Neuwahlen

„Papiermangel“-Debatte: Wer berichtet, sollte auch recherchieren

Exklusiv für Übonnenten

Der Höhepunkt einer in Teilen absurden Neuwahl-Terminfindungsdebatte war am Mittwochmorgen erreicht. Da erschien in der „Neuen Osnabrücker Zeitung“ eine Anzeige, die laut Kennzeichnung „Satire“ enthalten sollte: „Sie benötigen 61.500.000 Wahlzettel? Wir benötigen 3 Wochen“:

Anzeige in der NOZ vom 13. November 2024

Geschaltet hatte diese als Werbung getarnte Propaganda die Druckerei Meinders & Elstermann, deren Geschäftsführer Jan Dirk Elstermann gleichzeitig Herausgeber der „Neuen Osnabrücker Zeitung“ ist. Diese Doppelfunktion nutzte er augenscheinlich, um über den Umweg einer „Anzeige“ in seiner eigenen Zeitung über populistische Mythen wie „Öko-Ideologie“ und „Verbots-Politik“ zu wettern – samt verschwörungsmiefigem grünem Sticker:

„NEU Jetzt auch personalisiert mit vorgedrucktem Kreuz lieferbar.“

Die deutsche Papier- und Druckindustrie sei vorgeschoben worden, „um einen späten Neuwahl-Termin zu rechtfertigen“, so der Vorwurf. Es ist ein Märchen, das seit Tagen durch soziale Medien und einschlägige Portale geistert: Die Bundeswahlleiterin habe im Auftrag von Olaf Scholz vor einem Papiermangel gewarnt, heißt es, um auf diese Weise eine Wahl noch im Januar zu verhindern, und das, obwohl die Papierindustrie jederzeit problemlos liefern könne.

Welche Kommunikation genau zwischen der Bundeswahlleiterin und dem Bundeskanzler stattgefunden hat, war diese Woche Thema im Wahlprüfungsausschuss des Bundestags. Bei allen anderen Behauptungen, auf die sich das Märchen stützt, fehlt mindestens Kontext. Verantwortlich dafür sind auch Journalistinnen und Journalisten, die es sich bei der Berichterstattung vielleicht etwas zu leicht gemacht und Demokratie-Beschimpfern damit halbrecherchierte Behauptungen auf dem Silbertablett serviert haben.

Bloß nix zu kompliziert machen!

Die Debatte über den richtigen Zeitpunkt für Neuwahlen wirkte zwischenzeitlich wie eine gigantische Doodle-Abfrage. Die Vorstellungen von Scholz und Merz, der Sitzungskalender des Bundestags, die kleinteilige Wahllogistik und dann noch die Verfassungsvorgabe, wonach nach der Auflösung des Bundestags maximal 60 Tage bis zu den nächsten Wahlen vergehen dürfen – all das musste irgendwie unter einen Hut gebracht werden. Wie schön für Redaktionen, wenn sich das Geschachere wenigstens an einem Punkt zuschauerfreundlich herunterbrechen lässt: nämlich auf die Frage, ob in Deutschland überhaupt genug Papier für eine Wahl schon im Januar vorhanden ist.

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Screenshot: Bild.de

3 Kommentare

  1. Wow, unfassbar, was die linksgrünen Medien sich da wieder leisten. Diese Propaganda zum Wohle einer einzigen Partei. Und die ganzen woken Schlafschafe konsumieren es ohne nachzudenken und können dann ja quasi gar nicht anders, als grün zu wählen.
    Auch hier sicherheitshalber: /s.

  2. Übrigens gab es diese Papierknappheit zu Corona tatsächlich. Und zwar deswegen, weil viele Papierhersteller das Papier eher für Verpackungen brauchten, weil der Online-Versand explodiert war. Ich erinnere mich wie 1. die Druckkosten bei Recyclingpapier innerhalb eines Jahres stark angestiegen waren und ich 2. einen Druckprojekt nicht mehr pünktlich zum Jahresende abschließen konnte, da mich die Druckerei wegen Papierknappheit um einen Monat vertrösten musste. Es ist also gar nicht mal so unwahrscheinlich, dass so etwas passiert.

  3. Frau Schneider hätte ja mal die Frage aufwerfen können, warum ein Missverständnis/Irrtum/Fake manchmal wirkt und manchmal nicht.
    Warum machen die sich nicht lächerlich mit der Unterstellung eines geplanten Rückwärtseinparkverbots oder mit Hilfsangeboten für Papierlieferungen?

    Gut möglich, dass ein Fake nur funktioniert, wenn er an den bekannten Zustand stoßfrei andockt.
    So wie hier.

    Die Grünen hatten nach dem Reinfall mit dem Veggie-Day eine Weile die Füße stillgehalten (abgesehen von Renate Künast, die das Ende der Zeit der Freiwilligkeit kaum erwarten kann). Im Wahlkampf zur letzten Bundestagswahl hat das Traumpaar Annalena und Robert einen auf bürgerlich, lieb und nett gemacht. Nur leider, so wie Grünen an den Schalthebeln saßen, brachen die Dämme.
    Und jetzt wundern die sich, wenn man ihnen auch ein Rückwärtseinparkverbot zutraut. Na so was.

    Analog die Wahlen.
    Was bei den letzten Wahlen in Berlin abging … lest selbst, was Prof. Christian Waldhoff erlebt hat.
    Das ist der Hintergrund, vor dem die von der Bundeswahlleiterin verkündete Sorge um die Papierbeschaffung ihren Charme entfaltet. Man traut es ihnen einfach zu, dass sie sogar zum Papier kaufen zu dumm sind.
    Dass weniger wohlmeinende Zeitgenossen das im eigenen Interesse ausschlachten, herrje, das ist normales Politikgeschäft. Und im Vergleich zu anderen Hypes (der Massenmord an Gil Ofarim, der grevesmühlenische Kindermord, das deportatorische Geheimtreffen usw.) ist der Umgang mit dem Wahlpapier doch vergleichsweise zurückhaltend.

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