Eine Reanimation ist keine politische Demonstration
Das Letzte, das Susanne Schneider getwittert hatte, bevor sie half, einen Mann im nordrhein-westfälischen Landtag zu reanimieren, war ein Bild von ihrer jüngsten Tochter, wie sie an einer Puppe übt, einen Menschen zu reanimieren.
#prüfenrufendrücken Kinderleicht findet das meine Jüngste – nicht nur am heutigen #worldrestartaheartday
„Staying alive“ oder „Highway to hell“ sind der richtige Rhythmus. Dank NRW-Koalition aus CDU u. @FDPFraktionNRW beherrschen dies bald alle Jugendlichen!#worldrestartaheart pic.twitter.com/0DlLKZ4u87— Susanne Schneider (@SusaSchneider) 16. Oktober 2018
Schneider ist ausgebildete Krankenschwester und Sprecherin der FDP-Landtagsfraktion für Gesundheit. Ihr Name ist einer von sieben Abgeordneten, die unter einem Antrag der Regierungsfraktionen „Laienreanimation an Schulen in Nordrhein-Westfalen weiterentwickeln“ stehen. Er verweist darauf, dass mindestens 50.000 Menschen jährlich in Deutschland einen Herz-Kreislauf-Stillstand außerhalb des Krankenhauses erlitten. Die Überlebensrate von zehn Prozent ließe sich erheblich verbessern, so der Antrag, wenn mehr anwesende Laien sofort mit der Reanimation beginnen würden. Deshalb sollte die „Wiederbelebungskompetenz“ von Schülerinnen und Schülern, aber auch Lehrerinnen und Lehrern gezielt gefördert werden.
Am gestrigen Mittwoch brach ein Mann im Arbeits-, Gesundheits- und Sozialausschuss mit schweren Herzproblemen zusammen. Gemeinsam mit einem anderen Abgeordneten rettete Schneider ihm vermutlich das Leben: Während der Kollege mit der Herz-Druck-Massage begann, übernahm sie die Mund-zu-Nase-Beatmung. Die Wiederbelebung gelang; nach kurzer Zeit soll der Mann wieder ansprechbar gewesen sein.
Das wäre eigentlich eine wunderbare kleine Geschichte für die Medien. Mit Happy-End. Mit netten Details wie dem perfekt passenden Tweet. Mit dem hübschen Zufall, dass eine Frau, die sich politisch dafür einsetzt, dass mehr Menschen wiederbelebt werden, ausgerechnet im Parlament spontan dabei hilft, dass ein Mensch wiederbelebt wird. Man könnte die menschelnde Geschichte sogar dafür nutzen, darauf aufmerksam zu machen, wie wichtig es ist, dass auch Laien wissen, wie sie jemanden reanimieren können.
Diese Geschichte steht aber nirgends, denn eine andere Geschichte war für die meisten Medien viel attraktiver: Die von dem türkischstämmigen Sozialdemokraten, der einem AfD-Referenten das Leben rettet.
Serdar Yüksel wird von vielen als Held gefeiert. Der gelernte Krankenpfleger schritt sofort beherzt ein, als ein AfD-Mitarbeiter zusammenbrach, und begann gemeinsam mit Susanne Schneider mit der Reanimation.
Sein Foto schmückt fast alle Berichte zum Thema; er ist „Gewinner des Tages“ in der „Bild“-Zeitung. Seine FDP-Kollegin wird nur beiläufig erwähnt, manchmal nicht einmal das.
Es ist aber auch eine zu verführerische Geschichte: Türkischstämmiger Politiker rettet AfD-Mann das Leben! Ausgerechnet ein Mann mit Migrationshintergrund! Ausgerechnet ein Sozialdemokrat! Ausgerechnet einem AfD-Mann! Nehmt das, ihr Ausländerhasser!
Es leuchtet spontan ein, warum das eine gute Geschichte ist, aber bei genauerem Hinsehen hat diese Art der Erzählung etwas sehr Frivoles. Was beweist diese Episode? Ist es etwas Besonderes, jemandem das Leben zu retten, den man politisch bekämpft?
