Extremismus

Der Code der Neuen Rechten

Der publizistische Kardinalfehler seit den Anfängen von Pegida bestand nicht in einer vorschnellen Stigmatisierung der völkischen Bewegung, sondern in der kategorischen Unsicherheit, die Dinge präzise beim Namen zu nennen. Ein Gastbeitrag von Michael Kraske.

Schon vor zehn Jahren versorgte das „Amt für Öffentlichkeitsarbeit“ der NPD deren Politiker mit einem internen Strategie-Papier. Als „Argumentationshilfe beim Ausländerthema“ finden sich darin Aussagen wie diese: „Der Mensch an sich existiert nicht … Es gibt den Deutschen, den Franzosen und den Türken, aber nicht den Menschen … Der Mensch lebt in Völkern, die einen konkreten Lebensverband gleichartiger Menschen darstellen (durch gemeinsame Sprache, Kultur, Geschichte, Tradition, Mentalität und Abstammung) … Masseneinwanderung ist eine schleichende Form des Völkermordes.“

Zwar gibt es auch eindeutig rassistische Passagen in der NPD-Schrift („Deutsche afrikanischer Herkunft kann es gar nicht geben“), aber im Kern liest sich das Papier, als habe die NPD ganze Passagen bei Alain de Benoist oder Pierre Krebs abgeschrieben, den Vordenkern der Neuen Rechten – zu denen heute vor allem Björn Höcke zählt, AfD-Fraktionsvorsitzender im Thüringer Landtag.

Benoist und Krebs hatten seit den 1970er Jahren zunächst in Frankreich (Nouvelle Droite) und später auch in Deutschland ein völkisches Gesellschaftsmodell entwickelt: den Ethnopluralismus. Anstatt die Überlegenheit des eigenen Volkes oder der eigenen Rasse zu behaupten, wie das etwa die Nazis taten, konstruiert der Ethnopluralismus ein Recht auf kollektive Verschiedenheit und die Notwendigkeit, möglichst homogene Völker und Kulturen zu erhalten und vor Vermischung zu schützen. Andernfalls betreibe man „Völkermord“.

Verzicht auf den „Rasse“-Begriff

Die intellektuelle Modernisierungsleistung dieses Thinktanks bestand darin, künftig auf den Begriff der „Rasse“ zu verzichten, im Kern aber am Gesellschaftsmodell der alten Rechten festhalten zu können: einem „Kulturkonzept Deutschland den Deutschen“, wie der neurechte Publizist Henning Eichberg es nannte. In letzter Konsequenz lassen sich mit dem Ethnopluralismus neben Diskriminierung sowohl Apartheid als auch „ethnische Säuberungen“ bis zum Völkermord rechtfertigen, denn universale Menschenrechte, die ein entfesseltes ethnisches Kollektiv bändigen könnten, lehnt die Neue Rechte ausdrücklich ab.

Der Politikwissenschaftler Richard Stöss hat darauf hingewiesen, dass dieser nur scheinbar friedfertigen Ideologie gleichwohl eine Scharnierfunktion ins konservative Lager zufällt, „weil sie nationale Identität ohne Bezugnahme auf den klassischen Rassismus rechtfertigt, weil sie ihre Fremdenfeindlichkeit als Deutschenfreundlichkeit ausgibt und weil sie dafür auch noch ein humanitäres Anliegen in Anspruch nimmt.“ Nämlich das kollektive Recht auf Verschiedenheit und Selbstbestimmung, das freilich den Einzelnen entmündigt. Denn ein kollektives Recht auf ethnische und kulturelle Reinheit ist mit individueller Selbstbestimmung, wie sie das Grundgesetz garantiert, unvereinbar.

Ethnopluralismus ist längst allgegenwärtig

Lange blieb der Ethnopluralismus der Neuen Rechten hierzulande eine intellektuelle Randnotiz, die nur in elitären rechten Zirkeln wie dem „Thule-Seminar“ oder der Zeitschrift „Nation & Europa“ kursierte – unterhalb der öffentlichen Wahrnehmungsgrenze. Damit ist es vorbei. Von Pegida über AfD bis hin zu verschiedenen Onlineplattformen, sozialen Netzwerken und auch seriösen Presseartikeln finden sich entsprechende Botschaften. „Umvolkung“, „Überfremdung“ und „Bevölkerungsaustausch“ – die populären Anti-Asyl-Parolen der Straße fußen inhaltlich auf dem Gesellschaftsmodell der Neuen Rechten. Ethnopluralismus ist derzeit allgegenwärtig. Journalisten bleibt also gar nichts anderes übrig, als sich mit dieser Ideologie auseinanderzusetzen.

Beispiel Björn Höcke: Auf seiner Facebook-Seite schreibt der AfD-Politiker über die UN-Konvention über die Verhütung und Bestrafung des Völkermordes und stellt die Suggestivfrage: „Gehört die Multikulturalisierung eines gewachsenen Volkes auch dazu?“ In Sprache und Duktus ähnelt das dem neurechten Diskurs um „Völkermord“ durch Vermischung.

Offenkundig schöpfen NPD und Björn Höcke bisweilen aus ähnlichen, neurechten Quellen. Doch während Journalisten die NPD als rechtsextrem etikettieren, gilt die AfD lediglich als rechtspopulistisch, obwohl nicht nur Björn Höcke sich regelmäßig eines nationalsozialistisch konnotierten Vokabulars bedient („Altparteien“, „entartet“) und in seiner Rede über den „afrikanischen Ausbreitungstyp“ gar mit Rassebegriffen provozierte. Und obwohl sich Partei-Chefin Frauke Petry inhaltlich zu Höcke bekennt und den Begriff „völkisch“ wieder positiv besetzen möchte, der hierzulande nach der nationalsozialistischen „Volksgemeinschaft“ für immer als erledigt galt. Die Vorstellung einer durch gleiches Blut gebildeten Schicksalsgemeinschaft hat keine demokratischen Wurzeln, sondern eine lange antidemokratische Tradition: Blut und Boden. Völkischer Beobachter. Volksgerichtshof.

Grassierende Begriffsverwirrung

Was heißt es also, wenn historisch diskreditierte Ideologien reanimiert werden? Wer oder was ist die Neue Rechte in Deutschland und wie können Redaktionen deren Ideologie und Wirkung möglichst präzise darstellen? Was tun gegen die grassierende Begriffsverwirrung?

Politikwissenschaftlerin Anne Dölemeyer von der Universität Leipzig definiert die Neue Rechte als eine soziale Bewegung, „die einen völkischen Nationenbegriff verteidigt, der immer von einer Art Reinheit von Kulturen und Völkern ausgeht, sowie von deren innerer Homogenität; und aktuell vor allem in Gestalt einer militanten Anti-Islam-Haltung“. Als wichtigster deutscher Vertreter gilt der Verleger Götz Kubitschek, wichtige Organe sind laut Dölemeyer dessen „Sezession im Netz“, aber auch die Wochenzeitung „Junge Freiheit“. Die Politikwissenschaftlerin zählt zudem führende AfD-Politiker wie Björn Höcke, André Poggenburg und Hans-Thomas Tillschneider, den Vorsitzenden der Patriotischen Plattform innerhalb der AfD, zur Neuen Rechten. Höcke hielt seine heftig kritisierte Rede über den „afrikanischen Ausbreitungstyp“ bezeichnenderweise im Rahmen einer Veranstaltung des von Kubitschek mitgegründeten Instituts für Staatspolitik und bezeichnet diesen als Freund.

Mittlerweile haben etliche Redaktionen – darunter Deutschlandfunk, „Welt“, „Correctiv“ und das ZDF – hintergründig und analytisch über das neurechte Netzwerk berichtet. Dennoch bleibt die Neue Rechte journalistisch schwer greifbar. Das Thema ist komplex, es braucht viel Erklärung, Akteure finden sich parteiübergreifend. Um die Wurzeln offenzulegen, muss man zeigen, dass die historischen Vorbilder der Konservativen Revolution (Weimarer Republik) wie Carl Schmitt, Arthur Moeller van den Bruck und Oswald Spengler („Der Untergang des Abendlandes“) dem antidemokratischen Spektrum angehörten.

Carl Schmitt gilt als Wegbereiter der Nationalsozialisten. Der Staatsrechtler sah den Staat ermächtigt, auch im Innern souverän über Freund und Feind zu entscheiden. Seine Vorstellung vom „Pluriversum“ der Völker lieferte die Vorlage für den Ethnopluralismus.

Redaktionen tun sich schwer

Journalisten benötigen also sowohl detailliertes Wissen über historische Wurzeln als auch über die neurechte Ideologie, um Bezüge und identische Argumentationsmuster zu erkennen. Im AfD-Wahlprogramm von Sachsen-Anhalt ist beispielsweise vom Erhalt der „Eigenart der Völker“ die Rede. Klingt nach einer konservativen Floskel, ist aber ein Code für das völkische Modell des Ethnopluralismus.

Was sagt das über die AfD? Wie über die AfD im Tagesgeschäft berichten? Matthias Meisner schreibt als Politik-Redakteur beim „Tagesspiegel“ immer wieder über Pegida und AfD. Er räumt ein: „Redaktionen tun sich schwer damit, für rechte Parteien und Bewegungen ein passendes Label zu finden. Anfangs wurde gezögert, die AfD als rechtspopulistisch zu bezeichnen. Für Teile der Partei scheint das heute sogar zu schwach.“

Trotz vielfach berechtigter Kritik bleibe die Einschätzung durch den Verfassungsschutz (BfV) eine wichtige Orientierung. Die Verfassungsschutzämter des Bundes und der Länder beobachten bisher weder die AfD noch Teile von ihr.

Wohl aber wird die sogenannte „Identitäre Bewegung“ von mehreren Verfassungsschutzämtern beobachtet. Die Identitären bezeichnen sich selbst als Neue Rechte und machen mit medienwirksamen Aktionen auf sich aufmerksam. Wie kürzlich, als Aktivisten aufs Brandenburger Tor kletterten und ein Plakat entrollten: „Grenzen schützen! Leben retten!“ Man sehe Anhaltspunkte für Bestrebungen gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung, so die Begründung von BfV-Chef Hans-Georg Maaßen dafür, die Identitäre Bewegung zu beobachten.

Die AfD als „identitäre Bewegung“

Der Vorstand der Patriotischen Plattform in der AfD erklärt auf seiner Internetseite: „Wir wünschen uns eine engere Zusammenarbeit zwischen Identitärer Bewegung und AfD, denn auch die AfD ist eine identitäre Bewegung und auch die Identitäre Bewegung ist eine Alternative für Deutschland.“ Man erkennt darin unschwer ein Bekenntnis zu Wesensgleichheit und identischen Zielvorstellungen. Warum also werden die Identitären vom Verfassungsschutz beobachtet, der radikale AfD-Flügel aber nicht? Wird hier mit zweierlei Maß gemessen?

Das Bundesamt für Verfassungsschutz erklärt lapidar, bei der AfD lägen „keine hinreichenden tatsächlichen Anhaltspunkte für eine verfassungsfeindliche Bestrebung vor“. Es lägen zudem „keine Erkenntnisse vor, dass Extremisten einen steuernden Einfluss auf die Partei haben.“

„Tagesspiegel“-Redakteur Meisner findet es zwar grundsätzlich richtig, die AfD als heterogene Partei von Radikalen aber auch Enttäuschten nicht als rechtsextremistisch einzustufen. Gleichwohl hält er es für denkbar, „dass der Verfassungsschutz aus strategischen Überlegungen vor einer symbolträchtigen Beobachtung zurückschreckt“. Es sei eine Gratwanderung, einerseits die Radikalisierung der AfD registrieren zu müssen ohne andererseits deren Wähler zu stigmatisieren. Das gilt auch für Journalisten.

Gewöhnung und Normalisierung

„Herzlich willkommen“, rief Dirk Kurbjuweit der AfD in einem „Spiegel“-Leitartikel zu. Ein Plädoyer für Gewöhnung und Normalisierung. Unstrittig ist, dass Journalisten professionell mit AfD-Politikern umgehen, sie korrekt zitieren müssen. Aber an die rassistischen und völkischen Parolen von Petry, Gauland oder von Storch dürfen sich Journalisten eben nicht gewöhnen, sondern müssen sie dokumentieren und kritisieren, egal wie viele Wählerstimmen die AfD damit einsammelt.

Und sie müssen herausarbeiten, warum das vielstimmig propagierte völkische Gesellschaftsideal nicht mit der freiheitlichen demokratischen Grundordnung vereinbar ist, wie Einschätzungen von Verfassungsschutzämtern zu AfD und Pegida suggerieren. Trotz neonazistischer Demonstranten, Nazi-Vokabular („Volksverräter“) und Umsturz-Rhetorik lehnt es etwa der sächsische Verfassungsschutz bis heute beharrlich ab, die Pegida-Bewegung zu beobachten. Eine völkisch demokratische Grundordnung sieht die Verfassung aber nicht vor. Journalisten tun gut daran, den Verfassungsschutz als eine – mitunter interessengeleitete – Quelle unter vielen zu betrachten und nicht als objektive letzte Instanz.

„Volksverräter“ als Nazi-Vokabular

Erst im Angesicht der aggressiven rechtsextremen Hetze anlässlich der Feierlichkeiten zum Tag der deutschen Einheit am 3. Oktober in Dresden haben renommierte Meinungsmacher wie „Welt“-Autor Thomas Schmid einen überfälligen Schluss gezogen. „Die volksidentitäre Haltung ist nicht anschlussfähig an Rechtsstaat, Gewaltenteilung, Demokratie und Achtung vor der Würde des Menschen“, schrieb Schmid. „Spiegel Online“-Ressortleiter Roland Nelles sprach den völkischen Demonstranten in einem Kommentar ab, Demokraten zu sein und forderte, den bei AfD-Demos beliebten Ruf „Volksverräter“ im öffentlichen Diskurs als Nazi-Vokabular zu bezeichnen. Es zu verharmlosen oder zu relativieren, schade der Demokratie.

