Wenn es ein Bild gibt, das für das erste Amtsjahr von Bernd Neuendorf an der Spitze des Deutschen Fußball-Bunds (DFB) steht, dann ist es vielleicht dieses: Wie die Deutsche Fußball-Nationalmannschaft sich vor dem ersten Spiel der Weltmeisterschaft in Katar die Hand vor den Mund hält. Und dann verliert. Und kurz darauf aus dem Turnier ausscheidet, nach der Vorrunde.
Ein vielkritisierter PR-Unfall war das, der ausgerechnet unter der Führung eines Mannes passierte, dessen Job es lange Zeit war, andere gut aussehen zu lassen: Bernd Neuendorf war einst Pressesprecher der Sozialdemokraten im Bund und im größten Landesverband Nordrhein-Westfalen. Seit bald einem Jahr führt er nun den größten nationalen Sportverband der Welt mit mehr als sieben Millionen Mitgliedern.
Ein Ex-Pressesprecher, dessen Fußballer lieber etwas beleidigt für ein Symbolbild ohne Worte posieren anstatt ihre Meinung zu sagen über Katar und diese WM? Wie konnte Neuendorf so viel Sprachlosigkeit zulassen?
Übermedien hat versucht, mit Neuendorf ins Gespräch zu kommen. Woraufhin sich erst mal Steffen Simon meldet. Den ehemaligen „Sportschau“-Chef der ARD hat Neuendorf als „DFB-Mediendirektor Öffentlichkeit und Fans“ an seine Seite geholt. Simon tritt seitdem auch schon mal in Talkshows auf, wenn es für den DFB unangenehm werden kann – etwa kurz vor der WM in Katar bei „hart aber fair” im Ersten. Am Telefon teilt Simon mit, dass Neuendorf nicht über Neuendorf sprechen will. Derzeit jedenfalls.
Dafür sprechen ehemalige Weggefährten über ihn. In ihren Erzählungen erinnert Neuendorf an jenen Mann, mit dem er vor 20 Jahren eng zusammenarbeitete: an Olaf Scholz. Aus dem ehemaligen Kommunikations-Profi Neuendorf ist ein Leisetreter geworden. Längst agiert er wie ein Politiker, der unerwartet zu einem der mächtigsten Männer im Fußball wurde.
Leise, irgendwie nett
Anfang Dezember 2022, kurz vor dem Abflug aus Katar: „Das Ausscheiden aus dem Turnier schmerzt außerordentlich“, sagt Neuendorf vor den Kameras in Doha. Es passt nicht ganz zu seiner freundlichen, fast heiteren Mimik. Schmerz? Es ist ein typischer Neuendorf-Auftritt: leise, irgendwie nett.
Neuendorf sagt, er sei ein „Anhänger klarer Verfahren“ und fordert eine „Analyse“ von der sportlichen Leitung. Der DFB-Chef klingt da wie ein Politiker nach einer verlorenen Wahl. Und als ein paar Tage später dann offenbar die erste Konsequenz aus dieser „Analyse“ folgt und sich der DFB von Oliver Bierhoff trennt, dem Geschäftsführer der Nationalelf, hat das was von einem Generalsekretär, der nach einer Wahlpleite gehen muss.
Neuendorf sagt damals öffentlich, die Trennung sei „einvernehmlich“ gewesen. Ein früherer Weggefährte aus SPD-Zeiten sagt: „Da hat der Bernd den Bierhoff mal eben abgesägt“. Diplom-Kaufmann Bierhoff ist bei vielen Fußballfans ohnehin verhasst, weil er für Marketing-Slogans wie „Die Mannschaft“ und das Geschäftsmodell DFB-Team stand. Nun muss er dran glauben. Der DFB-Chef aber bleibt nach dem WM-Fiasko weiter im Amt.
Kurz nach Bierhoffs Abgang folgt Neuendorfs nächster Politiker-Move: Bei einer Pressekonferenz kündigt er die Gründung einer DFB-internen Arbeitsgruppe sowie eines mit Fußball-Promis besetzten Beraterkreises – seitdem „Task Force“ genannt – an. Dabei sind: die Ex-Nationalspieler Rudi Völler, Oliver Kahn, Karl-Heinz Rummenigge und Matthias Sammer. Dazu BVB-Chef Hans-Joachim Watzke. Der eine bekannter als der andere. Alle bekannter als Neuendorf.
