„Titel Thesen Temperamente“-Moderator

Ein Bro für die Kultur: Die Berufung von Thilo Mischke zu „ttt“ ist ein schlimmes Signal

Gegen Thilo Mischke als Moderator spricht nicht nur sein Buch „In 80 Frauen um die Welt“, sondern vor allem auch, wie er sich seitdem über Männer und Frauen äußert.

Die Nachricht, dass der Autor und Reporter Thilo Mischke neuer Moderator von „Titel Thesen Temperamente“ werden soll, hat eine Reihe Kultuschaffender empört. Sie haben sich darüber nicht nur beschwert, sondern auch Argumente und Belege gesammelt und in einem Podcast veröffentlicht. Die Autorin Rebekka Endler ist eine von ihnen.

Update, 4.1.25: Thilo Mischke wird die Moderation von „ttt“ nun doch nicht übernehmen. Das gab die ARD in einer Pressemitteilung bekannt. 


„ttt“-Feed-Nachbarn: Gilda Sahebi, Thilo Mischke, Arnaud Gallais Screenshot: Instagram/ttt_titel_thesen_temperamente

Der Eintrag davor ist eine Kachel mit einem Zitat von Arnaud Gaillais, wonach wir in einer „Kultur der männlichen Dominanz, einer Vergewaltigungskultur“ leben, der Eintrag danach ein Adventskalendertürchen von Gilda Sahebi zur „Yalda-Nacht“. Dazwischen postet der Instagram-Account von „Titel Thesen Temperamente“ (ttt) ein Video, das den neuen Moderator des ARD-Kulturmagazins der Öffentlichkeit vorstellt. Auf 17 Jahre Max Moor folgt: Thilo Mischke. Sein Kulturbegriff, so erzählt Mischke uns in dem Instagram-Reel, sei ein „unterkomplexer“ und sein neuer Job sei das „Näherbringen von Kultur“, weil er möchte, „dass jeder Mensch in der Lage ist, Kultur zu konsumieren“. Thilo Mischke, ein Mann aus dem Volk, ein Mann für das Volk.

Es dauerte nicht lang und unter dem Post rührt sich Kritik an der Wahl des neuen Moderators. Denn Mischke ist kein Unbekannter. Sein literarisches Werk umfasst unter anderem Bücher wie „In 80 Frauen um die Welt“ (2010) und „Die Frau fürs Leben braucht keinen großen Busen“ (2013). Vor allem für ersteres musste er schon Ende 2020 kritische Fragen über sich ergehen lassen; damals stand er mit einer investigativen Recherche für seine Dokumentation „Rechts. Deutsch. Radikal.“ über die Vernetzung von Rechtsradikalen in der Öffentlichkeit.

„In 80 Frauen um die Welt“ handelt davon, dass sich ein Typ, Mischke, von Liebeskummer geplagt auf eine Weltreise begibt, um ein gebrochenes Herz heilzuvögeln, nicht durch Qualität, sondern durch Quantität. Dass er dabei nicht besonders achtsam mit Frauen umgeht, steckt schon in der Prämisse, doch die misogynen Abgründe erschließen sich einem erst, wenn man den Text liest. Der Ich-Erzähler, Mischke, schreibt:

„Ich wollte Fingerabdrücke nehmen, heimlich Nacktfotos machen, Tonbandaufnahmen vom jeweiligen Sex.“

oder auch:

„Ich stelle mir vor, wie ich diese arrogante Frau über einen Küchentisch werfe. (…) Ich bin betrunken, schon wieder. Die Arroganz der Münchnerin ist so schwerwiegend, dass ich ihr gerne eine scheuern würde. Ich frage mich, woher meine Aggressionen kommen.“

Das sind keine mit Lupe und Pinzette extrahierten Sätze, sondern Beispiele der ersten Seiten, von denen es im Buch nur so wimmelt. Teilweise werden sie noch problematischer, da Mischke auf einer Reise unterwegs ist und mit zunehmender Entfernung von Deutschland immer mehr rassistische Stereotype hinzukommen.

Eine Jugendsünde und alles nur fiktiv?

