ZDF-Fernsehrat

Zeitungsverleger: „Das wollen wir uns nicht vorschreiben lassen“

Der Bundesverband Deutscher Zeitungsverleger (BDZV) hat ein Problem mit dem ZDF-Staatsvertrag. „Der Gesetzgeber ist über das Ziel hinausgeschossen“, schreibt Dietmar Wolff, Hauptgeschäftsführer des BDZV. Klingt ernst.

Der Verband, in dem rund 300 Zeitungen organisiert sind, dürfte eigentlich einen Vertreter in den Fernsehrat schicken, das Kontroll-Gremium des ZDF. Das steht so im ZDF-Staatsvertrag. Verschiedene Verbände und Gruppierungen sollen dort die Gesellschaft, also die Zuschauer des ZDF, repräsentieren. Aber der BDZV hat niemanden geschickt. Immer noch nicht. Auch gut ein Jahr, nachdem der Fernsehrat neu besetzt wurde, ist der Platz des BDZV leer. Schuld ist, laut BDZV, nicht der BDZV, sondern eben: der Gesetzgeber.

Mann mit randloser Brille, leicht angegrautem Haar und schwarzem Anzug mit Krawatte schaut in die Kamera
Dietmar Wolff BDZV / Ausserhofer

Auf Anfrage von Übermedien schreibt Wolff, der BDZV wolle sich „nicht vorschreiben lassen, wen wir in den Fernsehrat zu schicken haben.“ Er spielt damit auf einen Passus im ZDF-Staatsvertrag an: Demnach dürfen Mitglieder des Fernsehrats nicht mit einem privaten Rundfunkunternehmen verbunden sein, also weder selbst Rundfunk, etwa Radio, anbieten – noch dort in einem Aufsichtsgremium sitzen.

„Wir halten diese Einschränkung für absolut unangemessen“, schreibt Wolff, „und auch sachlich nicht nachvollziehbar – was hat das ZDF mit Hörfunk zu tun?“ Die meisten Verlage hätten „entsprechende Berührungspunkte“ mit dem Hörfunk. Kurz: Die Vorschrift passt dem BDZV nicht.

Der Fernsehrat tagt Zeichnung: ZAPP / martinburkhardt.de

In der Tat dürfte es schwierig sein, im BDZV jemanden zu finden, der nicht irgendwas mit Privatradio zu tun hat. Zu vielen Verlage gehören auch private Radiosender, zum Beispiel über die Leipziger Regiocast-Gruppe, die nach eigenen Angaben an „rund drei Dutzend“ Sendern und Medienunternehmen beteiligt ist – und an der wiederum viele Verlage Anteile halten. Natürlich könnte der BDZV auch jemanden in seinem Auftrag in den ZDF-Fernsehrat schicken. Irgendwen mit Fernsehkompetenz. Aber das will sich der BDZV nicht vorschreiben lassen.

Das ZDF weiß davon bisher nichts. „Gründe für die Nichtbesetzung der BDZV-Funktion sind dem Fernsehrat nicht bekannt gemacht worden“, schreibt ein Sprecher des Fernsehrats. Und BDZV-Chef Wolff schreibt, sein Verband wolle die Angelegenheit „gern mit den politisch Verantwortlichen besprechen“.

Der BDZV übergeht folglich das Gremium, dem er eigentlich angehört, und wendet sich direkt an Politiker. An wen und wie, dazu mag der Verband nichts sagen: „Bitte haben Sie Verständnis“, so Wolff, „wenn ich nicht mitteilen kann, wer mit wem redet – hinterlegt ist es auf jeden Fall schon.“ Irgendwo.

Von den 60 Sitzen im Fernsehrat sind übrigens weitere zwei unbesetzt.

Das Land Sachsen-Anhalt ist berechtigt, einen Vertreter für „Heimat und Brauchtum“ zu schicken. Auf Anfrage schreibt Kulturminister Rainer Robra, der selbst als Landesvertreter im Fernsehrat sitzt, dass sich „auf Grundlage der landesrechtlichen Regelung“ Heimat- und Brauchtums-Verbände beworben hätten. Der zuständige Landtagsausschuss habe die Bewerbungen dann „erörtert“ und ihm, Robra, sei nun „mitgeteilt“ worden, „dass sich die Koalitionsfraktionen mittlerweile auf einen Verband geeinigt haben.“ Ende August solle dazu im Landtag ein „entsprechender Beschluss“ gefasst werden.

