Kaum ein Medium prägt die öffentliche Wahrnehmung von Arbeitslosigkeit so wie „Bild“. Eine Analyse der Berichterstattung über das neue Bürgergeld zeigt, wie die Boulevardzeitung Erwerbslose stigmatisiert.
Die Autorin
Alina Schneider arbeitet als freie Journalistin in Berlin. Ihre Texte wurden unter anderem in der „taz“ oder auf „stern.de“ veröffentlicht. In ihrer Masterarbeit im Fach Journalistik an der Universität Hamburg hat sie die „Bild“-Berichterstattung über Erwerbslose im Rahmen der Bürgergeldreform der Ampelkoalition in den Jahren 2022/2023 ausgewertet.
In einer geschmacklos eingerichteten Sozialwohnung sitzt er in zerschlissener Trainingsjacke und Jogginghose auf einem durchgesessenen Ledersofa. An der Wand der Schalke-Schal, vor ihm der volle Aschenbecher und die Glotze mit dem RTL-Nachmittagsprogramm. Ungeniert und unrasiert fristet er ein trauriges Dasein: der Bilderbuch-Arbeitslose.
Oder vielmehr das stumpfe Klischee des ambitionslosen Faulenzers, das uns Skripted-Reality-Formate seit Beginn der 2000er Jahre in den Kopf hämmern. Doch nicht nur das „Assi-TV“ muss sich den Vorwurf gefallen lassen, maßgeblich an der Verbreitung solcher Stereotype beteiligt gewesen zu sein. Auch „Bild“ mischt bei der Stigmatisierung von Erwerbslosen mit.
Arno Dübel als Urtyp des faulen Arbeitslosen
Ein echter Erwerbsloser, der das Faulenzer-Narrativ perfekt zu verkörpern schien, war Arno Dübel. Der Langzeitarbeitslose erlangte vor rund zehn Jahren zweifelhaften Ruhm. Mit dunklen Augenringen, langem Pferdeschwanz und exzessivem Alkoholkonsum wurde er zur idealen Projektionsfläche für die „Bild“. „Deutschlands frechster Arbeitsloser Arno Dübel (54) – so gammelt er sich durch den Tag“ titelte die Zeitung im Jahr 2010. Die Boulevardzeitung machte Dübel zum Aushängeschild des dauerfaulen Sozialhilfeempfängers und urteilte: „Ganz Deutschland ist sauer auf Deutschlands frechsten Arbeitslosen mit seinen dreisten Sprüchen (…).“
Im Frühsommer 2023 starb Dübel im Alter von 67 Jahren. Aus der Öffentlichkeit war er längst verschwunden. Die Diskriminierung Erwerbsloser in der „Bild“ fand jedoch kein Ende. Vielmehr offenbart eine qualitative Inhaltsanalyse der „Bild“-Berichterstattung rund um die Einführung des Bürgergeldes im Januar 2023 populistische Erzählmuster.
Mit dem neuen Bürgergeld sollte die Grundsicherung für Erwerbslose reformiert werden. Weniger Sanktionen, höhere Regelsätze, so der Plan der Ampel-Regierung.
Qualifikations- und Weiterbildungsmaßnahmen statt Repressionen und Maßregelungen. In den Ohren der „Bild“-Journalist:innen muss das geklungen haben, als wolle man dem arbeitsscheuen Pöbel noch ein Daunenkissen in die soziale Hängematte legen. Das zumindest legen die Schlagzeilen aus dem Herbst 2022 nah. Denn während Ampel und Union in diesen Wochen noch um einen Kompromiss rangen, machte die Zeitung bereits gezielt Stimmung gegen den Hartz-IV-Nachfolger.
Bürgergeld statt Hartz IV – Chronik einer Gesetzesreform
2019: In einem Diskussionspapier des SPD-Vorstandes wird das Bürgergeld erstmals namentlich erwähnt.
7. Dezember 2021: Die Ampel-Regierung verankert die Bürgergeldreform in ihrem Koalitionsvertrag.
14. November 2022: Umsetzung des neuen Gesetzesentwurfs scheitert am Widerstand der unionsgeführten Bundesländer im Bundesrat.