Nun ist das Buch von 2010. Vier Jahre zuvor war in Deutschland der Pick-up-Ratgeber „The Game“ von Neil Strauss zur Bibel für Männer geworden, die glaubten, man müsse Frauen plump austricksen, um sie ins Bett zu bekommen. Zwei Jahre zuvor hatte Barney Stinsons „Bro Code“ der gleichen Zielgruppe erklärt, warum Frauen, die ein Freund gebumst hat, benutzt und unbumsbar sind. Soll heißen, es war eine richtig gute Zeit für Hallodris, sich durch das „Wegficken“ von Frauen und einem arbiträren Regelwerk ihrer Männlichkeit versichern wollten.

Das ist über 14 Jahre her, in der Zeit ist viel passiert in Sachen Sexismus- und Rassismuskritik: #Aufschrei, #BlackLivesMatter, #Metoo. Da wird man erwarten können, dass der Autor zu einer kritischeren Haltung gegenüber seiner „Jugendsünde“ gelangt ist, die er mit zarten 29 Jahren veröffentlicht hat. Genau das will jedenfalls die „ttt“-Redaktion festgestellt haben, die sich nach mehr als einem Tag der Kritik meldet, sowohl auf Instagram, als auch via Mail auf Nachfragen von Zuschauer*innen.

Sie schreibt unter anderem:

Seit Erscheinen des Buches „In 80 Frauen um die Welt“ im Jahr 2010 hat sich Thilo Mischke vielfach mit den Vorwürfen, darin ein sexistisches Frauenbild vermittelt und stellenweise rassistische Sprache verwendet zu haben, selbstkritisch auseinandergesetzt, sich öffentlich der Kritik gestellt und für seine Ausdrucksweise entschuldigt. (…)

Mischke distanziert sich bis heute vom Titel und Inhalt des Buches und hat den Druck einer Neuauflage untersagt.

Außerdem sei das Werk fiktional, behauptete die Redaktion in einer Antwort: „Nichts davon hat tatsächlich stattgefunden – außer eine Recherchereise, in der er die Orte, die er in dem Roman beschreibt, bereist hat.“

Buchcover Thilo Mischke: "In 80 Frauen um die Welt"
Die Taschenbuchausgabe von „In 80 Frauen um die Welt“

Interessant für ein Buch, das bei einem Sachbuchverlag erschienen ist und außerdem in der Neuauflage den Autor auf dem Cover zeigt. Zumal dieser 2024 der in einem Format mit Helene Hegemann behauptete, es habe den Grundstein seiner Reportage-Karriere gelegt. Mischke hat in den letzten Jahren immer wieder Details einzelner „Errungenschaften“ in Podcasts geschildert und sich etwa damit geschmückt, er habe sich in Buenos Aires „einen Tripper eingefangen“, aber „fürs Buchschreiben war das toll. Weil, man möchte das erzählen.“ Aber die „ttt“-Redaktion will von alledem nichts wissen.

Die Natur des Mannes als Vergewaltiger

Doch das vielleicht Schlimmste, das den ARD-Leuten entgangen zu sein scheint, sind Mischkes pseudowissenschafliche Hot Takes, die er 2019 in einem Podcast zu der Natur des Mannes formulierte:

„Ich glaube das unterstützt so ein bisschen meine These dieses, dass es etwas Urmännliches ist, im Prinzip meine Sexualität – also nicht meine, Thilos, sondern die männliche Sexualität – basiert vielleicht auf Vergewaltigung. Und die Gesellschaft und die Moral, die wir in den letzten 2000 Jahren Christianisierung in Europa verteilt haben, hat uns das so ein bisschen abgewöhnt, dass wir nicht mehr vergewaltigen.“

Nicht weniger abenteuerlich geht es weiter: „Der Urmensch ist ausgestorben, weil er nicht reden kann und vielleicht zu zärtlich ist zu den Frauen und sie nicht vergewaltigt und der Homo homo sapiens hat eben überlebt, weil er anfänglich in seiner Gesellschaft vergewaltigt.“

Frauenfeindlichkeit als die wahre Natur des Mannes? Das klingt so gar nicht nach sapiens sapiens. Ähnlich hanebüchen auch seine Äußerung, dass Frauen ausgestorben seien, die nicht die Fähigkeit hatten, beim Geschlechtsverkehr feucht zu werden, „weil so Sexualität funktioniert hat. Frauen wurden hart wegvergewaltigt in der Urmenschenzeit, und überlebt haben die, die den Gendefekt hatten ‚Meine Vagina wird feucht‘, weil sie eben keine inneren Verletzungen beim Geschlechtsverkehr bekommen haben.“ Diesen ganzen Blödsinn haben viele andere und ich schon an anderer Stelle im Detail widerlegt.