Yüksel und Schneider verdienen jede Anerkennung, weil sie einem Menschen vermutlich das Leben gerettet haben, aber doch keine besondere Anerkennung, weil es ein AfD-Mann war. Im Gegenteil: Es entwertet ihren Einsatz, wenn man ihn nicht als Selbstverständlichkeit, sondern als Besonderheit feiert. Und wenn man ihren Akt der Lebensrettung als politische Lektion für AfD-Leute interpretiert.
Man mag die Politik der AfD ja als menschenfeindlich bezeichnen, aber was schwingt da für ein merkwürdiger Triumph mit: Seht her, ihr wollt diese Leute abschieben, dabei retten sie euer Leben! Wer Yüksel auf seinen Migrationshintergrund reduziert, macht damit das, was auch AfD und ihre rechten Verbündeten jeden Tag mit Menschen tun, nur ins Positive gewendet.
Wenn wir diese Geschichte der AfD triumphierend vor Augen halten wollen, was machen wir dann, wenn morgen ein AfD-Mitarbeiter einem Abgeordneten mit türkischen Wurzeln das Leben rettet? Ist das dann auch Beweis dafür, dass AfD-Leute nicht so schlimm sind wie gedacht?
Die besondere Aufmerksamkeit, die das Geschehen bekommt, lässt sich leicht erklären – aber sie ist auch Ausweis dessen, wie vergiftet der öffentliche Diskurs ist. Wenn nicht mehr selbstverständlich ist, dass Menschen Menschen das Leben retten, wenn sie es können. „Es geht nicht um den Sozialdemokraten, der ich bin, oder auch um den AfD-Mann, dem ich geholfen habe“, sagt Yüksel. „Es geht darum, dass wir Menschen sind und Menschen füreinander da sein sollten.“
Der nordrhein-westfälische Integrationsminister Joachim Stamp (FDP) hingegen sprach von einer „großartigen Aktion“ von Serdar Yüksel und Susanne Schneider – als hätte es sich um eine politische Demonstration gehandelt:
.@BILD
Großartige Aktion von #serdaryüksel von @spd_fraktion_nw u. @SusaSchneider von @FDPFraktionNRW . Bunte Demokraten-Koalition rettet AfD-Mitarbeiter das Leben. Vielleicht bringt das ein paar rechte Hater mal zum Nachdenken. https://t.co/XyUR7WqZ1U— Joachim Stamp (@JoachimStamp) 31. Oktober 2018
Bezeichnenderweise widersprach ihm Schneider selbst:
ICH hätte dies aber NIE mit Angaben zu Fraktion, Ablauf o. Gesundheit an Presse gegeben, da ich Schweigepflicht unterliege u. helfe, wenn ich gebraucht werde & es kann. Bin Gott dankbar, dass #reanimation im #ltnrw glückte und wünsche Mitarbeiter von Herzen gute Besserung! @BILD https://t.co/NdrMsUvqbE
— Susanne Schneider (@SusaSchneider) 31. Oktober 2018
Stamp erwiderte:
Susi, sei nicht so streng? Ich verehre Dich (sowieso) und Deinen Berufsethos. Aber den Angehörigen einer Hass-Partei auch demonstrativ zu sagen, dass es eben auch menschlich geht, gerade von politischen Gegnern, ist ein starkes Signal.
— Joachim Stamp (@JoachimStamp) 31. Oktober 2018
Darin schwingt die Unterstellung mit, dass AfD-Leute nicht so gehandelt hätten; dass sie im Zweifel in dieser Situation einen politischen Gegner oder einen Ausländer hätten sterben lassen. Das ist eine Form der Rhetorik, die man der AfD überlassen sollte.
Schneider antwortete ihrem Parteifreund:
Nein, das hat nichts mit Berufsethos zu tun: Helfen, wenn man es kann – das ist selbstverständlich und nichts für Presse und Selbstdarstellung. Alle, die es nicht können: Bitte Laienreanimationsantrag der #NRW-Koalition durchlesen!
