„Schlimmer Fehler“

Was Ulf Poschardt zuzutrauen ist und was nicht

Ulf Poschardt ist alles zuzutrauen. Der „Welt“-Chefredakteur hat sich in den vergangenen Monaten und Jahren vor allem auf Twitter einen Ruf erarbeitet als jemand, der Aufmerksamkeit um jeden Preis sucht. Er sieht sich als Kulturkämpfer, der mit modernen digitalen Guerilla-Methoden die Gegner vor sich hertreibt. Er provoziert und freut sich über jede Reaktion. Er hat die Gesellschaft in Freund und Feind durchkartographiert und kommentiert alles aus dem selbstgebuddelten Schützengraben. Er sieht sich darin mit einer kleinen Schar aufrechter Kämpfer; auf der anderen Seite: Idioten, Aktivisten, Freiheitsgegner, der öffentlich-rechtliche Rundfunk, im Zweifel alle anderen Medien, der von ihm so genannte „Elfenbeinturm“ von Leuten, die – anders als er – den Kontakt zur Realität verloren haben. Er ist sich nicht zu schade, woke Aktivisten immer wieder als „Wokoharam“ zu verunglimpfen, in Anlehnung an terroristische islamistische Mörderbanden.

Sein Interesse am Diskurs ist rein destruktiv. Früher hat er Menschen, die ihm auf Twitter widersprachen, ironisch ein „brav“ entgegengeworfen. Aktuell hat er diese Masche durch eine ersetzt, bei der er diverse Gegner oder von ihm abgelehnte Vorschläge und Aussagen mit einem Clowns-Emoji versieht und so als lächerlich markiert – kein Ausgangspunkt, keine Notwendigkeit für eine Debatte.

Diese Masche und intellektuelle Tiefe der Auseinandersetzung prägt regelmäßig auch seine Zeitungskommentare, in denen er sich selten die Mühe einer genauen Argumentation gibt und stattdessen zum Beispiel immer wieder alles mögliche, was ihm nicht gefällt, einfach als „Quark“ abtut. Neulich nannte er die Bundesrepublik eine „Bundesclownsrepublik“; die hiesige Kultur ist für ihn die „deutsche Spieß-Autoritäts-Untertanen-Mistkultur“.

Er vergleicht seine Redaktion im Provokationsrausch irgendwie scherzhaft mit der RAF, retweetet schon mal versehentlich Fake News eines rechtsextremen Hasspublizisten, protegiert Provokationskunstfiguren wie Don Alphonso und Benedikt Brechtken und macht jede Auseinandersetzung, in die er sich einmischt, formal und inhaltlich vulgärer.

Ulf Poschardt ist alles zuzutrauen, aber ist ihm zuzutrauen, dass er sich in einem Kommentar über Holocaust-Überlebende mokiert?

„super Holocaust-Überlebende“

Am Samstagabend veröffentlichte die „Welt“ einen Kommentar von Poschardt, der so begann:

„Es gibt einen Kampf gegen rechts, der weitgehend konsensual passiert, und eine Toleranz gegen Linksradikalismus, die kaum hinterfragt wird. Da müssen sich unbescholtene Bundeswehroffiziere wie Marcel Bohnert von super Holocaust-Überlebenden und deren PR-Abteilungen in der ARD in die braune Ecke treiben lassen, jedem Corona-Demonstranten wird die Nähe zu mitlaufenden irren Rechtsradikalen angekreidet, aber links gibt es kaum Abgrenzungen zu verfassungsfeindlichen Rändern.“

Unter „Holocaust-Überlebenden“ war ein Link zu einem Artikel über Inge Auerbacher, die gerade im Bundestag zum Jahrestag der Befreiung des Konzentrationslagers Auschwitz gesprochen hat.

Was da auf Welt.de stand, war eine unfassbare Wortfolge.

Es war aber auch eine Wortfolge, die wenig Sinn ergab, egal wie provokativ sie möglicherweise gemeint gewesen sein sollte. Was sollten Holocaust-Überlebende mit der Berichterstattung über Marcel Bohnert zu tun haben (über dessen Ferne von der braunen Ecke, in der er angeblich getrieben wurde, man sich übrigens hier einen Eindruck verschaffen kann)?

