„Reconquista Internet“

Jan Böhmermann, der Nazi-Jäger im Schutzmantel der Satire

Nun sind alle Hitler. Die AfD ist Hitler, rechte Publizisten sind Hitler, rechtsextreme Trolle sind sowieso Hitler, und Jan Böhmermann und seine Anhänger, die gegen sie kämpfen, sind auch Hitler. Der Nazi-Vergleich, mit dem man sich früher in politischen Debatten disqualifizierte, er ist zum Standardvorwurf geworden.

Die Art, wie Böhmermann ihn in dieser Woche einsetzte, fällt dennoch auf. Am 8. Mai, dem Jahrestag der Kapitulation Deutschlands im zweiten Weltkrieg, schrieb der ZDF-Moderator und Aufmerksamkeitsgenerator:

Die Ironie lässt den Satz uneindeutig schillern. Der Witz aber beruht auf einer Gleichsetzung der „Rechten“ heute mit den Nazis damals. Und auf einer Verächtlichmachung der Methoden von heute im Umgang mit den angeblichen Nazis von heute. Man muss die „Rechten“ bekämpfen, scheint der Tweet zu sagen, wie die Nazis von damals, mit allen Mitteln, ohne Rücksicht auf Verluste, bis zur totalen Kapitulation. Es braucht eine Art Krieg gegen Rechts.

Das kann natürlich eine hoffnungslose Überinterpretation eines nur aus Lust an der Übertreibung formulierten Tweets sein. Der Tweet schillert nicht nur wegen seiner Ironie, er schillert auch wegen seines Verfassers. Ist das eine lustige Provokation des Komikers Jan Böhmermann? Oder eine ernste Mahnung des politischen Aktivisten Jan Böhmermann?

Es spricht einiges dafür, dass er das ernst meint, denn auch bei seinem neuen Projekt „Reconquista Internet“ ist anscheinend alles Hitler, was irgendwie rechts ist. Vor einer Woche hat Böhmermann zwei Listen mit Twitter-Accounts veröffentlicht. Eine Liste enthält 196 Profile, die sich an mindestens zwei Aktionen des rechtsradikalen Netzwerks „Reconquista Germanica“ beteiligt haben sollen. Die zweite soll 1270 „untereinander vernetzte Profile rechter Trolle“ enthalten. So wird es in einem Youtube-Video beschrieben, das Böhmermann zusammen mit den Listen verbreitete. Zu seinem Medienpaket gehörte außerdem eine Anleitung, wie man solche Listen bei Twitter hochlädt, um die enthaltenen Profile zu blockieren, so dass sie den eigenen Account nicht mehr lesen und mit ihm kommunizieren können.

Das Youtube-Video schlägt zwei Möglichkeiten vor, mit den Profilen auf diesen Listen umzugehen: „Wer handeln kann, verbreitet Liebe und Vernunft in die Blase. Wer Ruhe und Kraft braucht, benutzt diese Listen als Block-Listen für ein bisschen weniger Angst und Hass im Internet.“ Der Titel des Videos lautet: „Operation ‚Ruhe im Karton'“.

Auf der zweiten Liste, die angeblich „rechte Trolle“ enthält, stehen AfD-nahe Publizisten und Medien, Parlamentsabgeordnete der AfD, offizielle Accounts der Partei, die rechte Influencerin und ehemalige CDU-Bundestagsabgeordnete Erika Steinbach, die ehemalige AfD-Chefin Frauke Petry, der ehemalige „Wirtschaftswoche“-Chefredakteur Roland Tichy. Die Aussagen, die sie verbreiten, mögen teils legitime rechtskonservative Positionen sein, teils irreführende, fremdenfeindliche oder verschwörungstheoretische Behauptungen. Sie sind sicher irgendwie „rechts“, aber viele von ihnen zeigen kein Verhalten, das man als „trollen“ bezeichnen würde. Sie publizieren und kommunizieren wie andere Menschen und Gruppierungen auch. Als „Troll“ werden üblicherweise Akteure bezeichnet, die nicht an einer ernsthaften Auseinandersetzung interessiert sind; die eine Diskussion nicht nur beeinflussen, sondern verhindern wollen.

Erstellt wurden die Listen nicht von Hand, sondern maschinell: Grundlage ist eine Twitter-Analyse, die die „Neo Magazin Royale“-Produktionsfirma Bild- und Tonfabrik (btf) in Auftrag gegeben hat. Kriterium, um auf die zweite Liste zu gelangen, soll laut Video sein, dass die Profile „mindestens zehn anderen Profilen aus dem rechten Spektrum folgen und zurückgefolgt werden“. Mehr gehört nicht dazu, um als „rechter Troll“ gebrandmarkt zu werden (was immer genau das „rechte Spektrum“ sein mag). Anscheinend ist jeder, der rechts ist, für Böhmermann und seine Leute ein Troll.

Die Empörung bei den Betroffenen ist erwartbar riesig. Und sie richtet sich nicht nur gegen Böhmermann und seine Aktion, sondern auch gegen das ZDF. Auf Fragen und Beschwerden zu der Listen-Aktion reagierte ZDFneo mit dem immer gleichen Satz:

das ZDF und ZDFneo haben zu keiner Zeit in den Sozialen Netzwerken Listen mit Twitteraccounts öffentlich gemacht und auch nie zur Denunziation aufgerufen.

Das stimmt. Aber es ist nicht die ganze Wahrheit.

Mittelbar ist der Sender durchaus an der Aktion beteiligt. Das „Reconquista Internet“-Netzwerk wurde im „Neo Magazin Royale“ ins Leben gerufen, in einem längeren Themenblock, der auf Recherchen über die gezielte Produktion von Hass im Netz und über das rechtsradikale Trollnetzwerk „Reconquista Germanica“ beruhte. Die Vorstellung des eigenen Anti-Netzwerkes ist in der Böhmermann-typischen Art gleichzeitig ernst und unernst. Einerseits kommt sie als Satire auf die Art der Kommunikation von „Reconquista Germanica“ daher, andererseits ist sie eben nicht nur eine Parodie darauf. Was wie gemeint ist, bleibt im Zweifel offen.

In der Sendung spricht Böhmermann unter anderem davon, bei „Reconquista Internet“ möglicherweise „zum Beispiel eine Liste mit den Pseudonymen, Facebook-Accounts und Twitter-Handles der echten ‚Reconquista Germanica‘-Mitglieder“ zu veröffentlichen, „mit denen ihr dann machen könnt, was ihr wollt: Blocken, Melden, mit Liebe überschütten.“ Er kündigt außerdem an, am 1. Mai um 23:55 Uhr von seinem privaten Account aus weitere Anweisungen zu geben – tatsächlich erschien dann um diese Zeit für wenige Minuten dort der Tweet mit den Listen.

Böhmermann nutzt seine ZDF-Sendung, um für Aktionen zu werben, die er dann außerhalb der ZDF-Sendung fortsetzt, weil sie das ZDF nicht verantworten könnte oder wollte. Das ist aus seiner Sicht extrem praktisch und angenehm. Aber für seine Gegner ärgerlich. Und für das ZDF ein Problem.

Die Idee mit den Listen ist offenbar bei der Planung für die „Neo Magazin Royale“-Show aufgekommen, aber von den Senderverantwortlichen abgelehnt worden. Das ZDF konnte aber nicht verhindern, dass Böhmermann sie quasi privat umsetzte. Böhmermann ist freier Mitarbeiter des Senders. Das ZDF könnte ihm ein solches Engagement schwerlich verbieten. Und es profitiert natürlich auch von dem Rummel, den Böhmermanns Aktionen immer wieder erzeugen. Aber es hat keine Kontrolle über den Komiker und Aktivisten. Es muss sich von Aktionen wie den Listen distanzieren, aber diese Distanzierung wirkt gleichzeitig verlogen.

ZDF-Programmdirektor Norbert Himmler sagt auf Anfrage von Übermedien über die Listen: „Wir haben damit nichts zu tun, und wir hätten das auch nicht gemacht.“ Das ZDF habe von der Veröffentlichung auf Böhmermanns privatem Account nichts gewusst. „Das ist nicht in der redaktionellen Verantwortung des ZDF geschehen.“

Der Sender zieht sich auf den bequemstmöglichen Standpunkt zurück, dass er die Aktion nicht zu verantworten hat. Böhmermann sei halt nicht steuerbar, sagen sie im Sender. Das klingt resignierend, aber auch ein bisschen bewundernd: Solche Aktionen mit solcher Resonanz schafft halt kein anderer.

In die große, teils nachvollziehbare, teils hysterische Aufregung vor allem der Rechten über die Listen, mischte sich eine besonders laute Stimme aus der FDP. Generalsekretärin Nicola Beer sprach von „Blockwart-Denke in schlimmster Tradition beider deutschen Diktaturen“ und wollte auch auf mehrfache Nachfrage den Stasi- und Nazi-Vergleich nicht relativieren:

„Wehret den Anfängen“, das könnte ironischerweise auch das Motto Böhmermanns bei seinem Kampf sein. Damit lässt sich die Gleichsetzung von allem, was „rechts“ ist, mit Nazis rechtfertigen, die entsprechend massiv und pauschal anzugehen sind.

Beers Nazi- und Stasi-Vergleich ist maßlos. Auch er hilft der Diskussion nicht. Konkret sollen die „Reconquista Internet“-Listen ja nicht dazu dienen, Menschen mundtot zu machen oder zu vernichten, sondern sie zu „blocken“. Das führt nicht dazu, dass sie sich nicht mehr mitteilen können, sondern nur dass sie nicht mehr mit den Accounts interagieren können, die sie geblockt haben. Es ist problemlos möglich, über die Zweifelhaftigkeit dieses Instrumentes zu diskutieren, ohne in ihr den Boten einer aufziehenden neuen Diktatur zu sehen. Die FDP-Generalsekretärin begibt sich damit in die Nähe der Rechten, die in der Bundesrepublik ein totalitäres (Medien-)System am Werk sehen.

Und trotzdem, alles an den Listen ist problematisch:

  • Die unklaren Kriterien, nach denen sie mit Hilfe eines Algorithmus erstellt wurden.
  • Die Vermischung von zwei sehr unterschiedlichen Gruppen, die gleichermaßen irgendwie bekämpft oder für sich stummgeschaltet werden sollen: eine Organisation von extremistischen, anonymen Trollen einerseits und sehr unterschiedlichen rechten Einzelpersonen und Medien andererseits.
  • Die Idee, statt auf eine Auseinandersetzung mit rechten Inhalten zu setzen, die Nicht-Auseinandersetzung zu propagieren.

Vielleicht war es für Jan Böhmermann zu verführerisch, der Hass-Verbreitungs-Maschinerie von „Reconquista Germanica“ nicht nur eine Liebes-Verbreitungs-Maschinerie entgegenzusetzen, sondern auch selbst mit den zweifelhaften Methoden der Trolle zu spielen. Dass er seinen eigenen Tweet nur fünf Minuten lang online ließ, deutet darauf hin, dass er sich selbst bewusst war, wie problematisch er ist. Er konnte seinen Inhalt nicht in der Sendung verbreiten; er wollte ihn nicht einmal auf seinem privaten Twitter-Account online lassen; aber er wollte ihn sich nicht verkneifen.

Und nun verweigert er sich auch noch der Diskussion. Auf Anfragen von uns meldete er sich nicht. Auch andere Medien bekamen keine Antworten.