23. November 2022: Vermittlungsausschuss erzielt Kompromiss.
Im Rahmen der Inhaltsanalyse von 87 „Bild“-Beiträgen in Print und Online („Bild“, „BamS“, „bild.de“) tauchen vier Vorurteile immer wieder auf:
Vorurteil 1: Erwerbslose sind faul.
Methodik
Der Artikel basiert auf Alina Schneiders Masterarbeit im Fach Journalistik an der Universität Hamburg.
Methode: Qualitative Inhaltsanalyse der „Bild“-Berichterstattung über Erwerbslose
Forschungsfokus: Bürgergeldreform der Ampel-Regierung
Untersuchungsgegenstand: 87 „Bild“-Beiträge Print und Online („Bild“, „BamS“, „bild.de“)
Untersuchungszeitraum: 6. Oktober 2022 bis 7. Januar 2023
„Wird die Sozialhilfe zur Faulheitshilfe?“ fragt „Bild“ in einem Beitrag vom 8. November 2022. Die Zeitung greift damit das Stammtisch-Stereotyp des arbeitsscheuen Erwerbslosen auf. Das neue Bürgergeld wird dabei prompt zur „Faulheitsprämie“ deklariert.
Auch Stimmen aus der Politik schlagen in diese Kerbe. „Der Grundsatz des Forderns und Förderns wird durch das Bürgergeld aufgegeben. Das führt dazu, dass der Leistungsbezug zementiert und Demotivation statt Arbeitsaufnahme gefördert wird“, wird etwa CSU-Politiker Alexander Dobrindt zitiert. Hinter Aussagen wie diesen steckt die weit verbreitete Annahme, dass Erwerbslose gar nicht arbeiten wollen. Aufgrund von individueller Charakterschwäche und mangelnder Arbeitsmoral hätten sie sich ihr Schicksal selbst zuzuschreiben. Der Staat müsse daher die Aufgabe erfüllen, die Drückeberger mit strenger Hand wieder in den Arbeitsmarkt zu integrieren.
Auch viele Deutsche haben dieses lange kultivierte Vorurteil längst verinnerlicht. So stimmte bereits in einer 2007 durchgeführten Studie des deutschen Soziologen Willhelm Heitmeyer nahezu jede zweite Person der Aussage zu, dass die meisten Langzeitarbeitslosen nicht wirklich daran interessiert seien, einen Job zu finden. Mehr als 60 Prozent der Befragten befürworteten die Aussage „Ich finde es empörend, wenn sich die Langzeitarbeitslosen auf Kosten der Gesellschaft ein bequemes Leben machen“.
Die tatsächlichen Gründe für das Abrutschen in Langzeitarbeitslosigkeit sind jedoch wesentlich komplexer. Im Jahr 2016 erhob das Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB) die sogenannten Vermittlungshemmnisse bei Sozialhilfeempfänger:innen. Dabei zeigte sich, dass vor allem strukturelle Faktoren wie ein hohes Lebensalter Menschen in der Langzeitarbeitslosigkeit halten. Viele der Arbeitssuchenden haben zudem keinen Schulabschluss, verfügen über schlechte Deutschkenntnisse oder leiden an körperlichen oder psychischen Einschränkungen. Überproportional häufig sind die Betroffenen alleinerziehend oder haben einen Migrationshintergrund. Häufig erschweren gleich mehrere dieser Faktoren die Arbeitssuche. Mangelnde Motivation spielt in den wenigsten Fällen eine Rolle.
Vorurteil 2: Erwerbslose sind ungerecht.
Trotz gegenteiliger Evidenzen hält „Bild“ weiter am Klischee des faulen Erwerblosen fest. Während andere hart arbeiten, machten es sich Bürgergeldempfänger:innen auf Kosten der Mehrheitsbevölkerung bequem. Das ist eine der zentralen Thesen des Boulevardblatts. Damit wird bewusst Zwietracht zwischen Arbeiter:innen und Erwerbslosen gesät. „Ist der Arbeiter bald der Dumme?“, fragt die Zeitung in einem Artikel vom November 2022. Selbsterklärend, dass es sich hierbei um eine rhetorische Frage handelt.