„Danke für Ihr Verständnis“

Erstaunlich lange blieb das so auf der Seite der „Welt“ stehen; fast drei Stunden waren es laut Nelli Tügel, die auf Twitter als erste auf die ungeheure Passage hingewiesen hatte. Unter Poschardts Artikel gab es frenetische Zustimmung zu seinem Text in dieser Form; weniger als eine Handvoll „Welt“-Kommentatoren beschwerte sich über die Formulierung.

Irgendwann wurde die Stelle geändert und der Artikel um den Hinweis ergänzt:

„Anmerkung der Redaktion: Bei der digitalen Produktion dieses Artikels sind uns mehrere Fehler unterlaufen, die wir nun korrigiert haben. Wir bitten um Nachsicht.“

Aus den „super Holocaust-Überlebenden“ waren nun plötzlich „superlinke Aktivistinnen“ geworden – ein typisch vager, grobschlächtiger Poschardt-Duktus, verbunden hier mit der ebenso typischen Unterstellung, in der ARD säßen „deren PR-Abteilungen“.

Poschardt selbst antwortete auf empörte Twitterer:

„Da ist ein ärgerlicher Fehler bei der Digitalisierung des Artikels aus der @WELTAMSONNTAG passiert. Wir bedauern das sehr. Danke für Ihr Verständnis.“

Das war rätselhaft und erklärte wenig. Vor allem war auch unklar, was mit „Digitalisierung“ gemeint sein sollte – die Annahme lag ja fern, dass er seine Texte in die Online-Redaktion faxt. Die Empörung über den Kommentar auf Twitter ebbte dadurch nicht ab, im Gegenteil. Die Erklärung löste erwartbare Häme und Pointen aus:

Die Witze über den rätselhaften Vorfall und die unbefriedigende Erklärung waren das eine. Viele Kritiker nahmen es Poschardt aber auch nicht ab, dass er die anstößigen Worte gar nicht geschrieben habe, und sahen statt eines Fehlers: Kalkül.

Einer, der das mit besonders großer Reichweite tat, war der ZDF-Satiriker Jan Böhmermann.

Fehler bei der Online-Produktion

Es gab zu diesem Zeitpunkt eine große Leerstelle, was wirklich passiert war. Erst am Sonntagmittag füllte die „Welt“ sie notdürftig und immer noch nicht sehr überzeugend mit ein bisschen mehr Fakten und bat um Entschuldigung für den „schlimmen Fehler“. Anscheinend waren tatsächlich einfach Fehler passiert bei der Aufbereitung des Textes für die Online-Ausgabe; Poschardt hatte ihn ursprünglich für die gedruckte „Welt am Sonntag“ geschrieben. (Das ist das, was der „Welt“-Chef offenbar mit „Digitalisierung“ gemeint hatte.)

Der Begriff „Holocaust-Überlebende“ tauchte nämlich wenige Sätze weiter in seinem Print-Artikel auf, der offensichtlich der Original-Text war. Dort hatte er die Vereinigung der Verfolgten des Naziregimes – Bund der Antifaschistinnen und Antifaschisten (VVN-BdA), für die die heutige Innenministerin Nancy Faeser vor einem Jahr einen Gastbeitrag geschrieben hatte, beschrieben als „dieser einst verdienstvolle Verein, von Holocaust-Überlebenden gegründet“.

Ausriss: „Welt am Sonntag“

Auch ohne im Detail die Produktionsabläufe oder Krücken des Redaktionssystems zu kennen, ist es zumindest vorstellbar, dass beim Einfügen von Links diese Worte durch Copy&Paste versehentlich an eine andere, falsche Stelle im selben Absatz verschoben wurden.