Die Aussagen im „Reconquista Internet“-Video erscheinen dadurch wie Hohn:

Wir bieten jedem Menschen auf diesen Listen unsere Hand. Wer etwas dagegen hat, dass wir diese Listen veröffentlichen, kann jederzeit mit uns sprechen.

Aber auch Sätze wie „Wir wollen uns gegenseitig respektieren und achten“, lassen sich eher nur als Satire verstehen – und im Zweifel ziehen sich Böhmermann und seine Leute ja ohnehin auf ihre eigene Aussage zurück, dass es sich um nichts anderes handelt. Die Uneigentlichkeit des Satirikers als bequemer Schutz davor, zu seinen Worten stehen zu müssen.

Den „Zeit“-Redakteur Jochen Bittner erinnert Böhmermanns Aktion an „1984“. Aber vielleicht geht es dem ZDF-Moderator mit seiner Troll-Armee in Wahrheit um ein Nachspielen des Experimentes aus „Die Welle“.

91 Kommentare

  1. böhmermann hebt ab.
    allen ernstes fragte er @jochenbittner, ob der je in auschwitz gewesen sei. das sollte seine antwort auf dessen detaillierte nachfragen zu den schwarzen listen sein, die er dann nur per dm liefern wollte. bittners berechtigte replik, statt ihm geschichtsblindheit zu unterstellen, solle er lieber seine fragen beantworten, zeigt, wie sehr auschwitz zur „diskurs- eskape-taste“ geworden ist, wie es @lucasschoppe1 treffend auf twitter formulierte.
    @janboehm wird eventuell nicht einmal mehr merken, daß er mit dieser instrumentalisierung der judenvernichtung der gedenkkultur mehr schadet als jede holocaustleugnung. denn ihn wähnt man ja auf der seite derer, denen es mit dem nie wieder ernst sei.
    dem diente ja angeblich auch seine auflistung derer, denen es an der richtig liebevollen politischen einstellung mangeln könnte, bzw derjenigen gesinnungsgenossen, die mehr als zehn der von ihm inkriminierten accounts folgen. satirische rasterfandung.
    das hat keine folgen? ein bißchen denunziation beim arbeitgeber könnte mal so anfangen. man kennt den account von kollege x und nun weiß man, er ist auf der liste, und sei es nur, weil er auch petry und steinbach folgt, wie ich es zum beispiel tue. und schon ist man irgendwie rechts. und wird von anderen so beurteilt.
    zu weit hergeholt? gab es da nicht schon bei der gewerkschaft verdi jene ominöse handreichung, mittels derer erklärt wird, wie man afd-nahe kollegen outet und eventuell an ihrer entlassung arbeiten kann? diese welle reitet auch böhmermann.
    bei dem man regierungskritik eher schwer findet.
    d i e s e n anfängen sollte man wehren.
    eine erika steinbach ist viel harm- weil einflußloser als der alibivorzeigesatiriker der groko.

    guter gruß @lucianocali_2

  2. Ich kann gerade Liste 2 gut nachvollziehen und es sind dort einige Leute, die ich selbst blockieren musste. So zB ein gewisser Dushan W., nach dessen Block er mir nicht mehr in die Timeline gespült werden konnte mit seinen „wird man wohl noch sagen dürfen“ Provos. Jeder soll sich soviel ärgern, wie er will. Aber Social Media funktioniert nicht so, dass man sich standig ins Zimme pupsen lässt.

  3. Mir ist es wurscht, welche Mittel die Liebe wählt, um laut zu sein und gehört zu werden. Meinetwegen gern auch eine Böhmermannliste. Es gibt einfach zuviele Hater zurzeit.

  4. Ich kann die Kritik an Blocklisten auch nur teilweise verstehen. Solche Listen kursieren immer wieder in allen möglichen Blasen, zB als Instrument sich Hass im Netz zu entziehen, Das finde ich legitim. Klar, Leute bei ihren Arbeitgebern anzuschwärzen ist mies und übergriffig. Viele derjenigen auf der Liste „rechtes Spektrum“, die ich beobachte, machen allerdings genau das sehr regelmäßig und ich habe Schwierigkeiten solche Leute vor einem Verhalten schützen zu wollen, das in ihren Kreisen als als eine Art Sport gilt.

    Dass die Kriterien unklar sind, anhand derer eine dieser Listen zusammengestellt wurde, dürfte vielen aufgefallen sein, die sich gerade unter #ReconquistaInternet für weniger Hass im Netz aussprechen. Ich vermute, dass die Listen deshalb kaum genutzt werden. Im Artikel wirkt es aber als wären sie zentral, das empfinde ich als unverhältnismäßig.

    Allen, die unter #ReconquistaInternet tweeten, zu unterstellen unmündige Schafe zu sein, die alles tun was Böhmermann befiehlt, finde ich ähnlich unsauber, wie intransparent zusammengewürfelte Blocklisten. Und fast genauso geht’s mir wenn es heißt jemand verweigere die Diskussion, weil er nicht im gewünschten Maß und Takt auf Interviewanfragen antwortet.

    Natürlich sind unangemessene Nazi-Vergleiche bullshit, immer. Mittlerweile sind es aber besonders Leute aus besagtem rechten Spektrum, die jeden und alle, die sich gegen Diskriminierung äußern oder einsetzen, als die eigentlichen Nazis und Gesinnungsdiktatoren schimpfen. Mit dem Recht auf Meinungsfreiheit zu rechtfertigen, dass Gruppen oder einzelne Personen nach Belieben übelst beleidigt und angegangen werden können, dass munter Volksverhetzung betrieben werden kann, ist ein beliebtes Narrativ von rechts.

    Es ist in meinen Augen nicht vollkommen irrelevant, ob jemand sich für Menschenrechte und demokratische Werte einsetzen, für zivile Diskussionen im Netz sorgen will oder ob Leute auf ihrem Recht bestehen andere Leute oder ganze Gruppen abzuwerten und Menschenfeindlichkeit zu verbreiten. In vielen Fällen dürfen und machen sie das auch, besonders online. Sollen sie. Nur gibt es kein Recht darauf, dass solche Ansichten und Äußerungen unwidersprochen bleiben.

  5. Natürlich hat »Liebe gegen Hass« nichts mit Politik zu tun. Es ist DAS übergreifende Thema des Lebens und existiert, seit es den Menschen gibt. Politik wirkt dagegen lächerlich kleinkariert.

  6. Muddi, jemand blockt mich auf Twitter, heul.

    Hier haben einige Twitter nicht verstanden. Das ist ein privates Unternehmen, es bietet die Möglichkeit zu blocken und wem das nicht gefällt sollte sich vorher damit auseinandersetzen oder wegbleiben oder sich bei der Company beschweren. Es gibt keine Recht auf Twitter von jedem gelesen werden zu können und nirgendwo ist die Meinungs- und Redefreiheit eingeschränkt. Jeder kann Blocklisten anfertigen und verteilen wie er lustig ist.
    Eingeschränkt ist nur die Sicht im Wasserglas beim kleinen Fäkal-Stürmchen.
    Den Jahrestag der Befreiung den Jahrestag der Kapitulation zu nennen, wie in rechten Kreisen üblich, ist übrigens sehr bedenklich.

  7. @Schnellinger: Klar, jeder kann eine Liste machen und die mit „rechte Trolle“ beschriften und da irgendwelche Leute nach Wahl (oder nach unklarem Algorithmus) hineintun. Wenn derjenige, der diese Liste verbreitet, aber erhebliche Reichweite hat, ist es kein Wunder, wenn Leute sich über den Inhalt der Listen oder ihren Gebrauch beklagen. Und wenn diese Liste Teil einer Aktion ist, die vom öffentlich-rechtlichen Rundfunk angeschoben wurde, dann muss sich auch der öffentlich-rechtliche Rundfunk ein paar kritische Fragen gefallen lassen. Dass es sich um eine Einschränkung der Meinungs- oder Redefreiheit handelt, habe ich nicht behauptet und fände das auch abwegig. Das Geblocktwerden auf Twitter an sich ist eine sehr harmlose Konsequenz – deshalb ist die Liste an sich aber noch nicht unproblematisch.

    Dass die Formulierung „Jahrestag der Kapitulation Deutschlands im 2. Weltkrieg“ eine rechte sein soll, war mir nicht bekannt. Ich habe das nicht als problematisch empfunden, es beschreibt ja nur die Tatsache. Ich lasse mich da aber gern eines besseren belehren.

  8. @7
    Meinen Sie so Rechte wie den Historiker Prof. Dr. Heinrich August Winkler, Träger des Bundesverdienstkreuzes, der eben diese Bezeichnung in seiner Rede zum 50. Jahrestag der Kapitulation verwendete? Sie können diese rechte Rede im Archiv des Bundestags nachlesen, bei all seiner Kritik am Dritten Reich ist dies die einzige Formulierung, die ihn entlarvt, wäre mir ohne Ihre Hilfe nie aufgefallen.
    Oder meinen Sie die rechten Kreise, die mit eben dieser Bezeichnung auf der offiziellen Seite der Kulturstadt Weimar für eine Sondereröffnung mit dem Konzert für Buchenwald zum 73. Jahrestag der Kapitulation werben? Auch die offizielle Seite der Stadt Berlin ist von Rechten unterwandert, denn man wies im Veranstaltungskalender auf das Museumsfest anlässlich des 73. Jahrestages der Kapitulation hin.
    Die Linke in Stralsund bewarb auf ihrer Internetseite ebenfalls eine Gedenkveranstaltung unter Nutzung dieser in rechten Kreisen üblichen Bezeichnung.
    Und die Kritiker der Rede von Weizsäckers zum 40. Jahrestag hatten ein Problem mit dem Wort „Tag der Befreiung“. Niemand hatte ein Problem mit der Formulierung zum Jahrestag der Kapitulation.

  9. Wer hat am 8. Mai nochmal kapituliert? Achja, niemand. War wie im Kindergarten, alle waren Gewinner. Köstlich.

  10. Ja, die Listen sind problematisch, das finde ich auch. Aber RI ist schon jetzt viel mehr. Es geht nicht darum, den RG-Trollen andere Trolle entgegenzusetzen, sondern – für mich – geht es darum, Hassbotschaften im Netz zu widersprechen. Auf Twitter, Youtube etc. Und das funktioniert. Teilweise in organisierten Aktionen, aber auch immer öfter (merke ich bei mir selbst) ohne „Plan“. Es geht (mir) nicht darum, Rechte zu überzeugen – sondern den stillen Mitlesern zu zeigen, dass eine Aussage nicht unwidersprochen bleibt. Dass es noch andere Meinungen gibt. Dass die Hass-Verbreiter nicht die Mehrheit sind.

    Das finde ich an der Idee „RI“ genial. Und „RI“ ist längst mehr als „Jan Böhmermann“. Die meisten Dinge geschehen in Gruppen, die sich zufällig ergeben und zusammenfinden.

    Jan Böhmermann fährt mit der „Werbung“ für die Gründung dieser Vereinigung ein hohes Risiko. Ich glaube nicht, dass er sich solche Moves noch oft im ZDF erlauben kann. Aber gerade das zeigt, wie ernst ihm um diese Sache ist.

  11. Was für ein merkwürdig unentschiedener Kommentar: Die Antwort des ZDF ist einerseits richtig, andererseits aber unwahr, die Kritik der FDP-Beerin falsch aber berechtigt …

    Und dann noch der Fragenkatalog des Herrn Bittner, der wieder einmal erkennen lässt, dass das Einzige, was man bei der „Zeit“ wirklich fürchtet, der Verlust der Deutungshoheit ist (s. dazu auch „Fischer-Konflikt“). Die Frage 8 ist schlicht eine substanzlose Provokation, ein Zusammenhang mit der „Meinungsfreiheit“ besteht hier nicht, da entgegen der von Rechten Kreisen (und jetzt auch von der „Zeit“?) vertretenen Auffassung die Meinungsfreiheit weder ein Auditorium gewährleistet noch Widerspruch verbietet.

