RB Leipzig gewinnt DFB Pokal

Wenn der mediale Jubel lauter ist als die Kritik

Spieler Willi Orbán mit Red-Bull-Dose. Foto: IMAGO / camera4+

Die Fakten liegen seit Jahren auf dem Tisch: Das österreichische Unternehmen Red Bull verkauft nicht nur Energy-Drinks, sondern ist auch eine gigantische Marketing-Maschine im Sport und Event-Bereich. Neben dem Sponsoring von Extremsport leistet sich der Konzern eigene Klubs: zwei Formel 1-Rennställe, zwei Eishockey- und vier Fußball-Vereine. Das sind Red Bull Salzburg, New York Red Bulls, Red Bull Brasil und der RB Leipzig, der diesjährige Pokalsieger. Alle diese Klubs existieren ausschließlich als Teil der Marketing-Strategie des Konzerns.

Der Einstieg Red Bulls in den Leipziger Fußball ging 2006 los. Nachdem das Unternehmen zuvor mit seinem Begehren unter anderem auf St. Pauli, bei der Düsseldorfer Fortuna und den Münchner Löwen gescheitert war, galt das Interesse dem Profifußball im ausgebluteten Osten des Landes. Zunächst scheiterte das Vorhaben am Deutschen Fußballbund (DFB), da dieser die Übernahme des FC Sachsen Leipzig ablehnte. Begründung: Der Einfluss des Sponsors wäre zu groß gewesen. Also suchte sich Red Bull mit dem willfährigen sächsischen Fußballverband in der fünfthöchsten Spielklasse einen Verein, für den die DFB-Lizenzbestimmungen nicht mehr galten: den SSV Markranstädt am Rande von Leipzig.

Unter dem dubiosen Tarnnamen „RasenBallsport Leipzig“ (ganz zufällig sind das auch Anfangsbuchstaben von Red Bull) übernahm man das Spielrecht von Markranstädt und arbeitete sich ab der Saison 2009/2010 stetig von der Oberliga in die Champions League hoch. Natürlich hätte all das so nie passieren dürfen: Denn die 50+1-Regel von DFB und Deutscher Fußball-Liga (DFL) besagt, dass es Kapitalanlegern nicht möglich ist, die Stimmenmehrheit bei Kapitalgesellschaften zu übernehmen, in die Fußballvereine ihre Profimannschaften ausgegliedert haben. Damit sollte die komplette Übernahme von Vereinen durch Großunternehmen oder Mäzene unterbunden werden.

Doch Red Bull trickste auch hier: Die gesamte Fußballabteilung wurde bereits 2014 vom „Verein“ in eine GmbH ausgegliedert, deren Gesellschafter zu 99 Prozent die Red Bull GmbH ist. Die eigentlich vorgeschriebene Stimmenmehrheit des „Vereins“ existiert nur auf dem Papier, denn diesem gehören nur 20 stimmberechtigte Mitglieder an, die allesamt aus dem Red-Bull-Umfeld stammen. Zum Vergleich: Finalgegner Freiburg hat 34.000 Mitglieder, Europapokalsieger Eintracht Frankfurt mehr als 100.000 und der FC Schalke mehr als 160.000. RB-Fans können dagegen lediglich eine Fördermitgliedschaft erwerben, die zwischen 100 und 1000 Euro im Jahr kostet.

Ausnahme der Ausnahme

Medial wird immer wieder gerne darauf verwiesen, dass auch Bayer 04 Leverkusen, der VfL Wolfsburg und die TSG Hoffenheim entsprechende Ausnahmen von 50+1 darstellen. Das ist richtig und aus Sicht vieler Fans auch bedauerlich. Trotzdem hinkt der Vergleich: Betriebssportgemeinschaften wie Bayer sind trotz der Problematik der Konzernnähe historisch gewachsen, auch wenn die Vereine in Leverkusen und Wolfsburg ohne die Industriebetriebe dahinter nicht denkbar wären.