Offenkundig haben die hässlichen Bilder aus Dresden zu einem Umdenken unter Journalisten geführt. Der publizistische Kardinalfehler seit den Anfängen von Pegida bestand nicht etwa in einer vorschnellen Stigmatisierung der völkischen Bewegung, sondern in der kategorischen Unsicherheit, die Dinge präzise beim Namen zu nennen.

Keine klare Grenze zum Extremismus

Bisweilen wirkt das medial übliche Label „rechtspopulistisch“ nämlich geradezu wie eine demokratische Unbedenklichkeits-Bescheinigung. Politikwissenschaftlerin Dölemeyer hält es ohnehin für wenig hilfreich, im rechten Lager mit strikten Abgrenzungen zu hantieren. „Das impliziert, dass die Neue Rechte nicht so schlimm wie zum Beispiel Neonazi-Organisationen sei. Das sehe ich anders“, sagt Dölemeyer. Neue Rechte lieferten den ideologischen Hintergrund für Angriffe auf Migranten und Linke. Das Extremismus-Modell gaukele eine klare Grenze zwischen extremistisch und nicht extremistisch vor.

Zwar hält auch Dölemeyer den Terminus „rechtspopulistisch“ für geeignet, um auf die Heterogenität innerhalb der AfD hinzuweisen. „Aber wenn eine Ideologie im Sinne eines geschlossenen völkisch-nationalistischen, autoritären, anti-parlamentarischen, rassistisch geprägten Weltbildes gemeint ist, dann ist mindestens die Patriotische Plattform als extrem rechts einzustufen.“

Zirkelschluss statt Analyse

Rechtsextrem oder nicht – diese pauschalen Etiketten reichen nicht mehr. Journalisten werden vor allem Ideologien künftig präziser analysieren und einordnen müssen. Bislang wird Rechtsextremismus gern in einer Art Zirkelschluss festgestellt. Extrem ist demnach eine Partei, wenn ihre Politiker aus der rechtsextremistischen Szene stammen. Und eine Szene gilt als rechtsextrem, wenn sich Personen in ihr tummeln, die etwa durch die Mitgliedschaft in einer Neonazi -Organisation bereits als rechtsextrem aufgefallen sind.

Das führt zu dem Trugschluss, bislang unauffällige Bürger oder Politiker könnten per se keine Rechtsextremisten sein. Doch Rechtsextremismus zeigt sich sowohl im Verhalten als auch durch Einstellungen. Mit der rechtsextremen Vorstellung einer auf Abstammung basierenden „Volksgemeinschaft“ sympathisieren längst nicht nur Neonazis. Unterschiede im rechten Lager existierten mehr in der Form als im Inhalt, so Politikwissen-schaftlerin Dölemeyer. Heißt: Politikredaktionen müssen den Trend darstellen, ohne zu vernachlässigen, worauf der Soziologe Harald Welzer auf „Spiegel Online“ hinweist: „Hierzulande ziehen es vier Fünftel aller Menschen vor, nicht in einer Putin-, Orbán- oder Erdogan-Welt zu leben.“ Bei aller Aufmerksamkeit für den gegenwärtigen Rechtsruck gilt es, die publizistische Balance zu halten.

Neurechte Botschaften in FAZ und Cicero

Derweil haben es neurechte Botschaften gleichwohl geschafft, erhebliche Reichweite zu erzielen. Nicht zuletzt durch die sozialen Netzwerke, etwa über die Facebook-Seite von Pegida. Die Publizistin Liane Bednarz hat in ihrem Buch „Gefährliche Bürger“ früh beschrieben, wie die neurechte Ideologie von Pegida bis zu rechtskatholischen Milieus geteilt, geliked und diskutiert wird. Sie weist darauf hin, dass mittlerweile selbst Teile der bürgerlichen Presse neurechte Botschaften verbreiten würden: „Wenn zum Beispiel „Cicero“-Kulturchef Alexander Kissler affirmativ ein Zitat von der Umstrukturierung der deutschen Bevölkerung wiedergibt.“ Oder wenn Berthold Kohler in der FAZ kritisiere, Kanzlerin Merkel nehme die „Sorge vor Überfremdung“ vieler Bürger nicht ernst, ohne dass der Autor das Wort „Überfremdung“ in Anführungszeichen setze. „So macht man neurechtes und zugleich altbekanntes Vokabular aus den 1930er Jahren wieder salonfähig“, kritisiert Bednarz.

Aus Worten sind längst Taten geworden. Nachdem eine aufgebrachte Menge im sächsischen Clausnitz einen Bus mit Flüchtlingen belagert hatte, wies Liane Bednarz im Essay „Clausnitz ist kein Zufall“ darauf hin, dass Götz Kubitschek einige Zeit zuvor in einer Artikelserie seines Portals „Sezession im Netz“ nachdrücklich „Widerstand“ und „zivilen Ungehorsam“ thematisiert hatte. Da hatte Kubitschek über den Widerstand gegen eine Erstaufnahmeeinrichtung in Chemnitz-Einsiedel berichtet und gefragt: „Wenn es Einsiedel 20x gäbe und an jedem Abend in Sachsen (…) Leute (…) verhinderten, dass die Busse durchkommen – was dann? Endlich ein Effekt?“ Überschrift des Artikels: „Ernst machen“.

Kubitschek, der auch schon als Redner bei Pegida auftrat, ist sowohl neurechter Theoretiker als auch politischer Aktivist. In der Flüchtlingsdebatte sind Kubitschek und „Compact“-Chef Jürgen Elsässer zu Stichwortgebern und Argumentationshelfern des Anti-Asyl-Protests aufgestiegen. „Neurechte Akteure betreiben erfolgreiches Agenda-Setting und tragen dazu bei, das gesellschaftliche Klima zu radikalisieren“, sagt Publizistin Bednarz. Wichtig sei, deren Primärquellen zu kennen.

Radikalisierung benennen

Bednarz empfiehlt Journalisten zudem eine kritische Analyse der neu-rechten Sprache. Wenn Björn Höcke die von ihm „Altparteien“ Gescholtenen als „inhaltlich entartet“ bezeichne, müsse diese Radikalisierung benannt und kritisiert werden. Gleichwohl dürfe nicht jede Aussage wie die von Alexander Gauland über Jérôme Boateng eine Medienlawine lostreten, sagt „Tagesspiegel“ -Redakteur Meisner, vielmehr sollten Journalisten Strukturen und Neuentwicklungen wie das Aufkommen der Identitären Bewegung analysieren.

Patrick Gensing, der als Journalist und Buchautor seit Jahren über die rechte Szene schreibt, warnt aber davor, auf mediale Inszenierungen Kubitscheks oder die effektheischenden Aktionen der Identitären hereinzufallen. Benötigt würden vielmehr Fachwissen und kontinuierliche Recherche, um zu erklären, was die Neue Rechte ausmacht und auf Grundlage der Erkenntnisse zu diskutieren, wie groß ihr Einfluss tatsächlich sei.

Stärker in den Fokus der medialen Aufmerksamkeit gehören für Gensing „die Kampagnen einer rechten Kampfgemeinschaft, die sich derzeit beispielsweise gegen die Amadeu-Antonio-Stiftung oder Justizminister Heiko Maas richten.“ Kampagnen, die von erzkonservativen Publizisten bis hin ins offene Neonazi-Milieu aggressiv vorgetragen würden. Diese Diffamierungen und Drohungen seien für die Betroffenen sehr belastend. „Hier wünsche ich mir mehr Empathie und Haltung, auch vom Deutschen Journalisten-Verband“, so Gensing.

Die CSU ist nicht die NPD, aber …

Der Neuen Rechten spiele es in die Hände, dass durch die Hetze gegen Flüchtlinge die Grenzen zwischen Rechtskonservativen und organisierten Rechtsextremen verwischt worden seien, sagt Gensing: „Die Forderungen von Seehofer lassen sich von denen der NPD eigentlich kaum noch unterscheiden.“ Das bedeutet nicht, dass es keine kategorischen Unterschiede mehr gibt. Natürlich ist die CSU nicht die NPD. Aber christsozialer Rassismus ist nicht per se weniger rassistisch als der eines Neonazis. Autor Sascha Lobo hat im Fall von CSU-Generalsekretär Andreas Scheuer vorgemacht, wie man Klartext schreibt. Dessen Aussage, ein „fußballspielender, ministrierender Senegalese“ sei „das Schlimmste“, weil der nie wieder abgeschoben werde, bewertete Sascha Lobo in seiner „Spiegel Online“-Kolumne bemerkenswert unzweideutig: „Das ist Rassismus, nicht Rechtspopulismus, keine erzkonservative Haltung und erst recht keine Überspitzung, wie Scheuer seitwärts rudernd versucht zu verklären.“

Lobo traut sich, Scheuers Aussage aufgrund eigener Analyse als rassistisch zu werten. Damit ist er eher mutige Ausnahme als die Regel. Oft reicht den Redaktionen schon die laue Distanzierung eines Politikers nach dem Motto: war nicht so gemeint. Doch ob eine Redepassage völkisch oder rassistisch ist – in der Frage dürfen Redaktionen Politikern nicht das letzte Wort überlassen. Vielmehr müssen sie aufgrund präziser Analysen parteiübergreifend rechtsextreme Ideologiebausteine aufspüren und eine rote Linie definieren: Etwa wenn die Leipziger CDU -Bundestagsabgeordnete Bettina Kudla unter Verwendung eines Nazi-Begriffs eine rechtsextreme Verschwörungstheorie twittert: „BK #Merkel streitet es ab. #Tauber träumt. Die #Umvolkung #Deutsch-lands hat längst begonnen. Handlungsbedarf besteht!“ Vom absurden Vorwurf, als „politisch korrekte Gesinnungspolizei“ aufzutreten, dürfen sich kritische Journalisten nicht einschüchtern lassen.

Lupenreine Demokraten

„Cicero“-Chefredakteur Christoph Schwennicke hat im ARD-„Presseclub“ argumentiert, die AfD sei schon deshalb eine demokratische Partei, weil sie ja nicht die Abschaffung freier Wahlen fordere. Das tut aber nicht mal die NPD offen. Die hat ihren Anti-Parlamentarismus Jahre lang hinter der Forderung versteckt, den Bundespräsidenten direkt vom Volk wählen zu lassen. Antidemokratische Ziele verbirgt man heutzutage gern hinter dem Ruf nach mehr direkter Demokratie. Moderne Demokratieverächter fallen nicht dadurch auf, dass sie einer Diktatur das Wort reden, sondern gewählte Demokraten delegitimieren – etwa indem sie Angela Merkel als „Kanzler-Diktatorin“ diffamieren.

Rechtsextremismus-Forscher Dierk Borstel warnt davor, die völkische Mobilisierung als „Zwergenaufstand am rechten Rand“ misszuverstehen. Sie sei vielmehr Ausdruck einer ernstzunehmenden Demokratiekrise. Politischer Journalismus sollte sich in dieser Krise auf sein Kerngeschäft besinnen und Politiker an ihren Taten, aber auch Worten messen.

Dazu abschließend eine Quizfrage: Von wem stammt folgendes Zitat: „Ich sage diesen linken Gesinnungsterroristen, diesem Parteienfilz ganz klar: Wenn wir kommen, dann wird aufgeräumt, dann wird ausgemistet, dann wird wieder Politik für das Volk und nur für das Volk gemacht – denn wir sind das Volk, liebe Freunde.“ Hat das der junge Adolf Hitler gesagt? Oder NPD-Scharfsprecher Udo Pastörs? Alles falsch. Das Zitat stammt von Markus Frohnmaier. Aus einer Rede vor AfD-Anhängern in Erfurt.

Der drohende Sound eines rechtsradikalen Möchtegern-Revolutionärs hat Frohnmaier übrigens nicht geschadet. Er ist mittlerweile zum Pressesprecher von Frauke Petry aufgestiegen.

121 Kommentare

  1. Zitat:
    „Dazu abschließend eine Quizfrage: Von wem stammt folgendes Zitat: „Ich sage diesen linken Gesinnungsterroristen, diesem Parteienfilz ganz klar: Wenn wir kommen, dann wird aufgeräumt, dann wird ausgemistet, dann wird wieder Politik für das Volk und nur für das Volk gemacht – denn wir sind das Volk, liebe Freunde.“ Hat das der junge Adolf Hitler gesagt? Oder NPD-Scharfsprecher Udo Pastörs? Alles falsch. Das Zitat stammt von Markus Frohnmaier. Aus einer Rede vor AfD-Anhängern in Erfurt.“
    K.A. ob folgendes aus: Dieter Noll „Die Abenteuer des Werner Holt“ Band2 Seite 245, Aufbau-Verlag Berlin u. Weimar 1965,
    hier zitierfähig ist. Versuch und Zitat:
    „Wenn sie wiederkommen, dachte er, mit ihrer verlogenen Poesie, ihren blumigen Sprüchen, mit ihrem nationalistischen Kitsch und den vergifteten Phrasen, wie immer sie lauten mögen, ob Preußens Gloria oder heiliges Deutschland, ob Abendland oder Europa, wenn sie wiederkommen: schlagt sie tot!“
    Beide Bände lesen sich, wie ich immer noch finde, durchaus gut. Wenn auch ideologisch etwas sehr DDR-ideologisch angehaucht.

  2. Es gibt eine Bevölkerungsexplosion und Deutschland kan nicht alle aufnehmen. Das wollen Realitätsverweigerer wie Sie nicht wahrhaben.
    Die doch auch eher unsachlichen Meinungen von Höcke und anderen interessieren nicht. Es braucht eine Partei die diese übermäßige Einwanderung verhindert.