    Der französische Schriftsteller Édouard Louis hat vor einem Jahr in einem Interview mit der SZ erklärt: “ Ich weigere mich, darüber zu diskutieren, ob und inwiefern Islamophobie oder Schwulenfeindlichkeit gerechtfertigt sind. Demokratie bedeutet in meinen Augen, genau diese Fragen als überholt auszumustern und sie schon als Frage zu delegitimieren“.

    Dem ist nichts hinzuzufügen. Böhmermann, geh‘ Du voran…

  12. #ichbinhier hat für eine sehr ähnliche Vorgehensweise auf Facebook 2017 einen Grimme-Preis erhalten. #ReconquistaInternet ist so verschieden nicht, allein die Liste ist problematisch.

  13. „Jahrestag der Befreiung“ ist für mich die scheinheiligste Formulierung überhaupt. So nach dem Motto: „Also da waren diese Nazis, die haben uns dieses Dritte Reich aufgezwungen, aber jetzt seid ihr ja gekommen und habt sie wieder verscheucht – Danke!“

  14. „Der Sonderausschuss für physische Konfliktlösungen in der linken Fraktion berät noch immer darüber, ob er die Messerattacke gegen ihren Fraktionsvorsitzenden als „offen aggressive“ oder „hinterlistig destabilisierende“ Aggression bezeichnen soll.“
    Weitere Maßnahmen sind jedenfalls nicht geplant, man will sich ja auch nciht auf die gleiche Stufe stellen.
    Wir sind die Guten.
    Peace.

  15. @Th Koch: Der Satz von Édouard Louis mag zwar klug klingen aber da fehlt eine wichtige Frage, wer definiert was „Islamophobie oder Schwulenfeindlichkeit“ ist?
    Diese Aussage klingt so als ob das alles ganz eindeutig ist. Und das ist das Problem an dieser Diskussion, es wird so getan als ob alles eins ist und damit ist jedes weitere Gespräch beendet.

    Für mich sind Religionen Unterdrückung und Religionsfreiheit bedeutet für mich in erster Linie das ich KEINER Religion angehören muss und diese kritisieren darf. Aber aus dieser Bedetutung ist mittlerweile etwas anderes geworden. Der Staat oder die Öffenlichkeit soll religiöse Handlungen beschützen.
    Eine für mich absurde Forderung. Religionen sind eine Bedrohung und waren sie auch immer. Wenn man das nicht mehr sagen darf, gehen wir Rückwärts.

    (Absurd wird das ganze noch dadurch, dass gerade die Religiösen die schlimmsten Schwulenverachter sind. D.h. Islamisten und werden in einem Satz gleichzeitig mit denen, die sie am meisten Hassen als beschützenswert und Opfer in einer Demokratie dargestellt. Das klingt für mich nicht nach einem sinnvollen Konzept.)

  16. Könnt ihr bitte ordentliches Deutsch benutzen und aufhören zu schreiben “der….. , er ist“ , dass klingt so grausam!

  17. „Religionen sind eine Bedrohung und waren sie auch immer.“
    „Diese Aussage klingt so als ob das alles ganz eindeutig ist. „

  18. Historisch ist Böhmermann korrekt, 1933 waren es das Zentrum, von Papen und die Monarchisten um Hindenburg, die Hitler alles möglich gemacht haben. Das waren dann zusammen genommen eben die „Rechten“.

  19. #14: „Jahrestag der Befreiung“ ist für mich die scheinheiligste Formulierung überhaupt. So nach dem Motto: „Also da waren diese Nazis, die haben uns dieses Dritte Reich aufgezwungen, aber jetzt seid ihr ja gekommen und habt sie wieder verscheucht – Danke!“

    Denken Sie, dass die Hunderttausenden aus Zuchthäusern, Konzentrations- und Vernichtungslagern Befreiten das auch so sehen und für „scheinheilig“ halten?

  20. #16: „Für mich sind Religionen Unterdrückung und Religionsfreiheit bedeutet für mich in erster Linie das ich KEINER Religion angehören muss und diese kritisieren darf. Aber aus dieser Bedetutung ist mittlerweile etwas anderes geworden. Der Staat oder die Öffenlichkeit soll religiöse Handlungen beschützen.“

    Das eine schließt das andere nicht aus, stellen Sie sich mal vor. Sie dürfen Religionen kritisieren und der Staat hat sowohl dafür zu sorgen, dass Sie das können als auch dafür, dass jeder, der sich nicht Ihrer eingebildeten Definitionshoheit unterwirft, seinen Glauben ungestört ausleben kann. Das nennt sich Religionsfreiheit, positive wie negative. Ist ein Grundrecht, wollen Sie das abschaffen?

    „Eine für mich absurde Forderung. Religionen sind eine Bedrohung und waren sie auch immer. Wenn man das nicht mehr sagen darf, gehen wir Rückwärts.“

    ‚Nix darf man mehr sagen, mimimi‘. Sie dürfen! Sie tun es ja! Und jeder darf Ihnen widersprechen!

    „(Absurd wird das ganze noch dadurch, dass gerade die Religiösen die schlimmsten Schwulenverachter sind. D.h. Islamisten“

    So werden dann schwupp-di-wupp Religiöse zu Islamisten und das halten Sie dann für „ein sinnvolles Konzept“? Bestreiten Sie eigentlich, dass es Hass auf Muslime gibt? Oder soll man ihn nur nicht benennen dürfen?

  21. @14 Tobias
    Befreiung all jener, die nicht für die Nazis waren.
    Befreiung eines Landes von seiner selbstgewählten Selbstzerstörung.
    Quasi die Rettung eines Selbsttöters

  22. @20:
    Ich denke das „scheinheilig“ sollte sich darauf beziehen, dass die neue Rechte heutzutage so tut, als hätten die Nazis von damals nichts mit dem heutigen, wiederarstarkenden Nationalismus zu tun; als wäre das „Dritte Reich“ (Bezeichnung, die erst in den 70ern populär wurde) keine innerdeutsche Allmachtsphantasie; als wären die Nazis keine deutschen gewesen.

    Mein Hasswort in dem Zusammenhang:
    Nazideutschland.

    Hat was von „Black history awareness month“ in den USA.
    Als ob es keine gemeinsame Geschichte von Unterdrückung und Ausgrenzung wäre…

  23. Irgendwie scheinen einige Medienleute echt die Lust zu haben erneut von einer rechtsextremistsichen Partei wieder regiert zu werden? Da echauffiert sich Übermedien echt über Böhmermann? Das lässt tief blicken…während die AfD die Pressefreiheit und damit ein GRUNDRECHT verletzt haben alle anderen ein Problem mit Böhmermann. Was läuft bei euch nicht richtig um Kopf!? Wehret den Anfängen…und das Problem ist nicht Böhmermann sondern die Fans, Mitläufer, Wähler und Politiker der AfD.

  24. Das hier:

    Blockwart-Denke in schlimmster Tradition beider deutschen Diktaturen

    ist natürlich Satire über Satire. Natürlich darf man Satire, die gleichermaßen grenznahe, grenzwertige und grenzüberschreitende rechte Blogs und Medien pauschal mit Nazideutschland gleichsetzt, pauschal mit Nazideutschland und der DDR vergleichen. Tucholsky sagt: „Das ist kein rechter Mann und kein rechter Stand, der nicht einen ordentlichen Puff vertragen kann.“ Und wenn Tucholsky das sagt, darf Böhmermann sich nicht beschweren.

  25. #20: „Ich denke das „scheinheilig“ sollte sich darauf beziehen, dass die neue Rechte heutzutage so tut, als hätten die Nazis von damals nichts mit dem heutigen, wiederarstarkenden Nationalismus zu tun;“

    Das würde aber nur Sinn ergeben, wenn die neue Rechte den Begriff ‚Befreiung‘ nutzen würde. Die reden aber lieber z.B. vom „Beginn der Knechtschaft des Stalinismus“ (Steinbach), nicht?

  26. Ich hatte bisher immer den Eindruck, es existierte nur eine Liste mit einer Mischung aus RG-Trollen und „rechten“ Publizisten. Das hätte ich auch problematisch gefunden. Wenn es ja aber sogar 2 Listen, mit genau dieser Trennung sind — was ist da das Problem?
    Warum muss man jetzt auf den rechten Zug: „wir werden alle diskriminiert, Meinungsfreiheit in Gefahr, blablabla…“ aufspringen? Es wird mMn nirgends dazu aufgerufen, diese Menschen beim Arbeitgeber anzuschwärzen oder sonst was. Denn das wäre wirklich dramatisch. Es geht nur darum, eine Gegenöffentlichkeit zu erzeugen oder sie wahlweise zu blocken.
    Ich finde es wirklich bedenklich, wie sich diese rechten Denkmuster immer weiter in das bürgerliche Lager ausbreiten…

  27. @24: übermedien echauffiert sich nicht, sondern setzt die gleichen Maßstäbe für alle Medien an. Das tut (auch mir) ideologisch manchmal weh, ist aber m. E. der einzige Weg gegen plumpen Populismus, der z. B. so aussieht: „das Problem ist nicht Böhmermann sondern die Fans, Mitläufer, Wähler und Politiker der [hier beliebige 3 Buchstaben einsetzen]“

  28. Ergänzung da es missverständlich sein könnte: mit „rechten Denkmustern“ meine ich die Erzählung von wegen „wir werden alle diskriminiert, die anderen sind die Rassisten, wir sind die Bewahrer der Meinungsfreiheit usw.“

  29. Es handelt sich offensichtlich um eine Satire. Wenn Böhmermann und sein Team die ernsten Fragen von Herrn Bittner ernsthaft beantwortete, würden sie den satirischen Charakter der Aktion konterkarieren und sich selbst untreu werden, daher ist schmunzelndes Schweigen die einzig richtige Reaktion.
    Und: Satire ist kein Schutzmantel wie in der Überschrift beschrieben, sondern eine Kunstform, die nicht jeder beherrscht und wenn ich einige Kommentare oben lese, noch weniger Leute verstehen.

  30. „Man muss die „Rechten“ bekämpfen, scheint der Tweet zu sagen, wie die Nazis von damals, mit allen Mitteln, ohne Rücksicht auf Verluste, bis zur totalen Kapitulation. Es braucht eine Art Krieg gegen Rechts.“ Echt jetzt? Diese Interpretation kann ich beim besten Willen nicht nachvollziehen. Vor allem nicht im Kontext der „Reconquista Internet“-Geschichte. Hatte er da nicht auch das BGB hochgehalten….?

    Ganz offensichtlich braucht es eine sichtbare und organisierte Gegenöffentlichkeit in sozialen Netzwerken. Warum kriegt man immer mehr braune Scheisse (Verzeihung!) in seine Timeline gespült? Warum finden sich unter Artikeln auf Nachrichtenseiten so viele menschenfeindliche, üble Kommentare, soviel Hetze? Ganz offensichtlich sind die Rechten DEUTLICH besser organisiert und qualifizierter im Umgang mit den sozialen Netzwerken. Danke, Twitter und Facebook, dass wir Kommentare „melden“ dürfen. Super, dass ihr die Kontrolle, was auf eurer Plattform passiert, größtenteils an uns „auslagert“. Neulich erst stand im The Telegraph, dass sich ISIS-Terroristen mit dem Facebook-Feature „suggested friends“ finden. Ist doch grandios! Und der Gesetzgeber…mhh..man könnte ja mal Richard Gutjahr fragen, wie er so darüber denkt….

    Reconquista Germanica, übelste Hetze, Böhmermann als Curbjob-Opfer, militärisch organisiert, – Ende Februar 18 noch immer nicht vom Verfassungsschutz beobachtet. Tja..irgendwann muss wohl wer mal was machen…da kann man viele Probleme drin sehen, kann man aber auch bleiben lassen.

  31. „Man muss die „Rechten“ bekämpfen, scheint der Tweet zu sagen, wie die Nazis von damals, mit allen Mitteln, ohne Rücksicht auf Verluste, bis zur totalen Kapitulation.“

    Scheint der Tweet zu sagen, aha. Wie sah denn das Bekämpfen der Nazis „damals“ eigentlich so aus? So zwischen der Gründung der NSDAP 1920 und 1933 zum Beispiel? Oder zwischen 1933 und 1939? „Mit allen Mitteln, ohne Rücksicht auf Verluste“? Ihr Ernst, Herr Niggemeier?

  32. „Man muss die „Rechten“ bekämpfen, scheint der Tweet zu sagen, wie die Nazis von damals, mit allen Mitteln, ohne Rücksicht auf Verluste, bis zur totalen Kapitulation. Es braucht eine Art Krieg gegen Rechts.“

    Weil die Nazis ja auch damals genau so bekämpft wurden, von 1920 bis 1939, „mit allen Mitteln, ohne Rücksicht auf Verluste“.

    Äh, nee, doch nicht. War irgendwie anders, damals.

  33. Ach, auch vor ’39 sind Nazis schon bekämpft worden. Auch auf die physikalische Tour.
    Hatte nur nicht so ganz den gewünschten Erfolg.

    Ob, und wenn ja, welche Lehre man daraus für die heutige Situation ziehen kann, sei aber jedem und/oder jeder selbst überlassen.

  34. #33: „Ach, auch vor ’39 sind Nazis schon bekämpft worden. Auch auf die physikalische Tour.“

    Zwischen „auch bekämpft“ und „ohne Rücksicht auf Verluste, bis zur totalen Kapitulation“ liegen allerdings Welten.

  35. #33: „Ach, auch vor ’39 sind Nazis schon bekämpft worden. Auch auf die physikalische Tour.“

    Zwischen „auch schon bekämpft“ und „mit allen Mitteln, ohne Rücksicht auf Verluste, bis zur totalen Kapitulation“ liegen Welten. Dass die Nazis „mit allen Mitteln, ohne Rücksicht auf Verluste, bis zur totalen Kapitulation“ bekämpft worden sein sollen, muss den rund 100.000 Menschen entgangen sein, die im März 1933 schon in regulären und ‚wilden‘ KZ gefangen gehalten wurden.

  36. @someonesdaughter: Wenn ich es richtig sehe, haben die „Amerikaner, Russen, Engländer und Franzosen“ von 1920 bis 1939 die Nazis nicht bekämpft. Es geht doch in dem Tweet nicht um den Umgang mit Nazis in der Vorkriegszeit. Es geht um den Krieg, den die Alliierten am 8. Mai 1945 gewonnen haben.

  37. „Dass die Nazis „mit allen Mitteln, ohne Rücksicht auf Verluste, bis zur totalen Kapitulation“ bekämpft worden sein sollen, muss den rund 100.000 Menschen entgangen sein, die im März 1933 schon in regulären und ‚wilden‘ KZ gefangen gehalten wurden.“ Bestimmt hatten einige von denen z.B. vom roten Frontkämpferbund (gegr. 1924 oder so) gehört, oder allgemeiner von Straßenschlachten zwischen Nazis und anderen. Auch deshalb, weil einige von den Gefangenen dabei mitgemacht hatten. Wie kommen Sie darauf, dass ausgerechnet denen das entgangen wäre?
    Wie gesagt, man kann daraus jetzt den Schluss ziehen, dass die Nazis deshalb an die Macht kamen, weil der Rest der Gesellschaft vor ’39 eben doch Rücksicht auf Verluste nahm und eben nicht mit _allen_ Mitteln gegen die Nazis kämpfte; wenn Böhmermann (oder sonstwer) das denken sollte, wäre die Schlussfolgerung, direkt gegen Rechts zu kämpfen, bis zur letzten Kugel und zum letzten Tropfen Blut. Also, das Blut von denen jetzt. Nazis steh’n auf sowas.
    „Weil die Nazis ja auch damals genau so bekämpft wurden, von 1920 bis 1939,…“ Die Einschränkung auf 1920-39 kommt jetzt von Ihnen. Sie kommt nicht von mir, nicht von Niggemeier und ganz sicher nicht von Böhmermann, der sich in seinen Tweet auf das Datum besagter totaler Kapitulation bezieht, die bekanntlich erst ’45 war.
    Insofern meint Böhmermann vermutlich nicht nur Straßenschlachten in farblich abgestimmten Hemden.

  38. „journalisten haben es gut. sie können politischen einfluß ausüben, ohne politische verantwortung übernehmen zu müssen.“
    las ich mal irgendwo auf twitter.
    auch @janboehm will das. und wenn man ihm kritische fragen stellt, dann reagiert er so wie bei @jochenbittner: er fragt ihn einfach, ob er schon mal in auschwitz war.
    eine frage, die in so vieler hinsicht eine kindische und unreflektierte dummfrechheit ist, das ich gar nicht erst anfange, das hier in allen einzelheiten zu erklären.
    roger willemsen, der mir jeden tag fehlt, hat mal sinngemäß gesagt:
    -man kann eigentlich jeden in diesem land kritisieren. aber kritisieren sie mal einen journalisten. –
    gereizte dünnhäutigkeit, wenn ein politisch tätiger gegenwind kriegt, der selber nicht weiß, ob er nun satiriker, regierungsunterstützer, guter mensch vom dienst, oder metaebenenbewohner sein will:
    es hat mich damals schon bei dem ziegenfickerding sehr gewundert, daß der @janboehm so erstaunt war, daß er nun polizeischutz brauchte. ahnte er nicht mal, daß erdogan auch ein paar schlechtgelauntere unterstützer hat?
    ähnlich hier:
    wo ihm gottlob nicht mehr passieren wird als ein wenig ärger mit dem zdf, ist @janboehm wieder erstaunt, daß er gegenwind bekommt, daß die wohlorganisierten konservativen bis rechten ihm den hashtag um die ohren hauen und so zieht er es vor, keine fragen mehr zu beantworten, und einfach nur hier sitzen zu wollen.
    er sollte sich mal entscheiden, wie er seine rolle sieht. als anti-afd-einpeitscher ist er schon deshalb ungeiegnet, weil er zu dünnhäutig ist und zu undifferenziert auch rein konservative positionen dem rechten lager zuschlägt, damit er sich damit nicht befassen muß. seine anhänger lieben wohl genau das. vorbei die zeiten, wo satiriker subtil und hintergründig waren. er nimmt den holzhammer, ist aber leider schon baff, wenn er ein paar in dieser art, ich meine natürlich auch verbal, zurückkriegt.
    eigentlich ist böhmermann wie trump. er hat recht und ist immer der coolste. und die, die das nicht kapieren, die sind doof, unfähig und vernagelt. fast so schlimm wie der nuhr.

    guter gruß @lucianocali_2

  39. @Someonesdaughter:

    Sie haben jetzt jeden einzelnen Satz, den Sie in diesem Strang bisher zitiert und kommentiert haben, grob fehlinterpretiert. Ist das so eine Art Sport von Ihnen? Wenn Herr Niggemeier sich fragt, ob in Böhmermanns Wortwahl das Bild der die Nazis bis zur bedingungslosen Kapitulation bekämpfenden Alliierten mitschwingt (womit er dann nur 1943-45 meinen kann), dann kommen Sie ernsthaft mit „1920-39“ und sagen, die Nazis seien ja gar nicht bekämpft worden? Und kommen sich dabei nicht selbst ein bisschen dämlich vor? Ich bitte Sie.

  40. @39: Sehr guter Beitrag! Ich habe früher Böhmermann gerne geschaut, sein letzter wirklich guter Coup war der Versuch, mit einem von Affen zufällig produzierten Song (Menschen, Leben, Tanzen, Welt) zum Echo zu kommen. In letzter Zeit ist Böhmermann aber zunehmend unerträglich geworden, seit er sein übersteigertes Sendungsbewusstsein immer deutlicher raushängen lässt.

    Böhmermann ist einer von den Guten, davon er ist zweifellos überzeugt, und er lässt dies jeden spüren. Seine Witze werden immer flacher (keine Sendung ohne Sachsendialekt), seine Botschaft dafür immer unverhohlener: Wer nicht für uns ist, ist rechts. Dass Böhmermann jetzt Satire und persönlich ernst gemeintes Engagement miteinander vermischt und zwischen Ernst und Satire nach Belieben die Ebenen wechselt wie es ihm gerade passt, das ist in der Tat kritikwürdig, weil es letztlich politisches Engagement unter falscher Fahne darstellt. Die GEZ-Finanzierung des Ganzen ist dann nur noch das Sahnehäubchen.

  41. Ich glaube, dass die Veröffentlichung dieser Listen satirisch gemeint ist. Das kann natürlich falsch sein. Aber Listen mit politisch unliebsamen Akteur*innen im öffentlich-rechtlichen Rundfunk zu veröffentlichen, die eine Aufforderung zum Ausschluss aus dem politischen Diskurs beinhalten, die ja teilweise, wie Herr Tichy, vielfach dem bürgerlich-konservativen, grundgesetzkonformen Spektrum zugerechnet werden, kann doch kaum ernst gemeint sein.

    Viel unproblematischer wären solche Listen, wenn sie nicht über den Kanal und mit der Reichweite des öffentlich-rechtlichen, staatlich finanzierten Rundfunks erfolgen würden. Aber so kann ich mir wirklich nicht vorstellen, dass Böhmermann (der sich ja auch schon ausdrücklich selber als „nicht links“ positioniert hat und wohl eher dem bürgerlich-liberalen Spektrum zuzuordnen ist) das „ernst“ meint.

    Noch eine Überlegung: Bei Böhmermanns Aktionen und natürlich Kunst und Satire im Allgemeinen kann immer zwischen der künstlerischen, ästhetischen und der politischen Wirkung unterschieden werden (obwohl es natürlich ineinander greift.) Das Schmähgedicht fand ich beispielsweise aus verschiedenen Perspektiven künstlerisch gelungen, politisch aber wegen seiner rassistischen Aussagen und damit verbundenen möglichen realen Auswirkungen verfehlt.

    Bei der aktuellen Aktion finde ich die politische Wirkung zumindest teilweise gut. Zum einen hat die ganze Sache eine hohe aufklärerische Wirkung, viele hören so zum ersten Mal von Reconquista Germanica. Ich persönlich finde auch Blocklisten mit (bestimmten) bürgerlich-rechtskonservativen Menschen drauf gut. Denn diese Menschen sind zwar keine Trolle und bewegen sich formal im demokratischen Rahmen. Inhaltlich arbeiten sie jedoch an der Abschaffung grundgesetzlicher Werte, Paradebeispiel Beatrix von Storch. Ich halte diese Akteur*innen für mindestens so gefährlich wie die Trolle und sie sollten mit allen legalen Mitteln bekämpft werden. Das muss aber (ich halte das für so selbstverständlich, dass ich denke, dass auch Herr Böhmermann es so sieht), aus zivilgesellschaftlichen und nicht öffentlich-rechtlichen Strukturen kommen.

