Machen Sie es nicht zu auffällig, aber wenn Sie gerade nicht allein sind und sich jetzt vorsichtig umsehen: Statistisch betrachtet finden die Menschen direkt rechts und links von Ihnen, Alexander Graf Lambsdorff hätte das Zeug zum Minister. So behauptet es der „Spiegel“.
„Spiegel-Umfrage: Wem die Deutschen in der Ampel ein Ministeramt zutrauen – und wem nicht“ ist die Geschichte überschrieben, und die Ergebnisse sind auf den ersten Blick erstaunlich: Unter den fünf ersten Plätzen sind drei von der FDP und zwei von den Grünen, und bei der FDP sind nach Christian Lindner mit Graf Lambsdorff und Volker Wissing zwei dabei, bei denen ich „den Deutschen“ in der Mehrheit nicht einmal zugetraut hätte, sie zu kennen.
Tatsächlich kennen zumindest die Teilnehmer der Umfrage sie: Zur Methodik steht in dem Text:
Bei der SPIEGEL-Umfrage standen insgesamt 23 Politikerinnen und Politiker zur Auswahl, die derzeit als mögliche Mitglieder im Kabinett Scholz gehandelt werden. Voraussetzung für die Teilnahme an der Umfrage war, die jeweiligen Personen zu kennen.
Gleichzeitig heißt es aber: „Eine repräsentative Umfrage des Meinungsforschungsinstituts Civey für den SPIEGEL zeigt nun, wen sich die Deutschen am ehesten als künftige Ministerinnen und Minister vorstellen können“, also explizit „die Deutschen“, nicht „diejenigen Deutschen, die jeweils wissen, wer Alexander Graf Lambsdorff, Bettina Stark-Watzinger und Katharina Dröge sind“.
Im Ergebnis trauen angeblich 62 Prozent der Deutschen Graf Lambsdorff ein Ministeramt zu, aber zum Beispiel nur 36 Prozent Annalena Baerbock1)Ich habe beim „Spiegel“ nachgefragt, ob wirklich alle Teilnehmer der Umfrage alle der 23 Politiker kennen mussten, was mich von der Teilnahme ausgeschlossen hätte, sorry Katharina Dröge. Die Antwort werde ich nachreichen, sobald ich sie habe.. Das ist entweder offensichtlich grob falsch oder ich lebe unter einem Stein.
Die „Spiegel-Umfrage“ wird durchgeführt von dem Berliner Meinungs- und Marktforschungsunternehmen Civey, das seine Fragen auf (nach eigenen Angaben) mehr als 20.000 Webseiten ausspielt und dann mit statistischen Verfahren so durch die Ergebnisse siebt, dass diese repräsentativ sind, mit einer Fehlertoleranz von in diesem Fall 3,6 Prozent2)Es gibt alle mögliche Kritik an Civey, aber es ist sehr eindeutig nicht meine Kompetenz, die zu beurteilen.. Möglicherweise halten nach diesem Ergebnis also nur knapp 59 Prozent der Deutschen Alexander Graf Lambsdorff für ministrabel.
Ich lehne mich jetzt trotzdem mal so wenig aus dem Fenster, dass ich immer noch mitten im Raum stehe, wenn ich sage: no way. Echte Zahlen, ob überhaupt knapp 59 Prozent der Deutschen Graf Lambsdorff auch nur kennen, finde ich tatsächlich nicht, weil Lambsdorff in öffentlich zugänglichen Bekanntheitsrankings gar nicht auftaucht, und ich der aktuellen Situation der Koalitionsverhandlung kein offizielles (oder inoffizielles) Statement bekomme, in dem sein Name und das Wort „Minister“ auch nur im entferntesten Zusammenhang auftauchen, da hält die Kommunikationsdisziplin sehr gut.