Hoffenheim, das bei vielen Fußballromantikern kaum weniger verhasst ist als RB Leipzig, dient nicht in erster Linie der Bewerbung des Konzerns SAP, sondern vor allem dem Ego des Milliardärs und Mäzens Dietmar Hopp. Der hat seinen Dorfverein auf eigene Kosten ins Oberhaus geführt, nachdem auch er bei einem Traditionsklub (Waldhof Mannheim) mit seinem Übernahme-Ansinnen gescheitert war. Problematisch genug ist auch das.

Denn diese Zustände verweisen auf ein Problem, das weit über den Fußball-Kontext hinausweist: Seit 13 Jahren wollen Verein und mediale Claqueure, die das alles ganz „normal“ finden, sich selbst und der Öffentlichkeit daher ein X für ein U vormachen. Wer sich in den vergangenen Jahren aus welchen Gründen auch immer mal gefragt hat, wie es sein kann, dass Menschen an Fake News und „alternative Fakten“ glauben, braucht sich einfach nur an RB Leipzig zu erinnern. Wenn man die Augen nur ganz fest zumacht, ist das Vereinslogo nämlich keine Werbung für Red Bull, denn das wäre ja ebenfalls verboten.

Gewisse Ähnlichkeiten, oder?  Logos: Red Bull / RB Leipzig

Munter werden Spieler, Trainer und Funktionäre zwischen Salzburg und Leipzig hin und hergeschoben und dem Verein vom Konzern 100 Millionen Euro Schulden erlassen. Die Idee eines fairen Wettbewerbs wird mit Füßen getreten. Formel-1-Fahrer und Extremsportler machen Werbevideos für RB Leipzig und der Red-Bull-Firmenaccount feiert die Pokalsieger wie besoffen. Niemand gibt sich augenscheinlich irgendeine Mühe so zu tun, als gehöre das alles nicht zusammen unter ein großes Konzerndach.

Kaum Kritik im TV

Gerade im Rahmen eines planbaren Großereignisses wie des Pokalfinales gäbe es durchaus die Möglichkeit, kritische Beiträge zu planen oder Funktionären und Offiziellen mit kritischen Fragen auf die Nerven zu gehen. Thomas Nowag, der für den Sportinformationsdienst (SID) tätig ist, sagt im Gespräch mit Übermedien dazu: „Klar ist das enorm schwierig. Aber bei einem Pokalfinale müsste das als Rahmen gesetzt sein. Gerade bei so einem Event, bei der Chance auf den ersten Titel für RB Leipzig, da muss vorher ein Zehnminüter laufen, der das noch mal kritisch nacherzählt. Dann kann man ja immer noch sagen: ‚So, und jetzt aber Fußball.‘“

Insbesondere diejenigen, die RB und seinen Funktionären nicht nur zum Finale, sondern Woche für Woche den roten Teppich der Live-Berichterstattung ausrollen, müssen sich fragen lassen, woran sie da eigentlich partizipieren. Natürlich können Sportreporter, die Spielberichterstattung machen, nicht jedes Wochenende sagen: „Das hier dürfte eigentlich gar nicht stattfinden, aber ich sage Ihnen jetzt trotzdem, wie es ausgegangen ist.“ Man kann aber beispielsweise darauf verzichten, selbst aktiv eine „Normalisierung“ einzufordern, indem man zum Beispiel über den nach wie vor breiten Protest der Fans anderer Vereine berichtet – anstatt offen oder unterschwellig zu fordern, es mögen sich doch bitte jetzt alle endlich an den Regelbruch gewöhnen. Als würde ein Missstand dadurch besser, dass er einfach immer weiter existiert.