Tipp
Wie die Realität von Erwerbslosen tatsächlich aussieht, zeigt etwa der Hashtag #IchBinArmutsbetroffen auf X (ehemals Twitter). Hier berichten arbeitslose Personen von den Entbehrungen und Härten ihres Alltags. Übermedien berichtete über die Aktion.
„Der Arbeiter ist häufig der Dumme: So ungerecht ist das neue Bürgergeld“, schreibt „Bild“ bereits einige Tage zuvor. Immer wieder wird in diesen Beiträgen die angebliche Benachteiligung „hart arbeitender Geringverdiener“ kritisiert. Insgesamt wird dieser Ungerechtigkeits-Frame in 26 der untersuchten Artikel aufgegriffen. Indirekt wird dadurch weiter am Bild des unsolidarischen und dreisten Erwerbslosen gefeilt.
Durch die Erzählung von Maserati fahrenden Sozialhilfeempfänger:innen werden diese populistischen Gerechtigkeitsdiskurse auf die Spitze getrieben. „So viel dürften Sie haben – und trotzdem Bürgergeld kassieren … und der Arbeiter muss zahlen“, titelte die Boulevardzeitung in einem Beitrag vom 7. November 2022
Missgunst gefördert von „Bild“: Arbeiter gegen Arbeitslose, Geringverdienende gegen Armutsbetroffene – gutes Prekariat gegen schlechtes Prekariat.
Vorurteil 3: Erwerbslose sind kriminell – vor allem, wenn sie Migrant:innen sind.
In einigen Fällen werden Erwerbslose von „Bild“ nicht nur als unsolidarisch, sondern auch als kriminell dargestellt. Beim Bürgergeld würden sie schummeln und lügen, um sich Leistungen zu erschleichen. In insgesamt 16 der untersuchten Artikel konnte dieser Leistungsmissbrauch-Frame identifiziert werden. Vor allem im Vorfeld des Bürgergeld-Kompromisses warnt „Bild“ vor Betrug und Manipulation durch Erwerbslose. „Sozialrichter und Verbände schlagen Alarm: Bürgergeld lockt Sozialbetrüger“, titelte „bild.de“ im Oktober 2022. Mit Fragen wie „Wird das geplante Bürgergeld zum Einfallstor für Sozialleistungsbetrug?“ befeuert „Bild“ die Ängste der Leser:innen.
Besonders hat es die Boulevardzeitung dabei auf Migrant:innen abgesehen.
Im November 2022 widmet sich unter dem Titel „1,8 Mio. Ausländer bekommen Stütze: Drei von ihnen sagen, warum sie keine Arbeit haben“ ein Artikel diesem Thema. In dem Bericht kommen Personen mit Einwanderungsgeschichte zu Wort, die das Stereotyp des arbeitsscheuen Migranten bedienen sollen. „Ich habe gehört, dass man hier gute Sozialleistungen kriegt und es bald auch noch das bessere Bürgergeld geben soll“, wird ein afghanischer Geflüchteter zitiert. Für „Bild“ muss er als Prototyp des betrügenden Ausländers herhalten. Mit seinen Aussagen scheint er alle Befürchtungen zur Aushöhlung des Sozialstaates zu bestätigen.
Tatsächlich wurden im vergangenen Jahr von der Bundesagentur für Arbeit rund 119.000 Fälle von Leistungsmissbrauch oder Verdacht auf Leistungsmissbrauch dokumentiert. In Anbetracht von mehr als fünf Millionen Sozialhilfeempfänger:innen eine vergleichsweise geringe Zahl. Auch die einseitige Fokussierung auf Migrant:innen ist irreführend. Schätzungen zufolge werden zwei Drittel der Schwarzarbeit und des Sozialbetrugs von Deutschen begangen.
Vorurteil 4: Erwerbslose sind eine Belastung.
