Streit um Kriegsverbrechen

Sahra Wagenknecht, Louis Klamroth und der Fluch des „Faktenchecks“

Louis Klamroth unterbricht Sahra Wagenknecht
Louis Klamroth kann das so nicht stehen lassen Screenshot: WDR

Als Louis Klamroth dazwischenging, tat er das in der Pose eines Schiedsrichters, der ein Spiel abpfeift, um ein klares Foul zu ahnden. „Frau Wagenknecht“, rief der Moderator von „Hart aber fair“, „da muss ich einmal, nein, an dieser Stelle, Frau Wagenknecht, Herr Münkler, Frau Göring-Eckardt, Frau Wagenknecht, sorry, das kann ich in dieser Sendung so nicht stehen lassen.“

Er spielte dann einen Film ein, der wie ein Faktencheck wirkte, um den Aussagen der Linken-Politikerin zu widersprechen. Und er wurde von vielen am Tag darauf dafür gefeiert. Der Tenor: Genau so müsse man es machen, wenn man schon Leute wie Wagenknecht in Talkshows einlädt, gut vorbereitet könne man ihre ständige Desinformation konterkarieren.

Zwei Tage später stellte sich allerdings heraus, dass der vermeintliche Live-Faktencheck seinerseits problematisch war. Und dass auch der nachträgliche Faktencheck, den „Hart aber fair“ auf die Seite gestellt hatte, ebenfalls nicht ganz richtig war. Am Mittwochabend und Donnerstagvormittag trendete der Hashtag „Klamrothlügt“ auf Twitter.

Wie konnte das passieren?

Live-Faktencheck

„Hart aber fair“ hatte in der Diskussion zum Ukraine-Krieg einen kurzen Beitrag gezeigt, in dem eine Ukrainerin schilderte, wie sie sexuell missbraucht und verprügelt worden sei. Eine Historikerin sprach davon, dass sexualisierte Gewalt „in allen Gebieten, die vorübergehend von Russland besetzt sind“, beinahe zu einer „Epidemie“ geworden sei.

Klamroth fragte Wagenknecht hinterher, ob sie wirklich meine, ukrainische Frauen sollten dauerhaft unter russischer Besatzung leben müssen. Wagenknecht antwortete:

„Kriege sind immer mit Kriegsverbrechen verbunden. Die UN-Menschenrechtskommissarin hat immer wieder darauf hingewiesen, auch in diesem Krieg, Kriegsverbrechen werden von beiden Seiten begangen.“

Dies war der Punkt, an dem Klamroth dazwischenging und mit den Worten „Ich zeig Ihnen mal, was die UN sagt“ einen Beitrag ankündigte, in dem es unter anderem hieß:

„Die Vereinten Nationen sammeln seit Beginn des Krieges Informationen zu Vergewaltigungen. Es gibt dazu verschiedene Aussagen, Stellungnahmen, Berichte. Belege für Vergewaltigungen durch ukrainische Soldaten liegen der UN demnach nicht vor. Beim Thema Vergewaltigungen geht es ohne Ausnahme immer um russische Soldaten.“

Es schloss sich folgender Dialog an, bei dem sich Moderator und Politikerin gegenseitig ins Wort fielen:

Louis Klamroth unterbricht Sahra Wagenknecht
Frau Wagenknecht, jetzt haben wir ein Problem Screenshot: WDR

Wagenknecht: „Also, das stimmt so nicht. Die UN hat eindeutig gesagt, dass Kriegsverbrechen – und das ist in jedem Krieg so – von beiden Seiten begangen werden.“

Klamroth: „Jetzt ging es, Frau Wagenknecht, jetzt ging es um Vergewaltigungen, Frau Wagenknecht.“

Wagenknecht: „Ich finde es auch müßig, darüber zu reden, welche Seite mehr Kriegsverbrechen begeht.“

Klamroth: „Es ist meine Verantwortung als Moderator dieser Sendung, keine Falsch-, Frau Wagenknecht, jetzt haben wir ein Problem, weil, es ist meine Verantwortung als Moderator dieser Sendung, hier keine Falschmeldung stehen zu lassen. Ich hab Ihnen das gezeigt: Das stimmt. Und da ging es um Vergewaltigungen.“