  42. Black- oder White-Listing ist eine Funktion verschiedenster Netzangebote. Man kennt es seit ewigen Zeiten aus usenet, eMail(-Produkten), „Blockern“ aller Art, chat(-Produkten) usw. In einem sehr allgemeinen Kontext bzgl. des Verhaltens realer Personen im Netz hat man thematisiert, dass sich solche (automatischen, teil-automatischen, algorithmisch gesteuerten oder individuell erstellten) Listings auf Dauer und auf große Zahlen bezogen zu „Echokammern“ und „Filterblasen“ entwickeln können/müssen und bei strukturellem Einbezug in Systeme negative Folgen haben können für öffentliche kommunikative Prozesse. Andererseits wurde/wird immer auch betont, dass es nur eine Individualentscheidung sein kann, was man (im Netz) betrachtet / verfolgt / liest…
    Der wesentliche Punkt jedes Black-/White-Listings ist die Individualentscheidung – man erlaubt einem Algorithmus per Schalter das Filtern von Mail-Eingängen, man setzt einen chat-Teilnehmer auf eine ignore-Liste, man installiert wissentlich/willentlich eine Blockliste für den eigenen account bei Twitter/sonstwo. Mit dieser prinzipiellen Tatsache sollte klar sein, dass es nicht die „Listen“ selbst sein *können*, die hier in Kritik geraten – denn sie sind solange völlig wertlos, bis sie von einer konkreten Person tatsächlich genutzt werden und dann ist es die dieser Person allein zukommende Entscheidung, die von (irgendeinem) anderen nicht be- oder verurteilt werden kann.
    Letztlich geht es bei der Kritik der hier in Rede stehenden Listen also nicht um die „Listen“, sondern um das mediale Drumherum, die Werbung dafür von irgendwelchen bestimmten Personen bzw. die „Propaganda“ dafür/dagegen.
    Dabei sollte man auch berücksichtigen, dass hier nur ein einziges Produkt („Twitter“) von Belang ist. Das bedeutet von Haus aus, dass selbst wenn ungefähr dasselbe auch noch für das Produkt „facebook“ oder „Instagramm“ oder sonstwas eingeführt würde, die sonstige Netzlandschaft völlig unberührt bliebe – alle Blogs, Nachrichtenkanäle, Webseiten, Feed-Dienste usw. sind vom hier in Rede stehenden Black-/White-Listing nicht betroffen. Es handelt sich also um eine bestenfalls lokale, eigentlich marginale Auswirkung, die letztlich gar nichts befördert oder hindert, soweit es öffentliche Auswirkungen betrifft.
    Hinzu kommt für den deutschsprachigen Raum eine weitere Marginalisierung: es gibt Netzsprachräume und bestimmte Nutzertypen, die Dienste wie „Twitter“ beständig nutzen – und zwar mindestens proaktiv. Das bedeutet, dass sie ständig in ihrem account eingeloggt sind (z.B. über ihr Telefon). NUR dann kommt auch überhaupt eine account-bezogene Blockliste für einen Dienstnutzer zur Anwendung. Ist man nicht in „Twitter“ eingeloggt mit seinem account, gibts auch keine Blocklist. Für den deutschsprachigen Raum gilt derzeit, dass erstens relativ zu anderen Sprachräumen die Dienstnutzung relativ niedrig ist und zweitens, dass die wohl weit überwiegende Zahl an Nutzern keineswegs in den Dienst eingeloggt ist. Für diese sehr große Zahl ist die gesamte „Listing“-Diskussion vollkommen belanglos. Es ist ein aufgeblasenes Thema von „Twitter“-Aktivisten unter sich.

  43. #42 Böhmermann hat die Links zu den beiden Listen für fünf Minuten auf seinem privaten Twitteraccount veröffentlicht, nicht in öffentlich-rechtlichen Kanälen.
    Die von Böhmermann geteilten Links führen zu zwei Sammlungen von Twitter-Codes, reinen Zahlenkombinationen. Man sieht die Namen der gelisteteten Twitter-Accounts erst dann, wenn man auf seinem eigenen Twitter-Profil die entsprechenden Schritte durchläuft, um die Liste im eigenen Profil zu nutzen.

  44. #44, Electric
    falls Sie mich meinen. Ich finde, dass das keinen Unterschied macht. Oder finden Sie nicht, dass Böhmermann seine öffentlich-rechtliche Sendung + Internetauftritt dafür nutzt, um Öffentlichkeitsarbeit für diese „private“ Twitteraktion zu machen? Etwas anderes wäre es, wenn er die Aktion ausschließlich über seinen privaten Account betrieben hätte.
    So aber ist das für mich untrennbar verbunden.

  45. #45 Sehe schon einen Unterschied darin, ob jemand im ÖR Listen mit Profilnamen veröffentlicht oder auf seinem privaten Account eine Sammlung von Codes für zwei Blocklisten.
    Und ich finde nach wie vor, dass es zur Beurteilung von #ReconquistaInternet nicht irrelevant ist, ob diese Listen dort überhaupt eine Rolle spielen, auch weil der Artikel mit dem Vergleich von Die Welle endet. Wenn Sie den # beobachten, dann sprechen die meisten der dort engagierten Leute davon, dass diese Listen nicht oder kaum genutzt werden.

  46. #46
    Ich glaube, wir sagen let’s agree to disagree. Ich finde, wenn jemand seine öffentlich-rechtliche Position nutzt, um etwas, das er dann „privat“ tut (wobei das ja auch schwer zu trennen, aber natürlich sein gutes Recht, ist) zu bewerben, dann ist das nur ein sehr gradueller, kein substantieller Unterschied.
    Im Ergebnis sind wir vielleicht gar nicht sehr weit voneinander entfernt. Ich glaube auch nicht, dass diese Listen viel genutzt werden, oder dass das im Ergebnis sonstwie sehr schädlich ist. Das ändert aber nichts an meiner allgemeinen Einschätzung, dass Böhmermann diese Liste „satirisch“ gemeint hat. Ich fände das zumindest sehr befremdlich. Aber ich mag mich irren.

  47. #46 Klar, ich sehe Böhmermann auch ziemlich bürgerlich-liberal und das passt nicht gut zusammen. Ich denke nur, Blocklisten sind einigermaßen gängig geworden, weil auf Twitter einfach viel gepöbelt wird. Warten wir ab, ob Sie richtig liegen.

  48. #48
    Ich finds ja in vielerlei Hinsicht auch in Ordnung (für mich kommt Tichy kurz nach dem Antichrist). Und gut möglich, dass ich mich irre.

  49. #50 Dodillet:

    Ich würde eher sagen, Sander schreibt in seiner taz-Kolumne recht weit an der eigentlichen Kritik vorbei. Natürlich hat jeder das Recht, Leute auf twitter zu blocken.

    Bittner & co. argumentieren, dass Leute, die in exponierter Position für Demokratie und Rechtsstaat streiten wollen, mit guten Argumenten für ihre Sache einstehen und nicht Anhänger zu massenweise Block- und Meldeaktionen aufrufen sollten. Und das noch mit einer völlig unseriösen algorithmusbasierten Kontaktschuld-Liste, die ja durch ihre Zusammenstellung nicht schöner ausdrücken könnte, wie egal es Böhmermann anscheinend ist, wieviele Leute als algorithmischer Beifang sich jetzt „rechte Trolle“ nennen lassen dürfen. Von der unsäglichen und manipulativen Reyk Anders-Doku ganz zu schweigen.

    Das hat auch nichts damit zu tun, ob Rechte, oder das, was man in der eigenen Filterblase alles für rechts hält, überhaupt „den Diskurs wollen“ oder nicht. Wenn man behauptet, für „Liebe und Vernunft“ zu stehen, dann muss man auch mit Vernunft streiten. Damit wird man selbstverständlich nicht jeden Rechten überzeugen, aber die gesellschaftliche Mitte ganz sicher mehr stützen als mit antagonisierenden Blockaufrufen.

  50. #37, Stefan Niggemeier: „Wenn ich es richtig sehe, haben die „Amerikaner, Russen, Engländer und Franzosen“ von 1920 bis 1939 die Nazis nicht bekämpft. “

    Eben. Da war in weiten Teilen Appeasement angesagt. Chamberlain, Münchner Abkommen, sollen wir das noch mal rekapitulieren?

    „Es geht doch in dem Tweet nicht um den Umgang mit Nazis in der Vorkriegszeit.“

    Doch, ausdrücklich:

    „nachdem sie lange mit ihnen geredet, viel Verständnis gezeigt, ihnen zugehört und ihre Ängste ernstgenommen haben“

    twittert Böhmermann. Was meinen Sie, worauf sich das bezieht?

    #38: „Die Einschränkung auf 1920-39 kommt jetzt von Ihnen. Sie kommt nicht von mir, nicht von Niggemeier und ganz sicher nicht von Böhmermann, der sich in seinen Tweet auf das Datum besagter totaler Kapitulation bezieht, die bekanntlich erst ’45 war.“

    Dito:

    „nachdem sie lange mit ihnen geredet, viel Verständnis gezeigt, ihnen zugehört und ihre Ängste ernstgenommen haben“

    Aber is schon klar: 1920 – 1939 ist eine „Einschränkung“ – während Sie ganz besonders ‚groß‘ und ‚weit‘ denken und lieber nur auf 1945 fokussieren. Vorgeschichte ist irrelevant, erst Recht wenn sie der böse Böhmermann noch mal so deutlich in Erinnerung ruft.

    „Insofern meint Böhmermann vermutlich nicht nur Straßenschlachten in farblich abgestimmten Hemden.“

    Sondern so grauenhafte, menschenverachtende Sachen wie Blocklisten. Das geht ja gar nicht, schon klar. Um maximale Empörung darüber zu erzeugen, muss das Appeasement einfach ignoriert werden, von innen wie von außen.

    #40: „Und kommen sich dabei nicht selbst ein bisschen dämlich vor? Ich bitte Sie.“

    Ich käme mir sehr dämlich vor, wenn mir nicht mehr einfallen würde, als Ihnen. ‚Die Nazis „damals“ dürfen erst ab 1939, nein besser noch als ab 1943 gedacht werden und Sie sind doof.‘ Aber fühlen Sie sich ruhig ganz besonders ’schlau‘ damit, hobbymäßig oder professionell.

  51. @someonesdaughter:

    nachdem sie lange mit ihnen geredet, viel Verständnis gezeigt, ihnen zugehört und ihre Ängste ernstgenommen haben

    … bezieht sich meiner Meinung nach auf den Umgang mit Rechten heute. Es macht gar keinen Sinn, dass sich das auf die Zeit vor dem 2. Weltkrieg beziehen soll, denn es geht ja um den Tag der Kapitulation.

    (Wir sind da anderer Meinung. Aber wollen Sie wirklich in dieser Pampigkeit hier weiterdiskutieren?)

