Nachruf Donald Arthur

Der Mann, der Igor, Chefkoch und Kent Brockman war

In meiner Erinnerung war die Stimme von Donald Arthur zuerst die Stimme von Igor, dem Butler von Graf Duckula. Ein Geier, bucklig und traditionsbewusst, loyal und doch dauerhaft verzweifelt, dass sein Herr – durch ein Versehen bei der Wiederbelebungszeremonie – ein Vegetarier geworden ist, der das Blutsaugen ablehnt und stattdessen auf Brokkolisandwiches schwört. („Ich weiß nicht, wie lange ich diesen totalen Mangel an Schlechtigkeit noch ertrage“, stöhnt Igor, als er Duckula dabei erwischt hat, die frisch überholte Knochenmühle im Keller zum Blumenpressen zu benutzen.)

„Graf Duckula“ war eine wunderbare britische Vampirparodieserie für Kinder und Kindgebliebene, und die deutsche Version war vielleicht noch besser als das Original, weil sie mit so vielen grandiosen Synchronstimmen besetzt war: Ilja Richter als Duckula, Eddie Arent als Erzähler, Hartmut Neugebauer als die Haushälterin Emma („Duckiputz!“), Jochen Busse als sächselnder Bösewicht Doktor von Gänseklein.

Und eben Donald Arthur mit dieser perfekten Butlerstimme: Er klingt englisch, ohne dass da ein deutlicher Akzent wäre, distinguiert, mit einem enorm tiefen Bass, der ganze Melodien über mehrere Oktaven zu sprechen scheint.

Donald Arthur legte in Igors Stimme all das, was den Charakter dieser Figur ausmachte, in einer Weise, die umfassender und unmittelbarer wirkte als ihre Zeichnung und Animation als Cartoon. Und dabei war sie so markant, unverwechselbar: Donald Arthur.

Igor war aber gar nicht die erste Donald-Arthur-Figur meiner Jugend. Ich hatte Boober vergessen, aus den „Fraggles“. Ich hätte den Namen nicht mehr gewusst, aber wie konnte ich Boober vergessen! Er war in dieser wilden, immer etwas übereuphorischen Truppe der Pessimist und Skeptiker, ein Einzelgänger voll sympathischer Miesepetrigkeit – auch mit einer leichten Verzweiflung, schon in den letzten Sekunden des Vorspanns. Donald Arthur gibt diesem Boober nicht den tiefsten Bass seiner Stimme, aber den ganzen Weltschmerz.

Die meisten werden Donald Arthur als Kent Brockman in den „Simpsons“ kennen, den er mit so viel falschem amerikansichen Nachrichtensprecherpathos ausstattete, und als Chefkoch in „South Park“.

Joscha Sauer engagierte ihn für die Yetis in seinen „Nicht lustig“-Filmen, und es ist, wie bei all den anderen Rollen, die Arthur gesprochen hat: Man kann sich, nachdem man sie gehört hat, gar nicht mehr vorstellen, dass sie anders klingen könnten. Natürlich sprechen Yetis mit dieser Donald-Arthur-Stimme, wie denn sonst? So viel Bass muss schon sein, und natürlich haben sie nicht diese altmodische Distinguiertheit von Igor, sondern eine rustikale Tumbheit.

Anscheinend war Donald Arthur gelegentlich auch die deutsche Synchronstimme von Peter Ustinov, und das ist auf Anhieb so überzeugend, dass ich mir gar nicht sicher bin, ob Donald Arthur nicht auch die Originalstimme von Peter Ustinov war. Ich meine, ustinovhafter als Arthur kann man doch gar nicht klingen.

Die deutsche Presse scheint von ihm keine größere Notiz genommen zu haben: Ich habe in den Archiven kein Portrait, keinen größeren Text über ihn gefunden. Insofern verlasse ich mich jetzt einfach mal auf Wikipedia und die Internetseiten von Synchronsprecher-Agenturen, die sagen, dass Donald Arthur am 29. April 1937 in der Nähe von New York geboren ist und seit 1960 in Europa lebt. Außer als Sprecher und Schauspieler hat er auch als Opernsänger, Autor und Übersetzer gearbeitet.

Heute hätte er wieder die Yetis Erwin und Edgar für neue Folgen von „Nicht lustig“ aufnehmen sollen. Nach Angaben von Joscha Sauer ist er gestern Nacht gestorben.

Seine Stimme bleibt unvergesslich. Und wenn die Welt gerecht wäre, würde die ARD (oder wer immer die Rechte hat) heute ihr Programm ändern und eine Folge „Graf Duckula“ zeigen, oder zur Not die „Fraggles“ – in Memoriam Donald Arthur.

4 Kommentare

  1. Donald Arthur hat auch eine Hörbuchreihe aufgenommen:
    „Die Morde des Émile Poiret“
    Das ist nichts anderes als Hercule Poirot, nur ohne die Rechte, deshalb der andere Name. Dort kann man seinen sonoren Bass auch sehr schön mit vielen anderen bekannten deutschen Synchronsprechern hören. Einfach mal googeln. Nostalgie pur!

  2. Ich habe Donald Arthur zum ersten Mal auch bei „Duckula“ erlebt. In meinem Herzen wird er aber immer einen Platz haben für ein Zitat als Kent Brockman, als er mit seinem Kameramann in einen Gerichtssaal schlich: „In diesem Bundesstaat ist die Liveübertragung von Gerichtsprozessen verboten!“ flüsternd: „Deshalb müssen wir ganz leise sein!“

  3. Ich kannte ihn zuerst als Torro Bulba in Darkwing Duck. Und meine Güte, fand ich die Stimme damals gruselig. Jedes Mal, dass ich ihn seitdem gehört habe, musste ich daran denken.
    Und jetzt geh ich Duckula schauen.

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