Das ist verständlich, und es geht ja auch nicht um ihn als Politiker. Ich will ihn in keiner Weise abwerten, ich hielte ihn persönlich tatsächlich für einen fähigen Minister. Aber zumindest vor der letzten Bundestagswahl 2017 nannten bei einer Umfrage des „Stern“ auf die Frage, welche FDP-Politiker die Menschen kennen, gerade einmal zwei Prozent den Namen Lambsdorff. Das mag verzerrend sein, weil er damals noch im Europaparlament saß und erst danach in den Bundestag gewechselt ist, aber immerhin war er 2014 Spitzenkandidat der FDP für die Europawahl, und sein Name ist schon durch seinen Onkel, den ehemaligen Minister Otto Graf Lambsdorff, ein eher bekannter.
Der Autor
Michalis Pantelouris ist Journalist und Buchautor. Er hat u.a. die Redaktion des Joko-Winterscheidt-Magazins „JWD“ geleitet, war stellvertretender Kreativdirektor von „GQ“ und ist Creative Consultant bei der neuen ProSieben-Sendung „Zervakis und Opdenhövel live“. Für Übermedien annotiert er unregelmäßig die Medienwelt.
Von Volker Wissing, dem in der „Spiegel“-Umfrage angeblich 57 Prozent der Deutschen ein Ministeramt zutrauen, möchte ich gar nicht erst anfangen. Er ist Generalsekretär der FDP, insofern wahrscheinlich noch exponierter als Lambsdorff, aber auch er taucht in keinem Ranking von Spitzenpolitikern auf Bundesebene auf, was man ihm nicht vorwerfen kann, denn bisher ist er schlicht nicht in den Top 20 (oder wie viele Namen da jeweils abgefragt werden). Aber mehr als jeder zweite Deutsche soll ihm zutrauen, Minister zu werden? Ich halte das für unwahrscheinlich.
Es wäre weniger ärgerlich, wenn nicht zum Beispiel jemand wie Annalena Baerbock auf Rang 11 in der Liste auftauchen würde. Ich halte es für sehr plausibel, dass tatsächlich 36 Prozent derjenigen, die wissen, wer sie ist, sie für ministerfähig halten. Und da wahrscheinlich fast alle Deutschen im wahlfähigen Alter ihren Namen kennen, mag das repräsentativ sein. Ich halte auch für plausibel, dass 62 Prozent derjenigen, die Alexander Graf Lambsdorff kennen, in ihm einen Minister sähen – nur kennen ihn so viel weniger Menschen als Annalena Baerbock, dass die „Spiegel“-Behauptung eine Farce ist, mehr Deutsche würden ihm eher einen Ministerposten zutrauen als Baerbock.
Im Gegenteil: Realistisch betrachtet kennen Lambsdorff vor allem Anhänger seiner eigenen Partei, der FDP, Baerbock kennen hingegen Sympathisanten aller Parteien. Dass FDP-Anhänger einem erfahrenen FDP-Politiker ein Ministeramt zutrauen, ist nicht überraschend, vor allem aber ist es nicht repräsentativ für „die Deutschen“. Das macht den Nachklang in der Headline „… und wem nicht“ noch perfider, es wertet nämlich diejenigen ab, die ihre Umfragewerte nicht vornehmlich im Pool ihrer eigenen Anhänger abfischen.
Nachtrag, 23:15 Uhr. Der „Spiegel“ hält an seiner Erhebung, Auswertung und Interpretation fest und teilt uns unter anderem mit:
Im Falle dieser konkreten Erhebung wurden die Deutschen befragt: „Halten Sie XYZ (Partei XYZ) grundsätzlich für geeignet, um ein Ministeramt in der nächsten Bundesregierung zu übernehmen?“
Bei allen Erhebungen gab es die Antwortoption „Kenne ich nicht“. Diese Menschen wurden in der Ergebnisberechnung nicht berücksichtigt. Die Stichproben umfassen jeweils rund 2.500 Personen, die angegeben haben, die jeweilige Person zu kennen. Für diese Gruppen sind die Ergebnisse repräsentativ.