Wirklich der geeignetste Kandidat für ein Kulturmagazin?

Zentral ist aber die Frage, ob ein Mann, der im Jahr 2024 zu glauben scheint, dass sexualisierte Gewalt in der Natur des Mannes liege und gewissermaßen durch feministische Aufklärungsarbeit wegerzogen werden muss – in etwa so, wie man einen Hund abrichtet – der geeignetste Kandidat für die Moderation eines der wichtigsten deutschen Kulturmagazine in öffentlich-rechtlichen Rundfunk ist. Und was bedeutet es, wenn eine Redaktion trotz breiter und fundierter Kritik aus der Kulturwelt an ihrer Wahl festhält, ohne eigene Nachforschungen anzustellen?

Thilo Mischke vor ttt-Logo
Foto: ARD / Marc Rehbeck

Mischke ist nichts weiter als ein Symptom, jedoch eines mit Signalwirkung. Seine Personalie steht für ein größeres Problem. Wir leben in einer Bro Culture, in der patriarchale Denkstrukturen so fest verankert sind, dass sie zu häufig unwidersprochen bleiben. Wir machen es Männern viel zu einfach, mit einer linken progressiven Performance Karriere zu machen, ohne dass sie die wichtigsten Grundvoraussetzungen für ein gleichberechtigten Zusammenlebens verstanden haben.

Ein Beispiel: Mischke beschwert sich 2021 in seinem Podcast „Alles muss raus“ bei Autorin Nadine Primo, ihm werde vorgeworfen, zur rape culture beizutragen, und fragt Primo, ob er jetzt deswegen „ein Vergewaltiger“ sei. Mischke ist sicherlich nicht der einzige, der nicht genau weiß, was rape culture ist – doch von einem investigativen Journalisten, dem vorgeworfen wird, zu eben dieser beizutragen, könnte man erwarten, den Begriff zumindest schon mal bei Wikipedia eingegeben zu haben. Auf diese Weise hätte er erfahren können, dass rape culture eine Umschreibung unserer Gesellschaft ist, in der sexualisierte Gewalt gegen weiblich gelesene Körper und Flinta* so allgegenwärtig ist, dass wir es als Kulturpraxis betrachten können.

Rape culture ist das Instrument mit dem cis-männliche Dominanz über alle anderen Geschlechter ausgeübt wird. Wer sich an ihr beteiligt, konstruiert seine Männlichkeit vor allem darüber, Frauen zu entwerten. Das reicht vom sogenannten locker room talk mit Witzen über K.O.-Tropfen bis hin zur Vergewaltigungstat. Und es umfasst eben auch Literatur, in der darüber fantasiert wird, Frauen „wegzuficken“ und dies für die (fiktiven?) Kumpels zu dokumentieren, oder pseudowissenschaftlichen Unsinn zur Evolutionsgeschichte der Geschlechter in Podcasts zu verbreiten.

Einige Männer schaffen es immer

Einerseits erleben wir gerade einen Moment, in dem progressive Stimmen, auch dank der sozialen Medien, immer mehr Gehör finden und große Teile der Gesellschaft für ihre Themen sensibilisiert werden. Andererseits findet zeitgleich eine Radikalisierung vieler junger Männer statt. Sie werden mit Inhalten sozialisiert, die sexualisierte Gewalt verherrlichen und zu einer Kunstform erheben.

Am Tag nach der Urteilsverkündung im hundertfachen Vergewaltigungsfall Gisèle Pelicot, und am Tag nach der Veröffentlichung einer Investigativ-Recherche von „Strg_F“ zu weltweiten Vergewaltiger-Chatgruppen so eine Personalie zu setzten, das bedeutet etwas. Es bedeutet, dass es für einige Menschen, Männer, völlig egal ist, was sie sagen und schreiben, ob sie qualifiziert sind oder nicht – sie werden dennoch in prestigeträchtige, gut bezahlte Jobs gehoben und zum Gesicht wichtiger Magazine gemacht. Frauen, Opfer sexualisierter Gewalt, werden öffentlich verhöhnt.

