Mehr über AfD

In Köln darf man jetzt also nicht mal mehr über Migration reden, und wenn, dann gefälligst nur positiv. Glaubt man diversen Medien, ist es tatsächlich so weit gekommen. Aber man sollte diesen Medien nicht glauben.
In zwei Wochen sind Kommunalwahlen in Nordrhein-Westfalen. Fast alle Kölner Parteien (CDU, SPD, FDP, Grüne, Linke, Volt und Die Partei) haben deshalb wieder mal ein „Fairness-Abkommen“ unterzeichnet. Das machen sie seit 1998, also schon ewig, es ist gewissermaßen kölsche Wahltradition. Initiiert wurde das Abkommen vom „Kölner Runden Tisch für Integration“, einem Verein, der sich für das Miteinander aller Kölnerinnen und Kölner einsetzt, einheimischer wie zugewanderter.
Die Parteien verpflichten sich in dem Abkommen, im Wahlkampf beim Thema Migration „inhaltlich fair zu bleiben“, keine Vorurteile zu schüren gegen Migranten oder Flüchtlinge und sie nicht für gesellschaftliche Probleme verantwortlich zu machen. Es geht nicht darum, das Thema Migration zu ignorieren. Es geht darum, „nicht auf Kosten von unter uns lebenden Menschen mit Migrationshintergrund Wahlkampf zu betreiben“.
Doch einige Medien behaupten plötzlich, es sollten Probleme totgeschwiegen werden. Das rechte Magazin „The European Conservative“ aus Ungarn etwa titelte, die AfD sei die „einzige Partei“, die im Kölner Wahlkampf offen über Migration sprechen dürfe. (Was der Milliardär Elon Musk auf X mit – wiederholter – Wahlwerbung für die AfD versah).
Die Quelle für den ungarischen Quatsch: die deutsche „Bild“-Zeitung, die vorige Woche über eine „bizarre Maulkorb-Vereinbarung“ fabulierte und behauptete, alle Kölner Parteien bis auf die AfD verpflichteten sich, „nur positiv über Migration zu sprechen“. Aber das stimmt nicht.
Richtig ist, dass die AfD das Fairness-Abkommen nicht unterzeichnet hat, sie wurde (aus Gründen) gar nicht erst darum gebeten. Und sie betont auch, dass sie es nicht getan hätte, was womöglich damit zu tun hat, dass sie sich auf gute Umgangsformen und eine differenzierte Debatte nicht so gerne festlegen möchte. Auf ihren Plakaten in Köln wirbt die Partei mit dem Slogan: „Abschieben statt Einfliegen“.
Es mangelt nicht an Falschmeldungen: Die „Welt“ behauptet, Migration bleibe im Wahlkampf „tabu“. Bei „Focus Online“ ist vom „Asyl-Schweigepakt“ die Rede, Chefkorrespondent Ulrich Reitz meint „kontrollierte Demokratie“ zu erkennen – so nennt es auch die Kölner AfD. „Tichys Einblick“ spricht von einem „Maulkorb“ und vergleicht das Abkommen tatsächlich mit der Omertá, dem Schweigekodex der Mafia. Und der Chef von RTL West, Jörg Zajonc, behauptet in einem auf X oft geteilten Video, Probleme durch Migration sollten „nicht stattfinden“ in Köln.
Der „Runde Tisch für Integration“ wehrt sich gegen „rechtspopulistische“ und „wahrheitswidrige“ Berichte in Medien, auch die CDU dementiert vehement, dass Migrationsthemen unterdrückt würden.
Kölner Bürger, die meinen, eine Partei verstoße gegen das Abkommen, können sich beschweren. Ombudsleute von der evangelischen und katholischen Kirche bewerten dann den Fall und können eine Partei „dazu auffordern, etwa einen Flyer nicht mehr zu verteilen oder ein Plakat abzuhängen“, schreibt der Verein. Und wie oft kam das vor in den vergangenen Jahren? Noch nie. Das unterschlagen die meisten Medien aber, und ebenso erwähnen sie oft nicht, dass es das Abkommen schon lange gibt.
Auch im aktuellen Wahlkampf hatten die Ombudsleute noch nichts auszusetzen. Eine einzige Beschwerde gab es bisher: über einen CDU-Flyer, auf dem „Nein zur Großunterkunft. Für ein sicheres, lebenswertes Agnesviertel“ steht. Die Ombudsleute finden das unproblematisch, sie mahnten lediglich sprachliche Präzision an für die künftige Kommunikation im Wahlkampf.
Im „Fairness-Abkommen“ heißt es auch, dass Migranten „nicht für negative gesellschaftliche Entwicklungen wie die Arbeitslosigkeit oder die Gefährdung der Inneren Sicherheit“ verantwortlich gemacht werden sollten. Vor allem diese Stelle wird von einigen Kommentatoren so ausgelegt, dass etwa über gewaltsame Angriffe durch Migranten nicht geredet werden dürfe.
Einer der beiden Ombudsleute, der evangelische Stadtsuperintendent von Köln, Bernhard Seiger, räumt gegenüber dem „Spiegel“ ein, dass das missverständlich sein könnte, vielleicht müsse man diesen Punkt umformulieren. Natürlich dürfe in der politischen Debatte nicht verschwiegen werden, woher Gewalt stamme. Aber auch bei einem „fürchterlichen Anschlag“ wie in Solingen, wo ein Asylbewerber mehrere Menschen erstach, handle es sich „um einen Einzeltäter“. Womit Saiger vermutlich ausdrücken will, dass sich das nicht verallgemeinern lasse.