— Susanne Schneider (@SusaSchneider) 1. November 2018
Der „Nordkurier“ stellte einen anderen politischen Zusammenhang her: Er verband die Meldung über die Reanimation des AfD-Mitarbeiters mit der Nachricht von vergangener Woche, dass der Arbeiter-Samariter-Bund (ASB) nicht für die AfD-Bundestagsfraktion Erste-Hilfe-Kurse veranstalten will. Es ging dabei aber nicht darum, Menschen in einer Notsituation Hilfe zu verweigern, sondern keine Geschäftsbeziehung mit einer rechtspopulistischen Partei einzugehen.
Serdar Yüksel sagte gegenüber der Nachrichtenagentur dpa, er sei überrascht, wie viel Aufmerksamkeit die Rettungsaktion bekomme: „Ich habe meine Pflicht getan – und gut ist.“
Die Agentur hat ihm dennoch ein ganzes Porträt gewidmet, mit der ebenso zutreffenden wie zweifelhaften Überschrift: „Serdar Yüksel – der Sozialdemokrat, der einen AfD-Mann rettete“.
Darin heißt es:
Wie man an seinem Namen erkennt, hat Serdar Yüksel einen – wie man so sagt – Migrationshintergrund. Seine Eltern sind Kurden aus der Türkei. Der Vater kam 1964 nach Deutschland, seine Mutter 1969. Der Vater, ein Kruppianer, ist früh gestorben. Danach ist die Mutter putzen gegangen, um ihre sieben Kinder durchzubringen.
Von seinen Noten her hätte er eigentlich aufs Gymnasium wechseln können. Aber seine Grundschullehrerin sagte damals zu ihm, da er ja sowieso früher oder später mit seiner Familie in die Türkei zurückgehe, könne er besser die Hauptschule besuchen anstatt sich mit unnötigem Wissen zu belasten. „Das hat sie noch nicht mal böse gemeint.“
Es ist gut, von solchen Erfahrungen von Einwandererkindern zu hören. Aber es ist auch ein merkwürdiger Anlass für ein solches Porträt.
Typisch wäre es, wenn Herr Yüksel von RTL für den Jahresrückblick mit Günther Jauch (oder bei „Menschen 2018“ mit Markus Lanz im ZDF) eingeladen werde: Als Held des Landtags, der Menschlichkeit bewiesen habe.
„Wenn die Legende zur Tatsache geworden ist, druck die Legende.“
Fake News im Westernzeitalter OMG!
Es gibt halt nix Neues unter der Sonne…
Ich finde die Beschreibung am Schluss zu euphemistisch. Mittelbar ist das doch eine Verweigerung von Hilfe in Notsituationen. Die Anbieterzahl von Ersten-Hilfe-Kursen ist begrenzt. Wenn die AfD jetzt länger suchen muss und sich noch weitere Anbieter weigern, dann führt das ja genau dazu, dass Menschen in Notsituationen nicht geholfen werden kann.
Schön auf den Punkt gebracht, Herr Niggemeier. Als ob es besonders erwähnenswert wäre, wenn ein Mensch einem anderen Menschen in dessen Notsituation hilft. Ist es ja auch offenbar eigentlich nicht, wie das (faktische) Ausblenden der Beteiligung von Frau Schneider zeigt.
Georg (#3):
Wenn der sich als ‚politisch ungebunden‘ bezeichnende ASB weigert, eine Veranstaltung für eine bestimmte politische Partei durchzuführen, finde ich das völlig okay. Wenn es der AfD tatsächlich um die Ausbildung geht: eine kurze Suche ergibt, daß Erste-Hilfe-Kurse in Düsseldorf und Umgebung u.a. von Maltesern, DRK, Johannitern, Primeros, Auxiliaris und M-A-U-S angeboten werden. So begrenzt ist die Auswahl also eher nicht. Und auch der ASB hätte sicher kein Problem damit, sechszehn AfD-Mitglied auszubilden, wenn diese sich in einem der Kurse anmeldeten.
