Die Weihnachtsgeschichte (3)

Harald Martenstein will sich über Jesu Geburt nicht beschweren

 

Die Weihnachtsgeschichte, eine Kolumne von Harald Martenstein

Illustration: Christoph Rauscher

Zurzeit herrscht bei vielen große Begeisterung über die Geburt eines Kindes. Das ist zweifellos richtig. Wer kann sich dem Charme eines neugeborenen Erdenbürgers schon entziehen? Zumal es noch weit hin ist, bis das Kind die Eltern auf Anschaffung einer Playstation verklagt und sie bei den Behörden wegen Ökofrevels anzeigt, weil es in der Schublade noch ein paar Trinkhalme aus Plastik gefunden hat. Wer schon mal Vater- oder Mutterfreuden erlebte, weiß, wovon ich spreche.

Trotzdem sei allen ihre Freude gegönnt. Aber muss man das Kind deswegen gleich wie einen Messias behandeln? Da bin ich nicht so sicher.

Wie entstehen Kinder? Ich würde sagen, indem man sie zeugt. Eine andere Lösung fällt mir nicht ein. Ein Mann, eine Frau. Das kommt mir logisch vor. Und nach neun Monaten wird das Kind geboren. Das stimmt soweit alles, oder?

Hier wurde ein neuer Weg beschritten, den alle als fortschrittlich preisen: Der derzeitige Lebensabschnittsgefährte (so sagt man wohl dazu) ist ein Josef. Dieser Herr hat aber mit der Zeugung des Kindes nichts zu tun. Gezeugt wurde das Kind nämlich vom „Heiligen Geist“.

Nennen Sie mich altmodisch, aber für mich ist es keine Familie, wenn die Mutter eines Kindes eine Pipette oder der Vater ein „Heiliger Geist“ ist.

Aber was spricht dagegen, sich das Ganze näher anzuschauen? Also bin ich nach Bethlehem gereist. Die Geburt war wie eines dieser neumodischen Events aufgezogen. Man hatte extra einen Stall aufgestellt. Gibt es ein passenderes Symbol für Bescheidenheit und Genügsamkeit? 

Für die offensiv ausgelebte Bescheidenheit und Genügsamkeit wurden die Eltern mit Kostbarkeiten und Luxusgegenständen wie Gold, Weihrauch und Myrrhe überschüttet. Fällt nur mir der Widerspruch auf?

Aber ich will mich nicht beschweren. Derlei Meinungen werden nicht gern gesehen und die Schmähung alter weißer Männer in der Öffentlichkeit ist eine Art religiöses Ritual geworden. 

Außerdem besteht die Gefahr, dass das Beispiel Schule macht: Warum nicht alle Geburtskliniken abreißen und durch Ställe ersetzen? Es ist ja eh alles gleich, denn zum Schluss kommen drei queere Abgesandte aus dem Morgenland und überschütten die „Eltern“ mit Geschenken.

Egal, ob es sich bei dem Vater um einen Mann, eine Wolke oder einen Lampenschirm handelt.


Harald Martenstein ist Journalist und Autor. Er schreibt regelmäßig Kolumnen im „Zeit-Magazin“ und im „Tagesspiegel“.

11 Kommentare

  1. Im Paradies hätte es das nicht gegeben. Da hätte Maria verkehren können, mit wem sie wollte. Und hätte sich keine Ausreden einfallen lassen müssen. Aber dann hätte sie damit auch keine neue Religion erfunden.

  2. Josef: Sprich Weib, lagst du mit einem and’ren Manne danieder?
    Maria: ja lol, ne, war der heilige geist, weißte ;)

  3. Gut getroffen. Speziell das Anbiedernde und das störrische Unverständnis gegenüber der Welt. Es fehlt ein wenig das Altherren-Gefühl, jemand wolle ihm etwas wegnehmen.

  4. „Die Geburtsgeschichten (…) gelten weitgehend als Legenden, da sie (…) sich stark unterscheiden und viele mythische und legendarische Züge enthalten.“
    Könnte also auch in Alderaan geboren sein.

  5. @anderer max
    fraglich was sie sagen wollen, aber wenn sie schon einzelne sätze zitieren, dann bitte nicht sinnentstellend.

    „Die Geburtsgeschichten des NT (Mt 1–2/Lk 1–2) gelten weitgehend als Legenden, da sie bei Mk und Joh fehlen, sich stark unterscheiden und viele mythische und legendarische Züge enthalten.“

  6. @7: Die Kürzungen waren klar gekennzeichnet und tragen m. E. nichts zu Ihrer Aussage, dass die fiktive Person Jesus der Legende nach in einem anderen Ort geboren sein soll, bei.
    „Sinnentstellend“ ist sehr weit hergeholt.
    Was ich sagen will: Ist völlig Laterne, wo der angeblich geboren wurde, da er nicht existiert hat.

    @8: Exakt!

  7. nun, da irren sie zweifach.
    die historische forschung geht sehr wohl davon aus dass es die figur gab und eben auch dass sie in nazaret geboren wurde. (was auch ich als nicht-gläubiger akzeptiere da diese tatsache zu trennen ist von all den geschichten die man ihm nachsagt)
    der satz den sie sinnentstellt wiedergaben sagte aus dass die bei MT und LK gemachte aussage er seie in betlehem geboren falsch ist….

  8. @ Sarah:

    Im Paradies hätte es das nicht gegeben. Da hätte Maria verkehren können, mit wem sie wollte.

    Sofern sie nicht auf Schlangen stand, oder auf Löwen, die bei den Schafen lagen, war die Auswahl allerdings recht begrenzt…

    @ Anderer Max:

    Könnte also auch in Alderaan geboren sein.

    Alderaan wurde vor langer Zeit in einer weit, weit entfernten Galaxis zerstört. Und Messiasse werden traditionell auf Tatooine produziert. Begreifen Du musst, junger Padawan!

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