Während sich, drei Jahre zuvor, eine qualifizierte Journalistin, wie Nemi El-Hassan 2021 von ihrem Moderationsjob bei der Wissenschaftssendung „Quarks“ (WDR) verabschieden musste, weil sie sieben Jahre zuvor eine Demonstration besucht hat, auf der israelfeindliche Aussagen getätigt wurden. Nicht sie selbst machte die Aussagen, in einem Podcast beispielsweise, nein, sie war dort, als etwas gesagt wurde.

Keine Plattform für Sexismus

Wie sollen wir uns das vorstellen, wenn nächstes Jahr im Januar das Buch von Gisèle Pelicots Tochter Caroline Darian erscheint („Und ich werde dich nie wieder Papa nennen“)? Wird Mischke dann mit Darian ein Gespräch über die „Vergewaltigungsnatur des Mannes“ führen? Oder werden Themen, die mit Feminismus, sexualisierter Gewalt und Dekonstruktionen von Geschlechtern zu tun haben, fortan nur in den Moderationswochen seiner Kollegin Siham El-Maimouni stattfinden?

Eigentlich ist die Sache klar. Der öffentlich-rechtliche Rundfunk hat einen Bildungsauftrag und es liegt in der Verantwortung der Reaktionen, ihn zu erfüllen. Dazu gehört es auch, sexistischen und rassistischen Meinungen keine Plattform zu bieten. Wie sich das mit dieser Personalie gestalten soll, ist mehr als fraglich.

„ttt“ hat sich in den vergangenen Jahrzehnten den Ruf erarbeitet, Themen zu setzen und Personen zu featuren, die für progressive Ideen standen. Künstler*innen und Autor*innen haben den Redaktionen mitunter sensible Themen anvertraut, in dem Wissen, dass sie dort guten Kulturjournalismus machen. Deswegen ist schon bezeichnend, dass die Kritik bisher in der Hauptsache von uns, den freien Kulturschaffenden kommt. Jede Person, egal ob Autor*in, Musiker*in oder Künstler*in, die sich online und beispielsweise in unserem Podcast dazu geäußert hat, lehnt sich damit auf eigene Gefahr aus dem Fenster, denn „ttt“ ist noch immer ein relevantes Kulturmagazin, dass entscheidend zum Erfolg eines Kulturproduktes beitragen kann. Wir alle gehen das Risiko ein, dort nicht mehr vorzukommen, weil Mischke als Moderator für uns ohnehin das Ende des Kulturmagazins „ttt“ bedeutet.

Will man in diesem Format stattfinden?

Menschen – und damit auch Männer – sind vielschichtig; gut möglich, dass viele Menschen Mischke als total prima und soliden Kerl kennen. Diese Persönlichkeit kann problemlos parallel zu einer öffentlichen Persona existieren, die zur Verbreitung von rape culture beiträgt. Für ihn persönlich sollte jetzt eine glaubwürdige Auseinandersetzung mit seinem problematischen Geschlechterverhältnis im Vordergrund stehen, gerne auch fernab der Öffentlichkeit. Und für die „ttt“-Redaktionen sollte Schadensbegrenzung im Vordergrund stehen, und zwar nicht, um das eigene angegriffene Image zu retten, sondern um das verlorengegangene Vertrauen der Kulturschaffenden zurückzugewinnen, die nun sehr genau abwägen werden müssen, ob sie in diesem Format stattfinden wollen.

Der Literaturwissenschaflter Adrian Daub sagte uns im Podcast dazu, dass – unabhängig davon, ob Mischke als „ttt“-Moderator verhindert wird oder nicht – uns diese Sache ohnehin eine neue Debatte über die Cancel Culture in Deutschland bescheren wird:

„Es gibt Menschen, die von ihren Fehlern definiert werden und andere, die immer eine zweite Chance und ihren Erfolg verdient haben. Man tut so, als habe man #MeToo mitgemacht, aber eigentlich vollzieht man eben doch nur den Backlash dagegen mit.”

Das ist die Frage, die sich die Verantwortlichen bei „ttt“ stellen sollte: Auf welcher Seite der Geschichte wollen sie stehen?