>>Darin schwingt die Unterstellung mit, dass AfD-Leute nicht so gehandelt hätten; dass sie im Zweifel in dieser Situation einen politischen Gegner oder einen Ausländer hätten sterben lassen. Das ist eine Form der Rhetorik, die man der AfD überlassen sollte.<>Es entwertet ihren Einsatz, wenn man ihn nicht als Selbstverständlichkeit, sondern als Besonderheit feiert.<<
„Darin schwingt die Unterstellung mit, dass AfD-Leute nicht so gehandelt hätten; dass sie im Zweifel in dieser Situation einen politischen Gegner oder einen Ausländer hätten sterben lassen. Das ist eine Form der Rhetorik, die man der AfD überlassen sollte.“
Naja, es gibt Antisemiten in der Afd und es ist noch gar nicht so lange her, dass Antisemiten industriell Millionen Juden getötet haben. Eine größere Recherche der Zeit hat vor kurzem offen gelegt, dass die AfD Mitarbeiter aus der gewaltbereiten, rechtsextremen Szene beschäftigt. Darunter auch einige, die Vorbestraft sind. Stefan Münzenmaier zum Beispiel.
In Chemnitz gab es auf der Strasse den Schulterschluss zwischen Afd und gewaltbereiten Hooligans.
Außerdem gibt es Verbindungen zwischen den Rechtsterroristen des NSU und der AfD.
Darüber hinaus konnte man letztens in der ARD-Doku „Am rechten Rand“ sehen, wie ein AfD-Anhänger die Kopf-ab-Geste gegenüber Journalisten getätigt hat. Und das sind jetzt nur einige wenige Beispiele.
Insofern: Ja, es gibt Menschen in der AfD, die wollen ganz konkret den Tod und die Vernichtung von Ausländern, bzw. des politischen Gegners. Und ich glaube nicht, dass es hilfreich ist, wenn man die AfD auch nur ansatzweise harmloser darstellt, als sie wirklich ist.
Ansonsten stimme ich dem Artikel zu, besonders: „Es entwertet ihren Einsatz, wenn man ihn nicht als Selbstverständlichkeit, sondern als Besonderheit feiert.“
„Die besondere Aufmerksamkeit, die das Geschehen bekommt, lässt sich leicht erklären – aber sie ist auch Ausweis dessen, wie vergiftet der öffentliche Diskurs ist. Wenn nicht mehr selbstverständlich ist, dass Menschen Menschen das Leben retten, wenn sie es können.“
Innerhalb des persönlichen Zusammentreffens ist es wohl tatsächlich selbstverständlich, daß Menschen anderen das Leben retten, wenn sie dazu in der Lage sind. Ich habe auch keine Zweifel daran, daß ein AfD-Politiker einen ausländischen Kollegen genauso gerettet hätte.
Es ist aber schon lange nicht mehr selbstverständlich, daß Menschen Menschen das Leben retten, wenn sie es können, wenn dieses Retten zum Beispiel darin besteht, einem Kriegsflüchtling oder einem politisch Verfolgten Asyl zu gewähren.
Es ist nicht mehr selbstverständlich, Leben dadurch zu retten, daß man auf eine Rhetorik verzichtet, die Flüchtlinge zu einer Belastung erklärt, ihnen ihre Berechtigung abspricht und damit Gewalttaten verbal vorbereitet.
Es ist nicht noch nie selbstverständlich gewesen, Leben dadurch zu retten, daß man die Kriegstraumata der Menschen, die nach Deutschland fliehen, zeitnah behandelt, um damit Suizide oder Gewaltausbrüche zu verhindern.
http://martin-perscheid.de/image/cartoon/3861.gif
>Typisch wäre es, wenn Herr Yüksel von RTL für den Jahresrückblick mit Günther Jauch (oder bei „Menschen 2018“ mit Markus Lanz im ZDF) eingeladen werde: Als Held des Landtags, der Menschlichkeit bewiesen habe.
