Der Autor
Matthias Ubl ist freier Journalist und schreibt unter anderem für „Zeit Online“ und das Magazin „Jacobin“. Er ist Host des Podcast „Jacobin Talks“.
Kaum eine Verfassungsregelung hat so weitreichende Folgen wie die Schuldenbremse. Als das Bundesverfassungsgericht im November die Umwidmung von Corona-Mitteln als verfassungswidrig erklärte und die Regierung damit in die aktuelle Haushaltskrise stürzte, zeigte sich, wie massiv die Schuldenbremse den Staat in seiner finanziellen Handlungsfähigkeit einschränkt. Ein Thema, das die Nachrichten in den vergangenen Wochen beherrschte.
2009, als der Bundestag beschloss, das Schuldenverbot ins Grundgesetz zu schreiben, war das ganz anders. Den meisten großen deutschen Leitmedien schien damals nicht klar zu sein, welche Bedeutung die Verfassungsänderung hatte. Anders ist es kaum zu erklären, dass man in der Woche vor der Entscheidung des Bundestags im Fernsehen so gut wie nichts zum Thema sah. Am 29. Mai berichtete die „Tagesschau“ zwar an dritter Stelle, aber die großen Polit-Talkshows, etwa „Anne Will“ oder „Maischberger“, griffen das Thema in dieser Zeit nicht auf, obwohl die Entscheidung zumindest im Parlament einigermaßen kontrovers diskutiert wurde.
Auch die Zeitungen interessierten sich kaum für die demokratietheoretischen und ökonomischen Fragen zur Schuldenbremse. Die „Zeit“, zum Beispiel, berichtete weder in der Ausgabe vor noch in der Ausgabe nach dem Bundestagsbeschluss. Der „Spiegel“ vermeldete den Beschluss als kleine Nachricht. Lediglich in der „FAZ“ und der „Süddeutschen“ wurde die Schuldenbremse etwas ausführlicher thematisiert – in zwei Kommentaren, die dem Beschluss grundsätzlich zustimmten.
Susanne Höll bezweifelte in der „SZ“ lediglich, dass die „papierne Bremse“ Politiker davon abhielte, weitere Schulden zu machen. Manfred Schäfers verglich in der „FAZ“ die deutsche Politik mit Odysseus, dem „listigen Helden aus der Antike“, der sich selbst Fesseln angelegt hatte, um sein Schiff nicht in die falsche Richtung zu steuern. Für Schäfers war die neue Schuldenregel eine „vorausschauende Handlung“. Schulden müssen jedenfalls begrenzt werden, da waren sich Politik und Medien damals offenbar weitestgehend einig.
Kritische Stimmen zur Schuldenbremse hörte man 2009 kaum. Eine Ausnahme war der Ökonom Sebastian Dullien, der heute das Institut für Makroökonomie und Konjunktur (IMK) in Düsseldorf leitet. Dullien bezeichnete es im Februar 2009 – kurz nach der Einigung der großen Koalition über die Schuldenbremse – im „Spiegel“ als „erschreckend“, „wie wenig ökonomischer Sachverstand“ in die politische Debatte um die Schuldenbremse eingeflossen sei.
Matthias Ubl ist freier Journalist und schreibt unter anderem für „Zeit Online“ und das Magazin „Jacobin“. Er ist Host des Podcast „Jacobin Talks“.
In seinem Kommentar stellte er in Frage, ob Schulden ein grundsätzliches Problem seien. „Kaum ein erfolgreiches Unternehmen expandiert ohne Kredite“, schrieb Dullien. Warum sollte sich der Staat also künstliche Regeln zur Begrenzung seines Budgets auferlegen?
Andere Ökonomen wie der ehemalige Wirtschafsweise Peter Bofinger und der Konjunkturforscher Gustav Horn warnten 2009 mit einer Petition vor den Folgen der Schuldenbremse, auch Dullien unterschrieb. Doch die Wirtschaftsredaktionen hatten damals anscheinend kein Interesse, sich mit der Kritik der Ökonomen auseinanderzusetzen, die Petition blieb eine mediale Randnotiz. Sebastian Dullien bestätigt gegenüber Übermedien heute, dass er nicht den Eindruck gehabt habe, dass die Schuldenbremse damals „richtig intensiv diskutiert“ wurde.
