11. Dezember

Was gutes Brot und guten Journalismus verbindet

Übermedien-Adventskalender Türchen 11
Illustration: Ralf Nietmann

Wofür interessieren sich unsere Leserinnen und Leser außer für Journalismus? Eine für uns überraschende Antwort: für Brot! Es gibt in der Community der „Steady“-Medienmacher die Möglichkeit, untereinander für Newsletter zu werben, und niemand hat uns auf diesem Weg in den vergangenen Monaten so viele neue Newsletter-Abonnenten beschert wie der Plötzblog – mit riesigem Abstand.

Ein Anlass für uns, bei seinem Macher Lutz Geißler mal nachzufragen, was er überhaupt macht – und was das mit uns zu tun hat.

Übermedien: Was ist der Plötzblog?

Lutz Geißler: Ich habe den Plötzblog vor fast 16 Jahren als eine Art Tagebuch oder Protokoll meiner Brotbacktage ins Leben gerufen. Über die Jahre hat er sich zur größten deutschsprachigen Plattform für gutes Brot entwickelt – mit rund 2.000 von mir entwickelten und gebackenen Rezepten und viel Hintergrundwissen. Seit 2023 gibt es auch einen Mitgliederbereich. Über ihn sind alle Rezepte frei zugänglich (sonst monatlich „nur“ 20 Stück). Außerdem biete ich dort monatlich neue Fach- und Sachtexte über das Brotbacken, Experimente und historische Einblicke in unser wichtigstes Grundnahrungsmittel. Die Mitglieder kommen aus allen Gesellschafts- und Altersbereichen. Deutlich in der Mehrzahl ist allerdings die Altersgruppe 35 bis 60, von denen die meisten eine akademische Ausbildung haben.

Und was hat es mit dem Namen auf sich?

„Plötz“ ist eine literarische Figur aus einem Bergbau-Versroman von 1847. Da ich sehr bergbauaffiner Geologe bin, passte dieser Name damals sehr gut.

Ist das Interesse für Brot in den vergangenen Jahren gewachsen? Wie kommt das?

Das Interesse an Brot allgemein ist vermutlich gleichgeblieben, allerdings nicht das Interesse am Brotbacken. Das ist stark gestiegen, schon vor Corona, aber durch Corona nochmal verstärkt. Meiner Erfahrung nach hat das zwei wesentliche Gründe: Erstens wird handelsübliches Brot immer schlechter vertragen. Und zweitens muss man Brot, das gut schmeckt, inzwischen wie die Nadel im Heuhaufen suchen. Da haben viele Menschen überlegt, es einmal selbst mit dem Brotbacken zu versuchen.

In deinem Newsletter gibt es auch eine Medienschau zum Thema Backen und Brot. Wie nimmst du die Berichterstattung über das Thema wahr?

Die Medien lieben das Thema Brot, weil die Aufmerksamkeit des Publikums sicher ist. Die Berichterstattung ist allerdings, etwas überspitzt ausgedrückt, unter aller Würde. Es vergeht kein Tag, an dem ich nicht einen Presseartikel mit fachlich falschen Informationen finde. Oft werden Aussagen von Bäckern unkritisch übernommen, die nicht selten Mythen oder institutionelle Narrative weitertragen, ohne sie zu hinterfragen. Typisch dafür sind die Artikel, die in vielen deutschen Zeitungen zum Tag des Deutschen Brotes erscheinen. Da sendet der Zentralverband des Deutschen Bäckerhandwerks eine große Pressemitteilung raus und die wird mehr oder weniger detailreich übernommen, gegebenenfalls noch ausgeschmückt mit lokalen Bäckereien. Dabei fällt gerne unter den Tisch, dass es weder eine fachliche Grundlage für die immer erwähnten 3.000 deutschen Brotsorten gibt, noch alles Gold ist, was im deutschen Bäckerhandwerk glänzt.

Es gibt auch sensationslüsterne Verbrauchertäuschung wie kürzlich in der ZDF-Sendung „besseresser“. Den Fall habe ich mit einem befreundeten Journalisten aufgearbeitet. Diese Sendungsfolge ist ein Beispiel für viele, in denen es beim Thema Brot immer wieder um Unterhaltung statt um korrekte Aufklärung ging. Wenn beides zusammenspielt, ist alles gut, aber wenn Unterhaltung auf Kosten der Fakten geht, dann nicht.

Aber es gibt natürlich auch positive Beispiele für gut recherchierte Beiträge, leider nur zu selten.

Welche Gemeinsamkeit gibt es zwischen Übermedien-Lesern und Plötzblog-Lesern?

Ich glaube, beide Leserschaften sind sehr interessiert an Fakten, hinterfragen das, was ihnen üblicherweise geboten wird, und suchen vertrauensvolle Wissensquellen. Wie Übermedien schaue ich auch mit dem Plötzblog kritisch auf ein Handwerk – nicht um es schlecht zu reden, sondern um es mit offenen Augen und anderem Blick zu begleiten und ein kleiner „Störfaktor“ zu sein, der Diskussionen anregt und auf Missstände aufmerksam macht. Gutes Brot lebt wie guter Journalismus von wenigen Zutaten und viel handwerklichem Können, dazu von Ehrlichkeit und Transparenz.


Weihnachtsbrot mit Sultaninen auf Tannenzweigen
Sternförmiges Weihnachtsbrot mit Sultaninen Foto: Lutz Geißler (cc-by-nc-nd)

Hier, passend zur Adventszeit, ein Rezept von Lutz Geißler für ein Weihnachtsbrot mit Bratapfelmus.


Alle anderen bereits geöffneten Türchen finden Sie hier.

1 Kommentare

  1. Danke hierfür. Freue mich schon ein paar der Brotrezepte auszuprobieren.
    Solche Verweise auf andere Netzinhalte gefallen mir immer sehr gut. Als „Otto Normalo“ hat man nicht so viel Zeit das Netz zu durchstöbern um die guten Seiten zu entdecken.

Einen Kommentar schreiben

Mit dem Absenden stimmen Sie zu, dass Ihre Angaben gemäß unseren Datenschutzhinweisen gespeichert werden. Ihre E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht.