Döpfner bedauert – und bittet Zeitungsverlage weiter um Unterstützung
Mathias Döpfner hat in einem Rundschreiben an die deutschen Zeitungsverlage auf den von einigen von ihnen öffentlich geäußerten „Unmut“ und auf die Forderung reagiert, er solle als Präsident des Zeitungsverlegerverbandes BDZV zurücktreten. Er nehme die Kritik „sehr ernst“. Wenn durch die Ereignisse und Berichterstattung rund um die Entlassung von „Bild“-Chefredakteur Julian Reichelt „der Ruf der Branche, des BDZV und insbesondere des Präsidentenamtes in dieser Woche […] Schaden genommen haben, bedauere ich das persönlich zutiefst“, schreibt Döpfner. Er bittet die Verlage darum, ihn weiter zu unterstützen.
Döpfner stellt in dem Schreiben vom Freitag fest, dass es „zu erheblichen Irritationen und Verärgerungen in einigen Verlagshäusern“ gekommen sei. Die Aufregung um eine private Nachricht an den Schriftsteller Benjamin von Stuckrad-Barre, in der er Reichelt als letzten Journalist in Deutschland bezeichnet hatte, der noch mutig gegen einen neuen „DDR-Obrigkeitsstaat“ aufbegehre, könne er „nachvollziehen“. Die Äußerungen seien in einer privaten SMS gefallen: „Es gibt soetwas wie ein emotionales, provokantes, irrationales und spontanes Innenleben einer bilateralen Unterhaltung unter vermeintlich sich vertrauenden Leuten.“ Wer ihn kenne, wisse, dass sein Herz „für den freien Journalismus schlägt – und ebenso für den Rechtsstaat, in dem wir leben“.
Döpfners Schreiben im Wortlaut:
Sehr geehrte Damen und Herren, liebe Kolleginnen und Kollegen,
die Ereignisse und Berichterstattungen im Zusammenhang mit dem festgestellten Fehlverhalten des ehemaligen BILD-Chefredakteurs Julian Reichelt haben auch zu erheblichen Irritationen und Verärgerungen in einigen Verlagshäusern geführt. Der offenbar entstandene Unmut wurde teilweise öffentlich artikuliert – in einem Fall bis zu einer Rücktrittsforderung mir gegenüber als BDZV-Präsident. Ich nehme diese Kritik sehr ernst. Ich bin dankbar für die Offenheit, die mir eine Orientierung und bessere Einschätzung ermöglicht.
Wenn der Ruf der Branche, des BDZV und insbesondere des Präsidentenamts in dieser Woche hierdurch Schaden genommen haben, bedaure ich dies persönlich zutiefst.
Sie alle wissen, dass meine kritisierten Äußerungen – Stichworte: DDR-Obrigkeitsstaat und PR-Assistenten – in einer privaten SMS gefallen sind. Sie war Teil eines vertraulichen Dialogs. Worte werden dabei gewöhnlich – Sie werden das nachempfinden können – nicht auf die Goldwaage gelegt. Es gibt soetwas wie ein emotionales, provokantes, irrationales und spontanes Innenleben einer bilateralen Unterhaltung unter vermeintlich sich vertrauenden Leuten. Außenstehende werden das zwangsläufig gar nicht oder bestenfalls falsch verstehen.
Die Aufregung kann ich vor diesem Hintergrund nachvollziehen. Es tut mir daher sehr leid, dass diese unvorhersehbare Entwicklung auch den BDZV, die Verlage sowie das Empfinden der Journalistinnen und Journalisten getroffen hat. Wer mich kennt, der weiß, dass mein Herz für den freien Journalismus schlägt – und ebenso für den Rechtsstaat, in dem wir leben. Und dass mein Wirken und Denken genau hierauf ausgerichtet sind. Ich werde nicht nachlassen, hierfür zu kämpfen.
Der BDZV steht vor den Herausforderungen durch eine neue Aufstellung im Bundestag und in der Bundesregierung. Wir müssen und wir werden gemeinsam alle Anstrengungen unternehmen, auf die für uns notwendigen medienpolitischen und wirtschaftlichen Rahmenbedingungen hinzuwirken.
Ich möchte sie auch nach den hier geschilderten Ereignissen um Ihre Unterstützung bei den verbandlichen Aufgaben bitten.
Mit freundlichen Grüßen
Mathias Döpfner
Präsident
Meine Interpretationen:
„Ich bin dankbar für die Offenheit, die mir eine Orientierung und bessere Einschätzung ermöglicht.“
–> Diejenigen, die mich kritisiert haben, werden schon sehen, was sie davon haben.
„Ich werde nicht nachlassen, hierfür zu kämpfen.“
–> Ich denke nicht im Traum daran, womöglich zurückzutreten.
Aber ich kann natürlich völlig falsch liegen.
#1 Passt scho.
Dazu kommt noch:
„Der BDZV steht vor den Herausforderungen durch eine neue Aufstellung im Bundestag und in der Bundesregierung. Wir müssen und wir werden gemeinsam alle Anstrengungen unternehmen, auf die für uns notwendigen medienpolitischen und wirtschaftlichen Rahmenbedingungen hinzuwirken.“
-> Der Feind steht links und gerade jetzt braucht es einen starken Döpfner an der Spitze des Verbandes, um dem Linksruck, den die armen fehlgeleiteten Wähler verursacht haben, entgegenzustehen.
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Es mag eine private SMS gewesen sein – doch steht zu befürchten, dass er gerade privat genau das sagt, was er denkt…
Ist die Formulierung „Wer mich kennt, der weiß,…“ eigentlich jemals passend und überzeugend gewesen?
„Außenstehende werden das zwangsläufig gar nicht oder bestenfalls falsch verstehen.“
Ich bin eigentlich ganz anders, komme nur so selten dazu.
Seltsam, dass gerade „sich vertrauende Leute“ angeblich eben gerade nicht das schreiben, was sie wirklich denken. Wenn nicht unter Vertrauten, wann dann?
Und eine Goldwaage braucht man für seine Aussagen nun wirklich nicht.
machen wir das nicht eigentlich alle so? In der privaten Kommunikation mit »sich vertrauenden Leuten« sagen wir verlässlich das komplette Gegenteil von dem, was wir tatsächlich meinen? posten vom dümmlichen Unfug bis zum groben Wahnsinn so ziemlich alles, was wir in der Öffentlichkeit niemals äußern würden? weil die Adressaten, die einen ja ohnehin kennen, ganz genau wissen, dass man es ›eigentlich‹ ganz anders meint?
Ich würde mich ja sehr dafür bedanken, solche Leute in meinem persönlichsten Umfeld anzutreffen.
Mal abgesehen davon: die inkriminierte Äußerung wäre selbst als ironische Zuspitzung dermaßen grob und plump, dass sie jedem Verfasser mit solider Halbbildung ausgemacht peinlich sein müsste.
Das Schreiben ist nun wirklich alles andere als innovativ. Die Öffentlichkeit, die man jetzt ja nicht mehr ändern kann, gut und konstruktiv finden. Alles andere Relativieren. Und dann noch solche vermeintlich starken Sätze wie „Wer mich kennt, der weiß, dass…“, die nur scheinbar ohne Argumente auskommen und eigentlich die Hilflosigkeit ausdrücken, dass man gar keine hat.
Nach meinem Empfinden macht er es damit eher schlimmer als besser. Aber ich fürchte, er wird das alles überstehen, ohne allzu großen persönlichen Schaden zu nehmen. Dabei wäre es jetzt wirklich höchste Zeit, ihn als Präsidenten des BDZV abzulösen.
@#1: Die Passage „ in einem Fall bis zu einer Rücktrittsforderung mir gegenüber als BDZV-Präsident“ ist auch in meinen Augen eine schlecht verbrämte Drohung gegenüber einem anderen Verlagshaus und offenbart einmal mehr die Notwendigkeit, diesen Mann so schnell wie möglich aus seinem Posten zu entfernen, damit der Journalismus in diesem Land nicht noch mehr Schaden erleidet. Der Typ fühlt sich in seiner Position viel zu unangreifbar, sonst würde er nicht so reagieren. In Untragbarkeit für ein öffentliches Amt kaum zu überbieten.
„Außenstehende werden das zwangsläufig gar nicht oder bestenfalls falsch verstehen.“
Hm… geht das nur mir so, oder wäre „…zwangsläufig falsch oder bestenfalls gar nicht verstehen…“ logischer? Egal. Ich möchte den Vorrednern hier zustimmen. „in einem Fall bis zu einer Rücktrittsforderung“ klang auch für mich direkt wie eine kaum verhohlene Drohung. Und die private Natur des Gesprächs mit einer vertrauten Person soll ein Indiz dafür sein, dass er das eigentlich ganz anders gemeint haben könnte?
Und jetzt gibt Ippen den Artikel frei, doch die betroffenen Frauen haben das Vertrauen verloren und wollen aus Angst vor Repressalien nicht mehr an die Öffentlichkeit, auch weil sie um ihre Anonymität fürchten. Ja, komisch. Nachdem der Springer Verlag grade erst frische Klagen raus geschickt hat, u.a. an Medienanwalt Scherz und seine Mandantin, die eine der betroffenen Frauen ist.
Vorherherum Aufklärung versprechen, hintenrum weiter Opfer einschüchtern und bedrohen.
Springer Style.
Die – wie so oft – klugen Kommentare übersehen, dass sich der Brief gar nicht an sie wendet sondern an Leute, die ihm gerade noch das Vertrauen ausgesprochen haben bei der jüngsten Wiederwahl.
Es ist – so eine Art private Nachricht. Und was es mit (seinen) privaten Nachrichten auf sich hat, hat Herr Döpfner ja selbst beschrieben.