassen hatte: Er überprüfte, ob die dort genannte Frau unter der angegebenen Berliner Adresse amtlich gemeldet ist, er suchte deren Namen auf einer Klingel oder einem Briefkasten und fragte Anwohner. Und siehe da: nirgends eine Frau dieses Namens. Das selbst auf diese Weise zu checken, darauf war der rbb wohl nicht gekommen. Was ihm jetzt zum Verhängnis wurde.
Der „Tagesspiegel“ hatte dem Sender bereits am Montag voriger Woche Fragen zu dessen Recherche geschickt. Die Zeitung wollte unter anderem wissen, wie viele eidesstattliche Versicherungen dem Sender vorlägen und ob er die Angaben zu den jeweiligen Personen überprüft habe. Interessante, durchaus relevante Fragen, um die Recherche des rbb einordnen zu können. Doch der rbb hat nach Angaben des „Tagesspiegels“ darauf nie reagiert. Stattdessen veröffentlichte er die Erkenntnisse selbst, ohne auf die Recherche der Kollegen einzugehen, was die als unredlich kritisieren.
An der Identität einer der Frauen, einer „Anne K.“, „kamen jetzt Zweifel auf“, nachdem diese „seit einigen Tagen für den rbb nicht mehr zu erreichen war“, erklärte der Sender am Freitag. Mit hoher Wahrscheinlichkeit existiere die Frau nicht. Welcher der erhobenen Vorwürfe von ihr kam, gibt der rbb in seiner Korrektur nicht an.
„Weitere Recherchen“ hätten zu einer grünen Bezirkspolitikerin geführt, „bei der für uns zweifelsfrei feststeht, dass sie sich in Gesprächen dem rbb gegenüber als Anne K. ausgegeben hat und unter diesem Namen auch eine eidesstattliche Versicherung abgab“. Die Person bestreite das zwar. Allerdings könne sie nicht belegen, dass es „Anne K.“ überhaupt gibt. Der rbb hat deshalb Strafanzeige gegen die Bezirkspolitikerin erstattet.
Um wen es sich handelt, schreibt der Sender nicht. Am vergangenen Sonntag aber trat überraschend ein…
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