Radionachrichten klingen für viele gleich: neutral, glatt, austauschbar. Aber wie entsteht dieser typische Tonfall – und braucht es ihn überhaupt noch?
Die prominentesten Radiostimmen sind die Moderator*innen, die durch eine Sendung führen. Daneben gibt es aber auch die Radiosprecher*innen, deren Namen kaum jemand kennt. Sie sind dafür ausgebildet, Nachrichten, Features oder Beiträge zu lesen – in perfektem Hochdeutsch und je nach Genre neutral oder lebendig, ernst oder unterhaltsam.
Was mühelos klingt, ist das Ergebnis jahrelangen Trainings. Barbara Becker spricht seit fast vier Jahrzehnten fürs Radio. Im Interview erklärt sie, warum professionelle Sprecher*innen selbst schwache Texte retten können, wie Empathie und Haltung den Ton prägen – und weshalb Podcaster Olli Schulz mit seiner Stimme als Nachrichtensprecher kaum Chancen hätte.
Zur Person
Barbara Becker absolvierte eine Schauspielausbildung und ist seit 1987 Sprecherin. Sie arbeitet freiberuflich für zahlreiche Produktionen, Sender und Verlage. Zudem ist sie festes Mitglied des Sprecher*innen-Ensembles von Deutschlandfunk und Deutschlandfunk Kultur.
Übermedien:Frau Becker, können Sie anhand der Sprechweise erkennen, welcher Radiosender gerade läuft?
Barbara Becker: Zumindest kann man meist gut zwischen privaten und öffentlich-rechtlichen Sendern unterscheiden. Es gibt diesen einen Privatsender, da klingt das so, als müssten die gleich anfangen zu lachen. Weil die Moderatoren alle so wahnsinnig gut drauf sind. Die öffentlichen Radiosender klingen seriöser. Das sind meistens Leute, die besser sprechen können. Obwohl das auch den Bach runtergeht, seien wir ehrlich.
Was genau?
Vor einigen Jahren hieß es zum Beispiel, dass es authentischer klingt, wenn die Autorinnen und Autoren ihre Stücke selber sprechen. Das war dann total modern. Auf der einen Seite blutet einem da das Herz. Immerhin ist Sprechen ein Handwerk. Andererseits ist es auch schön, wenn man etwas Frisches dazwischen hat. Aber ich finde, dann müssen die Leute, die ans Mikro kommen, doch wenigstens so sprechen können, dass ihr Text nicht verloren geht.
Welche Texte sprechen Sie im Radio?
Alle. Nachrichten, Hörspiele, Feature, Reportagen, Beiträge …
Dann sprechen wir Buchzitate, Gedichte oder machen Voice-Over, zum Beispiel bei einem Interview mit einer Opernsängerin aus dem Ausland.
Was können denn Radiosprecher*innen, was andere Leute nicht können?
Wir machen aus schlechten Texten gute.
Und wie?
Indem wir die Texte füllen. Wenn ich ein schlecht geschriebenes Feature oder einen Beitrag vor mir habe, versuche ich herauszufinden, was der Autor erzählen will. Welche Emotionen er transportieren will. Welche Intention er hat. Ich versuche, den Text also zu verstehen. Das muss man eh immer. Und diese Intention, die hinter dem Text steht, die setze ich dann dramaturgisch mit meiner Stimme und meiner Sprechhaltung um. So kann ein sehr langweilig geschriebener Text spannend erzählt werden. Und dann sind alle glücklich.
Woran erkennen Sie eine Stimme, die wie gemacht ist fürs Radio?
Kann ich nicht. Das sind auch Moden, die sich unterscheiden. Manchmal hört man eine schöne sonore Stimme und denkt: Wow, da möchte man drin baden. Aber zwischendurch waren auch mal quiekende Stimmen total modern. Das hat mit der Girlie-Phase in den Neunziger Jahren angefangen. Oh Gott, ist das lange her! Die Bandbreite ist inzwischen sehr groß geworden. Egal ob öffentliche oder private TV- und Radiosender, Youtube oder Podcasts. Ich glaube, es ist weniger die Stimme, sondern wie jemand spricht.
Was genau unterscheidet professionelle Sprecher*innen von anderen?
Wir lassen jedem Buchstaben seinen Platz, geben auch Pausen Raum. Und der Bauch, der braucht auch Platz. Ich habe Kollegen, die immer, wenn sie nach dem Sprechen aufstehen, erstmal die Hose wieder zumachen. Ich mag das auch sehr gerne, wenn da nichts eingeengt ist.