Insbesondere der RB-Haussender MDR glänzt immer wieder mit kostenloser PR, die genau dieses Mantra vor sich herträgt: Gewöhnt Euch einfach dran, hier gibt es nichts zu kritisieren, alles ist in bester Ordnung – oder wie es Kommentator Thorsten vom Wege vollkommen jenseits aller Fakten formuliert:

„Ja, das Geld, das RB einnimmt, geht anderen Vereinen verloren. Wenn ich in den letzten Jahren aufgepasst habe, nennt man das Wettbewerb. Und es ist gut möglich, dass sich der Rest irgendwann daran gewöhnen muss.“

Fairerweise muss man sagen, dass es im Sportjournalismus insgesamt zahlreiche kritische Stimmen gibt. Doch insbesondere die Öffentlich-Rechtlichen hätten hier andere Möglichkeiten, als nur Glanz und Gloria des DFB-Pokals, den sie mitvermarkten, zu präsentieren. Das investigative WDR-Sportformat „Sport Inside“ hält hier immerhin ab und an die kritische Fahne hoch. 2013 realisierte die ARD unter dem Titel „Die dunkle Seite von Red Bull“ eine längere Investigation zu den zahlreichen Todesfällen von Extremsportlern, die für Red Bull antreten. Doch eine umfassende Aufarbeitung der zahlreichen Tricks des Konzerns im Hinblick auf seine Fußballabteilungen, sucht man bei ARD und ZDF vergeblich.

Aus dem Playbook des Rechtspopulismus

Dabei geht es um elementare Spielregeln der Demokratie, die gerade ARD und ZDF nicht egal sein dürfen. Zur Disposition steht nichts weniger als das Aushebeln von demokratischen Strukturen, die Etablierung des Regelbruchs und die eiskalte und brutale Durchsetzung knüppelharter Finanz- und Machtinteressen. Dafür wird die Realität zurechtgebogen, bis Wahrheit und Lüge ununterscheidbar sind. Die Parallelen liegen auf der Hand: Ganz genauso stand und steht es im Playbook von Donald Trump und anderen Rechtspopulisten.

Man kann sich seine Gratulanten nicht aussuchen und dennoch hinterlässt der prompte Glückwunsch von AfD-Chef Tino Chrupalla einen weiteren schalen Beigeschmack.

Distanziert hat sich der Klub davon bislang nicht, auch das wäre bei der Frankfurter Eintracht und vielen anderen undenkbar.

Vielleicht ist all das eben doch kein Zufall: Red-Bull-Gründer und Konzernchef Dietrich Mateschitz pflegt die Nähe zum Rechtspopulismus. So polemisierte er gegen die Flüchtlingspolitik 2015, die er ein „unverzeihliches Ausmaß der politischen Fehleinschätzungen und Fehlentscheidungen“ nannte. Auch der Fernsehsender „Servus TV“, der zum Konzern gehört, verfolgt eine ähnliche politische Agenda und gilt laut „Süddeutscher Zeitung“ als „Heimatsender des österreichischen Rechtspopulismus“. 2016 lud man in eine Ausgabe einer Talkshow unter dem Titel „Wie gefährlich sind unsere Muslime“ unter anderem Götz Kubitschek ein, den Vordenker der Neuen Rechten in Deutschland. Auch der Chef der rechtsextremen österreichischen „Identitären Bewegung“, Martin Sellner, war bereits zu Gast.

Der Zauberlehrling Mateschitz dehnt seine bei Red Bull gelernte Lektion der brutalen Durchsetzung eigener Interessen auf mediale und politische Felder aus. Nichts an RB Leipzig ist daher so unproblematisch „unpolitisch“, wie Funktionäre und einige Sportjournalisten es gerne hätten.

19 Kommentare

  1. Ehrlich gesagt kann ich die Kritik nicht nachvollziehen. Für mich sind alle Bundesligavereine reine Wirtschaftsunternehmen, die Millionen- bis Milliardenumsätze machen und auf Moral wenig Wert legen, mindestens ihre Verbände DFL und DFB. Insofern frage ich mich, was am Gebaren von Leipzig und Red Bull sonderlich kritikwürdig wäre. Ich will nicht sagen, dass es nicht berechtigte Kritik gibt, aber ich verstehe nicht, was hier kritisiert wird.