(Das bedeutet, dass jedes Ergebnis, jeder Balken in der Darstellung, für eine andere Gruppe repräsentativ ist. Und die meisten davon nicht annähernd für „die Deutschen“, wie es in der Überschrift heißt.)
Der „Spiegel“ schreibt weiter:
Dies wurde im Text auch deutlich gemacht. Wir haben dies nun zum Zwecke der Präzisierung an einer weiteren, zusätzlichen Stelle erwähnt, um keine Missverständnisse aufkommen zu lassen. (…)
Die Studie (sic!) spiegelt die Reihung der Politikerinnen und Politiker wider, die als geeignet für ein Ministeramt eingeordnet werden unter der Voraussetzung, dass diese Politikerinnen und Politiker gekannt werden.
Das entscheidende Kriterium ist die Einordnung der Eignung, nicht die Bekanntheit. Diese Art der Erhebung bietet eine hohe Vergleichbarkeit bei unterschiedlichen Bekanntheitsgraden.
Was die Erhebung jedenfalls nicht bietet: Einen Überblick, „wem die Deutschen in der Ampel ein Ministeramt zutrauen – und wem nicht.“
Ich habe beim „Spiegel“ nachgefragt, ob wirklich alle Teilnehmer der Umfrage alle der 23 Politiker kennen mussten, was mich von der Teilnahme ausgeschlossen hätte, sorry Katharina Dröge. Die Antwort werde ich nachreichen, sobald ich sie habe.
Es gibt alle mögliche Kritik an Civey, aber es ist sehr eindeutig nicht meine Kompetenz, die zu beurteilen.
13 Kommentare
Journalist:innen sollten in ihrer Ausbildung verpflichtend Seminare zu Grundlagen der Stichprobenziehung und zur Einführung in die Statistik belegen, um wenigstens etwas mit den Konzepten „Stichprobe“, „Grundgesamtheit“ und „Repräsentativität“ anfangen zu können.
Naja, Spiegel war einer der ersten, die Civey in Artikel mit eingebunden haben. Vielleicht ist man denen noch via Barterdeal was schuldig, also hat man sich verpflichtet, ab und zu mal einen Artikel basierend auf Civey Umfragen zu bringen. Der wurde dann auch zusammengeschustert und dann kam die Sternstunde der ach so berühmten Spiegel Qualitätskontrolle …. :-D
Das Konzept von Civey finde ich grundsätzlich fragwürdig, hier wird es zur Farce. Klar, dass Graf Lambsdorff d.J. gut abschneidet: Als Fachpolitiker ist er auch von FDP-Kritikern anerkannt; in der breiten Öffentlichkeit ist er zu unbekannt, um als Feindbild zu taugen. Ergo: Top-Werte.
Stünde die Linkspartei in Koalitionsverhandlungen, läge vermutlich Fabio de Masi weit vorn – auch so ein Fachmann, den außerhalb seiner Partei nur eine interessierte Minderheit kennt (und dann meist auch schätzt).
Lustig auch die Auswahl der Namen – 23 Personen, die für Posten „gehandelt werden“. Von wem? Die 23 häufigsten Nennungen in spekulierenden Medienberichten? Die Plätze 1-23 der auftauchenden Namen, wenn man bei Google „Minister Grüne FDP wer?“ eingibt? Die 23, über die der Spiegel mal ne Geschichte gemacht hat?
Gibt’s eigentlich Kriterien, um etwas „Studie“ nennen zu dürfen?