Wagenknecht: „Ich habe von Kriegsverbrechen generell gesprochen.“

Klamroth: „Ja, davor haben Sie über Vergewaltigungen gesprochen. Deswegen habe Ihnen gezeigt, wie es wirklich ist, was die UN wirklich sagt.“

Nur: So eindeutig, wie die Sendung das behauptet, sagt die UN das nicht. In mehreren Berichten der Menschenrechtskommissarin im vergangenen Jahr werden auch Fälle erwähnt, bei denen ukrainischen Soldaten oder Sicherheitskräften zumindest sexuelle Gewalt vorgeworfen wird. In einem Bericht aus dem Juni zum Beispiel ist von Anschuldigungen die Rede, die von erzwungenem Ausziehen über angedrohte sexuelle Gewalt bis hin zu Vergewaltigungen und Gruppenvergewaltigungen reichen. In zehn Fällen sind die Beschuldigten Angehörige ukrainischer Streit- oder Sicherheitskräfte.

Die Zahl der Fälle, in denen es um mutmaßliche russische Täter geht, ist laut UN ungleich höher. Aber dass es nie um mutmaßliche ukrainische Täter geht, wie „Hart aber fair“ in seinem vorbereiteten Einspielfilm behauptete, stimmt so nicht.

Faktencheck-Faktencheck

Trotzdem wiederholte die Redaktion das am nächsten Tag auch noch in ihrem „Faktencheck“, den sie immer nach der Sendung anfertigt, ausdrücklich, um ohne die Hektik einer Live-Sendung „Aussagen oder Einschätzungen der Gäste gründlich zu prüfen“:

„Uns ist an dieser Stelle wichtig, noch einmal deutlich zu machen, dass die UN-Sonderbeauftragte für sexuelle Gewalt in Konflikten, Pramila Patten, klargestellt hat, dass sämtliche gesammelten Aussagen, Stellungnahmen und Berichte keine Hinweise oder Belege von Vergewaltigungen durch ukrainische Soldaten ergeben haben.“

Inzwischen ist diese Behauptung aus dem „Faktencheck“ verschwunden. Stattdessen erwähnt die Redaktion einen Bericht der UN-Menschenrechtskommissarin aus dem Juli 2022, „in dem auch sexualisierte Gewalt auf ukrainisch kontrolliertem Gebiet berichtet wird“, der der Redaktion „mittlerweile bekannt“ sei. Sie verweist auch auf einen Bericht aus dem September, in dem „den russischen Streitkräften 30 Taten sexualisierter Gewalt vorgeworfen“ werden, „den ukrainischen Streitkräften zwei Fälle“. In einem weiteren Bericht aus dem Dezember sei „von 86 Fällen sexualisierter Gewalt im Zusammenhang mit dem Krieg die Rede“, schreibt die Redaktion jetzt, „ukrainische Täter werden nicht erwähnt. Stattdessen werden in diesem Bericht alle Vorfälle, in denen konkret Aussagen über die Täter gemacht werden, ausschließlich russischen Soldaten zugeordnet.“

Es ist richtig, dass ukrainische Täter im Dezember-Bericht nicht ausdrücklich erwähnt werden, es heißt darin im Kapitel über „Konflikt-bezogene sexuelle Gewalt“ aber auch: „Die Mehrheit dieser Verletzungen wurden von Mitgliedern der russischen Streitkräfte oder Sicherheitsbehörden begangen“ – die Mehrheit, nicht alle.

#Klamrothlügt

Russland- oder Wagenknecht-treue Aktivisten pushten mit einzelnen Schnipseln aus diesem überarbeiteten „Faktencheck“ dann den Hashtag „Klamrothlügt“.

Das ist natürlich eine übertriebene und durchschaubar politisch motivierte Kampagne. Aber Klamroth und seine Redaktion haben ihr den Stoff gegeben. Ausgerechnet ein Beitrag, den Klamroth voller Pathos in der Sendung eingespielt hat, weil er „eine Falschbehauptung“ nicht stehen lassen dürfte, enthielt eine zweifelhafte Behauptung. Und ausgerechnet im Faktencheck nach der Sendung fehlten Fakten.

Welche Fakten überhaupt?