Am Ende entscheidet die Beratergruppe, einen aus ihrem Kreis bis zur EM 2024 in Deutschland zum Bierhoff-Nachfolger zu machen. Es ist: Rudi Völler. Ein Mann, der alles hat, was Neuendorf fehlt: Popularität, eine große sportliche Vergangenheit, Fachkenntnis im Profifußball.
Die im Hinterzimmer entschiedene Personalie Völler zeigt, wie Neuendorf arbeitet. Ein Expertengremium, ein Arbeitskreis – was Politiker so einrichten, wenn sie nicht mehr weiterwissen und sich absichern wollen. Der Fußballpolitiker Neuendorf betont immer wieder, man brauche Mehrheiten in Gremien für Veränderungen. Alle mit ins Boot holen.
Neuendorf ist der weiche Vermittler: Bei öffentlichen Auftritten schiebt er oft die Brille auf die Stirn. Er vermeidet in seinen Reden polemische Formulierungen, die Sprachmelodie ist sanft, Worte wie „Wertschätzung“ und „Respekt“ kommen öfter vor. Er klingt dann stellenweise wie Bundeskanzler Olaf Scholz im vergangenen Bundestagswahlkampf. Im Gegensatz, kleiner Rhetorik-Vergleich, zu Neuendorfs Amtsvorgänger Fritz Keller: Der verglich seinen Vizepräsidenten Rainer Koch mit dem Nazi-Richter Roland Freisler.
Nicht der erste Ex-Journalist an der DFB-Spitze
Bernd Neuendorf ist gelernter Journalist, arbeitet früher unter anderem für die Nachrichtenagenturen Reuters und AP, und berichtet schon für mehrere Tageszeitungen vom Parlamentssitz, als der noch Bonn heißt. Und Neuendorf ist nicht der erste Ex-Journalist an der Spitze des DFB. Vor ihm war da der Sportjournalist Wolfgang Niersbach, der 2015 wegen des Skandals um die Vergabe der „Sommermärchen“-WM 2006 zurücktreten muss. Oder Reinhard Grindel, der frühere ZDF-Politikjournalist und ehemalige CDU-Bundestagsabgeordnete, der beim DFB kläglich scheitert. 2019 muss er – nicht nur wegen einer angenommenen Luxusuhr, sondern nach etlichen Patzern – sein DFB-Amt aufgeben.
Mit Rücktritten, Patzern und einer Großorganisation in der Krise kennt sich Neuendorf aus. Ab 2003 arbeitet er als Sprecher für Bundeskanzler und SPD-Chef Gerhard Schröder. Es ist die Ära, in der Schröder die Hartz-Gesetze durchsetzt, mit Basta- und anderen Machtworten – und mit einer hektisch angesetzten vorgezogenen Bundestagswahl, die er knapp gegen Angela Merkel verliert. Die SPD hat damals eine Niederlagenserie, schlimmer als der DFB in den vergangenen Jahren bei den Männer-Turnieren; Generalsekretär ist Olaf Scholz, der bald „Scholzomat“ genannt wird.
Kurz vor der wichtigen Landtagswahl 2005 in NRW wechselt Neuendorf, geboren in Düren, als Sprecher des Landesverbands in seine rheinische Heimat. 2004 ist er im Zuge des SPD-Machtwechsels an der Parteispitze von Schröder zu Franz Müntefering als SPD-Sprecher ausgetauscht worden.
In Düsseldorf gilt er als von Schröders Agenda 2010 überzeugter, gut vernetzter Sprecher. Meist ruhig, souverän. Ein Medienprofi, der manchmal in einen leicht dozierenden Ton verfällt. Einer, der sein Netzwerk aus Bonner Zeiten pflegt. Einer auch, der in einem raren emotionalen Ausbruch am Abend der historischen NRW-Wahlpleite 2005 einen Landtags-Korrespondenten am Buffet auf der Wahlparty im Düsseldorfer Apollo-Theater angegangen haben soll: „Fressen Sie sich schon wieder auf unsere Kosten voll?“.
Stratege und Staatssekretär
Nachdem die Sozialdemokraten nach 39 Jahren die Macht in NRW an die CDU verloren haben, wechselt Neuendorf zwei Jahre später auf den Posten des Landesgeschäftsführers der SPD. Er ist mittlerweile ein enger Mitarbeiter der neuen Landesvorsitzenden Hannelore Kraft.