  2. Spitzenfussball: korrupt und demokratiefeindlich.
    Other News: Wasser: nass.

    Nein ehrlich, wie Stefan in #1 kann ich hier die Aufregung nicht verstehen, oder besser: ich kann nicht verstehen, wie man die Aufregung so einschränken kann. Jeder Bundesliga Verein ist ein vermutlich ziemlich korruptes Unternehmen und dass die überhaupt so tun dürfen, als hätten sie irgendwas mit Gemeinwohl zu tun ist der Skandal.
    Das was wirklich dem Gemeinwohl dient wird auf ganz niedriger Ebene gemacht und dass diese vielleicht ein bissel Kohle von oben durchgereicht bekommen um den Schein aufrecht zu erhalten, ist mMn keinesfalls hinreichend um das Gesamtkonstrukt zu rechtfertigen. Da finde ich RB fast noch am sympathischsten, weil die nicht mal versuchen so zu tun, als wären sie etwas anderes, als was sie nunmal sind.
    Ja andere Clubs tragen Ihre Vereinsmitglieder etwas mehr vor sich her und dadurch haben die vielleicht auch mal die Gelegenheit den Konzernchefs auf die Nerven zu gehen, aber bei Licht betrachtet kann ich da keinen effektiven Unterschied im Ergebnis erkennen.

  3. An die Posts 1&2: das finde ich schade.
    Das Problem ist ja vor Allem die Scheißegal-Haltung der breiten Masse und auch der Medien zu diesem Thema. Solange es die Zuschauer nicht interessiert und nicht ausreichend immer wieder medial mit dem Finger in die Wunden gestoßen wird, wird sich auch nichts daran ändern. Und auch wenn man sich das teilweise nur schwer vorstellen kann: so wie hier im Massensport Vereine gekauft werden, kann eben dies auch die öffentliche Wahrnehmung von Einzelpersonen und sogar Parteien beeinflussen.

  4. Dass sich die meisten Vereine und insbesondere auch die UEFA nicht gegen die Vereinnahmung durch Sponsoren ausreichend zur Wehr setzen ist eine Baustelle.

    Und natürlich steckt im Profifussball am Ende zuviel Geld. Aber eben auch Menschen, denen ihr Verein nicht egal ist, die sich gegen den „modernen Fußball“ aussprechen.

    RedBull Leipzig, wie sonst soll man das Konstrukt nennen, ist da aber eine andere Hausnummer. Hier kann man ganz gut Marcus Bark auf sportschau.de zitieren, um zu verstehen was der Unterschied zwischen Vereinen wie den Bayern oder Dortmund ist: „Die meisten dieser Punkte gehen aber nicht nur am Kern der Kritik vorbei, sie haben rein gar nichts damit zu tun. Im Kern ist RB Leipzig nicht gegründet worden, um Fußball zu spielen, sondern um mit einem gewaltigen Budget Werbung zu treiben – mit Fußball. Das ist das Alleinstellungsmerkmal.“

  5. Ganz schwieriges Thema. Ich wankel‘ da auch immer zwischen „ach sind doch eh alle gleich kacke“ und „Leipzig ist aber doch noch ne Spur kackiger“. Nur greifen kann ich das nicht ganz, da fehlt mir die Substanz.

    Dass der AfD-Fritze dem Energydrink-Jochen zujubelt, geschenkt. Dass die nicht mal bei Sportergebnissen ihre politische Agenda rauslassen können ist ja auch eher ein Anzeichen von Verzweifelung, als von Selbstbewusstsein.
    Und dass sich der Mateschitz-Fußball davon nicht distanziert … warum auch? Gleich und gleich gesellt sich.

    Zum Thema Heroismus im Fußball hatte übermedien ja schon mal einen sehr guten Text:
    https://uebermedien.de/49785/5chau3n-51e-s1ch-d1353n-f1lm-n1cht-an/