Es wirkt paradox: Je näher man versucht, an die Details heranzugehen, desto unschärfer wird das Bild. Geht es um Kriegsverbrechen allgemein? Davon hatte Wagenknecht gesprochen, als Klamroth dazwischen ging. Geht es nur um sexuelle Gewalt? Geht es, noch konkreter, nur um Vergewaltigungen? Im September-Bericht der UN weist eine Fußnote darauf hin, dass es in den beiden Fällen, bei denen ukrainische Soldaten die mutmaßlichen Täter sind, um erzwungene Nacktheit und die Androhung sexueller Gewalt geht („Forced nudity, threats of sexual violence“), während es in der Kategorie mit 30 Fällen, bei denen russische Truppen die Täter sein sollen, auch um Fälle von Vergewaltigung und Gruppenvergewaltigung geht. Ähnlich ist es im Bericht aus dem Juni bei den Fällen, die die Menschenrechtskommissarin damals überprüfen konnte.

So richtig der Versuch prinzipiell ist, die Quellen nach genauen Details zu durchsuchen, so wenig hilft er hier, um ein realistisches Bild von der Situation zu bekommen. Und so zynisch wirkt der Kampf um die Meinungshoheit angesichts der in diesen Berichten (und in der „Hart aber fair“-Sendung) geschilderten Verbrechen – von denen es ohnehin mit Sicherheit noch kein umfassendes Bild gibt. Wagenknecht-Verteidiger halten triumphierend einen Schnipsel hoch: Ha! Auch Ukrainer unter den Tätern! Klamroth-Verteidiger halten triumphierend einen anderen Schnipsel hoch: Ha! Aber nur sexuelle Gewalt, keine richtige Vergewaltigung!

Dabei ist eindeutig, dass der Schwerpunkt der Vorwürfe die russischen Streitkräfte trifft. Ihnen wird vorgeworfen, Vergewaltigungen systematisch als Waffe einzusetzen. Das ist auch insofern plausibel, weil sie es sind, die als Invasoren in einem fremden Land eine Motivation haben, die einheimische Zivilbevölkerung zu terrorisieren. „Die Mehrheit der Fälle von Konflikt-bezogener sexueller Gewalt gegen Frauen und Mädchen, die vom Büro des Hohen Kommissars der Vereinten Nationen für Menschenrechte dokumentiert wurden, geschahen, während russische Streitkräfte in Wohngebieten stationiert waren, in der Nähe ihrer militärischen Stellungen“, heißt es im September-Bericht.

Sahra Wagenknecht sagte, sie fände es „müßig, darüber zu reden, welche Seite mehr Kriegsverbrechen begeht“. Das klingt oberflächlich nach einer vernünftigen Position: Wer will schon eine Strichliste führen, um den Sieger einer Art Kriegsverbrechenshitparade zählen? Nur ist es halt nicht „müßig“, wenn eine Seite der klare Aggressor ist und die verbrecherischen Handlungen seiner Soldaten noch auszeichnet.

Wagenknecht tut so, als wolle sie nicht Details zählen, aber in Wahrheit geht es ihr darum, fundamentale Unterschiede zu verwischen – zwischen den beteiligten Staaten und ihrem Vorgehen. Das einfache Mittel, um Kriegsverbrechen zu verhindern, in ihren Worten: den Krieg beenden. Dabei war die Frage, die WDR-Moderator Louis Klamroth ihr in der Sendung vor der ganzen Eskalation gestellt hatte, genau darauf bezogen, was es für ukrainische Frauen wohl bedeuten wird, dauerhaft unter russischer Besatzung zu leben.

Die falsche Antwort auf „false balance“

Wagenknecht bringt ein „both sides“-Argument: Sind doch alle gleich. Das ist das, was man auch „false balance“ nennt. Aber die richtige Antwort auf die falsche Sind-doch-alle-gleich-Gewichtung ist nicht ein Schwarz-Weiß-Bild, als gebe es keine Vorwürfe gegen ukrainische Kämpfer.

Der Versuch der „Hart aber fair“-Redaktion, Wagenknechts irreführende Darstellung möglichst maximal zu konterkarieren, führt in die Irre. Das ist insbesondere dann ein Problem, wenn sie vorgetragen wird als vermeintlich unangreifbarer „Faktencheck“ oder live in der Sendung in der Pose eines Faktenpolizisten, der es nicht bei der üblichen Auseinandersetzung über richtig und falsch und irgendwas dazwischen belässt, sondern so tut, als müsse er einschreiten, um Schlimmes zu verhindern.