21 Kommentare

  1. Haben Kulturschaffende ein Mitbestimmungsrecht bei der Besetzung von Moderatorenstellen beim Gebühren-Fernsehen? Andere zahlen doch auch Gebühren und dürfen nicht mitreden. Mehr als die Hälfte der Gebühren-Entrichter wählen rechts (CDU-CSU, FDP) oder noch rechter (AfD), aber bei der Auswahl der Moderatoren macht sich das kaum bemerkbar. Haben Kulturschaffende mehr Rechte als gewöhnliche Schaffende?

  2. Es gibt diese dummen Urzeit-Thesen ja auch in den Flavours, dass unser Körper nicht für Büro-Alltag gemacht sei, dass unsere Ernährung nicht an unseren Körper angepasst wäre u.ä. In obiger Geschmacksrichtung ist sie natürlich besonders eklig.

    Davon ausgegangen, Thilo Mischke legt die Bereitschaft und Fähigkeiten an den Tag, seine (unsinnigen) Ansichten zu überdenken und das womöglich noch direkt vor der Kamera selbst zu thematisieren, so wäre er womöglich dann aber sogar eine glaubhafte und gute Identifikationsfigur für viele der zuschauenden Männer, die das ebenfalls tun sollten. Analog habe ich mal die Wahl von Paul Ronzheimer für ein anderes Format kommentiert: Wenn man kein „Preaching to the Converted“ betreiben möchte, ist das vielleicht einen Versuch wert, neues Publikum zu gewinnen, und man könnte das Experiment dann trotzdem noch abbrechen.

    Ob diese Bereitschaft und die Fähigkeiten vorliegen (der Artikel argumentiert eine Mischung aus Zweifel an beidem), vermag ich weder in die eine oder andere Richtung zu beurteilen. Ich kenne ihn nur von der „Uncovered“-Reihe, welche mich jetzt aber nicht besonders angesprochen hat. (Von den mittlerweile offenbar 30 Folgen habe ich nur einen Bruchteil überhaupt mitbekommen und nur ein oder zwei gesehen.)

    Disclaimer: Grundsätzlich erstmal auf die guten Absichten und positive Entwicklung von Menschen zu setzen ist als Lehrer natürlich eine „Berufskrankheit“, kann schon sein, dass ich das Ganze daher manchmal etwas naiv betrachte.

  3. Mit den Romanen „In 80 Frauen um die Welt“ (2010) und „Die Frau fürs Leben braucht keinen großen Busen“ (2013) wurde Thilo Mischke insbesondere durch den sehr offenen Umgang mit seiner Promiskuität bekannt.
    Man wird die Romane mögen oder hassen, ein dazwischen gibt es wohl nicht.

    Die Buchtitel allein schrecken sicherlich einige Menschen vom Lesen ab.
    Der Romancier geht bewusst provokant mit Themen wie häufig wechselndem Geschlechtsverkehr und Sexualpraktiken um. Damit möchte er auf bestehende Tabuisierungen in der Gesellschaft hinweisen und übertriebene patriarchale Moraldogmen kritisieren. Er plädiert für einen offenen und weniger verkrampften Umgang mit der Sexualität. Dabei bricht er Tabus, redet über Sperma, Smegma, Menstruationsblut, Urin, Eiter und auch Selbstbefriedigungspraktiken.
    Der Autor liebt Sex und ist äußerst experimentierfreudig. Dass seine Partnerinnen beim normalen Rein-Raus keinen Orgasmus bekommen, ist für ihn kein Drama. Für einige Sexualpartnerinnen aber offenbar schon … Die sind gekränkt, wenn es nicht klappt, und machen Stress.
    In der fiktiven Reportage „In 80 Frauen um die Welt“ begibt er sich auf eine Reise rund um den Globus. Der Plan: In jedem Land mit einer Einheimischen schlafen, um herauszufinden: Kommt man in anderen Ländern entspannter? Und ist der Orgasmusstress am Ende ein rein deutsches Problem?

    Als Moderator eines Kulturmagazins kann ich mir keinen besseren vorstellen als Thilo Mischke. Intelligent, provokant, tabulos, eloquent. Was will man mehr?