In einer neoliberalen Bewertungslogik erfüllen Erwerbslose keinen Zweck. Im Gegenteil: Sie werden zur Belastung für die Mehrheitsbevölkerung. In „Bild“ wird diese These immer wieder aufgegriffen. Erwerbslose werden dabei auf einen bloßen Kostenfaktor reduziert. Dass die Bürgergeldreform ihnen ein paar Euro mehr in der Tasche verschafft, sorgt bei „Bild“ für Kritik und Unverständnis.
Im Vorfeld der Kompromissfindung durch den Bundesrat schürte die Zeitung immer wieder „Angst vor einer Kosten-Explosion“. Konkret warnt „Bild“ vor „Milliarden-Zusatzkosten“. Auch die Leidtragenden sind schnell ausgemacht. So müssten die hart arbeitenden Steuerzahler:innen für die zusätzlich entstandenen Kosten aufkommen. Im November 2022 werden in mehreren Artikeln die „hohen Mehrkosten für Steuerzahler“ thematisiert. „Bild“ zeigt sich alarmiert, spekuliert sogar über einen „Heimlich-Deal mit unserem Steuergeld?“. In insgesamt acht Artikeln wird dieser Kosten-Frame aufgegriffen.
Für das Bürgergeld wurden im Bundeshaushalt 2023 insgesamt 43,825 Milliarden Euro veranschlagt. Insofern verbreitet „Bild“ keine Unwahrheiten, wenn die Zeitung von „Milliarden-Kosten“ schreibt. Allerdings leistet die einseitige Fokussierung auf die gesellschaftliche und politische Belastung durch Erwerblose weiterer Diskriminierung Vorschub.
Mehrheit für die Union
In den untersuchten „Bild“-Artikeln kommen auffällig oft Mitglieder der Unionsparteien oder wirtschaftsnahe Expert:innen zu Wort. Der CSU-Vorsitzende Markus Söder etwa beklagt in „Bild“ eine „völlige Umkehr des Grundsatzes, dass wer arbeitet, muss mehr haben, als wer nicht arbeitet“. Das sorge laut seinem Parteikollegen Alexander Dobrindt „für blankes Unverständnis bei den Menschen, die täglich zur Arbeit gehen und diese Leistungen bezahlen sollen“. Und auch der CDU-Generalsekretär Carsten Linnemann sieht in dem neuen Bürgergeld einen Angriff auf das Prinzip Fördern und Fordern. „Ehrliche Arbeit zählt in Deutschland offenbar nicht mehr viel“, so sein Urteil.
Während diesen Stimmen viel Raum gegeben wird, finden abweichende Meinungen in „Bild“ nur wenig Platz. Diesen Eindruck bestätigt auch eine quantitative Analyse der Direktzitate. So wurden Abgeordnete der Unionsparteien mit Abstand am häufigsten zur Bürgergeldreform zitiert. Sie kommen fast dreimal so häufig zu Wort wie ihre Kolleg:innen aus der SPD.
Dieses Ungleichgewicht zugunsten konservativer Positionen führt zu einer einseitigen und unausgewogenen Berichterstattung. Wohlfahrtschauvinistische Stereotype werden so häufig unwidersprochen weitergetragen.
Drei von vier Artikeln mit negativem Framing
Aufgrund des Übergewichts an kritischen Stimmen dominiert im Analysezeitraum ein negatives Bild von Erwerbslosigkeit. Durch die einseitige Betonung von Problemen und Herausforderungen verfestigt sich das Vorurteil des dauerfaulen Sozialhilfeempfängers. Insgesamt konnte in 77 Prozent der analysierten Berichte ein solches negatives Framing identifiziert werden. Jeder fünfte Artikel (21 Prozent) wurde als neutral klassifiziert. Hierzu zählten beispielsweise Service-Stücke, die auf sachliche Art und Weise über die Einführung des neuen Bürgergeldes informieren.