Die Atmung ist also wichtig?
Und die Körperspannung. Aber am besten ist es, wenn man so viel Übung hat, dass man nicht mehr groß darüber nachdenken muss, sondern sich darauf konzentrieren kann, den Text zu transportieren. Genau dafür sind wir da. Damit das Sprechen nicht vom Inhalt ablenkt.
Der Mensch soll hinter dem Text verschwinden.
Genau. Wir sind ein Medium. Wenn sich jemand verspricht oder einen Sprachfehler hat, hört man plötzlich ganz anders zu. Und dann kriegt man vielleicht nicht mehr mit, um was es geht.
Wer entscheidet eigentlich, wie Sie klingen sollen?
Das kommt ganz auf die Produktion an. Bei Nachrichten weiß ich ja, wie es klingen soll. Da darf man zum Beispiel nicht raushören, was ich von einem bestimmten Politiker halte. Dann gibt es die Feature- oder Hörspielproduktionen. Da sitzen Aufnahmeleitung oder Regie im Studio und geben Anweisungen. Oder der Autor, der das Stück geschrieben hat. Aber wenn wir ein Voice-over machen, muss dafür kein Autor reinkommen. Das machen wir autark in unserem eigenen Studio. Im Idealfall haben wir aber einen O-Ton bekommen und können hören, wie die Person klingt, die wir übersetzen. Damit wir die Haltung übernehmen können.
Der Beruf
Sprecher*in ist kein geschützter Beruf, jeder darf die Bezeichnung verwenden. Laut Verband Deutscher Sprecher:innen führt der übliche und in der Branche anerkannte Weg über die mehrjährige Schauspielausbildung, die auch das Sprechhandwerk beinhaltet. Möglich sind aber auch Sprechausbildungen oder ein Quereinstieg.
Die Sache mit der Authentizität – ist das auch so eine Mode, die wieder weggeht?
Das glaube ich auf gar keinen Fall. Das sieht man ja an den Podcasts. Hinz und Kunz tröten heute in ein Mikrofon. Und das kann ja was sehr Schönes sein. Ich meine: Olli Schulz zum Beispiel hat einen S-Fehler, und stört das? Nein, überhaupt nicht. Man hört ihm gerne zu, außer Böhmermann und er reden dauernd nur übereinander.
Das wäre doch mal was, wenn Olli Schulz im Deutschlandfunk die Nachrichten sprechen würde.
Nee. (lacht) Ich glaube nämlich nicht, dass man nicht hören würde, was er über den amerikanischen Präsidenten denkt.
Manch einer findet, dass Radiosprecher*innen alle gleich klingen.
Finde ich überhaupt nicht. Wenn ich spanisches Radio höre, dann denke ich immer, das ist eine Frau und ein Mann, die sämtliche Sender besprechen. Da hörst du keinen Unterschied. Das ist immer die gleiche Tonlage, immer die gleiche Art zu sprechen. Aber hier? Schon der Deutschlandfunk klingt ganz anders als Deutschlandfunk Kultur. Die Kölner Kollegen klingen nochmal einen Schlag gediegener als wir hier in Berlin. Aber ich weiß, was gemeint ist: dieser typische Nachrichtenduktus. Vielleicht imitieren wir uns da alle gegenseitig, das kann sein. Die Melodie, die Betonung, und dass du nicht leierst. Und eine Seriosität, eine Neutralität muss das haben. Dafür zieht man sämtliche Emotionen aus der Stimme.
Eine KI hat erst gar keine Emotionen. Wie lange werden Radiosprecher*innen noch gebraucht?
Das ist eine sehr schmerzhafte Frage. Ich möchte es mal so sagen: Ich spreche nicht gerne Nachrichten, weil mir das, was ich da vorlesen muss, der ganze Krieg und so weiter, an die Nieren geht. Und trotz aller Neutralität muss man doch auch ein wenig Empathie drunter legen. Also ein Interesse an dem, was man da vorliest. Ein Mensch kann Wärme transportieren. Eine KI kann das nicht. Andererseits wird die Technik immer besser – und irgendwie auch perfider. Auch weil die Programme mit unseren Stimmen gefüttert werden, oft ungefragt. Wenn man jetzt unbedingt im Radio etwas durch KI ersetzen wollen würde, dann wären Nachrichten das erste, wo das funktionieren könnte. Gegen meinen Willen. Dann würde ich eher sagen: Lasst mich doch lieber die Nachrichten sprechen.
Wieso ist das so?