Dazu passt, dass es auch dort, wo die im Original die „Holocaust-Überlebenden“ standen, online ein Fehler passiert war. In der Version, die vor dem Einloggen vor der Paywall angezeigt wird (ja, dafür wird bei der „Welt“ noch eine Version des Textes erzeugt), stand hier über die VVN-BdA: „dieser einst verdienstvolle Verein, von Faeser gegründet“. (Diesen Fehler hat „Welt“ übrigens erst sehr viel später korrigiert.)

Was ist plausibel, was legitim?

Menschliches Versagen bei der Online-Produktion, irgendwer hat beim Link-Einfügen nicht aufgepasst und den maximal peinlichsten Fehler gemacht. So oder so ähnlich könnte es gewesen sein.

Wie plausibel ist es dagegen, dass Ulf Poschardt absichtlich oder im Provokationsrausch in einem überaus rätselhaften Kontext gegen „super Holocaust-Überlebende“ wetterte?

Anders gefragt: War es legitim, die Möglichkeit einer Panne auszuschließen zugunsten der Unterstellung, Poschardt schrecke in seiner eskalierenden Trolligkeit nun nicht einmal davor zurück, sich über Holocaust-Opfer lustig zu machen?

Das von Kollegen von ihm ins Feld geführte Argument, es sei völlig abwegig, Poschardt für einen Antisemiten zu halten, ist sicher richtig, aber noch nicht zwingend ausreichend. Denn das ist ja gerade der Witz bei der Art der Provokationen, wie sie Poschardt zumindest auf Twitter betreibt: Es kommt zum Beispiel gar nicht darauf an, ob er sich Silvester wirklich übers Böllern freut; es reicht, dass er mit dem Statement die von ihm wahrgenommenen Gegner auf die Barrikaden bringt. Andererseits ist so ein Geböller auch nicht mit der Explosion zu vergleichen, die eine flapsige Bemerkung über Holocaust-Überlebende gerade auch im Hause Axel Springer auslösen muss.

Bewusstes Missverstehen

Kurzum: Ich halte es nicht für legitim, Poschardt an dieser Stelle Absicht und den Missbrauch des Holocausts für die eigene Aufmerksamkeitsmaximierung zu unterstellen, wie es erstaunlich viele auch prominente Leute auf Twitter gemacht haben (einige haben ihre entsprechenden Tweets inzwischen gelöscht). Dazu ist der Vorwurf zu gravierend, und vor allem: Dazu macht der Satz, wie er dort stand, viel zu wenig Sinn. Alles sprach dafür, dass hier irgendetwas schief gelaufen sein muss.

So verständlich die Aufregung und Empörung im ersten Moment war – und so berechtigt angesichts der ungeheuerlichen Worte, die da standen – so unfair und unzulässig war es, diese Vorwürfe aufrecht zu erhalten, nachdem der Text korrigiert war und zunächst Poschardt und später die „Welt“ widersprochen hatten.

Man musste, um an der Empörung über Poschardt festhalten zu können, den Vorgang bewusst missverstehen, absichtlich bösartig interpretieren – was üblicherweise ein Spiel ist, das Rechte und extrem Rechte spielen, um Empörung zu generieren. Dass Ulf Poschardt vor ein paar Tagen einen Monolog von Jan Böhmermann im „ZDF Magazin“, der den fehlenden Schutz von Kindern vor Infizierung in satirischer Form anprangerte, zu der Formel verkürzte, Böhmermann („der ober🤡 der bundes🤡republik deutschland“) habe „ernsthaft“ Kinder mit Ratten verglichen, ist genau so ein Beispiel für eine bösartige, unzulässige Verdrehung zugunsten der Empörung.

Das Spiel wird nicht besser, wenn es andere spielen.