Spricht man mit Weggefährten aus Neuendorfs Zeit in der Politik, mit SPD-Leuten aus Kommunen, Land und Bund, von denen die meisten auch heute noch im sozialdemokratischen Politikbetrieb arbeiten, möchten die meisten von ihnen nicht namentlich zitiert werden. Weil sie den Genossen Bernd Neuendorf schätzen. Zitieren lässt sich lediglich Christian Obrok, früher einer der Nachfolger Neuendorfs als NRW-SPD-Sprecher und heute Landtagsabgeordneter. Er habe ihn als „starken Organisator“ und „echten Teamplayer“ erlebt, sagt Obrok. Neuendorf sei „umsichtig und unaufgeregt“.
Es gibt unterschiedliche Meinungen aus der Partei dazu, wie wichtig und einflussreich Neuendorf damals ist. „Normal“, „loyal und fleißig“, „eher unauffällig“, „nicht so die Führungskraft“, sagen Genossen über ihn. „Offen“, manchmal „kumpelhaft“ sei er aufgetreten, und andere Berater seien enger an Hannelore Kraft dran gewesen. Ein „Menschenfischer“, heißt es, sei Neuendorf nicht gewesen. Auch sein politischer „Sozialisationskern“: unklar. „Warum ist er eigentlich in der SPD“, habe man sich gefragt. Obrok nennt ihn einen der „führenden Köpfe“ der NRW-SPD in dieser Zeit.
Einige Sozialdemokraten sehen in Neuendorf einen wichtigen Strategen. Einen Parteimanager, der auch die Kampagnen gegen CDU-Ministerpräsident Jürgen Rüttgers und vor allem den sehr erfolgreichen Landtagswahlkampf 2012 mitorganisiert habe.
Das Blog „Wir in NRW“, später mit dem Otto-Brenner-Preis prämiert, veröffentlicht 2010 eine Reihe von exklusiven Recherchen über personelle Querelen und andere Affären der Rüttgers-CDU. Hat Neuendorf etwas damit zu tun? Er selbst lässt dazu schriftliche Fragen unbeantwortet. Mehrere Quellen aus der SPD sagen, dass Neuendorf in den entscheidenden Monaten engen Kontakt zu Autoren des Blogs pflegte. Also Anruf bei Alfons Pieper, einem der damaligen Macher des Blogs. Pieper betont, dass Neuendorf keine Rolle gespielt habe, man sei unabhängig gewesen. In seinem neuen Blog veröffentlicht Pieper zur Fußball-WM einen Beitrag, in dem Neuendorf sehr gelobt wird. Überschrift: „Ein DFB-Präsident mit Haltung“.
Die SPD stellt nach den Wahlen 2010 und 2012 wieder die Ministerpräsidentin – und Neuendorf macht weiter Karriere in der Politik. In der Regierung Kraft II wird er beamteter Staatssekretär im Familienministerium, einem Ressort, das damals auch für den Sport zuständig ist. 2017 siegt etwas überraschend Armin Laschet (CDU) gegen Kraft. Die SPD ist wieder in der Opposition, Neuendorf verliert seinen Posten in der Landesregierung.
Neuerfindung als Sportfunktionär
Schon als für den Sport zuständiger Staatssekretär knüpft er viele Kontakte zu Sportverbänden und Funktionären. Mithilfe seines Netzwerks in Politik und Sport fängt Neuendorf, nach einer Übergangsphase, neu an. 2019 wird der Fan des Viertliga-Vereins Alemannia Aachen Chef des wichtigen DFB-Bezirksverbands Mittelrhein. Seine eigene „Karriere“ als Fußballer ist früh vorbei: Als Jugendlicher spielt Neuendorf als Linksaußen beim FC Grenzwacht Hürtgen, bis er sich am Knie verletzt.
Dass Neuendorf 2021 plötzlich als aussichtsreicher Anwärter für den Top-Posten beim DFB gehandelt wird, sorgt bis heute für Staunen und Amüsement bei einigen in der SPD. Der „Zufall“ habe da wohl eine wichtige Rolle gespielt, sagt ein Genosse. Die „Süddeutsche Zeitung“ schreibt damals, Neuendorf sei ein „neues Gesicht fürs alte System“. Er sei defensiv aufgetreten und schließlich als „Kandidat der Amateure“ ins Rennen gegangen, unterstützt vom „ewigen DFB-Strippenzieher Rainer Koch“ – im Kosmos des DFB eine besondere Figur: Als Vizepräsident hat der promovierte Jurist mit dem Schnurrbart und der zeitlosen Vokuhila-Frisur Maßstäbe in Sachen Ämterhäufung und Intransparenz gesetzt. Affären kamen, Chefs gingen – nur Koch blieb viele Jahre lang in Top-Ämtern, bis zum März 2022.