  4. „Die Scham muss die Seite wechseln“.
    Gisèle Pelicot

    Vom Sozialdarwinismus bis zur rape culture:
    Deppen stümpern sich per Biologismus einen Rechtfertigungsscheiss für ihren Menschenhass zusammen.
    Kann gar nicht so viel essen…

  5. Manchmal kann man als Verteidiger des ÖRR verzweifeln. Die Idee, Herrn Mischke zum Moderator eines Kultur(!)magazins zu machen, vermutet man doch eher bei der Privatsendern. Mich würde wirklich der Prozess interessieren, der zu dieser Entscheidung geführt hat. Wer hat diesen Namen ins Spiel gebracht, wer hat letzlich entschieden, und wie wurde mit Einwänden umgegangen?

  6. Der Artikel lässt mich recht sprachlos zurück. Und die Frage nach dem warum. Warum wurde er überhaupt ausgewählt. Warum wird die Kritik an ihm von den Verantwortlichen einfach abgetan.
    Ist das der Drang dem vermeintlichen Zeitgeist zu folgen in dem „selbstbewusste und starke“ (ich bezeichne es als vorlaut, egozentrisch/narzisstisch, pöbelnd) Männer in wichtigen Positionen stehen.
    Große Teile unserer Gesellschaft scheinen die Zeit unbedingt wieder zurückdrehen zu wollen. Die Sorge um den Verlust von hart erkämpfte Freiheiten wächst weiter.
    Aber vielleicht haben ja andere Kommentatoren hier noch weitere mögliche Erklärungen.

  7. Zu #1
    Ich denke es ist schon relevanter wenn die Leute etwas sagen die einerseits professionell mit der Materie/Thematik vertraut sind und denen andererseits eine wichtige Plattform zum präsentieren abhanden kommen könnte.

    Und dann würde mich sehr interessieren wie das Verhältnis ist von rechten und linken Kulturschaffenden. Ich vermute jetzt einfach mal dass es dort ein starkes Übergewicht zugunsten der linken gibt. Aber wäre wirklich sehr interessant zu wissen.

  8. @Florian Blechschmied:
    Sie sind also ein Orakel?
    Bei der letzten BTW war dem nicht so.
    Kommen wir zur Besetzung des TTT Moderatorenposten: Sie ziehen es also vor, wenn die Moderatoren der Sendungen quasi gewählt würden? Und alle wählen mit, ganz egal, wer es nachher auch anschaut?

    Gegen Ihre Vorstellungen ist ja die sozialistische Planwirtschaft geradezu ein Paradies der individuellen Freiheit!

    Da wächst halt zusammen, was zusammengehört.

  9. Zu #1
    Ja, FB ist offensichtlich ein Troll, denn er weiß, dass Kulturschaffende kein Mitbestimmungsrecht bei solchen Besetzungen haben. Deswegen wurde ja Mischke ausgewählt. FB’s Haltung ist aber auch ein Symptom für die zentrale rechtspopulistische Strategie der Delegitimierung unserer demokratischen Strukturen als vermeintlich undemokratisch, indem allen möglichen institutionalisierten Entscheidungen – der Gerichte, der Parlamente oder halt öffentlich-rechtlicher Gremien – immer wieder das Konzept eines Volkswillens entgegengesetzt wird, gegen den verstoßen werde. Es gäbe gute Argumente gegen diese Strategie, aber im öffentlichen Diskurs sind sie kaum zu vernehmen. Auch an dieser Flanke kann man daher leider nicht von einer wehrhaften Demokratie sprechen.

  10. @11: Ich habe es verkürzt ausgedrückt. Beitrag #12 von Tanja Faust beschreibt Deine „Strategie“ ausführlicher.

  11. Es stellt sich in diesen Tagen nur mal wieder ganz besonders heraus, dass der Wert einer Demokratie daran gemessen wird, wie sie mit ihren Minderheiten verfährt.
    Ob marginalisiert oder vermeintlich Elite, alles wird gegen das angeblich gesunde Volksempfinden aufgerechnet.
    Faschismus aus dem Lehrbuch … das wird man ja noch sagen dürfen?!

  12. Passend dazu auf Bluesky von Arne Semsrott:
    @arnesemsrott.bsky.social
    „Mein Eindruck ist, dass der öffentlich-rechtliche Rundfunk für Kritik deutlich empfänglicher ist, wenn er aus den Reihen derer kommt, die den öffentlich-rechtlichen Rundfunk eigentlich abschaffen wollen.
    Du findest den ÖRR grundsätzlich gut, aber hast Kritik? Pech gehabt, kein Bedrohungspotential.“

  13. „Alternativ würde ich Charlotte Roche oder Henriette Hell vorschlagen.“
    So wollte ich eigentlich meinen letzten Post beenden. Habs dann gelassen, lass es laufen, vielleicht fällt es jemand auf.