Auf die Frage, weshalb das so lange gedauert hat, verweist Robra an den Landtag. Dort ist man zunächst irritiert. Dann stellt sich heraus, dass es offenbar ein kompliziertes Prozedere ist: Die Landtagssprecherin sagt, es habe einen Antrag der Fraktion „Die Linke“ gegeben. Im Februar war das. Die Fraktion habe den Museumsverband Sachsen-Anhalt vorgeschlagen, der dann, würde er bestätigt, eine Person seiner Wahl schicken dürfte. Darüber sei auch beraten worden. Zu einer möglichen Entscheidung Ende August heißt es im Landtag aber, dass bis dato keine Beschlussempfehlung vorliege. Und jetzt ist ja auch erst mal Sommerpause, da mahlen die Mühlen noch langsamer.

Der dritte unbesetzte Platz ist der des Deutschen Gewerkschaftsbunds (DGB), dessen Vertreterin ihr Mandat Ende Februar niedergelegt hat, laut ZDF aus „persönlichen Gründen“. „Das Verfahren zur Wiederbesetzung des DGB-Platzes im Fernsehrat läuft derzeit“, so der Sender.

Solange ein Verband niemanden schickt, bleibt der Platz im Fernsehrat leer. Die Zahl der Mitglieder verringert sich dann lediglich. Eine Frist, möglicherweise ein Ausschluss jenes Verbands, der sich nicht beteiligt – das gibt es beides nicht. Die Bundesländer, die den ZDF-Staatsvertrag verabschiedet haben, sollen aber regelmäßig die Zusammensetzung des Fernsehrats überprüfen. Das passiert nur alle acht Jahre, das nächste Mal in rund sieben Jahren.

Sollte der BDZV darauf beharren, seinen Platz mit einem Radio-nahen Vertreter zu besetzen, müsste dafür der Staatsvertrag geändert werden, und dafür braucht es die Unterschrift aller Ministerpräsidenten. Das ist schwierig. Und dauert. Überhaupt ist fraglich, ob der BDZV nicht auch so jemanden finden könnte, der passt. Und ob in der Politik jemand Verständnis hat für die Nöte des Zeitungsverlegerverbandes.

13 Männer und Frauen stehen im Halbkreis im Landtag Nordrhein-Westfalen in Düsseldorf.
Neue Minister: Holthoff-Pförtner (r.), Wüst (4.v.r.) Land NRW / Hermenau

Immerhin hat der BDZV gute Kontakte. In Nordrhein-Westfalen, zum Beispiel, heißt seit vorigen Freitag der Verkehrsminister Hendrik Wüst (CDU). Das ist praktisch. In den vergangenen sechs Jahren war Wüst Geschäftsführer des BDZV-Landesverbandes in NRW. Auch der Weg zum Medienminister ist nicht weit: Stefan Holthoff-Pförtner (CDU) ist Verleger, hält Anteile am drittgrößten Verlag Deutschlands, der Funke-Mediengruppe. Sie gibt mächtige Zeitungen heraus in Nordrhein-Westfalen und ist natürlich auch im BDZV.

Und irgendwo ist die Sache mit dem Fernsehrat hinterlegt.

2 Kommentare

  1. „Das Land Sachsen-Anhalt ist berechtigt, einen Vertreter für „Heimat und Brauchtum“ zu schicken“

    Das hat mir eben den Morgenkaffee auf die Tastatur gespritzt. Heimat und Brauchtum, kein weiteren Fragen mehr zum ZDF-Programm
    Und warum ist die Stelle nicht besetzt? Kann man sich nicht einigen ob man einen rechtsradikalen Jugendlichen von der Tankstelle nimmt oder einen beige gekleideten AFD-Rentner? Erika Steinbach findet bestimmt auch noch einen Wohnsitz in S-A.

  2. Ich finde es gut, daß die Nebelkrähe Steinbach in Rente gegangen ist, nun bringen Sie sie nicht auf dumme Gedanken

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