In lediglich zwei Artikeln wurde in positiver Form über die Einführung des Bürgergeldes berichtet. Bei beiden Berichten handelt es sich um Gastbeiträge von Margot Käßmann. In ihren Kommentaren kritisiert die Theologin insbesondere die Unionsparteien für ihre ablehnende Haltung bei der Einführung des Bürgergeldes. „Da steht doch kein christliches Menschenbild dahinter“, so Käßmann in „Bild am Sonntag“. Insgesamt wird in ihren Berichten ein positiveres Bild von erwerbslosen Personen gezeichnet. Gängige Stereotype werden kritisch hinterfragt. „Wer Obergrenzen bei sozial Bedürftigen fordert, weil sonst der Sparanreiz fehlt, tut so, als seien Menschen am Existenzminimum alle irgendwie Sozialschmarotzer. Das ist eine verachtende und entwürdigende Zuschreibung“, schreibt Käßmann und entlarvt damit die Berichterstattung der „Bild“.
„Bild“ wird zum politischen Akteur
Schließlich konnte in der Inhaltsanalyse ein auffälliger Meinungsumschwung ausgemacht werden. Während im Vorfeld des Bund-Länder-Gipfels eine Vielzahl kritischer Beiträge veröffentlicht wurden, flaute die Berichterstattung nach der Kompromissfindung deutlich ab. Nachdem sich CDU und CSU mit der Gesetzesreform angefreundet hatten, schien auch „Bild“ Frieden mit dem Hartz-IV-Nachfolger zu schließen. Ab Dezember 2022 dominierten nutzwertige Service-Stücke die „Bild“-Berichterstattung über das Bürgergeld. Die inhaltliche Schärfe der Artikel nahm ab diesem Zeitpunkt merklich ab.
Dieser abrupte Umschwung deutet darauf hin, dass „Bild“ in den Wochen vor der Kompromissfindung versucht hat, die eigene Position als wirkmächtiges Leitmedium zu nutzen. Mit einem explizit negativem Framing wurde Stimmung gegen das neue Bürgergeld gemacht. Wer hier eine systematische politische und gesellschaftliche Einflussnahme vermutet, hat gute Argumente zur Hand.
Eine politische Anspruchshaltung ist seit langem fest in der DNA der „Bild“-Zeitung verankert. Egal ob die deutsche Wiedervereinigung, die Studierendenproteste der 68er Jahre oder die sogenannte Flüchtlingskrise – „Bild“ mischt im politischen Diskurs mit. Bereits Altkanzler Gerhard Schröder wusste um diese Wirkmacht. Sein populär gewordener Slogan „Zum Regieren brauche ich BILD, BamS und Glotze“ brachte dies auf den Punkt. Denn welche Regierungsvorhaben, Wahlkampagnen oder Parteien wie bei der Bevölkerung ankommen, wurde immer auch in den Redaktionsräumen des Axel-Springer-Verlags mitentschieden – und wird es womöglich noch. Auch heute noch scheint manch einer im Verlag an die eigene politische Macht zu glauben. Nicht zuletzt die Chat-Protokolle von Springer-Chef Mathias Döpfner („Please Stärke die FDP“) verdeutlichen das. Mit der Berichterstattung zum Bürgergeld wurde „Bild“ einmal mehr zum politischen Akteur.
Das Bürgergeld bedeutet für Erwerbslose je nach Bedarfsstufe pro Monat ein Plus von 35 bis 53 Euro. Eine alleinstehende Person hat damit Anspruch auf 502 Euro monatlich. Durch die Abschaffung des Vermittlungsvorrangs sind erwerbslose Personen außerdem nicht mehr dazu gezwungen, jeden Job anzunehmen, der vom Jobcenter als zumutbar angesehen wird. Dass „Bild“ diesen Umstand zum Anlass nimmt, Ressentiments gegen eine bereits marginalisierte Gruppe zu schüren, entlarvt die Polemik des Boulevardblatts.
12 Kommentare
Frage bezüglich des Artikels, weil hier auch oft als Quelle anscheinend die Masterarbeit der Autorin hinterlegt ist: lässt sich die Arbeit auf vollumfänglich nachlesen oder ist sie nicht frei zugänglich?
Bestätigt so ziemlich alles, was man ohnehin schon über die als Zeitung getarnte Hetzpostille wusste.