Es gibt keine dummen Fragen, nur schlecht recherchierte Antworten! Schreiben Sie uns, was Sie über Journalismus und Medien schon immer wissen wollten – wir finden Leute, die Ihnen das Ganze erklären (und uns gleich mit). Alle Interviews aus dieser Serie finden Sie hier.
Sie sind fest angestellte Sprecherin beim Deutschlandradio. Ist das in der Branche üblich?
Nein, das ist total selten geworden. Ich selbst habe als Freie angefangen zu arbeiten. Irgendwann wurde mir eine halbe Stelle angeboten. Erst dachte ich: Wie spießig ist das denn? Als Schauspielerin eine Festanstellung beim Radio! Tatsächlich war es aber ein Sechser im Lotto. Heute habe ich eine 75-Prozent-Stelle und alle beneiden mich darum. Gerade als Frau bist du im Schauspiel irgendwann abgemeldet.
Wie hat sich der Beruf im Laufe der Jahre noch verändert?
Der Job ist einsamer geworden. Ich bin zum Radio gegangen, um mit Menschen zu arbeiten. Früher war man gemeinsam im Studio, hat das Manuskript durchgearbeitet und miteinander gelesen. Das wird immer weniger. Produktionen, an denen mehrere Sprecher*innen mitwirken, werden häufiger ge-xt. Überall, auch hier beim Deutschlandradio. Allein aus logistischen Gründen. Nur im Hörspiel sind immer noch alle zusammen im Studio. Da wird viel Wert drauf gelegt. Das ist Qualitätsware.
Was heißt das, eine Produktion wird ge-xt?
Jeder kommt einzeln rein, spricht sein Ding und geht wieder. Dann kommt der nächste. Das ist billiger und geht schneller. Aber ich liebe diesen Job trotzdem noch immer sehr. Weil er so vielfältig ist. Morgens bin ich eine braune Mülltonne, danach eine britische Saxophonistin und dann spreche ich noch ein Gedicht.
Sie waren mal eine braune Mülltonne?
Für Kakadu, den Kinderfunk. Da war ich eine Kompostiertonne. Und natürlich nicht so gut gelaunt. Die besser gelaunte, gelbe Tonne war ich auch.
Diese Woche darf ich noch ein Regentropfen sein. Das war ich noch nie, da freue ich mich drauf. Wir Sprecher müssen sehr facettenreich sein in dem, was wir da abliefern. Wir müssen sehr viel denken, sehr viel wissen und lernen. Wir müssen viel geben, bekommen aber auch viel zurück. Das ist toll.
Die Autorin
Foto: Hella Wittenberg
Laura Lucas ist freie Journalistin. Sie ist im Ruhrgebiet aufgewachsen und hat in Dortmund und Berlin studiert, unter anderem Journalistik, Politik und Kultur- und Medienmanagement. Sie ist Autorin bei Deutschlandfunk Kultur und regelmäßig im feministischen „Lila Podcast“ zu hören. Gemeinsam mit Lena Sindermann und Katrin Rönicke hat sie das Buch „Resist – Weich bleiben in harten Zeiten“ geschrieben.
Sehr interessant. Daß hierzulande die Sprecher(innen) gleich klingen, würde ich nicht bestätigen wollen. Aber in Spanien habe ich mir in der Tat schon immer die Frage gestellt, ob es landesweit nur eine/n einzige/n Sprecher/in gibt.
Ach, professionelles Sprechen im Radio ist toll. Eine große Kunst, immer den richtigen Ton zu treffen. Bei Podcasts wird das oft gar nicht versucht, sondern einer vermeintlichen Mündlichkeit und Lockerheit geopfert. Für mich klingt das dann oft nicht „authentisch“, sondern maniriert.
Beispiel: Eine Podcast-Sprecherin, die ständig „ne“ und „ner“ statt „eine“ und „einer“ sagt und dauernd Aussagesätze zu Relativsätzen verhackstückt. „Er nahm keinen Schirm mit, denn die Sonne schien und der Himmel war blau“ würde bei ihr heißen: „Nen Schirm, den nahm er nicht mit. Denn die Sonne, die schien. Und der Himmel, der war blau.“
Kann ich nicht hören, sowas. Lang lebe die professionelle Sprech-Ausbildung!
Kann man hier wirklich von Handwerk sprechen? Es müsste doch Mundwerk heißen. 😉
Hoffentlich gendert sie nicht auch beim Sprechen. Finde ich unterirdisch!
@Fritz (#4):
Da sie nicht Autorin ist, sondern Sprecherin, ist das nicht ihre Entscheidung.