    Handelt der Energydrinkverein nun besonders unmoralisch? Was macht ihn kackiger, als andere Vereine? Bis auf die Gesellschafterstruktur im 4. Absatz fehlt mir (auch) hier etwas das Fleisch am Knochen.
    Ansonsten ist das m. E. ein „normales“ Turbokapitalismus-Verhalten, dass auch andere Vereine und Unternehmen genau so an den Tag legen würden. Billig kaufen, teuer verkaufen. Spieler oder ganze Vereine, egal.
    Wenn RB jetzt 10 Jahre in Folge Meister geworden wäre … aber das ist ja einer der „Traditionsvereine“. Gut, da wurden Millionen an Steuern hinterzogen, die Vereinsführung geht mit der CSU ins Bett und man lässt sich von Katar sponsorn. Der BVB macht sich zur KGaA (die Gesellschafterstruktur verstehe ich zugegeben nicht) und da stehen locker 20% stramme Rechtsradikale auf der Südtribüne. Gazprom und Schalke. Zombie-Tönnies und Schalke. Fußball ist Geldverdienen, gerne auch an Rechtsradikalen oder mit russischen Staatsunternehmen oder mit Ausbeuterbetrieben. Man wird nicht ohne Ausbeutung Milliardär.

    All das soll nicht heißen, dass RB nun nicht kritisiert werden soll, im Gegenteil. Die ganze deutsche Fußball-Gelddruckmaschine gehört mal unter’s Mikroskop. Und das ohne die „Traditionsverein“-Scheuklappen, ohne MDR-Helau und ohne Schielen auf seine berufliche Zukunft. Hajo Seppelt, übernehmen Sie.

    Zur Ausgangsfrage: Was macht RB nun besonders verwerflich, und inwiefern tritt RB „Die Idee eines fairen Wettbewerbs (…)“ anders mit Füßen, als die anderen Vereine?
    Ich hasse ja auch den den Spruch „Don’t hate the player, hate the game“ weil es die Eigenverantwortung für moralisches Handeln ausklammert und eine unveränderliches, fixes „game“ als gegeben hinstellt. Dabei haben sich Spielregeln historisch und eben durch die Spieler und Schiedsrichter selbst entwickelt. Regelwerke werden jährlich in allen Sportarten geändert, eben weil die player etwas verbess … verändern wollen. Die player sind das game und ebenso to blame. Kein game ohne playerbase.
    Sich einen „künstlichen“ Verein rauszupicken und alles an ihm festzumachen, halte ich daher für verkürzt.

  6. Mich würde mal ein Artikel von euch dazu interessieren, wie es dazu kommen konnte, dass Fußball (und damit meine ich und alle Medien ja immer Männer-Fußball, obwohl das nie dazugesagt wird) seit Jahren gleichberechtigt in Nachrichtensendungen neben politischen Nachrichten steht. Beispiel 20-Uhr-Tagesschau: 15 Minuten Sendung, davon all zu oft 5 Minuten oder länger Spiel-Berichterstattung aus der Männer-Fußball-Bundesliga. Dafür werden andere Beiträge, etwa über das neue Affenpoken-Virus etc. auf ein Mindestmaß zusammengekürzt. Männer-Fußballspiele haben doch keinen Nachrichtenwert, oder? Frauen-Fußball, oder – Gott bewahre – andere Sportarten finden kaum statt in solchen Formaten statt. Ich finde das mindestens fragwürdig und fände eine Hintergrundbeleuchtung dessen sehr interessant.

  7. @4: „Im Kern ist RB Leipzig nicht gegründet worden, um Fußball zu spielen, sondern um mit einem gewaltigen Budget Werbung zu treiben – mit Fußball. Das ist das Alleinstellungsmerkmal.“

    Erst mal verdient man mit „Werbung treiben“ alleine kein Geld, im Gegenteil. Werbung ist hier Mittel zum Zweck. Der Zweck ist Verkauf von Produkten und damit Umsatz. Dann macht’s Sinn.

    Geht aber auch immer noch total an der Realität vorbei. Die Vereinsgründungen bei BVB und Schalke liegen knapp 120 Jahre zurück.
    Sollte man nicht die derzeitigen Intentionen der Vereine miteinander vergleichen? Geht es dem BVB oder Schalke heutzutage darum, nur „Fußball zu spielen“? Wanzt man sich deshalb an Katar, an Tönnies, an Gazprom an oder macht sich zur Aktiengesellschaft? Weil es da inhärent ausschließlich um „Fußball spielen“ geht?
    Sorry, aber um Kinski zu zitieren: So blöd kann keiner sein.