  3. „universale Menschenrechte, die ein entfesseltes ethnisches Kollektiv bändigen könnten, lehnt die Neue Rechte ausdrücklich ab.“
    Der Autor selbst wird ja wahrscheinlich nicht zugegen sein, aber kennt eventuell jemand anders einen Beleg dafür?

    Insgesamt fand ich den Beitrag ganz interessant, wenn vielleicht auch ein bisschen lang für den Inhalt. Und eventuell sogar ein bisschen … tendenziös ist nicht das Wort, das ich suche. Aber wenn ich mal versuche, mich in jemanden hineinzuversetzen, der mit rechten Meinungen sympathisiert ohne gleich die repräsentative Demokratie abschaffen zu wollen, und dann zum Beispiel einen Satz liest wie
    „Die [NPD] hat ihren Anti-Parlamentarismus Jahre lang hinter der Forderung versteckt, den Bundespräsidenten direkt vom Volk wählen zu lassen. “
    dann glaube ich, dass ich den komisch fände. Weil diese Forderung an sich ja nicht mal aus Sicht einer lupenreinen Repräsentativdemokratin besonders problematisch sein dürfte, und überhaupt, was heißt, „hinter der Forderung versteckt“? Worin genau äußert sich der Anti-Parlamentarismus der NPD, und inwiefern wird er durch diese Forderung weniger sichtbar? An der Stelle hätte der Text dann gerne wieder länger sein können. Oder war er das ursprünglich? Ich weiß ja nicht, wo die leichte Kürzung ansetzt.
    Ich glaube, ich hätte mir einfach mehr Fußnoten gewünscht. Oder so.

  4. @Ekkehard: WTF? Finde Ihr Zitat im Anschluss an den Artikel von Herrn Kraske nicht richtig. Auch nicht als Versuch. Ach ja: Es geht um den „schlagt-sie-tot!“-Teil, der mich stört.

  5. Sehr guter Artikel, dafür vielen Dank! Hier werden zwei Probleme benannt, die in ihrer Mischung für den aktuellen Zustand mitverantwortlich sind:
    1. Das veränderte Narrativ der ‚Neuen Rechten‘, das weniger radikal wirkt als die Old School-Variante. (Ethnopluralismus, Ablehnung der NS-Zeit, Betonung des GG,…)
    2. Die begrifflichen und analytischen Unsicherheiten in den Medien.
    Dazu gehört, dass meines Erachtens wahrscheinlich in 90% der Köpfe das Hufeisenmodell das Modell der Wahl ist, um das politische Spektrum abzubilden. So schön es auch ist, es erklärt kaum etwas und stellt auch ein fragwürdiges Bild von Gesellschaft her. Darin findet sich auch die meines Erachtens unsinnige Einteilung in (rechts-)extrem und (rechts-)radikal. Extrem ist dort mehr als radikal. Ich persönlich möchte den Unterschied zwischen den Begriffen anders ziehen: ‚Extrem‘ wird etwas im Vergleich mit anderen Positionen zum Thema, ‚radikal‘ nimmt eher Bezug auf den Lösungsansatz zum Problem. Diese Unterscheidung ist nicht sehr belastbar, aber immer noch einsichtiger, als einfach ex cathedra zu entscheiden, welcher Begriff das Extremere bezeichnet.
    Eine ernstgemeinte Frage an die anwesenden Journalisten und Journalistinnen: Wie wäre es, wenn man die bspw die AfD einfach ‚rechts‘ nennt? Man nennt ja auch die Linke oder Syriza ‚links‘.

    @Muriel:
    Zur Direktwahl des BP und eventuell dahinter verstecker Ziele: Ich weiss nicht, ob Ihnen dieser Beleg reicht, aber auf der NPD Seite gibt es einen Text zum Problem Liberalismus und Demokratie. Ich finde, er läßt erahnen, warum dort ein problematisches Demokratieverständnis herrscht.
    https://npd.de/ist-die-npd-eine-antidemokratische-partei/

  6. Offtopic

    Wie kann ich eigentlich Links so schön in den Text einbinden und mal ein Wort fett markieren? Wie macht Ihr das alle?

    gruß

    pit

  7. @Pitpitpat: Danke schön! Nun ist es nicht so, dass ich bezweifeln würde, dass die NPD Demokratie und vieles andere sehr problematisch deutet (auch wenn ich ihr zum Beispiel zustimme, dass Demokratie und Liberalismus verschiedene Sachen sind, das ist sogar einer meiner Lieblings-PetPeeves), sondern dass ich diese Formulierung mit dem Verstecken nicht ganz verstehe.
    Die Forderung, den Bundespräsidenten direkt zu wählen, finde ich unproblematisch. Warum sollte man die kritisch erwähnen? Wäre es nicht sinnvoller, stattdessen zu direkt kritisieren, dass die NPD sich offenkundig eine Form von Demokratie vorstellt, in der einfach nur die Diktatur der Mehrheit herrscht, auch wenn sie das nicht GANZ explizit sagt, statt eine völlig okaye Forderung als Beispiel zu nehmen und ohne weitere Erläuterung zu behaupten, dahinter verstecke sich was ganz Schlimmes?
    Oder übersehe ich was?

    Zu der Offtopic-Frage: Das geht mit den üblichen html-Befehlen, auch wenn in den Kommentaren hier nicht alle davon funktionieren dürften. Welche genau ausgeführt werden und welche nicht, weiß ich leider auch nicht.

  8. @Wodka: Welche Bevölkerungsexplosion meinen Sie denn, und woran machen sie fest, wie viele Menschen Deutschland aufnehmen kann? Wie viele wären denn richtig, nach Ihren Kriterien?

  9. @Muriel

    Ich stelle mir vor, dass hinter der unspektakulären Forderung, den BP direkt zu wählen, noch mehr steckt: Der Umbau unseres Staates hin zu einem Staat, der nur noch zwei Dinge kennt, die das gleiche Wollen: Einen starken Führer (BP) und das Volk. Der politische ‚Mittelbau‘ (etwas flapsig für das Parlament) wird unwichtig. Eine Identität zwischen BP und Volk wird angenommen.

    Hier einmal die oben verlinkte Stelle genauer: .Wir wollen das liberale Parteienregime – ganz demokratisch! – durch ein neues Gemeinwesen mit einem volksgewählten Präsidenten und Volksabstimmungen in allen Lebensfragen der Nation ablösen.“ So weit, so unspektakulär. Aber der schon der nächste Satz: „Ein solches plebiszitäres Präsidialsystem würde die deutsche Politik aus dem Würgegriff der Blockparteien und der eigensüchtigen Interessengruppen befreien. Es entstünde eine wirkliche Volksherrschaft mit einer „Identität von Regierten und Regierenden“ (Carl Schmitt).“ Macht – wie ich finde – deutlich, dass da noch einiges mehr mit gemeint ist. Zb: Wenn man immer einer Meinung ist, dann ist Abweichung keine wohlgelittene Option mehr.

    Danke für die Editionserklärung!

    pit

  10. Wie die meisten journalistischen Behandlungen dieses Themas scheint auch diese beim vorletzten Schritt zu verharren. Es erscheint diesem Journalismus hinreichend, geistige und historische Verbindungslinien zwischen Ideen aufzuzeigen, persönliche Kontakte zwischen Akteuren eines politischen Spektrums zu belegen, sodann herauszuarbeiten, als welcher Ismus die Idee zu kategorisieren sei, und schließlich zu zeigen, warum sie mit den guten Sitten öffentlichen Sprechens, der liberalen Verfassungspraxis oder vielleicht sogar der aktuellen Rechtslage nicht kompatibel sei.

    Allein: Nichts davon berührt die letzte, alles entscheidende Frage, warum jene so analysierte Idee *falsch* sein soll. Der Leser kann dem ganzen Text zustimmen, aber die Idee dennoch gut finden, wenn er nicht dieselben vorgegebenen Größen stillschweigend mit dem selbstverständlich Guten identifiziert wie der Autor. Das macht all diese Texte philosophisch so zahnlos und schwach.

  11. Zitat:
    „Dazu abschließend eine Quizfrage: Von wem stammt folgendes Zitat: „Ich sage diesen linken Gesinnungsterroristen, diesem Parteienfilz ganz klar: Wenn wir kommen, dann wird aufgeräumt, dann wird ausgemistet, dann wird wieder Politik für das Volk und nur für das Volk gemacht – denn wir sind das Volk, liebe Freunde.“ Hat das der junge Adolf Hitler gesagt? Oder NPD-Scharfsprecher Udo Pastörs? Alles falsch. Das Zitat stammt von Markus Frohnmaier. Aus einer Rede vor AfD-Anhängern in Erfurt.“

    A.H. wird es sicherlich nicht gesagt haben, da er schließlich auch zum Kampf gegen rechts aufgerufen hat.

  12. @5: Die Seite hier könnte helfen:
    http://www.frankshalbwissen.de/kommentare/textformatierung-in-kommentaren/

    @2, ich versuch’s mal:
    „Es gibt eine Bevölkerungsexplosion “
    – Wo und von wem?

    „und Deutschland kan nicht alle aufnehmen.“
    – Alle was? Alle Kriegsflüchtlinge wollen Sie sagen?

    „Das wollen Realitätsverweigerer wie Sie nicht wahrhaben.“
    – Sie tun so, als enthielte ihr erster Satz nachvollziehbare Statistiken / Daten. Bitte liefern Sie diese nach, bevor Sie anderen „Realitätsverweigerung“ vorwerfen. Wir wollen ja wenigstens über den gleichen begriff von „Realität“ sprechen.

    „Die doch auch eher unsachlichen Meinungen von Höcke und anderen interessieren nicht. “
    – Interessieren nicht oder interessieren Sie nicht? Wollen Sie die nicht hören? Wie passt das zu der unterstellten Realitätsverweigerung der Gegenseite im vorigen Satz?

    „Es braucht eine Partei die diese übermäßige Einwanderung verhindert.“
    – Es handelt sich um Kriegsflüchtlinge, keine „ich hab grad Bock drauf“-Einwanderer. „Übermäßig“ liegt derzeit an den vielen Krisenherden auf der Welt, die Deutschland mitzuverantworten hat.
    Klar können Sie der Meinung sein, dass es eine solche Partei braucht. Dann sollten die Argumente hierfür aber auf Fakten basieren, oder nicht?

  13. @ Twex: Bei der Idee handlet es sich um eine rassistische Ideologie.
    Und wer die unterstützt ist nunmal ein Rassist.
    Das sollte man so benennen, legt der Autor nahe.

    Und meinerseits: Bitte nicht immer direkt rumheulen, wenn ihr Typen dann als Rassisten bezeichnet werdet.

  14. > Derweil haben es neurechte Botschaften gleichwohl geschafft,
    > erhebliche Reichweite zu erzielen.

    richtig ist, dass die Botschaften zur Durchführung von verbrecherischer westlicher Politik in Form von Angriffskriege, Umstürze und Austerität erhebliche Reichweite erzielen. Der gesamte Mainstream und auch einige Alternativmedien folgen seit Jahren der PR von NATO, Elilte und Co. Beschämend.

    Millionenfaches Leid für die arabische und europäische Bevölkerung. Aber anstelle dies als die Ursache für problematische Entwicklungen zu benennen, gibt es hier wieder mal einen Artikel, der offenbar nur das Ziel hat, von den tatsächlichen Problemen und Verbrechern abzulenken und möglichst viele der aufgewachten kritischen Bürger zu diffamieren, in dem man diese in einen Topf mit Höcke und Co wirft.

  15. Ein bisschen klingt das so, als wäre Rechtsextremismus ein ganz kompliziertes Thema, das man nur mit ganz viel Hirnschmalz aufdröseln könnte.
    Echt jetzt?
    Dämliche Fragen wie: „Ist die AfD keine rechtsextreme Partei, weil sie nicht offen die Abschaffung der parlamentarischen Demokratie fordert.“ zu beantworten mit: „Das tut die NPD auch nicht.“ ist jetzt irgendwie auch dämlich. Die NPD tut das nicht, weil das zu offensichtlich undemokratisch ist, _und_ weil sie die parlamentarische Demokratie ja noch braucht. Wissen Sie, welche Parteien das auch nicht fordern? Die CDU, die SPD, die Grünen, die Linke…
    Entweder wollen diese Parteien die Demokratie nicht abschaffen, oder sie wollen es, geben es aber nicht zu. Soll nicht heißen, dass die AfD keine rechtsextreme Partei sein kann, sondern nur, dass man aus dem Nichtsichtbarsein einer Sache, die man nicht sehen würde, nichts schlussfolgern kann.

    Weiterhin, man kann dafür sein, sein Staatsoberhaupt direkt wählen zu lassen, ohne gleichzeitig Parlamente abzuschaffen – so verkürzt, wie das hier dargestellt wird, läuft das auf ein Totschlagargument hinaus: „Jeder, der für die Direktwahl des Präsidenten ist, ist für die Rechten. Ende der Diskussion.“ Kann es doch nicht sein.

    Dass rechtes Gedankengut sich in den letzten Jahrzehnten weiterentwickelt hat, zumindest von den verwendeten Begriffen her, ist jetzt nicht sooo überraschend. Natürlich sind Rechte nicht notwendigerweise dumme Vollpfosten ohne rhetorische Fähigkeiten, natürlich verwenden sie Argumente, die möglichst viele Menschen überzeugen. Und ganz natürlich fressen sie Kreide ohne Ende.

    Aber es kann doch nicht so schwer sein, dagegenzuhalten. Es ist fast egal, ob ausländerfeindliche Sprüche „rassistisch“ – also mit irgendeiner Art Biologismus – oder „kulturistisch“ – also mit irgendwelchen soziologischen Erklärung(sversuch)en – begründet werden soll. Das Ausländerfeindliche ist meist recht einfach zu identifizieren, und die Pseudowissenschaft ist leicht zu widerlegen, wenn’s drauf ankäme.