Viele Medien beteiligten sich auch nach der Einführung der Schuldenbremse an dem damals verbreiteten Narrativ der Überschuldung. Bemerkenswert ist hier vor allem ein „Panorama“-Beitrag aus dem Jahr 2011, der Schulden völlig kontextlos als problematisch darstellt. Der Beitrag suggeriert, dass die stetig gestiegene Staatsverschuldung in der Bundesrepublik eine Art Politikversagen darstelle. Schulden, heißt es im Sprechertext des Beitrags, seien „irgendwie wie Spielgeld“ gewesen. Und: „Waren es in den 70er Jahren die Sozialprogramme, jetzt ist es die Wiedervereinigung. Unvorhersehbare Kosten. Und immer wurde lieber der Schuldenberg erhöht, als Ausgaben zu kürzen.“ Die Frage, welche wirtschaftlichen und sozialen Kosten auf die Bundesrepublik zugekommen wären, hätte es in diesen Bereichen keine Ausgaben gegeben, wird in dem Beitrag nicht gestellt. Auch Kritiker des „Überschuldungsnarrativs“ kommen nicht vor.
Das Problem mit der Erzählung von der Überschuldung ist allerdings, dass sie einer wissenschaftlichen Grundlage entbehrt. Seit einigen Jahren wird die Rolle der Staatsverschuldung in den Wirtschaftswissenschaften anders bewertet als noch in den Nullerjahren. Das bestätigt auch Sebastian Dullien. Es zeigt sich mittlerweile auch empirisch, dass eine hohe Staatsverschuldung keine negativen Auswirkungen haben muss. Japan, zum Beispiel, hatte 2022 eine Staatschuldenquote von etwa 260 Prozent, ohne dass die Wirtschaft deswegen in die Krise geraten ist.
Im Gegensatz zu 2009 gibt es in den Medien heute viel mehr kritische Stimmen zur Schuldenbremse und ihrer möglichen Reform. In der FAZ erschien etwa ein Vorschlag zur Reformierung der Schuldenbremse von dem Ökonom Max Krahé, der Ökonomin Phillipa Sigl-Glöckner und dem Rechtswissenschaftler Alexander Thiele. Auch in der „Zeit“ oder der „Süddeutschen Zeitung“ wurden die aktuellen Entwicklungen kritisch kommentiert und eingeordnet. Einen Beitrag zur Aufklärung über das vermeintliche Fachthema leisten heute außerdem auch größere Podcastformate wie „Lage der Nation“ oder „Die neuen Zwanziger“. Gerade in letzterem werden finanzpolitische Entwicklungen und deren politische Dimension seit Monaten kritisch begleitet. In Teilen des Wirtschaftsjournalismus herrscht aber immer noch ein verkürztes Verständnis von Staatsfinanzen und öffentlichen Ausgaben.
Ein Beispiel dafür lieferte etwa die FAZ-Wirtschaftsjournalistin Julia Löhr in der „Anne Will“-Sendung „Regierung in Geldnot – Wie hart trifft es Deutschland?“ Ende November. Löhr behauptete dort, dass es eine „Mär“ sei, „dass sich Deutschland kaputtspare“, weil Deutschland ja schon „450 Milliarden Euro im Jahr“ ausgibt“, also sehr viel Geld, wie Löhr suggerierte. Dass die nominelle Summe der öffentlichen Ausgaben allein aber überhaupt nichts über den Investitionsbedarf aussagt, sagte sie nicht. Im Jahr 2021 fehlten etwa 149 Milliarden Euro. Das bedeutet in der Realität, dass Schulen und Straßen verfallen.
In den Wirtschaftswissenschaften gibt es seit Jahren nicht nur unter dem Stichwort Modern Monetary Theory intensive Diskussionen über Geldschöpfung und die Bedeutung von Staatsschulden und öffentlichen Ausgaben. Die Frage, wie Staaten sich eigentlich finanzieren und welche Rolle Schulden dabei spielen, ist alles andere als banal – und mit der Antwort „Steuern“ längst nicht hinreichend erklärt.
Zuletzt zeigte etwa der Wirtschaftssoziologe Aaron Sahr in seinem Buch „Die monetäre Maschine“, dass Geldsystem aus einer komplexen Struktur bilanzieller Verflechtungen zwischen Zentralbanken und Kreditbanken besteht. Sahr zeigt, dass staatliche Schulden nicht einfach etwas Negatives – sondern ein zentraler Bestandteil unseres Geldsystems sind. Über diese komplexe Fragen braucht es auch in der Wirtschaftsberichterstattung heute mehr Aufklärung.