Intrigen und Machtkämpfe kennt Neuendorf bereits aus der SPD. Und so macht er das Rennen. Bei der Wahl auf dem Bundestag des DFB im März 2022 gewinnt er mit 193 zu 50 Stimmen gegen den langjährigen Profi-Fußballfunktionär Peter Peters. In seiner Antrittsrede sagt Neuendorf Sätze wie: „Der Fußball muss wieder im Mittelpunkt stehen.“ Wer wollte da widersprechen? Der DFB hat Jahre voller Skandale hinter sich.
SPD-„Zeitenwende“ in der Sportpolitik
Neuendorfs Wahl hat zu einer sozialdemokratischen Hegemonie im organisierten deutschen Sport beigetragen. Der SPD-Bundestagsabgeordnete Axel Schäfer, stellvertretendes Mitglied im Sportausschuss des Parlaments, klingt im Gespräch mit Übermedien geradezu stolz: „Das ist eine ganz besondere Konstellation, dass die SPD den Präsidenten und die Vorsitzenden von DFB, DOSB, Deutschem Leichtathletikverband, Behinderten-Sportverband und die für den Sport zuständige Bundesinnenministerin und den Sport-Staatssekretär stellt“, sagt er. Aber das sei natürlich auch „eine besondere Verpflichtung“. Lange Zeit waren Sportfunktionäre eher konservativ und CDU-nah.
Die Amtszeit des neuen Chefs beginnt voriges Jahr durchaus erfolgreich. Im Sommer 2022 erreicht das Frauen-Nationalteam das Finale der Europameisterschaft in England. Doch die dabei gesammelten Pluspunkte für den DFB sind fast vergessen angesichts des folgenden Debakels bei der Männer-WM in Katar. Schon vor dem Turnier wird darüber debattiert, ob DFB-Kapitän und FC-Bayern-Torwart Manuel Neuer eine symbolische „One Love“-Armbinde tragen sollte – als Zeichen des Protests gegen das Verbot von Homosexualität in Katar. Eine Kapitänsbinde soll die Machthaber beeindrucken?
Der DFB knickt schließlich vor einer diffusen Strafandrohung des Weltverbands FIFA ein. Nachdem man sich dann doch nicht traut, die Binde zu tragen, posiert die deutsche Elf im Stadion für das von vielen als peinlich empfundene Mannschaftsfoto, mit dem sich die DFB-Spieler als Opfer von Zensur inszenieren. DFB-Sprecher Steffen Simon wirft der FIFA daraufhin „extreme Erpressung“ vor.
In Erinnerung bleibt auch, wie Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) auf der Ehrentribüne im Stadion in einem Akt von Symbolpolitik die „One Love“-Binde trägt. Neuendorf steht neben ihr – ohne Armbinde.
Im Stadion ist auch der Werbeprofi Raphael Brinkert. Seine Agentur, die er einst mit dem mittlerweile ausgeschiedenen Ex-Nationalspieler Christoph Metzelder gegründet hatte, war 2021 für den erfolgreichen SPD-Bundestagswahlkampf zuständig. Brinkert arbeitet seit Jahren auch für den DFB an PR-Projekten. Via Twitter dementiert Brinkert aber, den DFB und Faeser bei „One Love“ und „Mund zu“ beraten zu haben.
Rudi Völler kritisiert bei seiner Vorstellungs-PK im Januar Faesers Auftritt. Sie hätte das „ein oder andere lassen sollen“, sagt er. Neuendorf sitzt daneben und verteidigt seine Genossin nicht. Er spricht kühl von einer Entscheidung der Innenministerin. Faeser kontert später, Völler solle nicht die Arbeit der FIFA machen und sagt: „Die ‚One-Love‘-Binde hatte ich natürlich vom Deutschen Fußball-Bund. Von wem sonst?“
Neuendorf sagt seit Wochen, das Mund-zu-Foto sei eine Idee der Mannschaft gewesen. Und Medienvertreter hätten ja vor der WM immer nach einem „Zeichen“ der Mannschaft in Katar gefragt. Das „One Love“-Debakel erklärt er auch mit seiner mangelnden Erfahrung mit der FIFA. Aus der „krassen Erfahrung“ in Katar habe er für sich Lehren gezogen.