Dafür wird er gefeiert von denen, die meinen, eigentlich solle man jemanden wie Sahra Wagenknecht ohnehin nicht in eine Talkshow einladen. Eine normale Auseinandersetzung in einer Talkshow bekommt so eine besondere Fallhöhe, die aber dann eben auch besondere Ansprüche an die Genauigkeit der Redaktion stellt.

Fehlende Quellen und Links

Diesen Ansprüchen ist „Hart aber fair“ nicht gerecht geworden, wie schon die Tatsache zeigt, dass der eigene „Faktencheck“ nach der Sendung korrigiert werden musste, weil der Redaktion peinlicherweise erst später weitere Berichte der UN-Menschenrechtskommissarin „bekannt wurden“. Auch formal genügt das, was man bei „Hart aber fair“ „Faktencheck“ nennt, nicht einmal geringsten Standards. Es wird nicht korrekt im Konjunktiv zitiert, es fehlen Quellenangaben, es gibt keine Links.

Wie absurd ist es, in einem solchen Format über diverse Berichte zu schreiben, die Thema kontroverser Debatten sind, und sie nicht zu verlinken? Man muss sie, um sich ein eigenes Bild zu machen, mühsam auf der Internetseite der UN suchen.

Die Debatte wird ohnehin problematisch verkürzt, weil viele in den Sozialen Medien nur Screenshots mit einzelnen passenden Sätzen und Passagen aus dem „Faktencheck“ zeigen, aber Links in diesem „Faktencheck“ wären immerhin eine Einladung, stattdessen Ausschnitte aus den eigentlichen Quellen zu posten. Stattdessen wird jetzt der „Faktencheck“ wie eine Primärquelle behandelt, was in vielerlei Hinsicht absurd ist.

„Faktenchecks“ wären im Idealfall eine Chance, in einer hitzigen, aufgeladenen Debatte eine Tatsachengrundlage zu schaffen, auf der man gemeinsam streiten kann. Tatsächlich scheinen der Begriff und die Methode inzwischen zumindest bei besonders lauten Kritikern ziemlich verbrannt und werden von ihnen als etwas abgetan, was nur unliebsame Meinungen diskreditieren soll.

Der dreifache Quasi-Faktencheck rund um Wagenknechts Äußerungen (einmal live in der Sendung, einmal online am nächsten Tag, dann in korrigierter Version am übernächsten Tag) hat jedenfalls offenkundig nicht zu einer Klärung beigetragen: Die einen sehen sich jetzt in all ihren Vorurteilen gebenüber Klamroth bestärkt und werfen sogar mit dem „Lügenpresse“-Vorwurf nach ihm. Die anderen lassen #Wagenknechtlügt trenden. Und alle berufen sich dabei irgendwie auf den WDR.

12 Kommentare

  1. „Aber die richtige Antwort auf die falsche Sind-doch-alle-gleich-Gewichtung ist nicht ein Schwarz-Weiß-Bild, als gebe es keine Vorwürfe gegen ukrainische Kämpfer.“

    Stimmt. Das ist ein Grundproblem der Debatte: Zu oft wird getan, als wäre die Ukraine kein armes Land mit viel Korruption und einer (immerhin) leidlich funktionierenden Demokratie – sondern eine Art Idealgesellschaft, bevölkert nur von Heiligen und Altruisten. Wie kürzlich von Sabine Adler im DLF-Politikpodcast, die sich zu der Behauptung verstieg, die Ukrainer kämpften keineswegs für ihre eigenen Interessen. Nein, es gehe ihnen um „die Verteidigung der freien Welt“.

    Ich halte solche Überhöhungen für komplett unnötig, um Gründe für die Unterstützung der Ukraine zu finden – moralische wie interessengeleitete. Ich finde sie sogar schädlich, denn so macht man sich angreifbar: Wenn man alle als Heilige darstellt, wird aus jedem Soldaten, der sich wie ein Soldat aufführt, eine Steilvorlage für Putins Propaganda.

  2. Da versucht sich Kollege Niggemeier.aber in einer „Ja-Aber“ Pose.

    Was ist so schwer festzustellen, dass Sarah Wagenknecht in diesem Punkt nun einfach mal recht hatte. Punkt.