14 Kommentare

  1. Heiner Müller hat darüber geschrieben, wie schwer es ist, länger gegen eine Sache oder eine Strategie zu kämpfen ohne ihr immer ähnlicher zu werden, weil man sich im Kampf dagegen so hineindenkt und identifiziert. Wie die Vorgehensweise der anderen Seite, die man verabscheut, einen dann selbst infiziert, kann man in diesen Auseinandersetzungen erschreckend beobachten. Und es könnte vielen von uns auch selbst passieren.
    Deshalb: ein wichtiger Beitrag, der so klug aufgebaut ist, dass ich beim Lesen merke, dass ich anfange, Poschardt die Unterstellung zu gönnen und damit selbst in die Falle gehen würde, seinem Denken ähnlicher zu werden. Während ich lesend beruhigt denke, wie gut dass ich so andere Positionen habe, fange ich dahinter unbemerkt an, mich von seiner Strategie infizieren zu lassen. Da diese jede echte Auseinandersetzung zerstört, hätten Leute wie er, auch dann gewonnen.
    Für solche Beiträge schätze ich Übermedien. Danke

  2. Ich bin mit dem Artikel nicht ganz glücklich. Ein bisserl, weil er natürlich in all der Empörung und dem Getrolle nach Argumenten und Gründen und Erklärungen sucht. Aber eben nicht so ganz, denn ich halte eine andere Erklärung noch immer für plausibler: die, dass der Welt am Sonntag-Artikel nicht das Original war. Sonder eine erste, redigierte Version von Poschardts Original.
    Nicht nur, weil das den Vorgang etwas besser erklärt (Artikel geht in der WamS-Version an die Online-Redaktion und wir dann dort „digitalisiert“) sondern auch, weil ich Poschardt etwas Troll-Provokation dann eben doch zutraue. Auch mit Holocaust-Überlebenden-Anspielung.
    Denn die Alt-Right-Liberalkonservative-Neurechte (die haben keinen Vereinsnamen, schade) hat das Thema als Tabu schon einige Tweets länger auf der Agenda. Die Doblerin mit ihrem Wannsee-Tweet (Der dem alten Take, die Nazis seien links gewesen, ja als Neuerung nur die Verbindung zur Shoa hinzufügt). Martenstein jetzt gerade. Dazu die Debatte um die AI-Studie und „Apartheid“. Dass auch Antisemitismus und die Shoa inzwischen für kalkulierte Tabubrüche taugen, hat Poschardt in seiner Echokammer sicher auch mitbekommen. Hinzu kommt der erlogene Eklat um Emcke und natürlich Don Alphonso, der schon von „auf den Lastwagen“ und dem „großen Austausch“ schreibt. Poschardt liebt ihn dafür.
    Auch Holocaust-Überlebende sind in Poschardts Diskurs-Karte in Freundes- und Feindesland eingezeichnet es gäbe also aus seiner Sicht also durchaus gerechte Opfer für einen solchen Take. Zumal, Hohnkommunikation, das Ziel ja die Zerstörung des Diskurses ist. Nicht das Argument.
    Was also glaube ich ist passiert? Poschardt gibt sein neuestes Werk an die Redaktion. Das geht, für den Abdruck in der WamS, durch die normalen Redaktionsabläufe und wird gedruckt.
    Allerdings geht für den Online-Auftritt nicht der redigierte WamS-Text in die „Digitalisierung“, sondern auch das Original. Das mache ich daran fest, dass im Online Text die Bundeswehr-Offiziere gekoppelt sind. Im gedruckten als Bundeswehroffiziere nicht mehr. Das sieht für mich nach einem klassischen Redigat aus. Poschardt koppelt gerne, muss er ja auch, so viele neue Schimpfwörter wie er zusammenbasteln muss. Für die gedruckte Welt wurde das rausgenommen. Online aber eben nicht.
    Weil, meine These, die Online-Redaktion eben nicht den WamS Text sondern einen anderen, vielleicht das Original, digitalisiert hat. Und dafür kann ich mir beide Fälle vorstellen. Den, dass Ulf tatsächlich schon oben den Holocoust erwähnte und unten Faeser zur Mitgründerin des VVN BdA gemacht hat (Fakten sind ja eh egal, ist ja Meinung hier). Als auch den, dass er es in einer leicht abgeschwächten Variante gemacht hat, ohne den PR-Bezug, der es ja besonders schlimm macht. Zum Beispiel nur mit Verweis auf das Simon Wiesenthal Center, der im Panorama-Beitrag zu Bohnert ja ebenfalls mit einem Statement vorkommt und, je nach Kommentar, auch im Welt-Universum mal Freund mal Feind ist.
    Das passt sicher schlechter als Kurth und Strobl als „superlinken Aktivistinnen“ aber es passt eben dennoch, und vielleicht besonders zu einer Online-Version, die von den beiden *und* dem SWC spricht. Als Provokation, die man später bedauernd und lachend und mit Verweis auf die linke Doppelmoral löschen kann. Eine schuldige Mitarbeiterin hätte sich sicher gefunden, die das gemacht haben soll.
    Das halte ich auch deswegen für Wahrscheinlicher, weil das Argument, dass es eben bestimmte Grenzen gibt, die Poschardt nicht überschreitet, für seltsam halte. Grenzüberschreitungen funktionieren nur mit Grenzen. Normalerweise sind es bei Poschardt halt Überschreitungen in der Formulieung, diesmal wäre es eine im Gedanken.
    Sorry für den langen Text, eines kurz noch am Ende, weil Formulierung. Bohnert in die Ecke „getrieben“? Nicht „gestellt“? Der ist also in der Braunen Ecke, weil die superlinken Aktivistinnen ihn dorthin treiben? Ich wundere mich parallel halt auch immer, wie handwerklich schlecht Welt-Texte sind. Aber für mich sind das dort halt auch leider Ideologen, die werden aus anderen Gründen an die Federn gelassen.