  8. @7: Der Unterschied dürfte sein, dass der BVB und Schalke sich ja durch sportliche Leistungen im Fußball selbst tragen müssen. Sie müssen Leistungen erbringen, um wiederum Gelder einzuspielen und Sponsoren anzulocken. Und ein Abstieg bedeutet hier nicht die Einstellung des Projektes. Vereine steigen ab, steigen auf, steigen weiter ab. Was sich ändert sind die Budgets und die Höhe der Gelder. Aber Fußball zu spielen ist im Grunde aber das Kerngeschäft

    Genau das ist es bei RB aber eben nicht. Da es eine reine Werbemaßnahme ist, kann dabei um Grunde von RedBull soviel Geld verpulvert werden, wie sie eben wollen. Und wenn RB keinen Marketingerfolg mehr verspricht, dann wird das Konstrukt eben abgewickelt.

    Das ist schon ein elementarer Unterschied

  9. Was unterscheidet RB Leipzig von anderen Bundesligavereinen? Sind die nicht alle Kommerz-Unternehmen? Ja, richtig, aber doch gibt es zwei Unterschiede, die recht einfach zu erklären sind.

    1.
    Man muss sich eigentlich nur eine Frage stellen:
    Was kam zuerst, das Geld oder der sportliche Erfolg?

    Und ja, natürlich gehen bis zu einem gewissen Grad Geld und Erfolg immer Hand in Hand. Natürlich will die Telekom mit ihrem Sponsoring von Bayern München auch dafür sorgen, dass der Verein erfolgreich bleibt und noch erfolgreicher wird. Aber das Verhältnis war und ist bei Leipzig doch ganz anders. Da gab es von Red Bull von Anfang an immer so viel Geld, dass der sportliche Erfolg sehr sicher war. Darum ist man sehr flott durch die Ligen marschiert und hat sich in sechs Jahren Zugehörigkeit zur 1. Liga fünf Mal für die Champions League qualifiziert.

    In normalen Vereinen läuft das anders. Da steigen die Sponsoreneinnahmen langsam mit dem sportlichen Erfolg, sie gehen eben Hand in Hand. Bei Leipzig rennt das Geld weit voraus und zieht der Erfolg hinterher.

    2.
    Der zweite wichtige Punkt ist, dass normale Vereine für jede*n offen stehen. Ich kann problemlos Mitglied beim SC Fortuna Köln e.V. werden und bin dann dort stimmberechtigt. Und der Verein hat 50+1 Anteile an der Fortuna Köln Spielbetriebsgesellschaft mbH. Ich kann also mit meiner Mitgliedschaft Einfluss auf die Leitung des Fußballmannschft (und sowieso anderer Vereins-Abteilungen) nehmen. Das ist bei Leipzig anders. Hier kann man kein stimmberechtigtes Mitglied werden, nur „Fördermitglied“: Ich gebe Geld und bekomme ein T-Shirt und die Teilnahme am Fanfest zurück, aber kann keinen Einfluss nehmen.

    Warum der DFB das bei Leipzig hat durchgehen lassen, ist mir bis heute schleierhaft.

  10. #10: Dass Geld keine Tore schießt, haben allerdings etliche Vereine in den letzten Jahren bewiesen.

  11. Mal wieder Aufregung um die Kommerzialisierung im Fußball. Es ist wie es ist: Geld regiert im Kapitalismus und somit auch im Fußball. Klar, für mich sind Kloppo und Streich sympathischer als ein Dosenclub und dennoch nur die andere Seite der selben Medaille. Ich bin zu Altona 93 geflüchtet, eine weitere, nette Illusion: auch dort regiert das nicht vorhandene Geld. Gucken macht trotzdem Spaß. Leben bedeutet, sich in wieder Sprüchen zu befinden🥴

  12. Man hätte damit rechnen können. Die offensichtlichen Unterschiede werden von den Kommentatoren gerne weg gewischt mit den Worten „Die anderen verdienen auch Geld!“ Dass RB sich nicht um die Regeln schert, sie sogar zum Teil mit Ansage bricht, scheint niemanden zu kümmern!

