In dieser Woche gab die Stadt Potsdam bekannt, dass sie ein bundesweites Einreiseverbot gegen den österreichischen Rechtsextremen Martin Sellner erwirkt habe. Der langjährige Sprecher der „Identitären Bewegung“ kann also ab sofort von der Bundespolizei an der Einreise in die Bundesrepublik gehindert werden. Tatsächlich waren Sellners diverse Grenzübertritte bereits in der jüngeren Vergangenheit immer wieder zum Gegenstand öffentlichkeitswirksamer Inszenierungen geworden. Ende Januar reiste er etwa nach Passau – laut eigener Aussage, um zu prüfen, ob bereits ein Einreiseverbot gegen ihn vorlag. Am Samstag wurde er bei einem rechtsextremen Treffen in der Schweiz von Polizisten abgeführt und des Landes verwiesen.
Immer dabei: die Kamera für den Livestream. Und leider auch oft dabei: Medien. Sie berichten ausführlich über Sellners Ankündigungen oder begleiten seine Versuche gar vor Ort. Die Selbstinszenierungen eines Rechtsextremisten werden so zu einem Medienspektakel. „Sellner hat verstanden, dass Medien und er teilweise dieselben Interessen haben: Aufmerksamkeit“, sagt Natascha Strobl im Gespräch mit Holger Klein. Die österreichische Autorin und Rechtsextremismusexpertin warnt Medien daher eindringlich davor, in Sellners Falle zu tappen. Denn so würden sie unweigerlich zur Erfüllung seiner weiteren Ziele beitragen: Markenbildung und Normalisierung.
In dieser neuen Folge unseres Podcasts „Holger ruft an …“ spricht Strobl nicht nur über den medialen Umgang mit Sellner, sondern auch über die allgemeinen Probleme in der Berichterstattung über die extreme Rechte. Immer wieder gäbe es etwa Home-Storys, Porträts oder Titelinterviews, die vor allem von der journalistischen „Lust am Verbotenen“ getrieben sei. „Man will damit zeigen, was man sich als Medium so traut“, meint Strobl. Letztlich müssten diese vermeintlichen Versuche der „Entzauberung“ aber immer scheitern.
(Sie können den Podcast auch über die Plattform oder App Ihrer Wahl hören. Hier ist der Feed.)
Die Gesprächspartnerin
Natascha Strobl, geboren 1985 in Wien, ist Politikwissenschaftlerin und Publizistin. Ihr Buch „Radikalisierter Konservatismus. Eine Analyse“ war ein Bestseller und wurde 2021 mit dem Bruno-Kreisky-Preis für das Politische Buch (Anerkennungspreis) ausgezeichnet.
Kein triviales Problem. Macht man nichts, wird es medial ausgeschlachtet. Bringt man es groß raus, verbreitet man es selber. Bliebe noch ein Mittelweg: kleine Berichtserstattung ohne Bilder, keine aufregende Schlagzeile. Es werden allerdings immer einzelne Medienunternehmen überbleiben, die lieber Klicks verdienen möchten, Schlagzeilen generieren und aufmerksamkeitseregende Bilder mit Handschellen bringen werden. Also geraten die die „moderaten“ Medien ins Hintertreffen und verdienen mittelfristig weniger Geld.
Ähnliches Dilemma übrigens bei rechten Propaganda-Posts auf Social Media. Kommentiert man es nicht, bleibt der Kram unwidersprochen stehen. Kommentiert man mit Gegenrede, Faktenchecks, etc. verhilft man den Posts zu mehr Klicks und Reichweite…
Kein triviales Problem. Macht man nichts, wird es medial ausgeschlachtet. Bringt man es groß raus, verbreitet man es selber. Bliebe noch ein Mittelweg: kleine Berichtserstattung ohne Bilder, keine aufregende Schlagzeile. Es werden allerdings immer einzelne Medienunternehmen überbleiben, die lieber Klicks verdienen möchten, Schlagzeilen generieren und aufmerksamkeitseregende Bilder mit Handschellen bringen werden. Also geraten die die „moderaten“ Medien ins Hintertreffen und verdienen mittelfristig weniger Geld.
Ähnliches Dilemma übrigens bei rechten Propaganda-Posts auf Social Media. Kommentiert man es nicht, bleibt der Kram unwidersprochen stehen. Kommentiert man mit Gegenrede, Faktenchecks, etc. verhilft man den Posts zu mehr Klicks und Reichweite…