  52. #50: Im Gegenteil, der TAZ-Autor arbeitet in einem relativ kurzen Text alles Wesentliche heraus:
    – Einen verfassungsrechtlichen Anspruch auf ein Auditorium gibt es nicht: Jeder kann seine Meinung sagen, aber niemand muss ihm / ihr zuhören.
    – AfD’ler und andere Rechtsextremisten sind an einem Diskurs nicht interessiert, weil sie die offene Gesellschaft ablehnen und eine biologistische definierte Stromlinien-Gesellschaft ohne abweichende Meinungen zurückwollen. Daher werden abweichende Meinungen automatisch nicht als diskussionswürdige Positionen, sondern als Angriff verstanden.
    – Bei den Positionen von Afd’lern und anderen Rechtsextremisten handelt es sich daher auch nicht um Positionen, die in einer offenen Gesellschaft ernsthaft diskussionswürdig und vertretbar sind. Man diskutiert schließlich auch nicht ernsthaft mit Flacherdlern, Impfgegnern, Reichsbürgern oder Homöopathen …

  53. #52 Daughter:

    Vom moralischen Hochsitz können Sie bitte ganz schnell wieder herunter kommen. Niemand in diesem Strang bestreitet, dass die späteren Alliierten in den Jahren vor Ausbruch des Krieges eine Appeasement-Politik gegenüber Nazideutschland betrieben haben, die sich in der Folge als fatale Fehleinschätzung heraus gestellt hat. Niemand behauptet, dass Nazis „erst ab 1943 gedacht werden dürfen“.

    Ich schreibe es Ihnen gerne noch einmal hin. Herr Niggemeier schreibt:

    Man muss die „Rechten“ bekämpfen, scheint der Tweet zu sagen, wie die Nazis von damals, mit allen Mitteln, ohne Rücksicht auf Verluste, bis zur totalen Kapitulation.

    Darauf schreiben Sie:

    Wie sah denn das Bekämpfen der Nazis „damals“ eigentlich so aus? So zwischen … 1920 und 1933 zum Beispiel? […] „Mit allen Mitteln, ohne Rücksicht auf Verluste“? Ihr Ernst, Herr Niggemeier?

    Dabei bezog sich Herr Niggemeier erkennbar nicht auf sämtliche Jahre der Naziherrschaft. Das hat hier auch jeder verstanden. Außer Ihnen. Mehrere Kommentatoren, inklusive des Blogherren, haben Sie auf Ihren Irrtum hingewiesen, und trotzdem machen Sie weiter mit Ihrer Scheindiskussion und imaginieren, hier würde irgendjemand der These widersprechen, dass die Nazis sträflich spät bekämpft worden wären.

    Und natürlich fragen Sie nicht sachlich, ob Herr Niggemeier da vielleicht etwas falsch formuliert hätte, nein, unter einem pöbelnden „Ihr Ernst Herr Niggemeier?“ machen Sie es einfach nicht. Aber die Trolle, das sind immer die anderen.

    Über Ihr Auftreten hier sollten Sie wirklich einmal nachdenken.

  54. @Th. Koch: Sie meinen also, weil die Rechte abweichende Meinungen automatisch nicht als diskussionswürdige Positionen, sondern als Angriff versteht, sollten wir die abweichenden Meinungen der Rechten nicht als diskussionswürdige Positionen, sondern als Angriff verstehen?

  55. @56: Man sollte nicht diskussionswürdige Positionen nicht als diskussionswürdige Positionen, sondern als nicht diskussionswürdige Positionen verstehen, siehe auch #12.

  56. @Someones Daughter, echt jetzt?

    Vorgeschichte ist irrelevant, erst Recht wenn sie der böse Böhmermann noch mal so deutlich in Erinnerung ruft.

    Hat keiner hier behauptet, aber hey! Und Böhmermann hat sich deutlich auf ’45 bezogen, nicht deutlich auf ’20-’39.
    Sowohl vor als auch nach ’39 war „Verständnis zeigen“ und „Ängste ernst nehmen“ nicht gerade die einzige oder wichtigste Strategie gegen Nazis. Dass man mit ihnen trotzdem noch geredet hat, mag man im Nachhinein für dämlich halten, aber Sie haben vllt. trotzdem Verständnis, dass man gewisse Vorbehalte hatte, Probleme mit Waffengewalt zu lösen.
    Aber anscheinend – bei so viel Ironie weiß man ja nie – hält Böhmermann „Reden“ für keine geeignete Strategie (mehr).

    „Insofern meint Böhmermann vermutlich nicht nur Straßenschlachten in farblich abgestimmten Hemden.“

    Sondern so grauenhafte, menschenverachtende Sachen wie Blocklisten. Das geht ja gar nicht, schon klar. Um maximale Empörung darüber zu erzeugen, muss das Appeasement einfach ignoriert werden, von innen wie von außen.

    Die einzigen „Blocklisten“, auf denen die Nazis seinerzeit standen, waren Blockwartlisten. Da Blocklisten nicht dabei geholfen haben, die Nazis zu besiegen, weiß ich nicht, wieso ein Vergleich mit der Nazizeit ein Argument für Blocklisten sein soll, selbst, wenn Böhmermann das dafür hält.
    Ignorieren ist ja _noch_ weniger tun als Apeasement.

    Aber wer weiß, vllt. soll das wirklich heißen: „Die Nazis konnten nur mit massiver Gewalt aufgehalten werden. Ergo sind Blocklisten das Mittel der Wahl gegen Tichy und die AfD.“ Falls ja, sorry, das hat er aber gut getarnt.

    Und nein, Blocklisten als solche sind jetzt nicht menschenverachtend, aber die Art, wie er seine mediale Reichweite für seine politischen Ziele ausnutzt, ist vllt. eeetwaaas, nunja, berlusconihaft?

  57. #54 Th. Koch:

    Wobei – vielleicht habe ich das nicht klar genug gemacht – es doch gerade mein Punkt ist, dass das, was Sie jetzt als das Wesentliche bezeichnen, gerade nicht die Kritik von Bittner & Co. ist. Sanders Punkte sind ja nicht falsch, aber sie können die Kritik nicht entkräften, weil sie gar nicht an der Kritik ansetzen.

    Es gibt kein Grundrecht, nicht geblockt zu werden. Stimmt. Reconquita Germanica ist an einer Diskussion nicht interessiert. Stimmt. Das ist aber gar nicht der Punkt der Kritik.

    Die Kritik sagt vor allem, dass eine intransparente Blockliste, die offensichtliche Fehler enthält, keine Grundlage sein sollte, auf der eine demokratisch-gesellschaftlich exponierte Person mit Reichweite andere Leute als „rechte Trolle“ klassifiziert. Das sei Machtmissbrauch und jedenfalls völlig ungeeignet, wenn man „Liebe und Vernunft“ für sich reklamiert.

    Aus der Feststellung, dass es obiges Grundrecht nicht gibt oder Reconquista Germanica nicht am Diskurs interessiert ist, folgt ja noch lange nicht, dass deshalb eine solche Liste unproblematisch ist. Wohl gemerkt kann man das finden, aber da müsste man schon ein bisschen mehr argumentieren als Sander, um da hin zu kommen.

    Ihr letzter Punkt, die Positionen der Rechten seien nicht vertretbar oder diskussionswürdig, ist allerdings keine Zusammenfassung von Sander, jedenfalls finde ich in seiner Kolumne keine Stelle, die das aussagt. Da müssten Sie bitte noch einmal darlegen, wo Sie das ausgesagt sehen.

  58. #57 Th Koch:

    Man sollte nicht diskussionswürdige Positionen nicht als diskussionswürdige Positionen, sondern als nicht diskussionswürdige Positionen verstehen.

    Damit drehen Sie sich dann aber im Kreis, das ist gerade die Kritik. So wie Sie rechte Positionen als „nicht diskussionswürdig“ definieren, definieren Rechte Ihre Position als nicht diskussionswürdig. Am Ende redet niemand mehr mit niemandem.

    Das einzige, das Sie dann noch sagen können ist, ja, aber ich habe Recht und die anderen sind die nicht diskussionswürdigen! Die Kritiker sagen: gerade um das unter Beweis zu stellen muss man mit Argumenten kommen statt mit Ausgrenzungen. Es geht dabei gar nicht darum, die rechten Hardliner zu überzeugen. Es geht um die diffus unzufriedenen Mitläufer, die man jedenfalls dann garantiert nicht überzeugt, wenn man sie ausgrenzt.

  59. #60 Illen,
    Naja, Ihrer Haltung zufolge müsste ich dann aber auch mit Holocaustleugner*innen diskutieren. Natürlich ziehen wir Grenzen des „Diskussionswürdigen“. Das sollten wir nur transparent machen.

  60. @61 Maike
    Was wollen Sie denn sonst mit denen machen? Nur mal angenommen Ihnen begegnet so eine Art David Irving in irgendeiner zufällig zusammengesetzten Runde, der abstruse Theorien absondert, die den Holocaust leugnen.
    Ignorieren Sie ihn? Gehen Sie einfach weg? Zeigen Sie ihn an? Verhauen Sie den? Machen Sie irgendwas, worauf ich gar nicht komme? Oder widersprechen Sie unüberhörbar?
    Falls Sie sich für das Letzte entscheiden, sind Sie bereits in der Diskussion, deren minimalstes Ergebnis letztlich auch nur darin bestehen kann, dass allen Beteiligten klar wird, dass der Dissens besteht und nicht überwunden werden kann.

  61. #61 Maike:

    Ich fände es zwar richtig, Holocaustleugnern sachlich, aber entschieden entgegenzutreten, aber ich sage nicht, dass Sie eine Pflicht dazu hätten. Ich stimme oben auch zu, dass man selbstverständlich jeden blocken darf, wenn man will.

    Die Kritik an Böhmermann, der ich zustimme, lautet, dass man als öffentliche Person mit Einfluss nicht auf Basis einer windigen und offensichtlich fehlerbehafteten Liste seine Anhänger zum antagonisierenden Lagerdenken aufrufen sollte, wenn man selbst für „Liebe und Vernunft“ stehen will.

  62. Der Begriff „Troll“ scheint inzwischen fast schon inflationär verwendet zu werden, wobei dann tatsächlich oftmals nicht mehr der Diskussionsstil einer Person, sondern die von ihr geäußerten Thesen der Anlass für ein entsprechendes Verdikt darstellen.

    Überhaupt habe ich den Eindruck, dass Totschlagargumente, Killerphrasen, analytisch wertlose Negativ-Etikettierungen, Ad-hominem-Argumente, genetische Fehlschlüsse und Kontaktschuld-Argumente zumindest in Internet-Diskussionen in der letzten Zeit sogar noch populärer geworden sind.

  63. „Überhaupt habe ich den Eindruck, dass Totschlagargumente, Killerphrasen, analytisch wertlose Negativ-Etikettierungen, Ad-hominem-Argumente, genetische Fehlschlüsse und Kontaktschuld-Argumente zumindest in Internet-Diskussionen in der letzten Zeit sogar noch populärer geworden sind.“

    Ich bin seit über 20 Jahren viel in Technik Foren unterwegs und selbst dort ist das alles schon ewig anzutreffen. Liegt vermutlich in der Natur des Menschen einfach „Recht haben zu wollen“ und das mit allen Mitteln.
    Das es populärer geworden ist könnte daran liegen, dass es noch weniger populär geworden ist Schwächen zu zeigen z.B. in dem man sich überzeugen lässt. Schade, da es mMn eher eine positive Eigenschaft ist Standpunkte mittels neuem Imput zu verändert/weiterzuentwicklen.

    Man muss sich einen Provokations-Filter antrainieren damit man schmerzfrei im Netz unterwegs sein kann.

  64. #64 LLL

    Ja, das sind letztlich alles Delegitimierungsversuche abseits der Sachebene, sie sind schön einfach und sicher gerade deshalb beliebt.