    Okay, aber ich habe eine ziemlich einfache Arbeitshypothese warum sich gerade die ARD von Kritik an RB fern hält. Ich werde etwas weiter ausholen. Das ganze wird klarer wenn man sich ansieht was in Fußballberichterstattung heutzutage falsch läuft. Ob es die fehlenden Berichte über und das absichtliche Ausblenden der Demonstranden von Gastgeberland Brasilien (WM 2014) oder die merkwürdige Zurechtbiegung vieler Schiedsrichterentscheidungen (inklusive inzwischen sehr merkwürdiger Bildauswahl), das zurechtschneiden (Bildregie) von Aktionen, die zunehmende Kritik an Fans, respektive das totale Ignorieren wenn sie was gutes tun (was merkwürdigerweise in letzter Zeit zurückgegangen ist) oder das bejubeln jeglicher Entscheidung der DFL ist. Es hinterlässt den Verdacht, dass Journalisten Angst haben ihren Job zu verlieren, wenn sie zu sehr auf Missstände hinweisen. Ob sie dies müssen oder nicht bleibt dabei übrigens irrelevant.

    Es ist doch eigentlich ganz einfach: Wenn die ARD in Zukunft die Bundesligarechte wieder verliert braucht sie auch keine Kommentatoren mehr. Dadurch, dass diese Rechte verkauft werden und hoch gehandelt werden sind wir also in der unmöglichen Lage, dass das Objekt der Berichterstattung nicht nur die Bilder die zu dieser Berichterstattung herangezogen werden selbst herstellt, sondern auch darüber entscheidet wer am meisten über sie berichten wird! Und natürlich wird man dann vorsichtig gegenüber dem der darüber entscheidet ob man noch länger nen Job hat.

    Was hat das jetzt mit RB zu tun? Nun, jemand hat diesem „Verein“ schließlich eine Lizenz erteilt. Niemand hat sich seit her darum bemüht, dass dort eine echte Vereinsstruktur aufgebaut wird, niemand hat darauf geachtet, dass RB eben keine Wettbewerbsverzerrung durchführt. Das wäre alles die Aufgabe des DFB oder der DFL gewesen. Also den Leuten die, wie oben schon geschrieben, darüber entscheiden ob der, der die Begleitung des Pokalfinales organisiert in… wann immer die Lizenzen erneuert werden müssen noch einen Job hat.

    Dabei fällt mir noch eine kleine Gegebenheit ein. Beim DFB-Pokal Halbfinale zwischen RB und Union Berlin hat der „Experte“ den sich die ARD eingeladen hat „versprochen“ und nicht den Namen des Vereins sondern den des Hauptsponsors genannt. Das heißt da wurde doch glatt „aus Versehen“ Werbung in die Halbzeitberichterstattung bei einem öffentlich rechtlichen Sender angebracht.

    Bei allem Whataboutismus muss ich allerdings der Anregung aus No 6 doch noch zustimmen, einen Beitrag über die Fußballwerbung in der Tagesschau fände ich auch interessant. Denn es sind geplante Ereignisse! Wen es interessiert, der kennt das Ergebnis, für die Anderen ist es keine Nachricht. Und wenn man damit erreichen möchte, dass es jemanden interessiert ist es eben Werbung!

    Und wo ich schonmal bei Werbung bin, ich finde es übrigens auch ein starkes Stück, dass die DFL (oder der DFB, ist mir nie so ganz klar wer da jetzt zuständig ist und ich werde ja schließlich nicht für die Recherche bezahlt) die ARD zwingt für ein stark suchterzeugendes Produkt zu werben (Sportwetten)… und diese das auch noch mitmacht!