    Stattdessen lese ich hier einen längeren Beitrag im Tenor: „Die Rechten nutzen neue Wörter, mimimi.“

  16. Mittlerweile bin ich nicht mehr so ein Anhänger von direkter Demokratie. Der Brexit konnte auch vollzogen werden, weil bekannte Politiker wie Farage lügten und die Vorteile der EU finanziell kleinredeten. Es wurde auf Stimmungsmache gesetzt und Menschen sind leider über Gefühle wie Angst vor Zuwanderung leicht beeinflussbar. Eine Präsidentenwahl könnte von Nazis genauso beeinflusst werden. Jetzt könnt ihr den etablierten Parteien mit einem Höcke die Party verderben. Dann wird nicht mit dem Verstand gewählt, sondern mit der Emotion. Ein Nazi als Präsident würde dem Ansehen Deutschlands schaden.

  17. @Muriel: Der wichtige Teil in dem Text besagt, dass die Neue Rechte Entdemokratisierung nicht durch die Forderung nach Abschaffung von Wahlen zu erreichen versucht, sondern zunächst durch Delegitimerung gewählter Demokraten („Kanzler-Diktatorin“). Bei einem Verhältniswahlrecht wird der gewählte Kanlzler auf vielfältige Weise kontrolliert, eben auch durch die Opposition. Dadurch werden auch stets Minderheiten berücksichtigt (ich erkläre Dir hier nichts Neues, aber mir geht es darum, den Zusammenhang zur Aussage im Text herauszustellen). Gerade wegen der Erfahrungen aus der Weimarer Republik wurde ja beschlossen, den Präsidenten nicht mehr in direkter Wahl zu wählen und ihn mit einer relativ geringen Machtfülle auszustatten. Insofern ist der Ruf nach mehr direkter Demokratie durchaus als Schritt in Richtung Tyrannei der Mehrheit zu interpretieren, wobei „Mehrheit“ ja ausschließlich das im obigen Sinne gedachte „Volk“ sein darf.

  18. Ich habe ein erhebliches Problem damit, wie hier versucht wird, das Engagement für direkte Demokratie in die rechte Ecke zu stellen. Ja, es gab schlechte Erfahrungen in der letzten Zeit (Brexit – obwohl das ja nur eine nicht bindende Volksbefragung war – , Masseneinwanderung und Freizügigkeit in der Schweiz, Schulreformen in Hamburg), andererseits auch gute (Berliner Wasserbetriebe und Tempelhofer Feld), die sich zudem gegen einseitige Mediendarstellungen durchsetzen konnten. Genauso wie bei der Forderung nach einer Direktwahl des Bundspräsidenten kommt es auf die Rahmenbedingungen an (wie wir gelernt haben ist die Stellung des BP in Österreich viel mächtiger als in Deutschland) und die NPD fordert ja ein Präsidialsystem, also so etwas wie das, was Erdogan sich gerade einrichtet. DD kann aber auch die parlamentarische Demokratie stärken (die hohe Anzahl von Volksabstimmungen in Bayern bei jahrzehntelanger Alleinherrschaft der CSU ist sicher kein Zufall), indem sie die Volksvertreter aus den Hinterzimmern herausholt und zur Begründung ihres Handelns zwingt. DD ist kein Problem in einer informierten Gesellschaft – aber das ist es ja gerade, was die neuen Rechten verhindern wollen. Sie wollen DD nur, wenn ihre Lügen in der Bevölkerung Anklang finden, sie wollen keine Aufklärung.

  19. @MartinF: Ich kann hier nirgends herauslesen, dass Elemente einer direkten Demokratie per se als rechtsextrem benannt werden. Hier wird nur herausgestellt, dass die Forderung nach direkter Demokratie eben paradoxer Weise (und unter bestimmten Voraussetzungen) antidemokratische Ziele verfolgen kann. Das ist schon ein Utnerschied.

  20. @Wodka:
    „Dort wird festgestellt, 1457 Personen liken
    Tierschutz
    davon liken 734 Personen auch NPD.
    Dann sind wohl alle Tierschützer rechts ?“

    Äh, nein. Das heißt es nicht. Es ist ein Beleg dafür, dass Rechtsextreme unheikle Themen besetzen, um Likes auch von Leuten abzugreifen, die die anderen Ansichten nicht teilen würden. (Wenn das ein Beispiel für Ihre Fähigkeiten ist, Statistiken zu begreifen, dann wundert mich nicht, wie Sie auf „übermäßige Einwanderung“ und so kommen.)

  21. @Muriel

    Konnte ich denn in #11 Ihre Frage beantworten? Ich würde dem noch einmal hinzufügen, dass natürlich die direkte Wahl des BP alleine überhaupt nichts verwerfliches ist, nur wenn man glaubt, dass man dadurch “ aus dem Würgegriff der Blockparteien und der eigensüchtigen Interessengruppen“ entkommt, dann ist doch klar, dass hier mehr gemacht werden soll, als der BP direkt gewählt werden.

  22. @Pitpitpat: Ich glaube, ich habe irgendwie das Missverständnis herausgefordert, ich würde das Problem mit der NPD grundsätzlich nicht verstehen.
    Dem ist allerdings nicht so.
    Ich verstehe nicht, warum in dem Artikel dieser etwas sonderbare Ansatz gewählt wurde. Ich hab das früher schon nicht ganz sinnvoll gefunden, wenn ich irgendwo las, die Nazis (also, die richtigen, im Sinne von die NSDAP unter Hitler) hätten irgendein prinzipiell sinnvolles Projekt nur zu Propagandazwecken oder so gewollt.
    Mir käme es erheblich wichtiger vor, zu erklären, wo das Problem mit der Politik der jeweiligen Partei ist, also ungefähr so, wie in deinem (Darf ich Du sagen? Die Sitten sind in der Hinsicht bei übermedien ja sehr gemischt.) Kommentar auch.

  23. Toller Artikel. Vielen Dank.

    Im Satz im viertletzten Absatz: „Cicero“-Chefredakteur Christoph Schwennicke hat im ARD-„Presseclub“ argumentiert, die AfD sei schon deshalb eine demokratische Partei, weil sie ja nicht die Abschaffung freier Wahlen fordere.“ muss es vermutlich heißen „keine demokratische Partei“, sonst ergibt der Kontext im nächsten Absatz keinen Sinn.

  24. Erschreckend ist das Ausmaß der Unkenntnis der sog. Experten. Längst kam es zu einer Spaltung zwischen der alten-neuen Rechten, deren Vetreter Pierre Krebs und das Thule Seminar korrekt benannt wurden und der neusten Rechten die sich im Umfeld von Gotz Kubitschek, Hocke und der Sezession sammeln. Die Trennlinie ist die Biologie. Während die Krebs Anhänger auf den reinen Phänotypus bestehen ist das Sezessions Umfeld kulturell geprägt. Gretchenfrage bleibt „kann ein Schwarzer Deutscher sein“ Hockes, Kubitschek und andere antworten darauf „ja, aber…“ . Ich konnte vor einiger Zeit ein längeres Gespräch mit Pierre Krebs führen der mir das bestätigte. *auf dem Handy getippt. Schreibfehler gehören folglich zu Gesamtperformance

  25. @Muriel

    klar, wir können uns duzen. Über die Beweggründe von Menschen zu urteilen, ist natürlich problematisch: Meist liegen Sie ja im Dunkeln oder es werden sogar ganz andere Motive angegeben. In einem solchen Fall würde ich auch Indizien oder Belege dafür erwarten. Im konkreten Fall würde ich deshalb sagen: Die Forderung nach direkte Wahl des BP ist erstmal harmlos – aber auch etwas sinnlos, denn der BP ist ja mit Absicht ein ‚eher unwichtiger‘ Staatspräsident. Deshalb ist seine Direktwahl nur dann sinnvoll zu fordern, wenn seine Verfassungsrolle erweitert wird. Dementsprechend müssen andere Verfassungsorgane in ihrer Macht eingeschränkt werden.
    1. Inwieweit soll die Macht BP erweitert und die anderer Verfassungsorgane vermindert werden?
    2. Zu welchem Zweck soll das geschehen?
    Jetzt die Annahme von Michael Kraske und mir: Die Antworten auf diese Fragen zeigen mit großer Sicherheit, dass die Forderung nach Direktwahl nur die Spitze des Eisberges ist. Ein harmloses, demokratisches Feigenblatt, dass undemokratische Forderungen verdecken soll.
    Das alles würde ich mit zu dem ‚Problem der Politik der jeweiligen Partei’zählen, da es ja durchaus ein Problem ist, wenn eine Partei auf der einen Seite konkrete, harmlose Forderungen hat, auf der anderen Seite jenseits dieser Forderungen mit Andeutungen (‚Würgegriff der Blockparteien‘) Politik macht.

  26. @Pitipat: Ich würde sogar noch weiter gehen. Es ist nicht nur ein Feigenblatt. Das Ziel einer Machtübernahme durch eine rechtsextreme Partei (und der anschließenden Umsetzung dem Grundgesetz widersprechender Ziele) geht nur auf demokratischem Wege (ein Putsch dürfte doch eher als aussichtslos angesehen werden). Der Ruf nach mehr direkter Demokratie soll hier vor allem das bestehende System delegitimieren. Es ist also viel mehr als nur „ich behaupte mal, dass ich für Demokratie bin, weil ich ja nicht gewählt werden, wenn ich offen für einen Tyrannen bin“.

  27. @Muriel
    Hey Du, ich habe Dich so verstanden, als fandest Du einfach das Argument zirkelschlüssig, Die Behauptung undemokratischer Tendenzen mit demokratischen Forderungen zu belegen und nicht die undemokratischen Tendenzen selber. Du hättest Dir einen Beleg gewünscht, wo die NPD sinngemäß fordert: Demokratie abschaffen, Diktatur anschaffen! Oder? Ich finde, da haste Recht. Wahrscheinlich hast Du es ganz anders gemeint.

  28. @Inga, 28:

    Die Formulierung „sich hinter der Forderung verstecken“, wie sie im Artikel verwendet wird, impliziert ja, dass man die antidemokratischen weiteren Forderungen irgendwie nicht sehen könne, weil die Forderung nach einer BP-Direktwahl demokratisch ist.
    Wieso sollte man das nicht sehen können? Oder wieso kann man nicht erklären: „Rechtsextreme oder -populistische Parteien rechnen sich bei einer Direktwahl des BP mehr Chancen aus, einen von ihnen gewünschten Kandidaten ins Amt zu hieven, und weiterhin fordern sie diese Direktwahl im Zusammenhang mit einer Machtverschiebung zulasten von Kanzler und Parlament. In diesem Zusammenhang muss man diese Forderung kritisch sehen.“
    Bei der Verkürzung wie oben wird indirekt die Gleichung aufgemacht: „BP-Direktwahl = Rechtes Gedankengut.“

    Oder wie viel Analyse braucht man, um in „Kanzler-Diktatorin“ eine Beleidigung und Lüge zu sehen? Wäre die irgendwie weniger schlimm, wenn sie keine allg. anerkannte rechte Vokabel wäre?

  29. @Maike: Der Beleg steht doch im Text: Mal ganz platt ausgedrückt, wenn ich mehr direkte Demokratie fordere und gleichzeitig (!) behaupte, das sei die einzige demokratische Form der Wahl und alle aktuell gewählten Volksvertreter seien dadurch illegitim (weil nicht direkt gewählt), dann ist das undemokratisch. Klingt komisch, ist aber so (sagt zumindest u.a. unser Grundgesetz).

  30. @Mycroft: Ich weiß nicht so recht, warum Sie mir diese Fragen stellen. Ich denke aber in der Tat, dass die politische Bildung in diesem Land nicht unbedingt bei jedem Wahlberechtigten so ausreichend vorhanden ist, dass die Intention jedem/r so klar wäre wie offensichtlich Ihnen.
    Der Text sagt auch nicht aus, dass man „Kanzler-Diktatorin“ nur mit Hintergrundwissen als undemokratisch verstehen kann, sondern es belegt die Aussage des Autoren, dass den Neurechten daran gelegen ist, demokratisch gewählte Politiker zu delegitimieren. Es wäre halt wichtig, das zu erkennen, auch wenn jemand eben gerade nicht solche Vokalben verwendet.
    Ich finde es sehr wichtig, die Ideologie der Menschenfeindlichkeit zu verstehen, um die Menschenfeindlichkeit zu bekämpfen.

  31. Weshalb sollte Merkel denn keine Kanzler-Diktatorin sein? Diktatur definiert sich aus einer Machtergreifung des Regierungschefs über dem Parlament, und da die Machthaberin Merkel sich gesetzeswidrig an der Einschleusung von Asylbetrügern beteiligte, erfüllt sie die Definition der Diktatur.
    Außerdem wird hier so getan, als handelte es sich bei dem Begriff Volk um eine Wahnvorstellung. Tatsächlich ist ein Volk eine Vertrauens- und Toleranzgemeinschaft, welche eben durch das Vertrauen einer gemeinsamen Kultur langfristig immer in eine Abstammungsgemeinschaft mündet. Hier wird so getan, als wäre Allah und Geld realer als ein Volk, gleichwohl Völker tatsächlich auf der ganzen Welt existieren und Allah und der Geldwert – selbstverständlich auch diverse Genderideologien -nur auf Glauben beruht.

  32. @Mycroft, Inga
    Mir hat der Text wegen der, ich nenne es mal „ideengeschichtlichen Einordnung“ gefallen. Allerdings bin ich mir nicht ganz sicher, ob die Vertiefung meines Verständnisses wirklich so wichtig ist für die wirksame Bekämpfung der Menschenfeindlichkeit – Oder ob es da nicht doch auf etwas anderes ankommt.

