Aus für eine lange „Ideal-Ehe“: Arte beendet Zusammenarbeit mit „Geo“
Seit fast einem Vierteljahrhundert hat das Magazin „Geo“ eine Heimat auf dem Fernsehsender Arte. Hunderte „Geo-Reportagen“ sind in dieser Zeit entstanden und viele Male wiederholt worden. Es gibt kaum einen Tag, an dem keine dieser Sendungen im Programm ist, manchmal sind es vier. Doch jetzt endet die Zusammenarbeit. Vom 2. Juli an wird die Reihe unter dem Titel „ARTE 360° Reportage“ weitergeführt – ohne „Geo“. Das bestätigte der Sender auf Anfrage.
Grund für das Ende der Kooperation ist nach Informationen von Übermedien, dass der Verlag Gruner+Jahr, der „Geo“ herausgibt, seit Anfang des Jahres Teil von RTL ist. Bei Arte Deutschland soll man diese Veränderungen mit Unbehagen gesehen und auf eine Trennung gedrängt haben.
Offiziell begründet Arte das Aus markenstrategisch: „In einer von Wettbewerb um Aufmerksamkeit geprägten Medienlandschaft folgt diese Umbenennung der Strategie, die Marke ARTE als Kultursender und Qualitätsmedium auf allen Ausspielwegen bestmöglich erkennbar zu machen“, sagt Sprecherin Claude Anne Savin. „Die ‚ARTE 360° Reportage‘ steht unverändert für anspruchsvollste Reportagen aus allen Regionen und Kulturen der Welt. In Verbindung mit dem neuen Namen möchte der Sender diese Qualitätsmerkmale künftig auf allen Verbreitungswegen noch stärker herausstellen.“ Arte habe sich im vergangenen Jahr zu dieser Änderung entschieden.
Die Filme sollen auch zukünftig, wie bisher, von der Berliner Produktionsfirma Medienkontor hergestellt werden. Sie hat vor gut 20 Jahren die Fernsehtochter von Gruner+Jahr übernommen. Auch am Konzept der Reihe mit wöchentlich neuen Folgen soll sich nichts ändern.
Opulenz im Baumarkt
Die ersten Sendungen unter dem Titel „360 Grad – die Geo-Reportage“ liefen vom 4. Januar 1999 an auf Arte, zur „besten Sendezeit“ um 20:15 Uhr. Der damalige „Geo“-Chefredakteur Peter-Matthias Gaede sprach zum Start von einer „Ideal-Ehe zweier Qualitätslabels“.
Die Konstruktion dieser Partnerschaft ist nicht unkompliziert: Arte selbst steht nicht in Geschäftsbeziehung zu Gruner+Jahr. Der Sender kauft die Folgen bei Medienkontor ein. Die Produktionsfirma bezahlt den Verlag für den Gebrauch der Marke „Geo“. „Geo“ ist dafür im sogenannten „Editorial Board“ von „Geo Reportage“ vertreten und hat so ein redaktionelles Mitspracherecht. „Die Opulenz der Bilder und die Qualität der Texte muss mit dem Printobjekt vergleichbar sein“, hieß es zum Start.
Wie sehr die Marke „Geo“ noch für höchste journalistische Qualität steht, darüber lässt sich streiten. Der Verlag hat den Namen gerade hergegeben für ein Heft namens „Respekt“, das die Baumarktkette „Toom“ herausbringt und für einen Euro verkauft. Auch für die Handelskette Otto gibt „Geo“ seinen guten Namen her, um damit ein „Nachhaltigkeitsmagazin“ zu schmücken. Der Branchendienst „Medieninsider“ kommentiert es als Selbstaufgabe des Verlages: „Man stellt nicht nur seine starke Marke an den Straßenrand und schaut mal, wer so anhält. Man lässt auch noch zu, dass sie für Greenwashing missbraucht wird.“
Die Marke „Geo“ wird in Zukunft jedenfalls stärker als RTL-Marke zu erkennen sein. Anfang des Monats wurde bekannt, dass Dirk Steffens, der lange das Gesicht für naturwissenschaftliche ZDF-Sendungen wie „Terra X“ war, zu RTL wechselt. Er soll nicht für die Zeitschrift Kolumnen schreiben und Gespräche führen, sondern „über alle Ausspielwege hinweg die Wissenschaftsmarke ‚Geo‘ verstärken“, wie der Branchendienst DWDL Anfang des Monats meldete. RTL will nach der Übernahme von Gruner+Jahr die Printmarken verstärkt ins Fernsehen überführen.
Im März fand bereits das Magazin „Geolino“ eine neue Heimat auf Super-RTL. Unter diesem Namen hatte Arte seit 2011 Reportagen für Kinder ausgestrahlt.
Das Erwachsenenformat „Geo Reportage“ hat es nach Zählung von Arte auf insgesamt 543 Sendungen gebracht. Solange Arte die Rechte daran hat, sollen sie auch weiterhin im Programm wiederholt werden.
Nachtrag, 14:15 Uhr. Gruner+Jahr teilt auf unsere Anfrage mit, dass die Marke „Geo“ unter dem Dach von RTL Deutschland „crossmedial weiter ausgebaut“ werden soll: „Neben dem bereits sehr erfolgreich laufenden Pay-TV-Sender Geo Television und dem sehr gut gestarteten SVOD-Angebot Geo Wild TV wird die Marke weiter auch im linearen Fernsehen etabliert werden. Es liegt daher auch in unserem Interesse, uns ganz auf diese Ausrichtung zu konzentrieren.“
Moment: arte hat also Medienkontor dafür bezahlt, dass Medienkontor G+J/GEO dafür bezahlt, dass arte Werbung für GEO macht?
Welches Männernetzwerk hat sich denn diese Konstruktion ausgedacht?