So richtig glänzen kann auch Neuendorfs Sprecher Simon während der WM in Katar nicht. Nachdem der DFB vor der FIFA einknickt, wird Simon mit dem denkwürdigen Satz zitiert: „Wir sind nicht eingeknickt vor der Fifa. Wir haben zwar die Binde verloren, aber nicht unsere Werte.“
Kritik an Neuendorfs Kommunikation
Der CDU-Abgeordnete Fritz Güntzler meckert Anfang Januar gegenüber dem Redaktions-Netzwerk Deutschland (RND), dass der DFB-Präsident sich bisher nicht dem Sportausschuss des Bundestags gestellt habe. Nach dieser verkorksten WM gebe es viel zu bereden. So ist das im deutschen Fußballland: Da will auch das Parlament irgendwie mitreden beim „Prozess“ (Neuendorf) nach dem WM-Aus. Der DFB begründet die Absage für die drei vorgeschlagenen Termine im Januar und Februar laut Berichten damit, dass Neuendorf erst die intensive Aufarbeitung abwarten wolle. Dem Fußballblatt „Kicker“ zufolge kommt selbst aus dem DFB zunehmend Kritik am Chef.
Neuendorf sei „ziemlich überfordert“, urteilt der Journalist und DFB-Kenner Thomas Kistner. Als ein Beispiel nennt er den Umgang des DFB-Chefs mit alten und neuen Finanzaffären des Verbands. Zudem fehle seit Neuendorfs Amtsantritt eine Aufarbeitung der Skandal-Vergangenheit. Neuendorfs alter Mitstreiter Christian Obrok von der SPD sagt, die WM sei sportlich und politisch nicht einfach gewesen für den DFB. Neuendorf wisse, dass er „einen langen Atem braucht, um den DFB zu reformieren“.
Bei einem Auftritt im ZDF-Sportstudio vor kurzem sitzt Neuendorf neben Rudi Völler. Der Präsident räumt Finanzschwierigkeiten des DFB ein. Was er konkret gegen das Millionen-Defizit machen will, bleibt aber im Ungefähren. Es ist ein weiterer dieser leisen, netten Neuendorf-Auftritte. Alles Wichtige zum DFB-Team beantwortet vorwiegend Völler.
Frei nach Bundeskanzler Scholz, der die Fußball-Hymne „You’ll Never Walk Alone“ in Krisenzeiten als Parole verwendet, könnte man sagen: Bernd Neuendorf – „He’ll Never Walk Alone“. Er wird wohl kaum vorangehen und einen Gang durch den Sturm riskieren, eher würde er, der schon zu SPD-Zeiten ein Mann des Apparats war, alles „in den Gremien“ abstimmen. Anders gesagt: Von diesem DFB-Präsidenten sind große Reformen nicht zu erwarten, wenn sie denn überhaupt möglich sind im System Spitzenfußball. Neuendorf sagt, er wolle sich in FIFA-Gremien für Menschenrechte einsetzen. Und für mehr Nachhaltigkeit, Soziales und „Diversity“. Hinzu kommt ab und an eine Prise Kritik am FIFA-Boss, wobei Neuendorf der Führungsstil von Gianni Infantino eigentlich aus alten SPD-Zeiten bekannt vorkommen müsste.
Ein vorsichtiger Olaf-Scholz-Typ also als DFB-Präsident. Aber vielleicht ist das schon ein kleiner Fortschritt in einem Land, in dem DFB-Präsidenten unter anderem schon in der Kritik standen, weil sie (wie Hermann Neuberger 1978 in Argentinien) einen ehemaligen Nazi-Wehrmachtsoffiziers empfingen. Oder wegen Rassismus-Vorwürfen, als Reinhard Grindel sich über Mesut Özil äußerte.
Am Ende der Recherche klingelt das Telefon. Unterdrückte Nummer. Es ist, Überraschung: Bernd Neuendorf, der anruft. An einem Samstagnachmittag, im Pay-TV läuft gerade die Bundesliga-Übertragung. Neuendorf spricht, aber nur unter der Bedingung, aus diesem Hintergrundgespräch nicht zu zitieren. Auch schriftliche Fragen zu seinem Werdegang von der SPD zum DFB möchte Bernd Neuendorf nicht beantworten. Mund zu.
Nachtrag, 10.3.2023. Seinen Auftritt im Bundestag hat Neuendorf inzwischen nachgeholt – zusammen mit Rudi Völler, der für gute Stimmung und erfreute Abgeordnete sorgte.