  33. Sie überschätzen die Relevanz der Benennung als Rechtspopulistisch oder Rechtsextrem mMn ganz erheblich. Gleiches gilt für die Frage der Beobachtung durch den Geheimdienst.
    Beides hilft vielleicht Ihnen dabei das Thema besser zu greifen, beeindruckt aber die relevante Zielgruppe nicht mehr im geringsten. Da sind Ihnen die neuen Rechten immer noch mindestens zwei Schritte voraus. Schon vor Jahrzehnten hätte man diese Haltung verstehen lernen können, in Asterix. Methusalix: „Ich habe nichts gegen Ausländer, solange sie im Ausland bleiben.“

    Die Identitäre Ideologie wird weitere, noch weniger leicht zu stigmatisierende Argumente einschleusen. Wer keine eigene realistische Haltung zum Thema kulturelle Identität entwickelt hat, wird ähnlich systematisch in der Auseinandersetzung versagen, wie bisher das gesamte Machtelitenzirkelfilterblasenmilieu.

    Ganz zu schweigen von der libertären Beimengung im Rechtzept. Da fehlt dann aufgrund klarer Blasen-Selektionskriterien die natürliche Abwehrkraft. Der neoliberal verbrämten, für deutschmedienverlage fundamentalen Staats- und Steuerfeindlichkeit ist das nicht so wesenfremd.

    Letztlich wissen „wir“ gar nicht mehr wer wir sind. Haben wir einen kleinsten gemeinsamen Nenner im Hinblick auf kulturelle Identität, Leitkultur und Mindestunantastbarkeit der Würde sozial Schwacher, den mindestens 85% der Bevölkerung und die besagte Elite teilen?
    Versteht „Ihr“ überhaupt, wann und wo ihr zuviel vom Fußvolk im Tross abgehängt und verloren habt? Und wieso es völlig natürlich ist, dass das brandgefährlich wird, wenn „ihr“ euch zu lange um dieses Thema drumrumdrückt?

    Mich macht noch immer sprachlos, wie viele Journalisten immer noch wie sprachlos irritiert wirken, wenn die Rechte nicht exakt so ist, wie es einem in die Taschen spielen würde, wie man auf sie vorbereitet wäre.

    Manchmal erwäge ich, Coachings anzubieten: Üben und Erproben von argumentativen Strategien gegen ethnopluralistische Rhetorik am pseudoidentitären Rabulisten für Politredakteure. Inklusive Anfängertipps für Neuentdecker.

    Wäre mir ein diabolisches Vergnügen. „Eure“ Verteidigungslinien sind durch Ignorant und Selbstbetrug derart morsch geworden, das wäre herausfordernd wie zündeln im Heuschober im August. Aber bei den meisten Journalisten ist ja finanziell nix zu holen und bei deren Elite mangelt es immer noch an der Einsicht, also lasse ich das. Und betrachte das Spektakel wie einen Unfall, den man kommen sieht ohne ihn aufhalten zu können: Schrecklich, aber weggucken kann man nicht.
    Schade dass der Fahrer die Richtung für derart Faktisch-Alternativlos hält, dass er Lenkrad- und Bremsbedienung ablehnt und die Beachtung von Strassenrändern für Überregulation.

  34. @Inga:
    Ok, ich hätte diese Fragen vllt. etwas allgemeiner halten sollen.

    Jetzt richtet sich der Artikel oben offenbar in erster Linie an Journalisten.
    Wenn die Durchschnittswahlberechtigten bei „Direktwahl des Bundespräsidenten“ denken: „Naklar, was sonst!“ und nicht auf Anhieb sehen, dass damit die Schwächung der Parlamente und dergleichen miteinhergehen soll (was kein Automatismus wäre, wenn auch von interessierter Seite so gewünscht), und dass die Rechten bei einem derartigen System eher Chancen für die eigenen Leute sehen, s. Trump, ist das vllt. schon etwas „feigenblattartig“, also zwar durchschaubar, aber nicht sofort offensichtlich. Andrerseits halte ich die Wählerschaft im Großen und Ganzen für kompetent genug, um sich schon selbst Gedanken zu machen. Wer eine offen ausländerfeindliche Partei wählt, die irgendwann in Zukunft mal eine Bundespräsidentendirektwahl organisieren will, macht dies vermutlich doch eher wegen der Ausländerfeindlichkeit. So viel Verstand sollte man den Menschen schon zugestehen, auch den AfD-Wählern. Oder man hält „den“ Wähler generell für blöd, dann gibt man den Antidemokraten indirekt Recht.

    Wenn man aber Journalisten als Hauptzielgruppe hat, die hauptberuflich mit dem Thema arbeiten, wieso muss man da alles auseinanderdröseln?
    Herr Schwennickes Argument z.B., warum die AfD demokratisch sein soll, ist so naiv, dass ich nicht glaube, dass er selbst dran glaubt. Genausogut könnte man argumentieren, Herr x oder Frau y seien schon deshalb keine Steuerhinterzieher, weil sie Steuern zahlten.
    Solche Argumente muss man widerlegen? Ernsthaft?

  35. @Mycroft
    „Solche Argumente muss man widerlegen?“ Tja. Man würde es nicht meinen wollen, aber Herr Schwennicke ist ja leider nicht irgendwer, sondern der Herausgeber des Cicero. Ich höre ihn häufiger sonntags vormittags im Presseclub – Der hat mit seinem Quatsch also leider tatsächlich ein ernstzunehmendes Forum. Ich könnte dann immer ein bisschen weinen, wenn ich so zuhöre.

  36. @NK
    Danke für Ihre Erläuterungen zum Volksbegriff. Ich frage immer und kriege selten eine Antwort. Ich hätte aber noch mal eine Verständnisfrage: „Tatsächlich ist ein Volk eine Vertrauens- und Toleranzgemeinschaft, welche eben durch das Vertrauen einer gemeinsamen Kultur langfristig immer in eine Abstammungsgemeinschaft mündet.“
    Was ist zuerst da, das „Vertrauen einer gemeinsamen Kultur“ und dann die „Abstammungsgemeinschaft?“ Oder andersherum?
    Und wie wäre jemand wie ich in die Volksgemeinschaft einzuordnen (bin für Umvolkung durch Flüchtlingsaufnahme), Volkschädling, Volksverräterin? Bin aufrichtig interessiert.

  37. @NK, 37: Bis eben war das eine tolle Debatte. Dann kamen Sie. Und kauten einfach den ganzen Mumpitz der modernen Strassenrechten wieder.

    Ich will ja gar nicht auf den Mist einzeln eingehen, daher nur soviel: bitte machen Sie sich kundig hinsichtlich der Begriffe „Diktatur“ und „Diktator“. Kleiner Tipp: Alleinherrscher.

    Es wäre schön, wenn Sie ein durchaus angenehmes Diskussionsniveau nicht durch Märchen und Gossenpolitologie drastisch senken würden.

  38. „Ichwolltenichtmehrforisieren“: Ich weiss genau, wer ich bin. Sie nicht? Liegt hier vielleicht das Problem? Suchen Sie die eigene Identität über eine Identität der Masse? Das funktioniert so nicht, hat es noch nie.

  39. @Pitpitpat: „Deshalb ist seine Direktwahl nur dann sinnvoll zu fordern, wenn seine Verfassungsrolle erweitert wird.“
    Bei dem Schritt komme ich nicht mit. Ist aber eigentlich auch egal.

    „1. Inwieweit soll die Macht BP erweitert und die anderer Verfassungsorgane vermindert werden?
    2. Zu welchem Zweck soll das geschehen?“
    Das wären zum Beispiel echt gute Fragen.

    „Ein harmloses, demokratisches Feigenblatt, dass undemokratische Forderungen verdecken soll.“
    Aber inwiefern verdecken? Sind sie erhoben? Dann sind sie nicht versteckt. Sind sie nicht erhoben, sondern nur angedeutet? Dann würde ich die Andeutungen hervorheben, nicht harmlose Forderungen. Also, ich glaube, im Ergebnis verstehe ich wirklich diese Idee des „Verdeckens“ nicht? Was wird denn verdeckt durch die Forderung nach Direktwahl des/der Bundespräsidenten/-in, was ohne diese Forderung offener zutage läge?

    „da es ja durchaus ein Problem ist, wenn eine Partei auf der einen Seite konkrete, harmlose Forderungen hat, auf der anderen Seite jenseits dieser Forderungen mit Andeutungen (‚Würgegriff der Blockparteien‘) Politik macht.“
    Doch, aber das Problem sind dann in meinen Augen nicht die harmlosen Forderungen…?

    @inga: Wie ichin 26 schrieb, ungefähr. Mycroft hat es in 33 auch ganz gut erläutert.
    Und mich überzeugt die Argumentation in 34 gar nicht, weil das erstens nicht stimmt (Wenn ich der Meinung bin, dass unsere derzeitige Demokratie keine ist, sondern nur eine direktere Demokratie eine echte wäre, dann ist das nicht undemokratisch, sondern ein Zeichen dafür, dass ich mir eine andere, direktere Form von Demokratie wünsche. Es ist also anders demokratisch, sozusagen.) und zweitens immer noch nicht diese merkwürdige Formulierung im Text erklären würde (die ja meint, die Direktwahl des Bundespräsidenten hervorheben zu müssen, was keineswegs das gleiche ist wie das, was Sie als undemokratisch sehen).

    @Maike: Ich finde, du liegst da tendenziell gar nicht falsch.

    Aber ich denke, wir können jetzt aufhören, über diesen Punkt zu diskutieren. Er ist eigentlich zu egal, um so viele Worte zu rechtfertigen, und es tut mir ein bisschen Leid, dass ich damit so viel Aufwand erzeugt habe.

  40. @39 / ichwolltedochnichtmehrforisieren
    „Letztlich wissen „wir“ gar nicht mehr wer wir sind.“

    Ist das jetzt das königliche wir oder für wen meinen Sie da zu sprechen?

  41. Ich weiß, wer ich bin.
    Ich weiß, was ein Volk ist.

    Persönlich halte ich die Familie für eine engere und wichtigere Gruppe als ein Volk; trotzdem ist es möglich, seine Familie zu wechseln.
    Ergo sollte es auch möglich sein, sein Volk zu wechseln.
    Hat jetzt aber nur am Rande mit der Frage zu tun, ob man Leute irgendwo zu tausenden ertrinken lässt, weil sie keinen Pass dabei haben.

    Achja:
    Wenn Gott und Geld und Gender nur soziale Konstrukte sind, dann ist es Volk ja wohl auch.

  42. @Maike, #41:
    Das kam vllt. falsch rüber – ich meinte: ist es wirklich erforderlich, solche Argumente zu widerlegen, oder ist ihre Sinnlosigkeit nicht offensichtlich? Ok:
    Da es in D. illegal ist, eine Organisation zu gründen, die die Abschaffung der Demokratie zum Ziele hat, würde eine solche Organisation dieses Ziel nicht in ihre öffentlich einsehbaren Absichtserklärungen (aka Parteiprogramm, Vereinssatzung, wasauchimmer) schreiben, um ihrer sofortigen Auflösung von Amts wegen zu entgehen. Ergo beweist das nichts.
    Eigentlich war meine Analogie auch falsch. Die richtige Analogie wäre: X kann kein Steuerhinterzieher sein, sonst stünde „Steuerhinterzieher“ auf seinen Visitenkarten.

    Ja, ich weiß, dass der Mann Chefredakteur einer Zeitung ist. Eigentlich beleidigt er unser aller Intelligenz, indem er keine besseren Argumente bringt als das.

  43. Mit dem Volk kenne ich mich nicht aus, aber „Flüchtlingsaufnahme“ als ein Ziel zu definieren ist zynisch.

    Menschen fliehen ja nicht aus Spaß daran oder weil sie unbedingt hier sein wollen, sondern weil ihre Heimat, aus welchen Gründen auch immer, keinen Platz mehr bietet. Insofern muss jeder, dem es um die Menschen geht Flucht und Flüchtlinge ablehnen.

    Das widerspricht nicht einer Gastfreundschaft für Menschen in Not oder die unmittelbar verfolgt werden. Wenn aber Flucht als ein anzustrebendes Ziel und die Fluchtaufnahme als ein propagierte staatliche Zweck dargestellt werden, dann läuft auf dieser Welt einiges schief.

    Ich will keine Flüchtlinge, weil ich keine Ursachen für eine Flucht will und da hat die jetzige Regierung tatsächlich einiges mit zu tun. Ob das geplant ist – wie viele Rechte vermuten – sei mal dahin gestellt. Das es aber für viele Menschen, die seit Jahren mit sinkenden Löhnen und steigenden Mieten konfrontiert sind, bedrohlich wirkt wenn hundertausende Menschen in’s Land strömen, läßt sich nicht bestreiten.

    Vielleicht hat die Kampagne auch nur das Ziel von der Unwilligkeit gegen Fluchtursachen etwas zu tun abzulenken. Der Besuch der Kanzlerin in Afrika hat nicht sonderlich viel bewegt, erinnert sich noch jemand an etwas Konkretes? Wie helfen wir den Ländern, damit die Mensche nicht fliehen wollen? Bessere Handelsvertäge? Weniger EU subventionierte Lebensmittel nach Afrika? Weniger EU Fischtrawler vor den Küsten? Keine Waffen mehr für Kriege in Nah-Ost? Lassen wir die Afghanen endlich ihre eigene Regierung bestimmen?
    Man hört wenig davon. Die Waffenexporte steigen, es werden immer mehr Soldaten aus der EU in die Welt geschickt und im Zweifel heizt man Konflikte noch an, weil wie bestimmen wollen wer ein Land regiert.

    Aber wir diskutieren ob die Menschen hierher fliehen dürfen – wir sind unglaublich gnädig zu ihnen.