  3. @2 Sehr oft lässt sich vermeintliche Boshaftigkeit mit Dummheit erklären. Der Link kann ja auch erst falsch ersetzt worden sein und dann wurde nochmal drübergeschaut und etwa Koppelungen geändert. Ich kenne außerdem keinen Redakteur, der nicht über sein CMS flucht. Also kann schon sein.

    Die Frage von Niggemeier bleibt: „Was sollten Holocaust-Überlebende mit der Berichterstattung über Marcel Bohnert zu tun haben?“ Es ergibt keinen Sinn. Auch die Formulierung „super Holocaust-Überlebende“ klingt doch irgendwie schräg. Und die haben eine PR-Abteilung in der ARD? Hä? Aber superlinke Aktivistinnen in der ARD, das hört sich doch schon eher nach den üblichen rechten Versatzstücken an, aus denen sonst so ein Text besteht.

  4. @Daniel: Ihre Version überzeugt mich nicht recht; vor allem übersieht sie, dass das Wort „Holocaust-Überlebende“ ja auch in der Print-Version steht, nur eben an einer unverfänglichen Stelle. Dass da jemand beim Redigieren den Begriff nicht einfach gestrichen, sondern irgendwo anders im Text untergebracht haben soll, ist doch sehr unwahrscheinlich – während die umgekehrte Richtung, wie sie Stefan Niggermeiers Text oben rekonstruiert, ziemlich gut aufgeht.
    Ich will mich nicht zu weit aus dem Fenster lehnen, weil ich Poschardts Kommentar nie ohne Vorwissen gesehen habe, aber für mich sieht die inkriminierte Stelle schon sehr deutlich nach einem typischen Redigierfehler aus. Zum einen ist sie sprachlich seltsam (was sollen denn „super Überlebende“ sein? Oder „Superüberlebende“?), zum anderen ergibt sie keinen – oder höchstens einen sehr weit hergeholten – Sinn (wohingegen die „superlinken Aktivistinnen“ sprachlich und inhaltlich sehr gut passen; was natürlich nichts Gutes über den Text sagt). Und zum Dritten, eine antisemitische Entgleisung dieses Kalibers würde im Springer-Verlag angesichts dessen Statuten den sicheren Rauswurf bedeuten; ernst gemeint, könnte die Wendung so nur in einem Naziblatt stehen. Und so unangenehm UP sein mag, Hinweise auf eine antisemitische Gesinnung gab es bisher keine. Man muss kein Jota Sympathie für Poschardt und die „Welt“ haben, um zu sehen, dass die Absichtsunterstellung einfach jeder Logik widerspricht.