Sprechen ist eine dieser Disziplinen, bei denen es ein paar Grundlagen gibt, die stimmen sollten, wie zum Beispiel eine freie Atmung und lockere Artikulations-Organe. Dann hört man Stimmen länger gerne zu.
Der Rest ist aber mode- und kontextabhängig und verändert sich ständig. Das ist etwas, was Sprechberufler oft nicht verstehen. Es gibt eben nicht die richtige Art zu sprechen. Eine Stimme, die sehr resonanzreich und tief ist, kann in Alltagssituationen aufdringlich und nervig wirken.
Die meisten sprechintensiven Berufe haben auch bestimmte Manierismen, die störend sein können: bei Schauspielern klingt es schnell künstlich bedeutungsvoll, bei Sprechwissenschaftlern klingt überkorrekt, Journalisten neigen zum Singsang.
Darüber hinaus ist die Wahrnehmung von Stimmen in einen größeren Kontext eingebettet. Da spielen auch das Setting der Veranstaltung, die Erwartung der Zuschauer, die Akustik, die Körperhaltung, die Rhetorik und so weiter eine große Rolle. Man kann Stimme also nicht wirklich isoliert bewerten.
Dann ist da auch die Gefahr, dass man sich in den Stimmklang verliebt. Der ist aber nur ein Parameter bei der Beurteilung einer Stimme. Also eine sonore Hörbuch-Stimme lullt mich im Zweifelsfall ein, aber um Inhalte gut rüber zu bringen, ist es nicht hilfreich, wenn ich kurz vor dem einschlafen bin.
In der Charisma-Forschung sind eher lebendige Stimmen gefragt, die teilweise leicht über der Indifferenzlage liegen und eine große Begeisterung transportieren können.
Man sieht, da gibt es nicht die eine Wahrheit. Das bedeutet leider, dass das ist Leute, die vermeintlich wissen, wie man richtig spricht, ein Auslaufmodell sind.
Nichtsdestotrotz gibt es vor allem physiologische Grundlagen, die viele nicht beherzigen (Youtuber etc.) und die einfach drauf los plappern und das ist auch sehr schade.
Was für eine wunderbare Stimme! Habe sie als dradio-Stammhörerin gleich wiedererkannt. So, wie sie den Wetterbericht vorliest, wird selbst aus einem nordatlantischen Sturmtief mit Hagel und Gewitterwarnung ein sanfter Sommerregen.
Zwei Anmerkungen:
1. Bei Features im Ich-Stil finde ich es irritierend, wenn der/die Autor/in nicht selber spricht.
2. Beim Tagesschau-Wetterbericht reden die Off-Sprecher oft ohne Punkt und Komma, also ohne am Satzende die Stimme zu senken und/oder eine kleine Pause zu machen. Das wirkt unprofessionell und erschwert zum Teil die Verständlichkeit der Vorhersagen.
Zum Thema „Wetterbericht“ ein erfundenes, aber typisches Beispiel: „Tagsüber Regen im Süden, im Norden und im Osten sonnig.“ Ohne Pause oder gesenkte Stimme nach „Süden“ entsteht zunächst der falsche Zwischensinn, dass es auch im Norden und Osten regnet.
Wie immer ist diese Genderei nervtötend. Und ich werde das auch überall anmerken, solange immer noch Leute an das Märchen vom „Sichtbarmachen“ glauben. (Inzwischen gibt es erste Daten, dass man insbesondere Queeren damit schadet.)
Ein gut trainierter Sprecher, der auch Talent mitbringt, ist wirklich Gold wert. Als Hörbuchenthusiast bin ich da vielleicht besonders anspruchsvoll, aber man weiß dann auch, warum manche Sprecher nach einiger Zeit schwer zu ertragen sind und bemerkt das auch in Nachrichten.
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Sehr interessant. Daß hierzulande die Sprecher(innen) gleich klingen, würde ich nicht bestätigen wollen. Aber in Spanien habe ich mir in der Tat schon immer die Frage gestellt, ob es landesweit nur eine/n einzige/n Sprecher/in gibt.
Ach, professionelles Sprechen im Radio ist toll. Eine große Kunst, immer den richtigen Ton zu treffen. Bei Podcasts wird das oft gar nicht versucht, sondern einer vermeintlichen Mündlichkeit und Lockerheit geopfert. Für mich klingt das dann oft nicht „authentisch“, sondern maniriert.