„Missgunst gefördert von „Bild“: Arbeiter gegen Arbeitslose, Geringverdienende gegen Armutsbetroffene – gutes Prekariat gegen schlechtes Prekariat.“
Teile und herrsche. Bei Bild weiß man für wen man schreibt, und das ist ganz sicher nicht der Arbeiter, der sich in seiner selbstverschuldeten Unmündigkeit das Schmutzblatt auch noch selbst am Kiosk kauft, sondern der Milliardär, der den Hals nicht voll bekommt und mit seinem Lobbyismus gegen den Mindestlohn erst dafür sorgt, dass Arbeit kaum mehr abwirft als das Existenzminimum.
Übel, aber nichts Neues. Etwas (schaden)froh kann man vielleicht angesichts der Tatsache sein, dass besagtes Medium (wie auch die meisten anderen Zeitungen) immer weniger gelesen werden. Da hat das Internet durchaus treppenwitzige Abhilfe geschaffen; auch die e-Papers können die fortschreitende Bedeutungslosigkeit traditioneller Printmedien nicht wirklich aufhalten. Der Markt regelt das in dem Fall durchaus ein Stück weit :-)
äh, eher „gelesen WIRD“ (wie peinlich)
@#3 Das spielt am Ende leider keine Rolle.
Das gesellschaftszersetzende Gift liegt in der Art und Weise der „Argumentation“ und der Aufmachung der Botschaft, nicht im Medium mit dem sie übertragen wird.
Dazu muss man sich nur den den abscheuerregenden Hetzkanal von Ex-Bildschmierfink Reichelt angucken. Und von seinem Kaliber gibt es noch tausende andere, die unter dem Radar fliegen.
Die Bild konnte man zumindest zentral als Problem angehen. Das geht bei den Einzelhetzern im Internet schon nicht mehr. Es wird also eher schlimmer als besser, fürchte ich.
@#5 Das ist natürlich nicht von der Hand zu weisen. Immerhin haben auch sozial(er) eingestellte Leute die Möglichkeit, sich über das Internet zu artikulieren (wobei ich mich generell auch eher frage, woher das Soziale in den Hass-Netzwerken kommt (der bittere Joke ist übrigens nicht von mir, aber trotzdem gut ;-) )
@Earl Offa:
Es sind im wesentlichen 2 Punkte, die dafür sorgen, dass social media so sind, wie sie sich heute darstellen.
Zum einen sorgen Algorithmen dafür, dass der Nutzer möglichst lange von dem Dargebotenen gefesselt ist. Und da kommt einmal der sog. „confirmation bias“ zum tragen, der dafür sorgt, dass wir uns vor allem das aussuchen, was unser Denken bestätigt und weiter die Tatsache, dass uns negative Dinge länger fesseln als positive. https://kf-education.com/mehralsherzen-algorithmen/
Der zweite Punkt ist, dass die Plattformen als Manipulationsinstrumente erkannt, und gezielt genutzt werden. Und diejenigen, die das erkannt haben und oft straff organisiert nutzen, sind ganz überwiegend weder aufrichtig noch altruistisch. Eine vorgebliche „Befreiung“ dieser Medien führt also idR nur zu mehr Hass und Manipulation ( siehe Musk ). Der „Marketplace of ideas“ ist in dem Zusammenhang nur eine nette, aber alberne, Ideologie.
Nur durch Erziehung zur Medienmündigkeit lässt sich da langfristig etwas ändern.
Journalismus findet bei BILD nicht statt – zumindest in diesen Kampagnen. Das ist nicht überraschend, aber dass CDU/CSU-Größen dafür Munition liefern (siehe Merz’sche Zahnarzt-Aussagen) von denen sie wissen, dass diese objektiv unrichtig sind, ist demokratiegefährdend. Man auch ohne Lügen Opposition sein.
Sehr treffend, aber nichts Neues, das schon in den 70ern von Günter Wallraf, Erich Küchenhoff u.a. in diversen Buchpublikationen ausführlich analysiert und dargelegt wurde. Die Multiplikatoren dieser „Nach-oben-buckel-nach-unten-treten“-Ideologie finden sich auch in den Kommentarspalten von FAZ, Welt und NZZ wieder.