Ja, sicher doch; aber erstmal den Rekonvalenszenten dahingehend eingehend befragen, ob er jetzt doch lieber abschwören möchte…
Was für eine Meldung… ein Krankenpfleger und eine Krankenschwester retten Leben…
ist es nicht menschenverachtend nicht darauf hinzuweisen, das möglichst jeder dazu ausgebildet werde sollte, einen Menschen zu reanimieren? Nee… ist ja keine Story… die Gegenrede von Frau Schneider hätte deutlicher ausfallen können. Herr Stamp ist einfach nur peinlich. Man nähert sich im Niveau der AfD immer mehr an… erschreckend…
Die Geschichte vom barmherzigen Samariter funktioniert halt nur, wenn es sich um zwei gegensätzliche Parteien handelt. Ich habe nicht das gefühl, dass dadurch in der bibel das helfen entwertet wird. Die hier geäußerten bedenken halte ich für etwas verkopft bzw. etwas weit hergeholt.
Momentan spielt die Herkunft der beteiligten z.b. bei verbrechen ja leider wieder eine große rolle. Bescheuert aber ist ja nunmal so. Durch so eine Geschichte wird gezeigt, dass es selbstverständlich auch positive Beispiele gibt, gibt ja anscheinend leute, die das nicht wissen. Die Alternative wäre, die negativ-Beispiele allein stehen zu lassen. Das wäre imho auch nicht richtig
Die Geschichte vom barmherzigen Samariter soll zeigen, dass man auch Menschen helfen soll, die nicht der eigenen Gruppe angehören.
Ehrlich gesagt, dieses Betonen „Wie toll, Mensch mit ausländischen Wurzeln rettet jemanden von der AfD das Leben!“ ist schon etwas peinlich. Wer denkt, dass das die AfD „widerlegt“, hält deren Wähler entweder für zu schlau oder zu dumm.
Mal umgekehrt (ich werde jetzt zynisch), angenommen, jemand ließe jemanden von der AfD sterben – wäre das nicht auch ein „starkes Symbol“? Oder mehr der Anlass für eine Klage wegen unterlassener Hilfeleistung?
Oder angenommen, ein AfDler rettet einen Grünen mit Migrationshintergrund das Leben? Wäre das nicht auch ein „starkes Symbol“?
Der barmherzige Samariter konnte ja nicht wissen, dass die Pressevertreter und von Juden und Samaritern versuchen werden, seine genuin menschenfreundliche Handlung als politisches Statement in die eine oder andere Richtung zu instrumentalisieren.
Vielleicht überlegt er beim nächsten mal etwas länger, bevor er hilft.
Es ist eine schwer zu fassende Mixtur aus Arroganz und Dummheit, die sich in der hier kritisierten Berichterstattung findet. Die Arroganz besteht in einem schon ans Widerliche grenzenden Versuch die Deutungshoheit über den tieferen Sinn einer Lebensrettung an sich zu reißen. Die Dummheit besteht darin, nicht zu bemerken, wie man sich mit der eigenen Auslegung des Geschehenen einmal mehr als wenig integer darstellt und denkt, wir merken das nicht.
Das Journalisten hier kritisieren was ihre Kollegen da verzapft haben, ist wichtig für eine differenzierte Wahrnehmung des Berufsstandes. Man neigt beim Lesen solcher Geschichten schon dazu, den Zorn der Schreihälse, den sie in das Wort „Lügenpresse“ legen nachvollziehbar zu finden. Geradehin solchen Momenten ist es wichtig, dass es am Ende Journalisten sind, die das dann kritisieren.
@13:
Jetzt noch einen Schritt weiter: Könnte die „Kritik“ auch instrumentalisiert werden und macht es daher Sinn, die Lüschenbrässä -Rufe „nachvollziehbar zu finden“?
Das ist doch die Crux: Es gibt einen Sachverhalt, dann versuchen beide „Seiten“ die Deutungshoheit herbeizuschreiben und sich gegenseitig der Polemisierung / Unsachlichkeit zu beschimpfen. Es geht nicht um die exakte Analyse und Schlussfolgerung, sondern um das mitschwingende Gefühl, die andere Seite lüge sowieso und man selbst ist auf der „richtigen“ Seite.
Dabei gibt es die nicht, vor Allem nicht per Ideologie.
Und ob die Kritik an einer versuchten Deutungshoheit von intern (andere Journalisten) oder von extern kommt, halte ich da für sehr viel weniger wichtig, als den Zeitpunkt. Eigentlich sollte man sich VOR VERÖFFENTLICHUNG selbst kritisieren und vor Allem bei der Kritik die gleichen Kriterien ansetzen, die man auch beim „Gegner“ kritisiert.