Beispiel: Eine Podcast-Sprecherin, die ständig „ne“ und „ner“ statt „eine“ und „einer“ sagt und dauernd Aussagesätze zu Relativsätzen verhackstückt. „Er nahm keinen Schirm mit, denn die Sonne schien und der Himmel war blau“ würde bei ihr heißen: „Nen Schirm, den nahm er nicht mit. Denn die Sonne, die schien. Und der Himmel, der war blau.“
Kann ich nicht hören, sowas. Lang lebe die professionelle Sprech-Ausbildung!
Kann man hier wirklich von Handwerk sprechen? Es müsste doch Mundwerk heißen. 😉
Hoffentlich gendert sie nicht auch beim Sprechen. Finde ich unterirdisch!
@Fritz (#4):
Da sie nicht Autorin ist, sondern Sprecherin, ist das nicht ihre Entscheidung.
Sprechen ist eine dieser Disziplinen, bei denen es ein paar Grundlagen gibt, die stimmen sollten, wie zum Beispiel eine freie Atmung und lockere Artikulations-Organe. Dann hört man Stimmen länger gerne zu.
Der Rest ist aber mode- und kontextabhängig und verändert sich ständig. Das ist etwas, was Sprechberufler oft nicht verstehen. Es gibt eben nicht die richtige Art zu sprechen. Eine Stimme, die sehr resonanzreich und tief ist, kann in Alltagssituationen aufdringlich und nervig wirken.
Die meisten sprechintensiven Berufe haben auch bestimmte Manierismen, die störend sein können: bei Schauspielern klingt es schnell künstlich bedeutungsvoll, bei Sprechwissenschaftlern klingt überkorrekt, Journalisten neigen zum Singsang.
Darüber hinaus ist die Wahrnehmung von Stimmen in einen größeren Kontext eingebettet. Da spielen auch das Setting der Veranstaltung, die Erwartung der Zuschauer, die Akustik, die Körperhaltung, die Rhetorik und so weiter eine große Rolle. Man kann Stimme also nicht wirklich isoliert bewerten.
Dann ist da auch die Gefahr, dass man sich in den Stimmklang verliebt. Der ist aber nur ein Parameter bei der Beurteilung einer Stimme. Also eine sonore Hörbuch-Stimme lullt mich im Zweifelsfall ein, aber um Inhalte gut rüber zu bringen, ist es nicht hilfreich, wenn ich kurz vor dem einschlafen bin.
In der Charisma-Forschung sind eher lebendige Stimmen gefragt, die teilweise leicht über der Indifferenzlage liegen und eine große Begeisterung transportieren können.
Man sieht, da gibt es nicht die eine Wahrheit. Das bedeutet leider, dass das ist Leute, die vermeintlich wissen, wie man richtig spricht, ein Auslaufmodell sind.
Nichtsdestotrotz gibt es vor allem physiologische Grundlagen, die viele nicht beherzigen (Youtuber etc.) und die einfach drauf los plappern und das ist auch sehr schade.
Was für eine wunderbare Stimme! Habe sie als dradio-Stammhörerin gleich wiedererkannt. So, wie sie den Wetterbericht vorliest, wird selbst aus einem nordatlantischen Sturmtief mit Hagel und Gewitterwarnung ein sanfter Sommerregen.
Zwei Anmerkungen:
1. Bei Features im Ich-Stil finde ich es irritierend, wenn der/die Autor/in nicht selber spricht.
2. Beim Tagesschau-Wetterbericht reden die Off-Sprecher oft ohne Punkt und Komma, also ohne am Satzende die Stimme zu senken und/oder eine kleine Pause zu machen. Das wirkt unprofessionell und erschwert zum Teil die Verständlichkeit der Vorhersagen.
Zum Thema „Wetterbericht“ ein erfundenes, aber typisches Beispiel: „Tagsüber Regen im Süden, im Norden und im Osten sonnig.“ Ohne Pause oder gesenkte Stimme nach „Süden“ entsteht zunächst der falsche Zwischensinn, dass es auch im Norden und Osten regnet.
Wie immer ist diese Genderei nervtötend. Und ich werde das auch überall anmerken, solange immer noch Leute an das Märchen vom „Sichtbarmachen“ glauben. (Inzwischen gibt es erste Daten, dass man insbesondere Queeren damit schadet.)
Ein gut trainierter Sprecher, der auch Talent mitbringt, ist wirklich Gold wert. Als Hörbuchenthusiast bin ich da vielleicht besonders anspruchsvoll, aber man weiß dann auch, warum manche Sprecher nach einiger Zeit schwer zu ertragen sind und bemerkt das auch in Nachrichten.