„Was die Erhebung jedenfalls nicht bietet: Einen Überblick, ‚wem die Deutschen in der Ampel ein Ministeramt zutrauen – und wem nicht.'“
Also: „Welchem Politiker in der Ampel diejenigen, die ihn kennen, ein Ministeramt zutrauen, auch wenn einige von denen vielleicht kaum jemand kennt, weshalb die Zahlen alle nicht vergleichbar sind.“ – Diese Überschrift wäre ehrlich, würde die Reichweite aber ganz schön eindampfen. ;-)
Der Spiegel schreibt (s.o.) : „ Diese Art der Erhebung bietet eine hohe Vergleichbarkeit bei unterschiedlichen Bekanntheitsgraden.“
Das stimmt natürlich nicht, wie Übermedien zu Recht schreibt. Bei bekannteren Personen (zB Baerbock) werden vermutlich eine deutlich höhere Quote sie generell schon „nicht gut“ und damit nicht ministrabel finden. Bei unbekannteren Personen (zB Wissing) werden vermutlich eine relativ höhere Quote ihn generell „gut“ finden, da sie diese Person sonst eher gar nicht kennen würden. Wer jemanden generell für eher „gut“ hält wird diese Person auch eher für ministrabel halten.
Wie in der Musik: Helene Fischer geht fast jede*r und ob ihre Musik für gut gehalten wird ist damit bei einer solchen Umfrage wohl repräsentativ für alle Menschen der Bevölkerung. Wenn aber zB nach „Deichkind“ gefragt würde, wäre die Zustimmung der Personen für das Gefallen an deren Musik wohl ziemlich hoch, wenn die Teilnehmer*innen der Umfrage diese Gruppe überhaupt kennen.
@7: Also bei Deichkind braucht’s gar keine Studie, um festzustellen, dass die gut sind!
Das Problem jeglicher Umfragen ist, dass nicht berücksichtigt wird, wie viele Menschen schlicht und ergreifend lügen.
Nicht wenige werden die Personenauswahl inklusive Parteizugehörigkeit gesehen, allein aufgrund der Parteizugehörigkeit die Qualifikation für ein Ministeramt abgewägt und behauptet haben, die betreffende Person zu kennen. Menschen wollen gefallen, Menschen wollen als gebildet wahrgenommen werden. Auch in Umfragen.
Aus dem gleichen Grund finde ich die Ermittlung von Impfquoten mittels Umfragen äußerst bedenklich.
@#9: Wäre man wirklich an Repräsentativität interessiert und nicht nur an billigem Content, könnte man ja leicht ein Lügenkriterium einbauen: Bei jeder Partei wird eine erfundene Person abgefragt und wer etwas anderes als „kenne ich nicht“ anklickt, disqualifiziert sich.
Darüberhinaus verstehe ich generell nicht, wie man diese Civey-Umfragen ernst nehmen soll, deren Teilnehmende sich ja nur aus dem Kollektiv von Leuten rekrutieren können, die unaufgefordert an Online-Umfragen zum jeweiligen Thema teilnehmen möchten. Mir würde keine Fragestellung einfallen, bei der das keinen erheblichen Bias bedeuten würde.
@Orangutanklaus
Der Kommentar mit der Verzerrung stimmt einerseits natürlich. Andererseits müssten wir jetzt vertieft Fallstricke der Stichprobenziehung diskutieren, um dem gerecht zu werden. Denn Civey nimmt ja nicht einfach nur diese selbstselektiven Online-Daten, sondern wendet Gewichtungsverfahren an. Dadurch, so argumentieren sie, können sie grundsätzlich Repräsentivität herstellen. Im *vorliegenden Fall* ist das trotzdem Unsinn. Der Grund ist aber im Prinzip nicht, dass es nicht repräsentativ ist, sondern dass im Spiegel-Artikel die falsche Grundgesamtheit genannt wird. Die Civey-Daten sind nämlich wahrscheinlich schon einigermaßen repräsentativ, aber halt *nur für diejenigen, die die abgefragte Person kennen*. Hier ist als nicht die Repräsentativität das Problem per se, sondern für was genau die Umfrage repräsentativ ist. Die Leute beim Spiegel wissen einfach nicht, was eine Grundgesamtheit ist und wann man auf sie schließen kann. Das ist weniger die Schuld von Civey, es sei denn sie haben es dem Spiegel mit dieser falschen Erklärung verkauft.