  13. Warum wird eigentlich immer nur auf RB Leipzig und Hoffenheim herumgehackt ? Viel schlimmer sind doch die traditionellen Vereine, die auf „Fussball ist unser Leben“ machen, sich aber von Leuten wie Putin ,Tönnies & Co. sponsern lassen. Nicht viel besser sind auch die, die nur durch Sponsoring Ihres „Arbeitgebers“ wie Bayer + VW oder durch grosszügige Unterstützung potenter Firmen wie Allianz u.a. existieren können.
    Der einzige wirklich elementare Unterschied ist, dass RB es durch clevere jurische Tricks geschafft hat, die 50+1 -Regel des DFB auszuhebeln, obwohl/weil es in Wirklichkeit gar kein VEREIN ist.

  14. @14: Tja. Vielleicht ist das halt einfach das Problem, dass der „Verein“ RB wiederholt zeigt, dass er auf die Einhaltung der Regeln keinen Wert legt?
    Und 50+1 ist nicht die einzige Regel die einem da einfallen könnte. Aber nach dem Erfolg mit diesen „tricksereien“ konnte sich der Konzern sicher sein, dass weder DFB noch UEFA sich darum kümmern werden ob die Transfers mit den zum Konzern gehörigen Vereinen auch wirklich alle ganz Koscher sind.

  15. @ #13: Also das mit den zahnlosen ÖR kann ich nicht nachvollziehen, siehe z. B. Sport Inside der Sportschau: https://www.youtube.com/watch?v=4GajXBhGKG4
    (Man beachte das Wording von Thomas Müller bei 3:40. Netter Mensch.)

    Wenn, dann ist Kritik doch ausschließlich bei den ÖR zu finden.

    Hier was vom Spiegel:
    https://www.spiegel.de/sport/fussball/fussball-wm-2022-katar-als-treiber-von-reformen-fuer-amnesty-eher-nicht-a-5cdaaef8-8903-44fe-a110-5dca9f4aaa5f
    Da wird es wie ein Konflikt zwischen Amnesty und Katar dargestellt. Nicht zwischen Menschenrechtsverletzungen und den „westlichen Werten“.

  16. Ich verstehe den Sinn dieser 50+1 Regelung auch nicht. Das ganze wirkt irgendwie ein wenig aus der Zeit gefallen. Heutiger Fussball funktioniert so nun einmal nicht mehr, vor allem mit internationalen Maßstäben.

    Gerade wenn man sich da andere Länder und andere Sportarten ansieht, wie z. B. das American Football in den USA: Die 1960 gegründeten Raiders zogen hier z. B. 1982 von Oakland nach Los Angeles und 1995 wieder nach Oakland zurück. 2020 siedelten Sie nach Las Vegas um. Das ist nur ein Beispiel aus dem für die USA typischen Franchise-Systeme. Diese Sportvereine sind nicht dazu da nett mit dem Ball zu spielen sondern um Geld zu verdienen und wenn die Bedingungen an einem Ort nicht mehr gegeben sind zieht man einfach um.

    Das muss kein Konzept für den europäischen Fussball sein, aber ein Beispiel wie Sport auch funktionieren kann.

  17. @#18: „Ich verstehe den Sinn dieser 50+1 Regelung auch nicht. Das ganze wirkt irgendwie ein wenig aus der Zeit gefallen.“

    Naja, der Sinn der Regel ist (für mich), dass die Vereine eben Vereine bleiben und die Mannschaften nicht wie im American Football oder in der Premier League als rein auf kommerziellen Erfolg getrimmte Unternehmen organisiert sind. Kann schon sein, dass das „altmodisch“ anmutet ist, ein Argument, warum die ultrakapitalistische Herangehensweise zu bevorzugen sein sollte, ist das aber keines.

    Und den Vereinsgedanken pervertiert Rasenball Leipzig klarerweise durch die Organisation als geschlossene Gesellschaft, wo man Otto-Normalfan zwar zur Kasse bittet, aber vor unangenehmer Einflussnahme durch selbigen bitteschön verschont bleiben mag. Gegen die Buchstaben der 50+1-Regel verstößt diese Organisationsform klarerweise nicht, gegen ihren Geist dafür umso eklatanter.

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