Weil sonst wird’s bald sehr amerikanisch doppelmoralisch hier.
Da besagter Samariter jetzt als Posterboy für _christliche_ Nächstenliebe herhalten muss, könnte man jetzt einfach einen Generator an sein Grab anschließen und hätte unendlich Strom.
Leider hat ihn sich dieser Jesus einfach nur ausgedacht.
@#13+14: das ist ja das „Tolle“ an Deutungshoheit. Alle haben sie außer der oder dem, die oder der das zu deutende gesagt oder getan hat.
Religion und Wrestling sind durchaus vergleichbar, was alternative Realitäten angeht. Vgl. z. B. den Undertaker mit Jesus. Undertaker ist in kayfabe bereits 3 Mal gestorben und wieder auferstanden!
Außerdem hat er 1998 Mankind aus 10 Fuß Höhe durch den Draht von Hell in a Cell ge-chokeslammed.
Naklar ist Religion und Wrestling vergleichbar. Wer behauptet das Gegenteil? Ich vergleiche sie zwar mehr mit Fußball, wegen des Goldenen Kalbes und so, aber da es auch Gemeinsamkeiten von Wrestling und Fußball gibt, ist das ja irgendwie logisch.
Ja, ne, eigentlich nicht. Aber ist sehr Off-Topic …
Leistungssportler bringen die maximal mögliche Leistung. Sie verkaufen das maximale Leistungsversprechen mit ihrem Namen.
Wrestler stellen einen Charakter dar, der eine Leistung zeigt, die in das Showkonzept passt. Sie verkaufen ein vereinbartes Leistungsversprechen mit dem Namen des Charakters, den sie gerade darstellen.
Daher mein Religionsvergleich: Jesus ist ein Charakter, den sich ein Autor augedacht hat, und den er jetzt performen lassen kann, was und wie er will, um die Message zu verbreiten, die er möchte / für die er bezahlt wird.
Einerseits sollte es nicht erwähnenswert sein, wenn man einem politischen Gegner das Leben rettet. Angesichts der Tatsache, dass die AfD von allen Seiten aufs Übelste ausgegrenzt und diffamiert wird, ist es aber durchaus erwähnenswert, wenn jemand das eigentlich Selbstverständliche tut.
In allen Landesparlamenten = Ausgegrenzt
Inhaltliche Kritik = Diffamierung
Vom politischen Gegner = Von Allen Seiten
tl;dr:
AfD = Opfer
Ach, Anderer Max, dafür gibt es doch die Deutungshoheit. Ich brauche niemanden zu bezahlen, damit sie oder er macht, was ich will, ich deute einfach das, was sie oder er macht, so, dass die Message verbreitet wird, die ich haben will.
Geld gespart dank Deutungshoheit.
Das sagen Sie doch nur, weil Sie als linksgrünversiffter Gutmensch vergewaltigende und mordende Moslembanden in unser schönes Land einladen wollen, mit dem Ziel der totalen Umvolkung.
Das schlimme ist: Das Niveau ist bereits tatsächlich da unten. Wer zuerst behauptet, muss minutiös widerlegt werden und ob davon was bei der Zielgruppe hängen bleibt ist wiederum fraglich. Siehe die Kartoffeldebatte.
Erst mal als Opfer gerieren, die eigene Zielgruppe frisst’s sowieso unreflektiert. Die Debatte darüber findet dann in Medienkritik-Blogs, die keiner liest (‚tschuldigung) und in Spiegel-Kolumen (Feminazis!) statt. Währenddessen tippt Reichelt schon den nächsten Artikel, an dem man sich dann ne Woche später abarbeiten darf.
Rinse and repeat.
@#22: Ja, erwischt. Aber:
So schön ist unser Land ja gar nicht!
Oder wie der Postillon letztens titelte:
„Nazi zündet eigenes Haus an, weil er sich wie Fremder im eigenen Land fühlt“
Ja, das war eine peinliche Berichterstattung.
Anderer Max ist es nicht minder.
Selber, selber, lachen alle Kälber!