Lambsdorff SOLL eben Minister werden, meint der SPIEGEL.
Den Rest darf man nicht so kleinlich betrachten.
Irgendwie soll es auch nach Demokratie aussehen. Also wird eine Umfrage so angelegt, dass das Gewünschte herauskommt.
Die statistischen Haken und Ösen liest und versteht sowieso kaum jemand.
Ich habe bei „Graf Lambsdorff“ gedacht: Ist der alte Steuerhinterzieher tatsächlich als Minister im Gespräch ?
Tatsächlich ist nicht der alte Steuerhinterzieher Otto gemeint, sondern sein Neffe Alexander. Ich frage mich, wieviele Teilnehmer den Alten gemeint haben, der tatsächlich Minister war…
Journalist:innen sollten in ihrer Ausbildung verpflichtend Seminare zu Grundlagen der Stichprobenziehung und zur Einführung in die Statistik belegen, um wenigstens etwas mit den Konzepten „Stichprobe“, „Grundgesamtheit“ und „Repräsentativität“ anfangen zu können.
Naja, Spiegel war einer der ersten, die Civey in Artikel mit eingebunden haben. Vielleicht ist man denen noch via Barterdeal was schuldig, also hat man sich verpflichtet, ab und zu mal einen Artikel basierend auf Civey Umfragen zu bringen. Der wurde dann auch zusammengeschustert und dann kam die Sternstunde der ach so berühmten Spiegel Qualitätskontrolle …. :-D
Das Konzept von Civey finde ich grundsätzlich fragwürdig, hier wird es zur Farce. Klar, dass Graf Lambsdorff d.J. gut abschneidet: Als Fachpolitiker ist er auch von FDP-Kritikern anerkannt; in der breiten Öffentlichkeit ist er zu unbekannt, um als Feindbild zu taugen. Ergo: Top-Werte.
Stünde die Linkspartei in Koalitionsverhandlungen, läge vermutlich Fabio de Masi weit vorn – auch so ein Fachmann, den außerhalb seiner Partei nur eine interessierte Minderheit kennt (und dann meist auch schätzt).
Lustig auch die Auswahl der Namen – 23 Personen, die für Posten „gehandelt werden“. Von wem? Die 23 häufigsten Nennungen in spekulierenden Medienberichten? Die Plätze 1-23 der auftauchenden Namen, wenn man bei Google „Minister Grüne FDP wer?“ eingibt? Die 23, über die der Spiegel mal ne Geschichte gemacht hat?
Gibt’s eigentlich Kriterien, um etwas „Studie“ nennen zu dürfen?
„Was die Erhebung jedenfalls nicht bietet: Einen Überblick, ‚wem die Deutschen in der Ampel ein Ministeramt zutrauen – und wem nicht.'“
Also: „Welchem Politiker in der Ampel diejenigen, die ihn kennen, ein Ministeramt zutrauen, auch wenn einige von denen vielleicht kaum jemand kennt, weshalb die Zahlen alle nicht vergleichbar sind.“ – Diese Überschrift wäre ehrlich, würde die Reichweite aber ganz schön eindampfen. ;-)
Der Spiegel schreibt (s.o.) : „ Diese Art der Erhebung bietet eine hohe Vergleichbarkeit bei unterschiedlichen Bekanntheitsgraden.“
Das stimmt natürlich nicht, wie Übermedien zu Recht schreibt. Bei bekannteren Personen (zB Baerbock) werden vermutlich eine deutlich höhere Quote sie generell schon „nicht gut“ und damit nicht ministrabel finden. Bei unbekannteren Personen (zB Wissing) werden vermutlich eine relativ höhere Quote ihn generell „gut“ finden, da sie diese Person sonst eher gar nicht kennen würden. Wer jemanden generell für eher „gut“ hält wird diese Person auch eher für ministrabel halten.