Der Autor
Martin Teigeler, früher selbst SPD-Mitglied, ist freier Journalist und berichtet seit 20 Jahren über Politik in Nordrhein-Westfalen. Bei der legendären SPD-Wahlparty 2005 im Düsseldorfer Apollo-Theater war er auch dabei. Bevor er sich auf Politik-Berichterstattung in NRW spezialisierte, schrieb er über sportpolitische Themen und Fußballspiele von Liga 1 bis 4, unter anderem für die „taz ruhr“ und den NRW-Teil der „Süddeutschen Zeitung“.
3 Kommentare
Was ist dieser Text eigentlich? Ein Porträt über Neuendorf, dem Chef des mafiösen Vereins namens DFB (in seinen undurchsichtigen, amoralischen bis kriminellen Machenschaften höchstens von Uefa, Fifa und dem Olympischen Kommitee getoppt)? Was hat das dann auf Übermedien zu suchen?
Oder geht es um die Verbindung von Neuendorf zu Scholz? Dann kommt dieser Teil viel zu kurz und die Frage bleibt: Was ist hier die Rolle der Medien?
Oder geht es um die Verquickung von SPD und den Sportverbänden? Auch das kommt arg kurz.
Lustig fand ich den Hinweis, dass „früher“ die Sportfunktionäre eher aus der CDU denn aus der SPD kamen. Wieder ein Indiz, dass die SPD zur alternativen CDU (mit schlechterem Gewissen) geworden ist.
Kann man diese Sportverbände nicht einfach totschweigen und hoffen, sie verschwinden endlich? Und wenn das schon nicht, sollte man sie offen und deutlich kritisieren. Beides schafft dieser Text nicht.
Der Fußball braucht die Verbände ebenso wenig wie Religion die Kirchen. Beides sind nur Instrumente der Herrschaftssicherung von einigen wenigen zum Leidwesen des Rests.
Aber eins, aber eins, dass bleibt besteh’n, Alemannia Aachen wird niemals untergeh’n.
@#1: Totschweigen geht nicht, dafür gibt es genügend Leute, dies interessiert.
Als Alemannenfan, backt er vielleicht kleine Brötchen. Und ich weiß, wo von ich rede.
Eine hervorragende Parodie eines typischen Spiegel-Porträts inklusive sinnlosem heruntergemache des Porträtierten. Hinterlässt mich auch genauso wie ein Spiegel „Was macht eigentlich Peer Steinbrück“ 5-Seiten Reisereport.
Was ist dieser Text eigentlich? Ein Porträt über Neuendorf, dem Chef des mafiösen Vereins namens DFB (in seinen undurchsichtigen, amoralischen bis kriminellen Machenschaften höchstens von Uefa, Fifa und dem Olympischen Kommitee getoppt)? Was hat das dann auf Übermedien zu suchen?
Oder geht es um die Verbindung von Neuendorf zu Scholz? Dann kommt dieser Teil viel zu kurz und die Frage bleibt: Was ist hier die Rolle der Medien?
Oder geht es um die Verquickung von SPD und den Sportverbänden? Auch das kommt arg kurz.
Lustig fand ich den Hinweis, dass „früher“ die Sportfunktionäre eher aus der CDU denn aus der SPD kamen. Wieder ein Indiz, dass die SPD zur alternativen CDU (mit schlechterem Gewissen) geworden ist.
Kann man diese Sportverbände nicht einfach totschweigen und hoffen, sie verschwinden endlich? Und wenn das schon nicht, sollte man sie offen und deutlich kritisieren. Beides schafft dieser Text nicht.
Der Fußball braucht die Verbände ebenso wenig wie Religion die Kirchen. Beides sind nur Instrumente der Herrschaftssicherung von einigen wenigen zum Leidwesen des Rests.
Aber eins, aber eins, dass bleibt besteh’n, Alemannia Aachen wird niemals untergeh’n.
@#1: Totschweigen geht nicht, dafür gibt es genügend Leute, dies interessiert.
Als Alemannenfan, backt er vielleicht kleine Brötchen. Und ich weiß, wo von ich rede.
Eine hervorragende Parodie eines typischen Spiegel-Porträts inklusive sinnlosem heruntergemache des Porträtierten. Hinterlässt mich auch genauso wie ein Spiegel „Was macht eigentlich Peer Steinbrück“ 5-Seiten Reisereport.