    „Troll“ war früher einmal der Begriff für Leute, die absichtlich abwegige Positionen einnehmen und Spaß daran haben, damit Diskussionen zu zerstören.

    Es war wohl nur eine Frage der Zeit, bis Leute, die im Kampf für die eigene gute Sache keine Rücksicht auf Anstandsregeln nehmen, entdecken, dass man damit wunderbar den Gegner delegitimieren kann. Denn wenn der ein „Troll“ ist, dann kann er seinen Standpunkt ja nicht ernst meinen, und deshalb muss ich mich auch nicht mit ihm auseinandersetzen.

    Im Zuge von 4chan&co. kam dann noch das „Trollen“ im Sinne von online einen (üblen) Streich spielen bzw. provokativen bis grenzwertigen Schabernack treiben dazu. Am Ende der Kette stehen dann Leute wie Reyk Anders oder Böhmermann, die Trolle im Sinne von grenzwertigem Schabernack mit rechten Hetzern unter denselben Begriff fassen, weil ihnen das ideologisch oder aus persönlicher Antipathie (den Eindruck muss man bei Anders‘ Lösch Dich-Doku gewinnen) in den Kram passt.

  65. Ich kann den Kern der Kritik nachvollziehen, sehe aber im Ergebnis wenig mehr als einen Sturm im Wasserglas.

    Dass man auch im öffentlich-rechtlichen Fernsehen politisch Stellung „gegen rechts“ (ich sag’s mal bewusst so allgemein) bezieht, gerade in Satiresendungen, ist nach meinem Empfinden ohnehin Alltag. Heute show und Pufpaff mit Gästen fallen mir da spontan ein.

    Bömermanns Listen sind nach meinem Verständnis einfach ein Versuch aufzuzeigen, was der Einzelne konkret machen kann, wenn er etwas gegen dieses ganze Deutschland-geht-bald-unter-wenn-nicht-…(im Zweifel irgendwas mit Flüchtlingen)-Internet-Vollgekotze machen will. Den halte ich zwar für wenig gelungen, u.a. weil er sich auf ein Medium bezieht, das in meinen Augen gerade aus Journalistenperspektive gnadenlos überschätzt wird.

    Aber hey, einen Königsweg gibt es sowieso nicht und Bömermann versucht zumindest mit seiner Reichweite, die Ohnmacht und Hilflosigkeit im Umgang mit rechten Troll-Kommentaren ein wenig zu bekämpfen. Und während die „Guten“ (auch hier bleibe ich mal sehr allgemein) die ganze Aktion schon wieder in ihre Einzelteile zerlegen, über das selbstbeschränkende „Darf man das?“ diskutieren und notwendige Differenzierungen anmahnen, malen sich die RG-Sturmtruppler als sozusagen im Internet bewaffneter Arm der Vertreter eines Deutschland-den-Deutschen schon das nächste Bildchen mit Bömermann-Curbjob, imaginieren sich die rechten Schreiber und Politiker eine auf jeden Fall undifferenzierte, sie unterdrückende, volkskörperfeindliche, linksgrünversiffte Gegnerschaft zusammen und bekämpfen diese schon längst mit den gleichen Mitteln, wie der taz-Artikel aufzeigt. Die lachen sich doch kaputt darüber, wie dieses winzige Fitzelchen „Internet-Strategie“ auch gleich wieder zerredet wird.

    Fazit: Lasst den Bömermann doch einfach mal machen.

  66. @ SN: Die

    Die Kritik am objektiven Verhalten von Böhmermann ist nachvollziehbar, aber ich vermute, dass Sie die subjektiven Motive und Überlegungen hinter diesem Verhalten überinterpretieren. Vielleicht liege ich das falsch (ich bin kein Böhmermann-Experte), aber ich würde vermuten, dass irgendein Berater oder er selbst auf die Idee gekommen ist, dass er auf diese Weise Aufmerksamkeit generieren kann, und dass er es deswegen eben gemacht hat. (Dasselbe würde ich im Zusammenhang mit dem „Schmähgedicht“ vermuten.) Dass es rechts nicht mag und meint, man solle etwas dagegen tun, bezweifle ich nicht. Die Frage aber etwa, ob er implizieren möchte, dass man die heutigen Rechten „ohne Rücksicht auf Verluste“ wie in einem „Krieg“ bekämpfen müsse, hat er sich, so würde ich vermuten, noch nicht einmal gestellt.

    @ Christoph Rauland, Illen:

    Was mich ja wundert ist, dass die Unsachlichkeit von entsprechenden Leuten selbst nicht als peinlich empfunden wird. Würde ich so entsprechend schreiben, hätte ich das Gefühl, mich in den Augen all jener Leute, die ein wenig Diskussionskultur haben, gründlich zu blamieren.

  67. Es ist doch der wesentliche Grundgedanke der Rechten das einige Menschen mehr Wert als andere haben-mal mehr mit Zuckerguss versehen-mal weniger!
    Und das wenn es Rechten gefühlt schlechter als anderen geht sind immer die anderen schuld!
    Und sie hätten aus mehr oder weniger mythologischen Gründen recht darauf ihre Rechte in Anspruch zunehmen,auf die Art wie sie es verstehen.
    Weil Demokraten schwach sind,hätten sie die Pflicht das Denken und Handeln für alle anderen zuübernehmen!
    Durch die Mittel der Demokratie die Demokratie aushebeln und letzlich zu zerstören mal mehr, mal weniger subtil…
    Durch Schwächung/Überforderung der Aufmerksamkeit von Demokraten…
    Und jemand wie Böhmermann hat das verstanden und Kritiker müssen sich fragen lassen was sie für die Stärkung unserer Demokratie tun oder ob sie durch Kritik an Böhmermann den Rechten in die Hände spielen …freiwillig?
    Oder doch auf der Suche nach einer Stärke wie sie die Demokratie anscheinend nicht zubieten hat?!

  68. Ich habe entschieden, dass ich als freischaffende Flauscherin Kommentare zu Trollen schreiben möchte. Trolle vergiften Foren, und endlich gibt es vielleicht ein Mittel dagegen. Trolle sind für mich Foristen, die (mutmaßlich) absichtlich eine dumme Provokation, nicht zum Thema passend oder Blödsinn schreiben, die grob beleidigen, sehr vulgär sind oder drohen.

    Gleichzeitig mache ich mir Sorgen. Wenn ich ein Posting verspotte oder Nonsense dazu schreibe, dann ist das ein agressiver Akt, Gewalt, und nicht nur eine Meinungsäußerung. Meine Sorge ist, dass nicht nur Trolle, sondern generell anders Denkende Opfer derartiger Aggressionen werden. Trolle zu bekämpfen, hilft der Meinungsfreiheit, weil Diskursräume in einem angenehmen Zustand und für jeden, auch für Sensiblere, nutzbar gemacht werden. Wenn aber „Reconquista Internet“ dazu führt, dass Meinungen, und nicht nur radikal rechte Meinungen, niedergeschrien werden, dann gibt es wirklich ein Problem für die Meinungsfreiheit.

    Es kommt vor – gerade im Internet – dass radikale oder narzistische Machtmenschen die Führung in Gruppen übernehmen und sie für ihre persönlichen ungesunden Bedürfnisse instrumentalisieren. Ich hoffe, dass sich aus „Reconquista Internet“ keine linke Tugendterrorgruppe entwickeln wird.

  69. Jan Böhmermann macht sich damit doch eher gemein mit denen die er vorgibt zu kritisieren.
    Wie er Jochen Bittner von der ZEIT angegangen ist, ist unerhört.
    wenn das so weitergeht kommt man in eine Spirale , die Richtung McCarthy oder Stalin geht.
    Bald bin ich dann als ZEIT-ABONNENT und Bittner Leser wohl auch auf Listen zu finden?

    So geht das einfach nicht.

  70. @73
    Übermedien ist eigentlich noch das einzige Medium, dessen Kommentarspalten ich gerne lese. Es waren hier so erfrischend wenig Panik-Pauls und Winsel-Willys unterwegs.

    Aber jetzt?! Die Böhmermann-Spirale! McCarthy oder Stalin!
    Oh mein Gott! Wir werden alle schterbm!

  71. Fast so schlimm wie Hitler! Unerhört!
    Da wagt es ein Journalist, einen adneren zu kritisieren!
    Der Untergang der Demokratie ist das, das sage ich euch.
    Wo kommen wir denn hin, wenn hier jeder sagen darf, was er will!

  72. Böhmermann tut wenigstens etwas. Während fast alle anderen nur Aufzeigen, Rumjammern, ertragen, merkellike Kommissionen erbitten…oder am schlimmsten überhaupt, jetzt, die dümmste aller Fragen stellen: Darf der/man das?
    BRAVO! Selten dumm mit Blick auf das Handbuch dieser RG Trolle: Unter jedem Artikel im Netz der gleiche HateDreck. Persönlich. Diskurs? Unerwünscht! Verbalkrieg mit Flankierung.
    In D werden Links- und Rechtsextremismus wie Traditionen mit Bestandschutz behandelt. :raute:

  73. Guilty by association? Haben wir denn schon wieder Sippenhaft? So als Gegenbeispiel, ich bin mir sicher der eine oder andere hier folgt Trump bei Twitter. Jemand verfolgen ist keine Zustimmung. Wer glaubt, das so handhaben zu müssen, verstärkt ja erst recht die Filterblase, in der er lebt.

  74. @53: „… bezieht sich meiner Meinung nach auf den Umgang mit Rechten heute.“

    Nachdem die Amerikaner, Russen, Engländer und Franzosen lange mit ihnen (den Nazis) geredet, viel Verständnis gezeigt, ihnen zugehört und ihre Ängste ernstgenommen haben, bezieht sich auf heute?

    „Es macht gar keinen Sinn, dass sich das auf die Zeit vor dem 2. Weltkrieg beziehen soll, denn es geht ja um den Tag der Kapitulation.“

    Der war aber 1945, nicht heute. Die Kapitulation folgte einem Krieg, dem langes mit Nazis reden, viel Verständnis zeigen, ihnen zuhören und ihre Ängste ernst nehmen vorausging: Appeasement eben.

    Und wenn Sie meinen Stil für pampig halten, was ist dann das:

    „nein, unter einem pöbelnden „Ihr Ernst Herr Niggemeier?“ machen Sie es einfach nicht. Aber die Trolle, das sind immer die anderen.“

    Ausser einem peinlichen Eigentor von Illen?

    Aber gut, wenn das der neue Umgangston hier ist, schreie ich einfach ab jetzt mehr „Kontaktschuld“, „Sippenhaft“, „Blockwart“, „Böhmermann muss weg“, „McCarthy-Stalin-unerhört“!!!!elf

    Wohl bekomm’s.

  75. @21 someonesdaughter: „Das eine schließt das andere nicht aus, stellen Sie sich mal vor. Sie dürfen Religionen kritisieren und der Staat hat sowohl dafür zu sorgen, dass Sie das können ..“

    Aha, warum gibt es dann ein Gesetz das mir das verbietet?

    „‚Nix darf man mehr sagen, mimimi‘. Sie dürfen! Sie tun es ja! Und jeder darf Ihnen widersprechen! „

    Es wäre gut, wenn Sie in einer Diskussion auf konkrete Aussagen eingehen und sich nicht etwas aus den Finger saugen. Es ging um eine kokrete Aussage darüber, dass über etwas nicht mehr diskutiert werden müsste und diese Aussage würde als besonders intelligent dargstellt. Ja! Mimmmmi, ich halte das für falsch.