Auch über die eigene Wortwahl muss der Wirtschaftsjournalismus genau reflektieren. „Schulden“ hören sich gemeinhin negativ an, doch sie können gleichzeitig wichtige Investitionen bedeuten. Und was etwa für den Alltagsverstand gut klingt, etwa eine „Begrenzung der Schulden“, kann makroökonomisch fatal sein, wie auch Sebastian Dullien mit Blick auf die jetzige Ampelpolitik bemerkt: „Im Endeffekt haben wir jetzt eine Finanzpolitik, von denen die Lehrbücher sagen, dass man sie so nicht machen sollte, also dass jetzt in den Abschwung hinein Staatsausgaben gekürzt und Abgaben erhöht werden. Diese Politik ist Ergebnis der Schuldenbremse.“
Bei der Einführung der Schuldenbremse ignorierte der Wirtschaftsjournalismus die Kritik der Wissenschaft weitestgehend. Heute sollte dieser Fehler nicht wiederholt werden.
In die gleiche Kerbe schlägt ja die zweifelhafte Glorifizierung der „Schwarzen Null“ und des Titels „Exportweltmeister“. (Wandel sichtbar: Letzterer Begriff wurde vor kurzem im Spiegel in einem Gastbeitrag von wissenschaftlicher Seite kritisiert.)
Gott, wie wahr!
(Auch #1!)
Super, dass ihr dazu schreibt!
Gute Punkte!
Ebenfalls zentral in diesem Kontext: Die „schwäbische Hausfrau“, die ihre Kohle zusammenhält und sparsam wirtschaftet, statt zu prassen und Kredite aufzunehmen.
Der Vergleich ist Unfug, weil Staatsfinanzierung nun mal anders läuft. Doch kaum ein Bild wirkt so stark, um die Schuldenbremse zu legitimieren – nicht zuletzt deshalb ist sie bis heute so beliebt und Wolfgang Schäuble selig mit seiner Schwarzen Null für so viele ein Held, auch wenn die Folgen fatal sind.
Danke dafür!
Die Schuldenbremse darf nicht leichtfertig auf Spiel gesetzt werden. Seit 1970 waren die Staatsschulden Deutschlands massiv gestiegen, ohne dass eine Trendumkehr oder auch nur das Bemühen um diese erkennbar wurde. Die Zinslast hat den finanziellen Spielraum eingeschränkt. Natürlich würde beim jetzigen Stand eine Erhöhung der Verschuldung keine negativen Auswirkungen haben. Aber man muss kein Prophet sein, dass dies eine Spirale in Gang setzen würde: Konsumtive Ausgaben werden über die Einnahme finanziert und (immer mehr und irgendwann alle) Investitionen über Schulden. Dabei hat der Staat genügend Einnahmen, um alle notwendigen Investitionen zu tätigen. Man muss sich ma ansehen, wofür die Einnahmen ausgegeben werden. Sowohl absolut als auch relativ gehen die meisten Einnahmen in die Umverteilung, oftmals in Form von Renten. Keineswegs gehen diese nur an Bedürftige, sonst überwiegend an Gruppen, die schon ausreichend finanziell versorgt sind. Es handelt sich dabei um Subventionen für das eigene Klientel (hier die Mütterrente, dort das Bürgergeld). Daneben werden unzählige Projekte, Initiativen und Einrichtungen gefördert, die für den Staat und die Gesellschaft wenig oder sogar keinerlei Nutzen haben. Aber sie bedienen gewisse Interessengruppen und schaffen bezahlte Posten für das eigene Klientel. Von Subventionen jedweder Art gar nicht zu reden. Wenn man da ranginge, hätte sich die Debatte über eine höhere Verschuldung komplett erledigt.
Etwas, worüber ich in letzter Zeit öfter nachdenken muss, was aber bislang meines Wissens keine Erwähnung findet, ist der extrem reduzierte Ausschnitt, in dem die wirtschaftliche Entwicklung der Bundesrepublik derzeit bewertet wird.
Das Austeritätsdogma, welches wir auch noch nach Kräften zu exportieren suchten, hat den deutschen Binnenmarkt weitgehend vom BIP entkoppelt. Der Deutsche als Konsument wurde teilweise durch den globalen Markt nivelliert. Der Exportweltmeister konnte fast nach Belieben Nullrunden fordern und Verzichtspolemiken absondern, gaben die stetig wachsenden Export-Raten den Trickle-Down Ideologen ja Anlass für Hoffnung. Die, die es sich leisten können, können ja an den Kursgewinnen der Börsen partizipieren, wenn die Wirtschaft schön brummt.
Nun haben die globalen Krisen der letzten Jahre diese fragile Wachstumsmodell gewaltig durchgerüttelt.