Wie in der Musik: Helene Fischer geht fast jede*r und ob ihre Musik für gut gehalten wird ist damit bei einer solchen Umfrage wohl repräsentativ für alle Menschen der Bevölkerung. Wenn aber zB nach „Deichkind“ gefragt würde, wäre die Zustimmung der Personen für das Gefallen an deren Musik wohl ziemlich hoch, wenn die Teilnehmer*innen der Umfrage diese Gruppe überhaupt kennen.
@7: Also bei Deichkind braucht’s gar keine Studie, um festzustellen, dass die gut sind!
Das Problem jeglicher Umfragen ist, dass nicht berücksichtigt wird, wie viele Menschen schlicht und ergreifend lügen.
Nicht wenige werden die Personenauswahl inklusive Parteizugehörigkeit gesehen, allein aufgrund der Parteizugehörigkeit die Qualifikation für ein Ministeramt abgewägt und behauptet haben, die betreffende Person zu kennen. Menschen wollen gefallen, Menschen wollen als gebildet wahrgenommen werden. Auch in Umfragen.
Aus dem gleichen Grund finde ich die Ermittlung von Impfquoten mittels Umfragen äußerst bedenklich.
@#9: Wäre man wirklich an Repräsentativität interessiert und nicht nur an billigem Content, könnte man ja leicht ein Lügenkriterium einbauen: Bei jeder Partei wird eine erfundene Person abgefragt und wer etwas anderes als „kenne ich nicht“ anklickt, disqualifiziert sich.
Darüberhinaus verstehe ich generell nicht, wie man diese Civey-Umfragen ernst nehmen soll, deren Teilnehmende sich ja nur aus dem Kollektiv von Leuten rekrutieren können, die unaufgefordert an Online-Umfragen zum jeweiligen Thema teilnehmen möchten. Mir würde keine Fragestellung einfallen, bei der das keinen erheblichen Bias bedeuten würde.
@Orangutanklaus
Der Kommentar mit der Verzerrung stimmt einerseits natürlich. Andererseits müssten wir jetzt vertieft Fallstricke der Stichprobenziehung diskutieren, um dem gerecht zu werden. Denn Civey nimmt ja nicht einfach nur diese selbstselektiven Online-Daten, sondern wendet Gewichtungsverfahren an. Dadurch, so argumentieren sie, können sie grundsätzlich Repräsentivität herstellen. Im *vorliegenden Fall* ist das trotzdem Unsinn. Der Grund ist aber im Prinzip nicht, dass es nicht repräsentativ ist, sondern dass im Spiegel-Artikel die falsche Grundgesamtheit genannt wird. Die Civey-Daten sind nämlich wahrscheinlich schon einigermaßen repräsentativ, aber halt *nur für diejenigen, die die abgefragte Person kennen*. Hier ist als nicht die Repräsentativität das Problem per se, sondern für was genau die Umfrage repräsentativ ist. Die Leute beim Spiegel wissen einfach nicht, was eine Grundgesamtheit ist und wann man auf sie schließen kann. Das ist weniger die Schuld von Civey, es sei denn sie haben es dem Spiegel mit dieser falschen Erklärung verkauft.
Lambsdorff SOLL eben Minister werden, meint der SPIEGEL.
Den Rest darf man nicht so kleinlich betrachten.
Irgendwie soll es auch nach Demokratie aussehen. Also wird eine Umfrage so angelegt, dass das Gewünschte herauskommt.
Die statistischen Haken und Ösen liest und versteht sowieso kaum jemand.
Ich habe bei „Graf Lambsdorff“ gedacht: Ist der alte Steuerhinterzieher tatsächlich als Minister im Gespräch ?
Tatsächlich ist nicht der alte Steuerhinterzieher Otto gemeint, sondern sein Neffe Alexander. Ich frage mich, wieviele Teilnehmer den Alten gemeint haben, der tatsächlich Minister war…