    Der Moderator hat sich in seiner Aufklärungspose schlimm blamiert. Er hat einfach Mist erzählt. Punkt.
    Und natürlich ist das politisch. So naiv, das zu negieren, kann doch Stefan Niggemeier gar nicht sein.

    Natürlich hat die Hart aber Fair einseitig recherchiert. Weil sie einseitig denkt, nicht wahr sein soll, was nicht war wahr sein kann.

    In Kriegen sind auch die vermeintlich Guten, in dem Fall also die Ukrainer, nicht nur Gut, Edel, Gerecht, Mild und Ehrbar .

    Auch sie morden, machen sich anderer Kriegsverbrechen schuldig..

    Auch das kommt in deutschen Medien durchaus vor. Man muss es nur lesen wollen, es steht meist im Kleingedruckten.

    Diese Verbrechen machen Kriege ja so abscheulich. Deshalb muss auch dieser ja unbedingt beendet werden. Jeder Tag ist einer zuviel, bringt neue Opfer, neue Verbrechen. Auf beiden Seiten.

    Wer das bestreitet ist na klar, politisch. Und nicht Hart oder Fair.

  3. @Martin Busche: Dein Beitrag liest sich für mich arg relativierend – als wolltest Du sagen: „Beide Kriegsparteien begehen Kriegsverbrechen, so what?“ Das ignoriert meiner Meinung nach die Intention, dass der Aggressor Russland z.B. Vergewaltigungen offenbar gezielt als Waffe einsetzt.

  4. @Martin Busche: Nein, Sarah Wagenknecht hat Unrecht, wenn sie versucht, beide Seiten und ihre Methoden als gleich darzustellen, und das tut sie.

    Und der Gedanke, dass nur der Krieg enden muss, damit die Kriegsverbrechen aufhören, ist doch absurd. Das mag in einem kindisch-formalen Sinne stimmen: Kein Krieg, keine Kriegsverbrechen. Aber was ist mit den anderen Verbrechen? Was bedeutet das für die Menschen, die unter russischer Besatzung leben werden? (Das war ja Klamroths Frage.)

  5. „Soll man die Russen gewinnen lassen? Russen vergewaltigen Ukrainerinnen!“ – „Wen schert’s? Ukrainer vergewaltigen Ukrainerinnen doch auch.“
    Mit der westdeutschen Gewissensprüfung hat Frau Wagenknecht laut ihrer Biografie nie Kontakt gehabt.

  6. Ohne den russischen Angriffskrieg in der Ukraine gäbe es keine Kriegsverbrechen, weder die (vielen) russischen noch die (wenigen) ukrainischen.

  7. Danke für diesen Beitrag. Genau so sollte Wagenknecht-Kritik als auch die gesamte Debatte geführt werden: sachlich fundiert. Die Kreuzritter in beiden Lagern vergiften die Debatte und machen eine Beendigung dieses Krieges unmöglich.

  8. Wie man Aufmerksamkeit generiert, das weiß Frau Wagenknecht auf jeden Fall.
    Wird’s bald so wie in den USA seit 2015? Irgendein Polemiker haut irgendeine ausgedachte Behauptung raus und während die Presse mit der Widerlegung (oder der Lobhudelei) beschäftigt ist, haut derjenige dann einfach was Neues raus, rinse and repeat?
    Hauptsache wir wissen jetzt, wer wieviel vergewaltigt, damit wir auch nichts dagegen tun können.

  9. Relativierende Positionen von Wagenknecht und anderen sind schwer erträglich, aber die Methodik der Antwort (eher „Bekämpfung“) ist hochproblematisch und im Falle von Klamroth missglückt. Wenn ein Banküberfall in einer Geiselnahme endet, bei der die Täter einige ihrer Geiseln töten und verletzen, und die Polizei bei einem Befreiungseinsatz einen der Geiselnehmer per Scharfschützen außer Gefecht setzt und einem anderen bei Festnahme (versehentlich, absichtlich?) den Arm bricht, sagen wir dann auch „Es hat Gewalt auf beiden Seiten gegeben“? Formal ist das richtig, aber man würde doch sehr zwischen der Art der Gewaltanwendungen unterscheiden. Genau diese Unterscheidung versuchen Wagenknecht u.a. zu verwischen, sowohl qualitativ wie quantitativ.