Deutschland tut sich schwerer, wieder in den Tritt zu kommen, als andere OSZE Mitglieder. Neben der fatalen Rohstoffabhängigkeit von Russland, fehlt aber eben auch der Binnenmarkt als Lokomotive. Diejenigen, die notgedrungen alle Einkünfte sogleich wieder in den Umlauf bringen, die also einen Binnenmarkt vor allem am Laufen halten, sind schwer gerupft worden und können nicht noch mehr konsumieren. Nun noch die Schuldenbremse, während die Wachstumsprimusse uns vormachen, dass nun gewaltige Programme aufgelegt werden müssten.
Man könnte das, was gerade passiert, auch so betrachten, dass gerade ein einmal erreichter Vorsprung der Wirtschaft dieses Landes wieder etwas abgebaut wird, weil der Sonderweg nun eben nicht mehr so vielversprechend ist.
Und nebenbei:
Ich werde den Verdacht nicht los, dass Merz oder Spahn nicht die geringste Idee haben, wie sie mit dem Urteil, sollten sie in Regierungsverantwortung kommen, umgehen sollen. Sie haben anscheinend die sinnlose Destruktivität der AfD übernommen.
Hauptsache erst einmal Machtwechsel, dann sehen wir weiter.
Eine andere interessante Sichtweise findet sich heute in der Zeit: https://www.zeit.de/kultur/2023-12/kapitalismus-demokratie-quinn-slobodian-globalisierung-nationalismus
@Alexander: Interessante Beispiele für Klientel Subventionen haben Sie da. So gar keine Schlagseite zu erkennen.
Sie vertreten also die Ansicht, dass eine Regierung einzig durch stramme Gesetze zum vernünftigen Handeln gezwungen werden kann. Das muss diese berühmte „Verbotspolitik“ sein.
Es geht hier darum, dass unseren Regierungen durch die Schuldenbremse die Möglichkeit genommen wird bspw. antizyklische Investitionsinitiativen umzusetzen ( wie derzeit z.b. in den USA zum Thema Energiewende zu beobachten ). Die Austeritätsideologie der Neoklassischen Wirtschaftstheorie ist da doch eher etwas für die Nachkriegs BRD, als für die Herausforderungen der Gegenwart.
Hanebüchen wird es, wenn die nächsten Generationen als Vorwand genutzt werden. Die haben dann keine Welt zum Leben mehr, aber die schuldenfrei.
Es wäre schon mal hilfreich, wenn Journalisten die Saldenmechanik verstehen und der Bevölkerung erklären würden. In einer Volkswirtschaft gibt es nur drei Akteure: die Privaten Haushalte, die Unternehmen und den Staat. Die Summe aller Geldflüsse zwischen diesen Sektoren ist immer exakt Null. Wenn die privaten Haushalte sparen, d.h. mehr Geld einnehmen als sie ausgeben (die Sparquote liegt bei rund 11%), dann muss entweder der Staat oder der Unternehmenssektor um die gleiche Summe mehr ausgeben als einnehmen. Das ist eine triviale mathematische Tatsache. Natürlich kann man fordern, dass der Staat keine neuen Schulden macht oder gar Schulden zurückzahlt (d.h. Einnahmenüberschüsse generiert). Aber dann muss man auch dazu sagen, was die beiden anderen Sektoren im Gegenzug tun sollen. Sollen Private aufhören zu sparen oder soll sich der Unternehmenssektor verschulden?
Leider gibt es regelmäßig Dummschwätzer, meist aus dem konservativen Lager, die fordern, die Privathaushalte sollen fleissig weitersparen, der Unternehmenssektor solle seine Eigenkapitalquote stären und der Staat solle seine Schulden abbauen. Und zwar alles gleichzeitig. Wo bleiben da die Faktenchecker, die diese Dummschwätzer bloßstellen?
@#10 Helmut E.
Sie haben mit Ihrem Hinweis auf die Saldenmechanik einen wichtigen Punkt. Es ist aber doch deutlich komplizierter, weil sie das Ausland (also den gesamten Rest der Welt) miteinbeziehen müssen. Global stimmt es, dass die Geldflüsse der Akteure logisch null geben müssen (des einen Kreditverpflichtung ist des anderen Vermögensanspruch). Das Geschäftsmodell Deutschlands war es in den letzten zwei Jahrzehnten, sich größtenteils über die Nachfrage aus dem Ausland zu finanzieren (Stichwort: „Exportweltmeister“). Folge davon sind etwa der große Billiglohnsektor, geringe Lohnzuwächse/Binnennachfrage und geringe Investitionen sowohl durch Staat wie auch duch Unternehmen. Dass dieses Geschäftsmodell nicht ewig trägt, zeigt sich langsam.