Ich dachte bislang immer, dass die „Bild“ halt einfach skrupellos das schreibt, wovon sie sich größtmöglichen Absatz erhoffen; und Hass verkauft sich halt besser als Menschlichkeit. Aber diese Daten hier deuten ja wirklich stark darauf hin, dass es nicht nur ums Geld geht, sondern auch um die Einflussnahme auf die Politik. Gruselig.
Vielen Dank für den Artikel!
Klassistisch, einseitig, polemisch – so macht BILD so ziemlich alles, was sie macht.
Danke für eine fundierte und entlarvende Analyse der BILD-Berichterstattung zum Thema “Bürgergeld”.
Die überwiegend identitätspolitisch gefärbte Kritik (Armutsstigmatisierung, Wohlfahrtschauvinismus, Diskrimierung Erwerbsloser) an der BILD-Linie zielt jedoch am eigentlichen Problem vorbei.
BILD stellt sich in den Dienst einer sozialstaatsfeindlichen neoliberalen Politik, die vor allem die Interessen von Vermögenden schützt.
Personen mit geringem Einkommen werden durch die BILD-Berichterstattung dazu gebracht, im doppelten Sinn gegen ihre eigenen Interessen zu handeln:
(1) Nicht „niedrigere Sozialleistungen“, sondern „höhere Löhne“ lautet die Forderung im Eigeninteresse von Personen mit geringem Einkommen.
(2) Sozialleistungen schützen insb. Personen ohne eigenes Vermögen im Fall einer persönlichen Krise wie bspw. plötzlicher Arbeitslosigkeit vor existenzieller Not.
Es geht hier um oben und unten, um arm und reich, um die gerechte Verteilung von Ressourcen in unserer Gesellschaft.
Der Chauvinismus, die Stereotype und die Diskriminierung bei BILD sind ekelhaft – in diesem Fall sind sie allerdings nur Stilmittel und nicht Programm.
Frage bezüglich des Artikels, weil hier auch oft als Quelle anscheinend die Masterarbeit der Autorin hinterlegt ist: lässt sich die Arbeit auf vollumfänglich nachlesen oder ist sie nicht frei zugänglich?
Bestätigt so ziemlich alles, was man ohnehin schon über die als Zeitung getarnte Hetzpostille wusste.
„Missgunst gefördert von „Bild“: Arbeiter gegen Arbeitslose, Geringverdienende gegen Armutsbetroffene – gutes Prekariat gegen schlechtes Prekariat.“
Teile und herrsche. Bei Bild weiß man für wen man schreibt, und das ist ganz sicher nicht der Arbeiter, der sich in seiner selbstverschuldeten Unmündigkeit das Schmutzblatt auch noch selbst am Kiosk kauft, sondern der Milliardär, der den Hals nicht voll bekommt und mit seinem Lobbyismus gegen den Mindestlohn erst dafür sorgt, dass Arbeit kaum mehr abwirft als das Existenzminimum.
Übel, aber nichts Neues. Etwas (schaden)froh kann man vielleicht angesichts der Tatsache sein, dass besagtes Medium (wie auch die meisten anderen Zeitungen) immer weniger gelesen werden. Da hat das Internet durchaus treppenwitzige Abhilfe geschaffen; auch die e-Papers können die fortschreitende Bedeutungslosigkeit traditioneller Printmedien nicht wirklich aufhalten. Der Markt regelt das in dem Fall durchaus ein Stück weit :-)
äh, eher „gelesen WIRD“ (wie peinlich)
@#3 Das spielt am Ende leider keine Rolle.
Das gesellschaftszersetzende Gift liegt in der Art und Weise der „Argumentation“ und der Aufmachung der Botschaft, nicht im Medium mit dem sie übertragen wird.
Dazu muss man sich nur den den abscheuerregenden Hetzkanal von Ex-Bildschmierfink Reichelt angucken. Und von seinem Kaliber gibt es noch tausende andere, die unter dem Radar fliegen.
Die Bild konnte man zumindest zentral als Problem angehen. Das geht bei den Einzelhetzern im Internet schon nicht mehr. Es wird also eher schlimmer als besser, fürchte ich.