    Kommentare wie „Hätte Russland die Ukraine nicht überfallen, hätte es auch keine ukrainische Gewalt gegeben“ sind gleichfalls delikat und juristisch nicht haltbar. Wer möchte sich gerne folgende Kommentare anhören: „Kriegsverbrechen der Alliierten im Zweiten Weltkrieg? Vergewaltigungen, Bombardierung ziviler Ziele, Erschießung von Gefangenen? Wenn Hitler keinen Krieg begonnen hätte wäre das alles nicht passiert, also ist er alleine schuld!“ Damit spricht man Deutschen die individuelle Opferrolle ab oder redet sie klein. Umgekehrt darf man sie aber auch nicht zur Relativierung einsetzen: „Auf beiden Seiten hat es Kriegsverbrechen gegeben“. Das ist ein beliebtes Argumentationsmuster von Geschichtsrevisionisten und Relativierern dt. Kriegsverbrechen

    Das Gesetz von Ursache und Wirkung wird dadurch nicht berührt. In einem Krieg wird es – leider – Kriegsverbrechen auf allen Seiten geben. Wieso hat niemand Wagenknecht widersprochen mit dem Hinweis, dass es ein Unterschied ist, ob Kriegsverbrechen angeordnet und systematisch eingesetzt werden, ob sie „nur“ toleriert werden oder ob es sich um Einzelfälle handelt?

  10. Spannende Debatte, der ich jetzt mal eine Frage an die klugen Faktencheck-Faktenchecker entgegenhalten möchte: Was hätten Kollege @Niggemeier u.a. dem Kollegen Klamroth in seinem Live-Format denn stattdessen empfohlen: Wagenknechts Aussage einfach stehen lassen sollen? Was wäre dann die Kritik gewesen? Das der böse Klamroth als Moderator nicht eingriff? Ich möchte einen der Diskutanten hier in der Runde gerne mal selbst in einer solchen Livesituation erleben. Bei aller berechtigten Kritik an der möglicherweise Voreingenommenheit der WDR-Redaktion finde ich es immerhin eine Leistung des Moderators, den Relativierungs- und Gleichsetzungsversuch von Wagenknecht „gegen den Strich zu bürsten“.

  11. @#10
    So wie ich das verstanden habe, trifft Herrn Klamroth eher keine Schuld.
    Wer auch immer den „Faktencheck“ gemacht hat, hätte doch einfach nur alle verfügbaren Berichte der UN lesen müssen. Es stand ja sehr deutlich drin dass es nicht nur die russische Seite war.

    Damit kann man unglaublichen Schaden anrichten. Falschnachrichten, Halbwahrheiten uä werden immer mehr, die Wichtigkeit von seriösen Nachrichtenquellen war selten so groß wie heutzutage. Wenn die (vermeintlich) seriösen dann aber so einen „Faktencheck“ produzieren und auch noch die Art wie er präsentiert wird, dann ist das nicht nur Wasser auf den Mühlen der sog Querdenker. So etwas verunsichert viele Menschen und viele Menschen haben weder Zeit noch die Muse sich selbst ein Bild zu machen.
    Hab eine Kollegin gestern schon sagen hören: „Schau Mal die haben ja doch recht.“

    Es ist einfach traurig zu sehen, wie schnell ein so großer Teil der Bevölkerung in ein schwarz weiß denken verfällt.

  12. Auch wenn es nicht die einzige Ursache ist, bleibt Putins völkerrechtswidriger Angriffskrieg die Ursache allen Leids in der Ukraine. Gerne wird ein „Aber“ als „Relativierung“ diffamiert. Ein „Aber“ relativiert, verharmlost oder entschuldigt weder das Leid der Opfer, noch die Schuld der Täter, sondern vervollständigt den Blick auf eine Welt, die nicht so simpel schwarz/weiß ist wie Frau Strack-Zimmermann gerne auftritt. „Frauen und Kinder zuerst“ ist die perfide Logik von Kriegspropaganda, um möglichst emotional Hass zu schüren. Dabei spielt es keine Rolle, ob es sich um echtes Leid oder um Lügen handelt. Mal sehen, wie lange es noch dauert, bis wir endlich „verstehen“, dass wir zurückschießen-, und das „Monster“ in Moskau von einem amerikanischen Spezialkommando liquidieren lassen müssen. Gespannt bin ich dann auf die Reaktionen von China, Indien, Nordkorea, Afrika und Südamerika.

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