  44. @Struppi, #49:
    Das überinterpretieren Sie jetzt aber ordentlich.
    Wenn jemand z.B. Krankenpflege zum politischen Thema macht, will der- oder diejenige ja auch nicht mehr Kranke.
    Genauso verhält es sich mit Flüchtlingshilfe, Feuerwehr und Drogenberatung.

    Natürlich sollte man die Flüchtlingskrise am besten dadurch beenden, indem man die Fluchtursachen abstellt. Bei Bürgerkriegen ist das aber nicht so einfach.

  45. @Muriel: Entschuldige bitte, aber was Demokratie ist, ist halt nicht einfach Definitionsfrage von jedem Einzelnen. Ein extremes Beispiel dafür, was passiert, wenn wir jetzt plötzlich anfangen, uns nicht mehr auf ein gemeinsames Verständnis, was Demokratie und was Diktatur ist, einigen zu wollen, ist der Beitrag von NK. Ich habe wirklich nichts dagegen, mehr direkte Demokratie einführen zu wollen (ich habe damals sogar für „Mehr Demokratie in Bayern“ gestimmt, man lese und staune). Die Neurechte fordert direkte Demokratie nicht, weil sie mehr direkte Demokratie gut findet, sondern, so der Vorwurf, weil sie nicht direktgewählte Politiker delegitimieren will. Und DAS ist undemokratisch (nicht die Forderung nach mehr direkter Demokratie).

  46. Was für ein erbärmliches Gequatsche von Herrn Kraske.

    Leute wie Höcke propagieren nicht „Neurechts“, weil das ihre Ideologie wäre.
    Sondern weil sie eben Populisten sind, suchen sie sich ein Reizthema, bei dem sie viele Leute aufsammeln können, und begründen das dann zum Beispiel mit „Ethno-Pluralismus“.
    Die Kausalitätskette ist umgekehrt!

    Die Populisten stoßen mit ihrer Propaganda in ein Loch.
    Beim Deutschen an sich ist Nationalstolz verbrämt; und damit wird letztlich die eigene Identität in Frage gestellt gesehen.

    Bei Menschen mit Einkommensschwierigkeiten und/oder Zukunftsängsten erschwert sich die Frage nach der eigenen Identität in vielfacher Hinsicht. Sowohl im eigenen Wert als auch der Zugehörigkeit und sicher noch anderer Aspekte.

    Man müßte nicht über jedes noch so niedrig gehaltenes Stöckchen springen, indem man die Nulpen wie Höcke erst stilisiert und dann verdammt.
    Einfach Populismus als Populismus begreifen, und diesen als Selbstzweck offenstellen.

  47. BooZeHounDBerZerK hat offensichtlich noch nie Hoecke oder Landig oder Kubitschek oder irgendeinen Neurechten gelesen. Sonst käme nicht so ein erbärmlicher Kommentar heraus.

  48. ‚weil sie nationale Identität ohne Bezugnahme auf den klassischen Rassismus rechtfertigt‘

    Ich möchte mal ganz naiv und ohne Hintergedanken fragen, warum Nationale Identität das Recht auf Selbsbestimmung gefährdet. Eine gemeinsame geteilte Identität macht doch Streit und Kompromisse erst möglich, weil jeder weiß, was er in die Nation investiert hat.
    Wenn man nun einen vollkommen Weltfremden Egoismus fröhnt, mögen einen Kompromisse in dieser Hinsicht als Einschränkung der Selbstbestimmung anmuten. Aber es sollte auch klar sein, das der Mensch nicht als einsame Insel existiert, völlig losgelöst von der Gesellschaft an sich?

  49. „Trotz vielfach berechtigter Kritik bleibe die Einschätzung durch den Verfassungsschutz (BfV) eine wichtige Orientierung“
    Fakt ist demnach, dass die AfD nicht weniger auf dem Boden der Verfassung steht als „Die Linke“, denn Teile dieser Partei waren durchaus schon mal Beobachtungsgegestand des VS. Bei der „Linken“ scheint das aber das Gro der Journalisten nicht zu interessieren.

    Ansonsten tut die Mehrzahl der Journalisten doch seit Jahren ihr Möglichstes die AfD zu radikalisieren. Zweifelhafte, manchmal auch nur ungeschickte Äusserungen von AfD Funktionären finden ein tolles Medienecho, das was in der Partei aber unstrittig Programm ist, wird kaum beachtet. Auch der Ausschluß von Antisemiten aus AfD Fraktionen bleibt medial eine Randnotiz.
    Dass dadurch dann auch eher Leute mit ebenfalls zweifelhaften Ansichten zur AfD gelockt werden ist somit teilweise auch ein Erfolg von Michael Kraske & Co.

  50. @Chefideologe
    Die Nationale Identität als solche gefährdet das Recht auf Selbstbestimmung nicht.
    Wenn sie jedoch zu Grenzen umgewandelt wird, innerhalb derer man sich zu bewegen hat, dann schon.

  51. @Muriel

    „ ‚Deshalb ist seine Direktwahl nur dann sinnvoll zu fordern, wenn seine Verfassungsrolle erweitert wird.‘
    Bei dem Schritt komme ich nicht mit.“

    Entschuldige, das ist tatsächlich meine Annahme gewesen, es ergibt sich allerdings nicht zwingend. Eine Direktwahl würde bspw. auch einen Wahlkampf benötigen, so wie in Österreich. Doch dafür ist der BP meiner Meinung nach zu unwichtig.
    Zum Verstecken:
    Parteien wie die AfD oder die NPD wissen, dass bestimmte Äußerungen immer noch weitgehend geächtet sind. Man verfährt deshalb zweigleisig: Akzeptabele Positionen werden verbindlich formuliert (Wahl- oder Parteiprogramm), weitergehende Positionen werden entweder nur angedeutet oder eben so geäußert, dass man sich auch ‚verklickt‘ haben kann. Sollte dann der öffentliche Gegenwind folgen, so verweist man auf die harmlosen aber verbindlichen Forderungen. Ich denke, dass meint der Autor mit ‚verstecken‘.
    Am konkreten Beispiel: Die Forderung nach Direktwahl verdeckt den Antiparlamentarismus, der sich aus der Vorstellung der Identität von dem BP und dem Volk ergibt. Es hört sich einfach besser an als zu sagen, dass Parlamente Mist sind.
    Vielleicht hätte dir der Begriff ‚verkleiden‘ besser gefallen.

    Gruß

    pit

  52. @Dieter Weller

    Journalistische Arbeit kann man immer kritisieren, aber man kann sie nicht für das eigene Verhalten zu Verantwortung ziehen. Die Menschen werden nicht radikaler, weil man zu wenig nettes über die AfD berichtet. Das ist Quatsch mit Soße.
    Man sollte weniger skandalisieren, vor allem, weil die AfD dafür schon alleine sorgt.
    Dennoch, es bleibt dabei:
    Own your shit!

  53. Wenn ich den Artikel richtig verstehe, ist er sowohl ein fundiertes Plädoyer dafür, sich bei der Meinungsbildung auf jeden Quatsch einzulassen, weil sich sonst womöglich Leute als rassistisch verunglimpft fühlen, die einer Partei angehören, die rassistische Verunglimpfungen bis hin zur Führungsriege systematisch fördert und ausnutzt (auch wenn die Unterschiede zwischen Vertretern rechtspopulistischer und rassistischer Ideologie lächerlich gering sind, oder gar nicht vorhanden) – als auch dafür, Rassismus kenntlich zu machen, wo immer er auftritt.

    Was mir so zur Zeit durch den Kopf spukt:
    Das Abstraktionsbedürfnis, die Flüchtlinge oder irgendwelche einzelnen Politiker/Entscheidungsträger/Gruppen als Sündenbock zu benutzen – sich überhaupt einen Sündenbock zu suchen, anstatt das Gegeifer gegen die schwerer fassbaren, strukturell zusammenhängenden Ursachen der heutigen Situation zu richten (Demographie, Klimawandel, Gentrifizierung, Globalisierung, Technisierung, die teilweise schizophrenen Auswüchse von kapitalistischer Umweltpolitik usw.) und wirkliche Lösungen zu erarbeiten, bedarf auch mal einer wissenschaftlichen, interdisziplinären Erklärung. Geld, Herkunft und Bildung scheinen ja eher selten eine Rolle zu spielen, ein komplettes Empathiedefizit kommt auch nicht infrage („Wir müssen doch an unsere Kinder denken!“). Eigentlich bleiben nur noch genetische/evolutionäre/historisch-psychologische (damit meine ich fürs Erste mal nur die Ideen vom Nationalstaat und dem „Abendland“) Gründe, und bei 99,4% Affen-DNA ist es gar nicht so abwegig, eine Art Schutzmechanismus hinter der Neigung zu vermuten, sich für jeden Scheiß ein eigenes Feindbild konstruieren zu müssen, in derselben Echokammer wie alle anderen zu verharren und dort dieselben offenen Türen zigmal einzurennen, weil die einzige verschlossene eben zu schwer zu öffnen ist. Mit so einem Erklärungsversuch tue ich jetzt mal genau das, was ich kritisieren will – ohne wirkliches Fachwissen gehe ich dann einfach von einem evolutionären Phänomen aus, nämlich, das Abstraktion im Alltag meistens nützlich ist, bei komplexeren Fragen aber genauso bewusst überwunden werden muss wie jede andere Verhaltensweise, die in grauer Vorzeit das Überleben ermöglicht hat und heute zurecht als primitiv empfunden wird. Sollte man vielleicht auf kurze Schlagzeilen in den Medien verzichten, oder auf die Nennung der Parteinamen auf Wahlzetteln zugunsten von möglichst allansichtigen, aber zielgerichteten Beschreibungen von diffusen Problemen und realistischen Lösungsansätzen?

    Ist das eine kognitive Dissonanz, wenn man sich angesichts des allgemeinen „Rechtsrucks“ nachträglich/zukünftig fast einen genauso antidemokratischen, linken Populismus herbeisehnt, der sich nach außen genauso wohlwollend und pragmatisch hätte geben können – ganz so, als hätte es die DDR und Stalin nie gegeben – und sich mit derselben Schamlosigkeit an die Macht viktimisiert hätte, so als vorübergehender Ausgleich? Soweit kommt’s bestimmt noch, falls es den nicht längst gibt und ich es als Einziger nicht bemerkt habe.

    Und bestimmt hat das irgendwer anders alles schon besser auf den Punkt gebracht und ich hab es nur noch nicht gelesen.

  54. @pitpitpat
    „Quatsch mit Soße“ ist es nur, wenn man nicht genau liest:
    Ich habe nicht behauptet, dass die Menschen durch die Berichterstattung radikalisiert werden, sondern, dass durch die häufig skandalisierte Berichterstattung (gibt ja Quote, und passt auch gut, weil man die AfD ohnehin schlecht schreiben will) sich entsprechendes radikales Klientel mehr zur AfD angezogen fühlt.

  55. Zu den Begriffen:

    Die AfD wird mit allen möglichen Attributen bedacht, vor allem aber ‚rechtspopulistisch‘. Ich denke, die meisten Menschen verstehen unter Populismus unsachgemäße Vereinfachung und ‚dem Volk nach dem Munde reden‘. Dieser Populismusbegriff trifft aber auf sehr viele Politiker zu.

    Eine engere Definition wäre: Populismus ist der Anspruch, die alleinige Stimme des Volkes zu sein. In diesem Sinn ist die AfD populistisch, aber die anderen Parteien im Bundestag nicht.
    Wenn rechtspopulistisch meistens also eher ‚rechtspopulär‘ meint, dann ist das tatsächlich ein zu schlaffer Begriff für die AfD, da sie sich als einzige legitime Vertretung des Volkes stilisiert.
    Wäre es nicht besser, die AfD eine rechte, populistische Partei zu nennen und die NPD eine rechtsradikale ( und populistische?) Partei?

  56. Zu dumm für Sie, Herr Kraske, daß sich das Grundgesetz mit dem Begriff „Volk“ bzw. „das „Deutsche Volk“ nicht so schwer tut, wie es bei Ihnen der Fall ist. Einfach mal diesen von Ihnen so verhaßten Begriff „Volk“ dort suchen. Von mir aus können wir eine Regierung, die ganz bewußt gegen das Grundgesetz verstößt, so wie die Merkel-Regierung, auch als „Grundgesetzverräter“ bezeichnen, wenn Ihnen das lieber ist?

  57. @Inga

    „Die Neurechte fordert direkte Demokratie nicht, weil sie mehr direkte Demokratie gut findet, sondern, so der Vorwurf, weil sie nicht direktgewählte Politiker delegitimieren will. Und DAS ist undemokratisch (nicht die Forderung nach mehr direkter Demokratie).“

    Welche Legitimation haben denn Politiker, die nicht direkt gewählt wurden? Sind Listenplätze, die letztlich die Macht Einzelner (Parteivorsitzende) zum Ausdruck bringen, demokratisch?

  58. Der Begriff „rechtspopulistisch“ oder „populistisch“ hat doch alleine wenig Aussagekraft.
    Er wurde und wird verwendet, weil die Journalisten ein (ab)wertendes Adjektiv verwenden möchten. Dass dieses bei keiner anderen in Parlamenten vertretenen Partei erfolgt, zeigt deutlich was der Zweck ist.
    Allerdings scheint die gewollte abschreckende Wirkung (wenn sie denn überhaupt vorhanden war) nicht mehr zu ziehen.
    Klarer Fall von Knieschuß!

  59. @Dieter Weller

    Dann habe ich Sie mißverstanden. Ich schalte schon immer ab, wenn bei einer AfD Diskussion Äußerungen fallen wie: ‚Das macht die Linke doch auch!‘ oder: ‚Wenn die Linken das machen, schreibt keiner darüber.‘

    Bitte verzeihen Sie,

    pit

  60. @Dieter Weller

    unsere Posts haben sich überschnitten. Da Sie auf meine Begriffsfrage reagiert haben, möchte ich meine Frage noch mal wiederholen:

    Finden Sie die Attribute ‚rechts‘ und ‚populistisch‘ angemessen für die AfD?