    Offenbar nicht, nun die Langfassung.
    2008 ist Charlotte Roche auffällig geworden mit dem Roman „Feuchtgebiete“. Ein paar Jahre danach Henriette Hell mit „In 80 Orgasmen um die Welt“. Aus meiner Erinnerung war die mediale Rezeption der 80 Orgasmen zwar wohlwollend, aber insgesamt nicht sehr groß. Im Gegensatz zu Roches Werk, das medial rauf und runter gelobt wurde, ein paar Versatzstücke dieser Elogen habe ich in meinen Kommentar vom 25.12. zusammenkopiert. Wer sich damals wagte, zu den Feuchtgebieten einen Kommentar mit ähnlich negativem Tonfall zu geben, wie hier Rebekka Endler zu Mischkes epochalen Werken – der ward geschwind als reaktionär-patriarchaler Frauenfeind entlarvt.

    Was zur Frage nach dem Warum führt.
    Warum gibt es Lob ohne Ende für den Verbaldreck von Roche und Hell, aber für die in der gleichen Liga spielende Mischke-Jauche die Prädikate

    U N F A S S B A R

    E N T S E T Z L I C H

    E K E L H A F T

    An den Genitalien der RomancierInnen kann es nicht liegen, unsere Geschwätzliga ist nicht sexistisch.
    Aber was ist der Grund?

  14. Weder die eine noch der andere waren als Moderator*in für ttt vorgesehen, das ist der Skandal.
    Mischkes Ergüsse wären mir ansonsten so gleichgültig wie die all der anderen.
    Das macht den Unterschied, dass eine der wenigen verbliebenen Kultursendungen erwartbar uns „Unterkomplexe“ abgleitet, auf welchem chemischen Stoff auch immer, da ist Mischke Experte.

  15. Als Moderatorin für ttt war Charlotte Roche nicht vorgesehen (oder tätig), das ist richtig.
    Allerdings moderierte sie ab März 2012 zusammen mit Jan Böhmermann die Talkshow „Roche & Böhmermann“ bei ZDFkultur.
    (Wikipedia)

  16. Auch wenn ich diese Personalie ja mehr als fragwürdig halte, das hier:
    „Zwei Jahre zuvor hatte Barney Stinsons „Bro Code“ der gleichen Zielgruppe erklärt, warum Frauen, die ein Freund gebumst hat, benutzt und unbumsbar sind.“
    kann ich nicht so stehen lassen.
    Das Erste, was man über Barney Stinson wissen muss, ist: er ist nicht real.
    Das Zweite: er ist ein Frauenheld aus einer Sitcom namens „How I met your mother, wo er genretypisch überzogen dargestellt wird, und hat nicht die „gleiche Zielgruppe“.
    Drittens: der „Bro-Code“ besagt, dass zwei miteinander befreundete Männer nicht _gleichzeitig_ derselben Frau den Hof machen sollen. Um die Freundschaft nicht zu gefährden, nicht, weil Frauen dadurch abgewertet wären. Die Serie stellt sehr klar, dass das kein Problem ist, wenn das zeitversetzt stattfindet (insbesondere wird die Frau dadurch NICHT abgewertet, wenn man das Ende kennt…).
    Was jetzt nicht heißen soll, dass Mischke keinen „Bro“ hat, der ihm vllt ohne sonstige Qualifikation einen guten Job zugeschustert hat, aber dass es _dieser_ „Bro-Code“ in den Titel schafft, passt nicht so recht.

  17. #19
    Talk Shows – sind das Kultursendungen?
    Und: La Roche, soweit ich mich erinnere, hat Frauen keinesfalls als Objekte irgendwie (vergewaltigungs)lüsterner Männer beschrieben. Nichts gegen Flüssigkeiten, meinetwegen.
    Es geht mir um die Qualität der bisher excellenten Sendung ttt, verstehen Sie, und da ist ein Mischke wie der Eisberg für die Titanik.

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