Die sogenannte Schuldenbremse ist aber ein Versuch, dieses Geschäftsmodell auf ewig zu zementieren. Darum wird die Schuldenbremse (wenn die politische Klasse nicht völlig wahnsinnig ist) demnächst auch auf die ein oder andere Art fallen.
Was die Apologeten der Schuldenbremse wie #7 Alexander betrifft, die da ein „Wehret den Anfängen“ rufen: Im Grunde läuft das Argument darauf hinaus, dass sie dem gewählten Bundestag misstrauen, Politik zu machen. Die Schuldenbremse in der Verfassung ist nichts anderes als eine Demokratiebremse. Gewählte Politiker sollen möglichst wenig finanziellen Gestaltungsspielraum bekommen (das ist völlig unabhängig von deren Zielen!). Wir sehen das ja jetzt: Die gewählte Regierung und der Bundestag haben den Einsatz der KTF-Mittel so beschlossen, wie sie es für richtig halten – und jetzt geht es nicht.
Das ist exakt das, was die Medien versäumt haben und immer noch noch versäumen, deutlich zu kommunizieren: Schuldenbremse = Demokratiebremse!
Wenn der Bundestag keine Kredite beschließen kann für Dinge, die er wichtig findet, dann braucht man auch irgendwann nicht mehr zu wählen.
Es gibt eine Sache die ich bei den Verfechtern der Schuldenbremse einfach nicht verstehe. Wenn essenzielle Dinge für eine funktionierende Gesellschaft kaputt, marode und chronisch unterversorgt sind, wie kann man da von Schulden sprechen wenn man dort Geld investiert. Schulen/Kitas als oberstes, es gibt keine bessere Zukunftsinvestition als sehr gute Schulen/Kitas mit möglichst viel kompetentem Personal.
Infrastruktur, ÖPNV und bezahlbares Wohnen
Krankenversorgung und Altenpflege.
Wenn ein so reiches Land solche Probleme hat, ist das mehr als nur traurig und peinlich.
Müssen Dinge immer erst komplett zusammenbrechen damit es einen gesellschaftlichen Aufschrei gibt.
Es ist die «Erzählung» von den Steuern, die angeblich den Staat finanzieren, die dazu führt, dass die Menschen gegen ihre ureigensten Interessen für die Schuldenbremse sind. Hier wurde ja schon die Saldenmechanik erwähnt und wenn man dann noch versteht, dass schuldenfinanzierte Staatsausgaben die Einnahmen der privaten Haushalte und Unternehmen sind, sollte eigentlich jeder sofort verstehen, warum höherer Staatsschulden zwingend notwendig höhere private Geldvermögen bedeuten. Wer für die Schuldenbremse oder gar für die Verringerung der Staatsschulden ist, ist de facto dafür, ärmer werden zu dürfen. Verrückte Welt.
So einfach ist es nun nicht.
Es gab fast niemals Einwände gegen die Finanzierung von Infrastruktur oder in Energie, von der alle profitieren. Der Ärger richtet sich vor allem gegen die sog. Konsumausgaben, die über den Staat hinauswachsen. Die Tatsache, dass Deutschland ein sog. Sondervermögen hat, spricht eindeutig gegen die These, dass D wirklich ernsthaft seine Finanzen überwacht.
Gerade bei der Energiewende sind bisher schon gewaltige Summen investiert worden, während die Rendite eher mager ausfiel.
„Es gab fast nie Einwände“
Die von mir angesprochenen Bereiche wurden seit zwei Jahrzehnten oder mehr immer nur mit Peanuts abgespeist. Immer so, dass es gerade zum Überleben reicht. Für mehr Investitionen war dann aber nie Geld vorhanden, laut den führenden Politikern. Das ist für mich im Prinzip ein Einwand. Es war ja anscheinend nie wichtig genug.
Diese Unterscheidung in „Investitionen“ und „Konsum“ ist auch so eine neoliberale Rauchkerze. Ein Staat erwirtschaftet niemals „Rendite“ bei seinen „Investitionen“, denn der Staat investiert nicht. Der Staat gibt Geld aus, dass dann den privaten Haushalten & Unternehmen zur Verfügung steht. Ob das über den Bau einer neuen Autostraße (Wo soll denn da die Rendite herkommen?) oder die Bezahlung eines Kindergärtners geht, ist alleine eine politische (!) Entscheidung. Die neoliberale Propaganda hat es in den letzten 40 Jahren tatsächlich geschafft zu erreichen, dass die Menschen förmlich darum betteln, arm zu bleiben, damit die Reichen reich bleiben dürfen. Verrückte Welt.