  5. Um mal in der Axel Springer Kriegs-Lingo zu bleiben: Es gab ein „Angriff“ auf das „andere Lager“, bei dem es einen außerplanmäßigen „Kollateralschaden“ gab. Dass der Schaden unbeabsichtigt war und durch einen „dummen Fehler“ passiert ist, macht ihn nicht besser.

  6. Chapeau, Übermedien. Man rechne es Euch hoch an, sich hier nach nüchterner Analyse dem Tribalism widerstanden und eine unabhängige Meinung gebildet zu haben und die Welt und Poschardt in diesem Fall zu verteidigen, ganz unabhängig davon, was die Wahrheit nun wirklich ist.

  7. Es fällt schwer zu glauben, dass es sich bei dem „Fehler“ nicht einfach um eine frühe Version des Kommentars handelte, sozusagen „unbearbeitet“. Aber dieser Text darüber bestätigt mich mal wieder in meinem Übermedien-Abo.

  8. Dass es sich um einen Cut-Copy-Paste-Fehler handelt, ist schlüssig, aber für die „Welt“ unendlich peinlich. Von wegen Qualitätsjournalismus, vierte Gewalt und so. Dass viele es für möglich halten, dass Ulf Poschardt so einen Stuss schreibt, aber noch viel mehr.

  9. Chapeau Herr Niggemeier.
    Da erkennt man den erfahrenen Profi. Ich hatte das ja schon auf Twitter verfolgt und muss gestehen, dass ich die Erklärungen nicht glauben wollte. Also die von Poschardt, Ihre dagegen, widerwillig zwar, aber sofort. Leider logisch. Der orchestrierte Angriff auf Nancy Faeser hat da wohl mein Erregungslevel zu hoch geschraubt. Nicht wegen Frau Faeser, aber wegen des ekelhaften Versuchs, Menschen, die ja teilweise auch deshalb im KZ saßen, weil sie Kommunisten waren, oder, wie bei der jüngst verstorbenen Ehrenvorsitzenden Esther Bejarano, Jüdin und später DKP Mitglied, eben wegen ihrer Geschichte wieder zu kriminalisieren, weil sie das sind, was sie sind. Und deshalb hätte, schon etwas schlicht gedacht, vordergründig auch das Sinn für mich ergeben.

    Ich freue mich also, noch Übonennt zu sein.

    LG

    Frank Gemein

  10. Wie absurd die spontane Empörungswelle ist zeigen ausbleibende Reaktionen aus der selben linksliberalen Twitterbubble, wenn in Hamburg der Teilnehmer einer Mahnwache aufgrund seiner Israelflagge zusammengeschlagen wird, in Neukölln Antisemiten (Migrantifa Arm in Arm mit „Jugendwiderstand“ und Islamisten) die 1. Mai-Demo komplett übernehmen, linke „Kulturschaffende“ offene Briefe unterschreiben in denen der Diskursraum, Israel auszurotten verhandelt wird (GG Weltoffenheit) etc.

  11. @10: Da ist es ja: „Wenn man nicht alles kritisiert, darf man nichts kritisieren“. Kombiniert mit ein bisschen Ignoranz – denn linker Antisemitismus wird aus der linksliberalen ‚Bubble‘ natürlich kritisiert – und einer willkürlichen Zusammenstellung (1. Mai? Also vor mindestens neun Monaten?) entsteht eine argumentative Meisterleistung.

  12. Manche Linke sind tatsächlich nicht so anti-antisemitisch, wie man naiverweise vermuten sollte, aber das wird ja diskutiert.
    Aber „Super Holocaustüberlebende“ ist trotzdem etwas, wo man super dagegen sein kann…
    Schön, dass bei Übermedien die Empörungswellen gebrochen werden, egal von wo.

  13. Das Einzige, was beim Thema Poschardt und Konsorten noch Spaß macht, sind die Ausführungen von Herrn Niggemeier.
    Mit anderen Worten: ich schließe mich Frank Gemein an.

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