Einige Medien machen bewusst Stimmung gegen das Abkommen, andere wiederum, wie „t-online“ oder der „Tagesspiegel“, laufen mit und schreiben ab, statt selbst zu recherchieren, was stimmt. Sie schienen „nicht einmal zwei Minuten investieren zu wollen, um die Berichterstattung zu überprüfen“, kritisiert der freie WDR-Journalist Cedrik Pelka. Und so sickert das falsche, von rechten Politikern (und Medien) erfundene Narrativ, Debatten würden „unterdrückt“, in weitere reichweitenstarke Medien ein – ein problematischer Medienmechanismus, der Kampagnen regelmäßig befeuert.
Medien, die das „Fairness-Abkommen“ verkürzt oder völlig verzerrt abbilden, rücken ein Thema ins Zentrum des Wahlkampfs, das auf kommunaler Ebene eigentlich nachrangig ist. Wohnungsbau, Verkehr, Bildung – das sind dort klassische Themen, Migration ist es eher weniger. Es sei denn, Medien machen Migration als Wahlkampfthema groß.
Die meisten, die diesen gefährlichen Unsinn verbreiten, haben auch eine gängige These parat: Dass das Abkommen der AfD diene, sie stärke. Dabei ist es ironischerweise nicht das Abkommen, es ist die Art, wie Medien es verzerren, die es der Partei ermöglicht, sich als Stimme zu inszenieren, die als einzige die wirklichen Probleme offen anspreche.
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Es klingt jetzt hart, aber:
„Natürlich dürfe in der politischen Debatte nicht verschwiegen werden, woher Gewalt stamme. Aber auch bei einem „fürchterlichen Anschlag“ wie in Solingen, wo ein Asylbewerber mehrere Menschen erstach, handle es sich „um einen Einzeltäter“. Womit Saiger vermutlich ausdrücken will, dass sich das nicht verallgemeinern lasse.“
Es lässt sich verallgemeinern. Eben nur nicht pauschalisieren!
Was ist der Unterschied? Nicht jeder, nicht einmal die Mehrheit der Migranten begeht Verbrechen z.B. aus „Gründen der Ehre“. Wenn aber so ein Verbrechen geschieht, dann liegt der Verdacht nahe, dass der Täter kein Baptist aus Japan ist oder wie Klammroth monierte kein „australischer Austauschstudent“. Das ist eben nicht gleich wahrscheinlich und ebendiese Wahrscheinlichkeit hat sich real und noch mehr gefühlt verschlechtert.
Der Islam wird gerade unter Migranten als Identität stiftend und oft strenger gelebt als im Herkunftsland. Man bleibt familiär, sozial und sogar geschäftlich oft lieber aneinander orientiert und nicht an der Kultur des Gastlandes. So entstehten die gefürchteten Parallelgesellschaften mit widerstreitenden Normen. Menschen sind so gestrickt, dann Erfahrungswerte in Vorurteile umzusetzen.
Da hilft es absolut nicht, wenn man eine so positive Vereinbarung wie diese so auslegt, dass die Probleme gar nicht thematisiert werden, weil man sich die Finger verbrennen könnte! Festigt und mehrt sich in der Bevölkerung dann der Eindruck, dass man durch solche Mechanismen am dringenden Handeln gehindert wird, profitieren plumpe Schreihälse wie die von der AfD.
Ich glaube, wir tun der Mehrheit der anständigen Migranten (auch Moslems) hier keinen Gefallen, wenn wir so vorgehen. Stattdessen müsste man mit unserer eigenen Historie klar zeigen: Religion haben wir als bestimmendes Element aus Politik und Gesellschaft verbannt! Sie hat sich in das freiheitliche Paradigma einzugliedern.
Im konkreten Zusammenleben bedeutet das, es muss sich der Moslem, aber auch der Veganer … schlau machen, ob im Kantinenessen die verschmähten Zutaten enthalten sind und ggf. sich selbst Alternativen beschaffen. Es darf nicht einzelnen Gruppen ein Vorrecht eingeräumt werden, sodass es nur noch Veganes gibt, denn das ist immer auch halal und koscher und und und… (Argumentationslinie aus der AStA damals, keine Erfindung meinerseits)
Ich kann nachvollziehen, dass manche nicht wollen, dass Innenstädte immer öfter aussehen wie im Orient. Und dass sie sauer werden, wenn sie dafür als Ewiggestrige, Boomer, Alteweißeheterocismänner oder Schlimmeres beschimpft werden. Ich mochte damals den Ausdruck „Leitkultur“, weil er die anderen mit einschloss, von ihnen aber Diskretion erwartete.
Und wieder eine Hetz-Lüge aus dem Hause Springer und so viele machen mit.
Manchmal denke ich, es ändert sich daran nie etwas…
Ich finde es erschütternd, dass Journalisten überhaupt irgendetwas aus der BILD zitieren. Außer dem Wetterbericht und den Lottozahlen dürfte kein Thema ohne eigene Recherche ins eigene Blatt/Netz etc kommen. Auch mit Kunstgriffen wie „wie die Bild-Zeitung berichtet..“ bleibt man als Medienmensch mitverantwortlich. Auch wenn man nur zitiert.
Wer’s nicht glaubt, sollte sich die letzte Ausgabe von „Topfvollgold“ des Kollegen Mats Schönauer auf Youtube anschauen.