    „Bestreiten Sie eigentlich, dass es Hass auf Muslime gibt? Oder soll man ihn nur nicht benennen dürfen?“

    Nein, das bestreite ich nicht und es gibt auch gute Gründe dafür.
    Ich bin unter Christen aufgewachsen und habe Hass auf Christen.
    Dafür gibt es auch Gründe.

    Ich hasse aber auch z.b Nazis und gierige Menschen. Und weiss nicht warum das verkehrt sein soll Menschen zu hassen, die anderen Menschen mit ihrer Überzeugung Schaden zufügen.

    Und ja, ich finde es absurd wenn der Staat Menschen schützt die das tun. Ihre „Religionsfreiheit“ tut genau das. Religionen unterdrücken Menschen!

    Ich habe das Glück gehabt in einer Zeit aufzuwachsen, in dem dieses Machtpotential zurück gedrängt wurde. Aber in ländlichen Regionen war die Kontrolle durch die Kirche noch bis in die 80’er hinein allgegenwärtig und für z.b. für Alleinerziehende Frauen kein Spaß. Meine Mutter hat sich Ende der 60’er (durch Flucht) davon schon selbst befreien können, aber wenn ich sehe welchen Druck heute junge Frauen durch muslimische „Gebote“ unterliegen, dann ist mir diese Religionsfreiheit egal.

    Vermutlich steht sie auch genau deshalb im Grundgesetz, weil die Kirchenfürsten sie 49 genau so in ihrem Sinne da haben wollten.

    und „anderer Max“:
    „Religionen sind eine Bedrohung und waren sie auch immer.“
    „Diese Aussage klingt so als ob das alles ganz eindeutig ist. „

    Genau so war das gemeint. Eine vermeintlich eindeutige Aussage durch eine andere zu relativieren. Sie haben es verstanden.

  76. Ach, noch eine Falsch Interpretation dessen was ich geschrieben habe.

    „(Absurd wird das ganze noch dadurch, dass gerade die Religiösen die schlimmsten Schwulenverachter sind. D.h. Islamisten“

    So werden dann schwupp-di-wupp Religiöse zu Islamisten

    Stimmt, das war ein Fehler.
    Ich hätte schreibensollen „So werden Religiöse in einem Satz gleichzeitig mit denen, die sie am meisten Hassen … “ –

    Ich habe durch das Wort „Islamisten“ versucht das zu relativieren, aber soweit ich das mitbekomme, ist die Verachtung gegenüber Schwulen bei gläubigen Moslems allgemein weit verbreitet.

    Aber ich würde nie auf die Idee kommen, alle Moslems als Islamisten zu bezeichnen, tut mir leid wenn das so rüberkam. Dafür kenne ich zuviele, denen der Glaube relativ egal ist. Wie auch unter Christen. Ansonsten hätte ich Schwierigkeiten hier zu leben. Mental und vermutlich auch physisch.

  77. @Daughter:

    „Nachdem die Amerikaner, Russen, Engländer und Franzosen lange mit ihnen (den Nazis) geredet, viel Verständnis gezeigt, ihnen zugehört und ihre Ängste ernstgenommen haben“, bezieht sich auf heute?

    Ja, das ist jedenfalls eine sehr nahe liegende Interpretation. Denn die Formulierung „ihnen zugehört und ihre Ängste ernst genommen“ ist erkennbar dem heutigen Diskurs rund um Pegida/neurechts/besorgte Bürger entnommen. Durch den Verweis auf 1945 kommt dann der ironische Bruch.

  78. @79:
    „Ich wollte nur testen, ob Sie aufpassen!“
    Ja ne, is‘ klar…

    Wissen Sie, ich bezeichne mich selbst als Atheist und als 16-jähriger hatte ich auch „Hass auf Christen“ … Aber mit Hass kommt man hier nicht weiter, egal welche Gründe man für diesen Hass hat.
    Zumindest dies meine ich bereits gelernt und verstanden zu haben.
    Auch habe ich mir abgewöhnt, über die Verbreitung von Phobien innerhalb einer Religionsgruppe zu spekulieren … Ich meine, steck’s ja nich‘ drin.

  79. @Daughter

    Es verlangt übrigens niemand von Ihnen, dass sie Ihre Meinung zum Thema ändern und jetzt „Kontaktschuld“ rufen. Es geht um Ihren Tonfall. Dass Sie beides anscheinend nicht auseinander halten wollen oder können, nun ja. Sie sollten es wirklich mal versuchen.

    Auf Kontaktschuld als problematisches Argumentsmuster hinzuweisen ist übrigens kein „Tonfall“, sondern der Ausdruck einer anderen Meinung. Sowas gibt es, Wahnsinn oder? Und das sogar in sachlich.

  80. @79: Welches Gesetz verbietet Kritik an Religionen?

    Menschen unterdrücken Menschen.

    Mir ist kein Fall bekannt, in dem Hass letztlich zu etwas Positivem geführt hat. Sie dürfen hassen, aber ich rege an, das zu überdenken.

  81. „Menschen unterdrücken Menschen.“

    Stimmt auffallend. Am besten, wir sperren alle Menschen ein, dann hat sich das Problem erledigt.

  82. „Ich habe durch das Wort „Islamisten“ versucht das zu relativieren, aber soweit ich das mitbekomme, ist die Verachtung gegenüber Schwulen bei gläubigen Moslems allgemein weit verbreitet. “

    Was ist denn ein ungläubiger Moslem? Ich mein, Religion definiert sich jetzt schon durch den Glauben, oder?

    Und was ist mit schwulen Moslems, die’s ja auch gibt?

    Für jemand, der meint, es gäbe ein Gesetz gegen Religionskritik, kritisieren Sie Religionen aber recht heftig. ;-)

  83. Das Problem bzw. der meistgeäußerte Vorwurf an der Aktion ist ja nicht, dass der eine oder andere rechte Internet-Hetzer dadurch potentiell von weniger Leuten wahrgenommen wird. Damit dürften die allerwenigsten ein Problem haben. Wer den RI-Move also nur auf der Basis dieses trivialen Umstands („Blocken von Hetzern ist okay“) blind verteidigt, zielt halt auf eine Strohpuppe, denn u.a. geht es ja um die aufgrund der beschriebenen Kriterien fragwürdige Zusammensetzung der Listen und einer evtl. ungerechtfertigten Stigmatisierung einiger darauf befindlicher Personen/Profile, was aber offenbar als Kollateralschaden einfach in Kauf genommen wird.

    Klar ließe sich RI unhinterfragt zugutehalten, dass doch „endlich mal irgendjemand etwas gegen die Nazis tut“, tja, aber ist es wirklich so einfach? Ich weiß ja nicht, ob diese Aktion wirklich etwas verbessert oder nicht doch wieder den Diskurscrashern von Rechtsaußen in die Karten spielt (Opferrolle und so), neben den Initiatoren selbst. Was bei der ganzen Sache nämlich meines Erachtens zu wenig beachtet wird, ist, dass am stärksten wohl wieder die Marke bzw. das Medienprodukt Böhmermann profitieren dürfte. Aufmerksamkeitsmanagement und das öffentlichkeitswirksame Okkupieren von Themen zur Selbstvermarktung beherrscht ja kaum einer besser zur Zeit, naja, abgesehen halt von denen, die er bekämpfen möchte… Ja, okay, es geht um eine Bühnenperson, geschenkt, trotzdem halte ich die Eitelkeit, das Selbstherrliche, das gerade auch im Kontext der „Pranks“ aus jeder Pore trieft, für der eigentlichen Sache nicht dienlich, da kann er seinem Gehabe noch so viele megaironische Disclaimer überstülpen. Das überloyale Publikum johlt ohnehin bei jeder noch so belanglosen Zirkusnummer im NeoMagazin und der Vorturner weiß mit welchen Mechaniken er sich billigen Zuspruch holt. Geht dann immer so im elitären Verbrüderungsmodus nach dem impliziten Motto: „Wir [die Oberschlauen] gegen die“ oder „Wer nicht für uns ist, ist gegen uns… oder zumindest doof“. Im Zweifelsfall ist es alles eh „nur Unterhaltung“ (Meta-Blabla dazu denken) und bei Anzeichen von ernstem Gegenwind finden sich zuverlässig früher oder später notorische B.-Verteidger in den Kommentarspalten ein – ja, dieses Muster ist nicht beschränkt auf…[ihr wisst schon].

    Ich bezweifle nicht, dass bei J.B. hehre antifaschistische Motive im Spiel sind, aber diesen Personalitykult braucht’s genauso wenig wie vordergründigen und selbstgerechten Klicktivismus. Zu hinterfragen sind natürlich auch Medienvertreter, die seit dem Schmähgedicht durch die Aussicht auf hohe Klickraten allein durch die Erwähnung des Namens ohne Ende pushen. Man sollte den Steinbachs, Petrys und Böhmermanns nur so viel mediale Aufmerksamkeit schenken, wie es unbedingt nötig ist. Etwas zugespitzt: Wenn J.B. wirklich satirischen Schneid hätte, würde er sich selbst mit auf die Liste setzen.

  84. @ Someones’s Daughter:

    „Und wenn Sie meinen Stil für pampig halten, was ist dann das:“

    Nur um das zu verstehen: Sie schreiben erst pampig in Richtung Stefan Niggemeier; und wenn der Sie auf schonende Weise um etwas mehr Sachlichkeit ersucht, dann weisen Sie als Antwort auf einen (Ihrer Meinung nach kritikwürdigen) Kommentar hin, der SPÄTER geschrieben wurde und NICHT von Herrn Niggemeier stammt?

  85. Ich kommentiere nur, damit hier am Ende nicht auch noch ausgerechnet 88 Kommentare stehen.

  86. @ Struppi:

    In einer freiheitlichen Gesellschaft schreibt der Staat niemandem vor, ob er religiös sein möchte oder nicht. Jeder kann religiös sein und auch öffentlich für seinen Glauben werben; jeder kann atheistisch sein und auch öffentlich für den Atheismus werben oder Religionen kritisieren. Und jeder kann agnostisch oder schlichtweg desinteressiert an religiösen Fragen sein.
    Gewisse Grenzen gibt es im Rahmen einer verfassungsmäßigen Ordnung, das ist klar. Aber ansonsten kann jeder für sich selbst entscheiden, wie er es halten möchte, ohne Angst vor der Polizei haben zu müssen.

    Das ist der Unterschied zu religiösen, aber auch zu anti-religiösen Diktaturen (wie z.B. der damaligen Sowjetunion), wo der Staat seinen Bürgern mit Gewalt eine bestimmte Weltanschauung aufzwingen möchte, und wo Menschen mit der „falschen Gesinnung“ verfolgt werden.

  87. Diskutieren Sie hier ernsthaft, ob ein im Zusammenhang mit 45 genannter Umgang von Amerikanern, Franzosen und Engländern mit Nazis sich auf *heute* bezieht?
    Für mich stand es nie in Frage, dass damit der Umgang mit den Nationalsozialisten vor Kriegsbeginn gemeint war, ich weiß ehrlich nicht, wie außer zwingend auf der Suche nach Kritikpunkten an Böhmermann eine andere Interpretation schlüssig sein könnte.

    Und mit Jochen „ich verklag andere Meinungen durch alle Instanzen“ Bittner würde ich auch nicht zum Thema Diskurs reden, die Fehlschlüsse denen er unterliegt werden darüber hinaus ja in dem bereits verlinkten TAZ Artikel entsprechend dargelegt.

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