@#5 Das ist natürlich nicht von der Hand zu weisen. Immerhin haben auch sozial(er) eingestellte Leute die Möglichkeit, sich über das Internet zu artikulieren (wobei ich mich generell auch eher frage, woher das Soziale in den Hass-Netzwerken kommt (der bittere Joke ist übrigens nicht von mir, aber trotzdem gut ;-) )
@Earl Offa:
Es sind im wesentlichen 2 Punkte, die dafür sorgen, dass social media so sind, wie sie sich heute darstellen.
Zum einen sorgen Algorithmen dafür, dass der Nutzer möglichst lange von dem Dargebotenen gefesselt ist. Und da kommt einmal der sog. „confirmation bias“ zum tragen, der dafür sorgt, dass wir uns vor allem das aussuchen, was unser Denken bestätigt und weiter die Tatsache, dass uns negative Dinge länger fesseln als positive.
https://kf-education.com/mehralsherzen-algorithmen/
Der zweite Punkt ist, dass die Plattformen als Manipulationsinstrumente erkannt, und gezielt genutzt werden. Und diejenigen, die das erkannt haben und oft straff organisiert nutzen, sind ganz überwiegend weder aufrichtig noch altruistisch. Eine vorgebliche „Befreiung“ dieser Medien führt also idR nur zu mehr Hass und Manipulation ( siehe Musk ). Der „Marketplace of ideas“ ist in dem Zusammenhang nur eine nette, aber alberne, Ideologie.
Nur durch Erziehung zur Medienmündigkeit lässt sich da langfristig etwas ändern.
Journalismus findet bei BILD nicht statt – zumindest in diesen Kampagnen. Das ist nicht überraschend, aber dass CDU/CSU-Größen dafür Munition liefern (siehe Merz’sche Zahnarzt-Aussagen) von denen sie wissen, dass diese objektiv unrichtig sind, ist demokratiegefährdend. Man auch ohne Lügen Opposition sein.
Sehr treffend, aber nichts Neues, das schon in den 70ern von Günter Wallraf, Erich Küchenhoff u.a. in diversen Buchpublikationen ausführlich analysiert und dargelegt wurde. Die Multiplikatoren dieser „Nach-oben-buckel-nach-unten-treten“-Ideologie finden sich auch in den Kommentarspalten von FAZ, Welt und NZZ wieder.
Ich dachte bislang immer, dass die „Bild“ halt einfach skrupellos das schreibt, wovon sie sich größtmöglichen Absatz erhoffen; und Hass verkauft sich halt besser als Menschlichkeit. Aber diese Daten hier deuten ja wirklich stark darauf hin, dass es nicht nur ums Geld geht, sondern auch um die Einflussnahme auf die Politik. Gruselig.
Vielen Dank für den Artikel!
Klassistisch, einseitig, polemisch – so macht BILD so ziemlich alles, was sie macht.
Danke für eine fundierte und entlarvende Analyse der BILD-Berichterstattung zum Thema “Bürgergeld”.
Die überwiegend identitätspolitisch gefärbte Kritik (Armutsstigmatisierung, Wohlfahrtschauvinismus, Diskrimierung Erwerbsloser) an der BILD-Linie zielt jedoch am eigentlichen Problem vorbei.
BILD stellt sich in den Dienst einer sozialstaatsfeindlichen neoliberalen Politik, die vor allem die Interessen von Vermögenden schützt.
Personen mit geringem Einkommen werden durch die BILD-Berichterstattung dazu gebracht, im doppelten Sinn gegen ihre eigenen Interessen zu handeln:
(1) Nicht „niedrigere Sozialleistungen“, sondern „höhere Löhne“ lautet die Forderung im Eigeninteresse von Personen mit geringem Einkommen.
(2) Sozialleistungen schützen insb. Personen ohne eigenes Vermögen im Fall einer persönlichen Krise wie bspw. plötzlicher Arbeitslosigkeit vor existenzieller Not.
Es geht hier um oben und unten, um arm und reich, um die gerechte Verteilung von Ressourcen in unserer Gesellschaft.
Der Chauvinismus, die Stereotype und die Diskriminierung bei BILD sind ekelhaft – in diesem Fall sind sie allerdings nur Stilmittel und nicht Programm.