  61. @pitpitpat
    „Rechts“ ist sicher angemessen, die AfD definiert sich selber als wirtschaftsliberal.
    Populistisch“ sagt mir alleine gar nichts. Vom Wortstamm kommt es von populus (Volk).
    Das sollte etwas Selbstverständliches für jede Partei sein, wenn sie das macht, was vom Volk gewünscht wird. Wenn sie sich vom Volk entfernt, also Eliteinteressen vertritt, dann finde ich das viel bemerkenswerter, aber medial wird dieser Fall leider nicht besonders herausgestellt.

  62. @Dieter Weller

    Danke für die Antwort. Ich hatte bereits zwei Definitionen von ‚Populismus‘ ins Spiel gebracht, ansonsten müssen Sie sich anderweitig schlau machen.
    Ihrem letzten Absatz entnehme ich allerdings, dass Sie wahrscheinlich zu der Definiton neigen: Populismus ist die Annahme alleinige Stimme des Volkes zu sein (die anderen sind Stimmen der Eliten). Auch da wären wir einer Meinung.
    Auch nach dieser Definition (die weitaus enger und damit informativer ist) ist die AfD meines Erachtens nach populistisch.

  63. @62: „Quatsch mit Soße“ ist es nur, wenn man nicht genau liest:“

    Vielleicht liegt es doch eher an dem, was ‚man‘ schreibt:

    „Ansonsten tut die Mehrzahl der Journalisten doch seit Jahren ihr Möglichstes die AfD zu radikalisieren.“

    Die Journalisten sind es in diesem Satz, die etwas tun („ihr Möglichstes“) „die AfD zu radikalisieren“ – die Journalisten sind die Aktiven, die AfD die Passiven. Mimimi.

    „Zweifelhafte, manchmal auch nur ungeschickte Äusserungen von AfD Funktionären finden ein tolles Medienecho, das was in der Partei aber unstrittig Programm ist, wird kaum beachtet. Auch der Ausschluß von Antisemiten aus AfD Fraktionen bleibt medial eine Randnotiz.“

    Was natürlich Quatsch ist. Der Ausschluss des (Singular) Antisemiten (Gedeon) eben nicht etwa aus der Partei, sondern nur aus der Fraktion – die sich dank ausreichender Anzahl an Antisemiten-Sympathisanten dann gleich mal zweigeteilt hat – wurde wochenlang rauf und runter berichtet. Nun sind sie wieder eine Fraktion, der Antisemit sitzt nach wie vor im Landtag, als gewählter und aktiver Abgeordneter und als Mitglied der Partei AfD. Dass sich andere Antisemiten auch von der AfD angezogen fühlen, hat aber Ihrer Meinung nach natürlich nichts mit der AfD zu tun:

    „Dass dadurch dann auch eher Leute mit ebenfalls zweifelhaften Ansichten zur AfD gelockt werden ist somit teilweise auch ein Erfolg von Michael Kraske & Co.“

    Und wieder ist die AfD das arme passive Erdulderchen, die bösen Journalisten schuld. Nimmt man Sie wieder beim geschriebenen Wort, kommt auch wieder der Vorwurf, dass man nicht genau gelesen hätte, was Sie schreiben, richtig?

  64. @Muriel: „Was wird denn verdeckt durch die Forderung nach Direktwahl des/der Bundespräsidenten/-in, was ohne diese Forderung offener zutage läge?“

    Ich empfehle Ihnen dazu diesen Text:
    http://www.zeit.de/politik/ausland/2016-11/rechtspopulismus-demokratie-donald-trump-brexit-ungleichheit/komplettansicht

    Eine der Schlussfolgerungen des Autors:

    „Referenden sind eine Gefahr für die Demokratie. Sie wirken wie das demokratischste Verfahren überhaupt, sind aber zu simplistisch und anders als Wahlen schwer rückgängig zu machen. Sie sind nicht viel mehr als Meinungsumfragen. Wenn Referenden eingesetzt werden, sollten große Mehrheiten Pflicht sein: ein Minimum von 60 Prozent der abgegebenen Stimmen oder eine absolute Mehrheit aller Wahlberechtigten inklusive Nichtwähler.“

  65. @56 (Dieter Weller)
    [„Auch der Ausschluß von Antisemiten aus AfD Fraktionen bleibt medial eine Randnotiz.“]

    Nee, im Gegenteil, über das zögerliche Hin und Her der AfD mit ihrem Abgeordneten Gedeon wurde schon berichtet.

    @64 (Hugo)
    [„die ganz bewußt gegen das Grundgesetz verstößt, so wie die Merkel-Regierung“]
    Zwei einfache Fragen: a) was genau soll der Verstoß gegen das GG sein? b) warum klagt niemand erfolgreich vs. Merkel?

  66. @Marc-Oliver, #72:
    Wieso sollten Referenden schwerer rückgängig zu machen sein als andere Wahlen?
    Jetzt ging es aber primär um die (zeitlich begrenzte) Bundespräsidenten-Wahl, oder – wie diverse Satiriker ihn völlig neutral nennen – die Grüßaugust-Wahl.
    Weil ich bei einem Volk mit 80 Mio. Volksgenossen unmöglich alle persönlich kennen kann, gibt es ein Staatsoberhaupt, das das Gesicht des Staates darstellt und mir ermöglichen soll, mich mit dem Staat zu identifizieren, auch wenn ich die Regierung nicht gewählt habe, und das daher eigentlich nicht direkt mit einer bestimmten Partei verbunden sein sollte. Früher war’s der Kaiser, jetzt ist es eben der Bundespräsident. Ok soweit.
    Ich könnte mich viel besser mit dem jeweiligen Bundespräsidenten verbunden fühlen, wenn ich ihn gewählt hätte. Oder wenigstens bei seiner Wahl beteiligt war. Grüßaugust oder nicht, es ist dann eher _mein_ Grüßaugust als es Wulff oder Gauck je waren. Und Steinmeier wurde jetzt mehr oder weniger durchgewunken. Ich habe ehrlich nichts gegen Steinmeier an der Stelle, aber dann soll das Amt doch lieber ausgelost werden.
    Jetzt aber umgekehrt: nur, weil ich den Präsidenten gerne direkt wählen würde, heißt das nicht, dass ich den jetzigen Präsidenten für illegitim halte, der nachgerückt ist, weil sein Vorgänger vor Gericht gezogen wurde, und über den keine zweite Wahl abgehalten wurde.
    Zweitens, nur, weil ich den Präsidenten gerne direkt wählen würde, heißt das nicht, dass ich ihm mehr Macht geben wollte.
    Drittens, selbst wenn ich mich damit zufrieden gebe, den Präsidenten nicht direkt zu wählen, muss ich es nicht gut finden, dass der Posten als Parkplatz für verdiente Parteimitglieder/nervige Konkurrenten dient.

    Der Grund, warum ich so darauf herumhacke, sind tatsächlich Formulierungen wie die im Artikel, die suggeriert, die Direktwahl des Bundespräsidenten sei des Teufels, ähh, nur bei extrem Rechten zu finden. Das ärgert mich. Und jetzt nicht nur, weil ich nicht in die rechte Ecke gestellt werde, weil ich gerne mein Staatsoberhaupt „_mein_ Staatsoberhaupt“ nennen möchte, sondern weil man so _jeden_ Änderungswunsch, den man an unsere Demokratie haben könnte, als demokratiefeindlich abtun kann.
    So ähnlich wie bei der Blackfacing-Debatte.

    Referenden mit hohen Hürden, was die Beteiligung oder Mehrheit betrifft, halte ich dessenungeachtet für die bessere Lösung.

  67. @CHEFIDEOLOGE, @EARONN,
    Ergänzung zu „nationale Identität“: Sie kann bio-völkisch definiert werden oder kulturell, was auf die „deutsche Leitkultur“ hinausläuft (die bis dato nicht definiert ist), jedenfalls grenzt dieser Begriff das aus, was sich nicht national bestimmt, z.B. bi-national, ohne Pass, geduldet, armuts- wirtschaftsgeflüchtet, vor Unterdrückung, Gewalt, Krieg geflüchtet…
    Mal ganz global argumentierend:
    Ich finde es sehr sympathisch, den Menschen als eigentlich be-gehinderten Nomaden zu begreifen:Die Lust, den Drang auf lokale Veränderung, den Druck, sich nach besseren Lebens- und Überlebensbedingungen auf den Weg zu machen.
    Die Begrenzung globaler Wanderungen ist historisch eher jung und ermöglicht die Durchsetzung von Reichtums- und Armutszonen per Nation, Mauer, Zaun. „Nationale Identität“ ist die dazu passende Ideologie, sie ist ohne Ausgrenzung nicht zu haben.

  68. @Mycroft: Auf die Gefahr hin, mich zu widerholden: Der Text sagt (extrem vereinfacht ausgedrückt), die Rechten fordern direkte Demokratie, _um_ damit nicht direkt gewählte Volksvertreter zu delegitimieren (Vielen Dank an „Hugo“ an dieser Stelle für die Bestätigung dieser Sichtweise). Sie machen daraus nun den unzulässigen Umkehrschluss, da stünde dass nur Rechte sich mehr direkte Demokratie wünschten. Das steht da aber nirgends und wäre selbstverständlich falsch.
    (Ich finde es übrigens allmählich ein wenig nervig, dass Sie hier immer alles zweimal Posten.)

  69. Man kommt allerdings an Carl Schmitt und den alten Griechen nicht vorbei, wenn man ernsthaft über Staatstheorie reden will. Alles andere ist aus aufklärerischer Sicht naiv. Im Überschwang will die multikulturelle Theorie und Praxis über die Ordnung des Grundgesetzes hinaus. Hier hilft das Gegengift die wichtigen Fragen aufzuwerfen. Man kann die Identität des deutschen Staatsvolkes nicht einfach abstreifen. Alles andere wäre verfassungswidrig.

  70. @Ansgar: Bitte konkret werden. Woran genau kommt man nicht vorbei? Was ist die „multikulturelle Theorie und Praxis“ und was daran ist grundgesetzwidrig? Was verstehen Sie unter dem deutschen Staatsvolk? Nebulöses Herumgeraune hat noch nie weitergehenden.

  71. @Inga, #76:
    Auch auf die Gefahr von Doppelposts:
    Das Rechte damit die jetzigen Volksvertreter deligitimieren wollen, habe ich schon verstanden.
    Dass nicht jeder rechts ist, der mehr direkte Demokratie will, habe ich explizit gesagt. Im Unterschied zum Artikel. Das „_um_“ steht da nämlich nicht bei der DD-Forderung, sondern das „deligitimieren“ bezieht sich im Artikel auf subtile Rhetoriktricks wie „Kanzler-Diktatorin“. Danke, Oberst Offensichtlich.
    Ist jetzt zugegebenermaßen etwas erbsenzählerisch, aber ich verdiene mein Geld nicht mit Schreiben, und finde die Stelle trotzdem bestenfalls ungenau.

    Ich versuche es mal mit einem anderen Browser, um die Doppelposts zu verhindern.

  72. @Inga, #76:
    Auch auf die Gefahr von Doppelposts:
    Das Rechte damit die jetzigen Volksvertreter deligitimieren wollen, habe ich schon verstanden.
    Dass nicht jeder rechts ist, der mehr direkte Demokratie will, habe ich explizit gesagt. Im Unterschied zum Artikel. Das „_um_“ steht da nämlich nicht bei der DD-Forderung, sondern das „deligitimieren“ bezieht sich im Artikel auf subtile Rhetoriktricks wie „Kanzler-Diktatorin“. Danke, Oberst Offensichtlich.
    Ist jetzt zugegebenermaßen etwas erbsenzählerisch, aber ich verdiene mein Geld nicht mit Schreiben, und finde die Stelle trotzdem bestenfalls ungenau.

    Ich versuche es mal mit einem anderen Browser, um die Doppelposts zu verhindern.

  73. @Döhmann-Rowold

    Ich verstehe es eher so: z.b. ist die Familie Teil der Identität von vielen Menschen. Das ist das, was sich nie ändert, egal wie unterschiedliche die Meinungen der einzelnen Familienmitglieder bezüglich irgendeines Sachverhalts sind.
    Die gemeinsam geteilte Identität zieht den Stachel aus jeder Form von Uneinigkeit und macht Kompromisse erst möglich! Das ‚wir‘ geht dem allen vorraus.
    Es muss ein ‚wir‘ geben, wenn unterschiedliche Individuen zusammenleben und ihre gegenseitigen Interessen, Meinungen respektieren wollen.

    Wenn Menschen aber, sich mit etwas identifizieren, das nicht von ihren Nachbarn geteilt wird, dann fällt dieser Staat dieses Gemeinwesen auseinander. Jugoslawien, Syrien, Somalien, Nigeria sind nur ein paar Beispiele aus der menschlichen Geschichte.
    (Europa hat ein Legitimationsproblem, weil seine Institutionen nicht Ausdruck eines gemeinsam geteilten WIR sind.)

    Wenn also, Kriegsflüchtlinge gewillt sind sich anzupassen, sich an Recht und Gesetz zu halten, dann wird sich der Staat auch an diese Menschen anpassen. Und zwar weil unsere Landsleute Schutz und einen Toleranten umgang verdienen, trotz allem Dissens.

  74. Ich hatte doch gestern hier einen Kommentar geschrieben. Ist der irgendwo hängengeblieben, oder hab ich den verschusselt?

  75. @Chefideologe
    Es dürfte allerdings schwer werden, Menschen zu finden, die sich mit nichts identifizieren, das auch von ihren Nachbarn geteilt wird.

    Ja, Sie lieben Bayern München und ihr Nachbar Manchester United, Sie Stollen, der Nachbar Strudel, Sie Futurama und der Nachbar Drawn Together – das kann man als Teilung sehen.
    Oder: Sie möchte nicht in einem Kriegsgebiet leben, ihr Nachbar auch nicht. Sie mögen Zeichentrickserien, ihr Nachbar auch. Sie wollen „glücklich“ werden, genau wie ihr Nachbar.

    „Kriegsflüchtlinge“ haben sich in ihrem eigenen Land bereits an Recht und Gesetz gehalten (mit demselben Anteil von Straftätern, die auch Deutsche haben). Warum sollte sich das plötzlich ändern? Allenfalls würden mir Traumatisierungen einfallen, aber Traumatisierte für die Auswirkungen ihres Traumas verantwortlich machen zu wollen, wäre schon sehr schäbig.

  76. NATIONALE IDENTITÄT
    @ Chefideologe
    – Sie haben in Ihrer Replik den Begriff „nationale Identität“ vermieden zugunsten von „Familie“ und „Nachbarschaft“. Wie stehen Sie zur Triade „Familie-Volk-Nation“?
    – Sehen Sie sich den WDR-Beitrag heute um 22.15 Uhr an: „A 40 – Eine Autobahn trennt Arm und Reich“. Rössler, der Autor, sagt: „Wer es sich leisten kann, wohnt da, wo er will, wer es sich nicht leisten kann, da, wo er muss.“
    Wie stehen Sie zur These: „Nationale Identität“ ist der Schein von Gleichheit, der von sozial-ökonomischer Ungleichheit im Staat ablenkt.“
    Akzeptieren Sie Ausgrenzung (welcher Art und Ursache auch immer) oder inwiefern schließt Ihre Argumentation Ausgrenzung aus?
    – Ebenso wichtig, manchmal wichtiger sind neben Familie Freundschaften, und die sind nicht an Nachbarschaft gebunden, sie sind im Glücksfall weltweit.

  77. Auch wenn der Artikel viel Interessantes enthält, bleibt für mich die Frage, ob die AfD als ganze ins rechtsextreme Spektrum eingeordnet werden kann bzw. sogar muss.

    Ich habe sehr wenige Sympathien für die AfD, und man kann diese Partei (mit gute Grund) natürlich schon dafür kritisieren, dass sie eine Bewegung wie die „patriotische Plattform“ gewähren lässt. Aber damit ist dennoch noch nicht die Frage beantwortet, welchen Einfluss diese Plattform und ihre Ideen innerhalb der AfD haben. Es geht hier letztlich darum, ob Teile der AfD rechtsextrem sind und die AfD diese Teile duldet, oder ob sie selbst rechtsextrem ist. Beides ist ohne Zweifel kritikwürdig, aber dennoch besteht da ein Unterschied.

    Mitunter finde ich die Argumentation des Autors auch angreifbar. So schreibt er:

    „Im AfD-Wahlprogramm von Sachsen-Anhalt ist beispielsweise vom Erhalt der ‚Eigenart der Völker‘ die Rede. Klingt nach einer konservativen Floskel, ist aber ein Code für das völkische Modell des Ethnopluralismus.“

    Falls man (was der Autor offenbar tut) davon ausgeht, dass diese Äußerung durchaus auch eine konservative Floskel sein könne, dann stellt sich die Frage, wieso er es im konkreten Fall offenbar als gesichert annimmt, dass sie hier keine solche Floskel ist, sondern tatsächlich als völkischer Code fungiert. Beides wäre ja schließlich möglich.

  78. @Earonn

    In islamisch geprägten Staaten ist es gar nicht so leicht, gemäß dem Gesetz zu leben. Das Gesetz ist dort genauso mysteriös wie Gott und darum gibt es auch unterschiedlich Auslegungen der Scharia. Soll man Frauen schlagen? Darf man Ehebrecher steinigen? Keiner weiß das dort so genau.
    Wenn WIR allerdings das Gesetz machen, können WIR größtenteil sicher sein, das es unseren Zwecken dient und eindeutig ist.
    Und dieses WIR ist die Nation.

  79. #86: „Falls man (was der Autor offenbar tut) davon ausgeht, dass diese Äußerung durchaus auch eine konservative Floskel sein könne,“

    Das geht aus des Autoren Worten nicht hervor – er schreibt lediglich, dass sie so klinge – sie ist aber eben keine. Sie ist rechtsextremer Code. Der wird auch nicht dadurch konservativ, dass Konservative ihn benutzen. Der mit der Floskel transportierte Ethnopluralismus gilt sogar beim VS als rechtsextreme Sprachfigur.

  80. @Chefideologe
    Na wie gut, dass ich in einem Unternehmen mit 17 Sprachen und entsprechend weitverteilter Kollegenherkunft arbeite.
    Habe mal rumgefragt: diese Unsicherheit besteht für die Kollegen in etwa so, wie für Sie die Frage – so Sie sich als Christ bezeichnen – ob Sie sich ein Tattoo stechen dürfen. Soll heißen: staatliche Gesetze stehen fest und werden eingehalten, bei den religiösen ist es eher so: was in München geht, geht im spießigen Bergdorf in Bayern noch lange nicht.

    Und nu?

    Was ist mit dem Rest? Meine Kollegen scheinen viele meiner Werte zu teilen (ich hör sie regelmäßig über genau denselben Kram meckern, wie ich das auch mache – offenbar schätzen auch Muslime gut funktionierende Arbeitssoftware, freie Straßen auf dem Arbeitsweg, gutes Wetter und die hiesige Ruhe vor Rassisten).

  81. @Chefideologe, #87:
    Wieso sollte es in islamischen Staaten schwierig sein, nach dem Gesetz zu leben? Ok, vllt. passen einem die jeweiligen Gesetze nicht, aber es ist kein Problem, das jeweilige Gesetzbuch zu kaufen und nachzuschlagen, oder online bei Rechtsgelehrten zu fragen.

    Ich sehe meinen Staat schon als Solidargemeinschaft, aber das heißt weder, dass ich alle hiesigen Gesetze notwendigerweise gut für mich halte, noch schließt es aus, dass ich solidarisch mit Ausländern sein kann.

  82. @LLL

    Es geht hier letztlich darum, ob Teile der AfD rechtsextrem sind und die AfD diese Teile duldet, oder ob sie selbst rechtsextrem ist. Beides ist ohne Zweifel kritikwürdig, aber dennoch besteht da ein Unterschied.

    Ich bin mir mittlerweile nicht mehr sicher, ob dass die wirklich wichtige Frage ist. Dazu folgende Überlegung:
    1. Rechtsextrem ist ein politisch-juristischer Begriff; in dem Sinne, dass Extremismus verfassungsfeindlich, also gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung gerichtet ist. Soziologen benutzen eher:
    2. Rechtsradikal. Das ist schon wesentlich diffuser. Wenn man die Erklärung der BpB nimmt, dann ich kaum noch zwischen ‚rechts‘ und ‚rechtsradikal‘ unterscheiden:

    Von den Behörden und der Sozialwissenschaft wird der Begriff Rechtsradikalismus seitdem in der Regel auf Personen und Organisationen gerichtet, die klar rechts der Mitte des politischen Spektrums stehen, dabei allerdings im Rahmen der Verfassung bleiben. Der freiheitlich-demokratischen Grundordnung steht Rechtsradikalismus in der Regel nicht feindlich gegenüber. Die Grenzen vom Rechtsradikalismus zum Rechtsextremismus sind dabei allerdings häufig fließend

    3. Ist die AfD also rechts, rechtsradikal oder rechtsextrem? Oder ist es vielleicht so, dass alle drei Attribute jeweils auf einen Teil der Partei passen? Wenn die Afd rechtsradikal ist, ist dann die CSU rechts? Haben wir überhaupt eine rechte Partei in Deuschland oder klafft zwischen der Mitte und dem rechtsradikalen Rand eine Lücke?
    Das soll keine Relativierungsstrategie sein, mich nervt nur, dass wild mit Begriffen geworfen wird, die kaum definiert sind und die sich wohlmöglich auch nur auf ein Modell des politischen Spektrums bezieht, dass selbt inkonsistent ist: Das Hufeisenmodell

    Da ich denke, dass die Einordnung der AfD vor allem im Umgang mit ihr helfen soll, frage ich mich, was aus der Anwort auf Ihre Frage für das Verhalten folgt.

    Gruß

    pit

  83. Nachtrag:

    Mir ist gerade noch ein Gedanke gekommen:

    Ich habe das Gefühl, ‚linksradikal‘ sei – für mich – leichter zu definieren als ‚rechtsradikal‘.

    Wie geht es Ihnen dabei?

  84. @LLL

    das wild mit Begriffen geworfen wird, bezog sich übrigens nicht auf Sie oder die Diskussion auf Übermedien. Es scheint mir ein größeres Problem zu sein.

  85. @ PTPITPAT:

    Interessante Überlegungen:

    „Ich habe das Gefühl, ‚linksradikal‘ sei – für mich – leichter zu definieren als ‚rechtsradikal‘.

    Wie geht es Ihnen dabei?“

    Da habe ich noch nicht gründlich darüber nachgedacht, aber ich würde vermuten, dass auch da Fallstricke lauern.

  86. @Mycroft: „Wieso sollten Referenden schwerer rückgängig zu machen sein als andere Wahlen?“

    Wahlen finden regelmäßig statt, Referenden sind einmalige Abstimmungen. Und die durch Referenden getroffenen Entscheidungen nicht umzusetzen oder rückgängig zu machen, wenn sie erst einmal stattgefunden haben, schafft erhebliche Legitimationsprobleme.

    „Jetzt ging es aber primär um die (zeitlich begrenzte) Bundespräsidenten-Wahl, oder – wie diverse Satiriker ihn völlig neutral nennen – die Grüßaugust-Wahl.“

    Die Forderung nach einer Direktwahl passt wunderbar ins Argumentationsmuster von Populisten, die generell mehr „direkte Demokratie“ fordern. Eigentliches Ziel dabei ist es aber, die parlamentarische Parteiendemokratie zu diskreditieren.

    Der Sinn parlamentarischer Demokratie und indirekter Wahlen sind Checks & Balances, die bei Direktwahlen wegfallen. „Direkte Demokratie“, konsequent zu Ende gedacht, bedeutet keinen freiheitlichen Rechtsstaat mehr, sondern die Willkürherrschaft eines durch Populisten aufgepeitschten Mobs.

    Es hat seinen Sinn, dass das Grundgesetz großen Wert auf Gewaltenteilung, Parlament und Parteien legt. Wenn dieses Prinzip umgangen wird – sei’s durch Volksabstimmungen oder durch Direktwahlen – sollten gute Gründe dafür vorliegen.

  87. Zitat aus dem Artikel:
    „Kubitschek, der auch schon als Redner bei Pegida auftrat, ist sowohl neurechter Theoretiker als auch politischer Aktivist.“
    Kubitschek tritt nicht nur als Redner auf. Kubitschek ist der Puppenspieler mit der Hand im Hintern seiner Sockenpuppen Bachmann und Höcke. Das war allerspätestens auch dem Letzten klar, als sich Festerling über das Duo Bachmann/ Kubitschek beklagte, als Pirincci am ersten Pegida-Jahrestag so grandios vor die Wand lief.

  88. @ LLL

    Der Umgang mit dem Kapitalismus dürfte die Gretchenfrage der Linken sein. ‚Kapitalismus abschaffen?‘ – dann linksradikal, ‚Kapitalismus verbessern?‘ – dann links.

    Bei rechts und rechtsradikal fällt mir nichts ähnlich eindeutiges ein.

    Aber wir müssen das auch nicht fortführen.

    Liebe Grüße

    pit

  89. @Marc-Oliver, #95:

    Wieso wäre es verboten, ein Referendum später zu wiederholen?
    Ist jetzt ein bisschen abstrakt, die Frage, wenn noch nicht einmal klar ist, welche Dinge per Referendum zu klären seien.

    Die Direkte Demokratie zu Ende gedacht, okeee – wieso darf ich dann einen Bundestagsabgeordneten direkt wählen, den BP aber nicht?

    Das ist nebenbei auch einer Denkfehler für alle, die denken, mangels Direkter Demokratie wären Bundestagsabgeordnete diskreditiert.

  90. @98 (Mycroft)

    [„Die Direkte Demokratie zu Ende gedacht, okeee – wieso darf ich dann einen Bundestagsabgeordneten direkt wählen, den BP aber nicht?“]

    „Dürfen“ deswegen nicht, weil die Verfassung das nicht vorsieht. Aber klar, man könnte ja per direkter Abstimmung die Verfassung ändern. Man könnte dann auch dem dem BuPrä mehr Einfluss geben. Der Hindenburg hatte als Präsident ja auch mehr Möglichkeiten. Und wenn wir schon dabei sind, das ganze System auf den Kopf zu stellen: das Strafrecht könnte man gewiss auch durch Referendum ändern. Man könnte überdies auch Staatsanwälte, Richter, Behördenleiter direkt wählen lassen. Alles wäre möglich. Letztlich könnte man aus dem Bundesverfassungsgericht, das schließlich im Namen des Volkes spricht, eine Art Volksgerichtshof machen.

    Ist zwar viel Gedöns, aber bitteschön, es geht dir ja nur ums Prinzip. Dann kann man das auch mal weiterspinnen. Wenn Mehrheiten ohne Beschränkung entscheiden könnten, ist vieles denkbar.

    Gegenfrage: war das bisherige Dasein als Bürger dieses Landes unter deutschen Bundespräsidenten tatsächlich gefühlt derart undemokratisch?

  91. @ Pitpitpat:

    „Der Umgang mit dem Kapitalismus dürfte die Gretchenfrage der Linken sein. ‚Kapitalismus abschaffen?‘ – dann linksradikal, ‚Kapitalismus verbessern?‘ – dann links.“

    Das klingt einerseits plausibel, aber auch hier kann man m.E. Fragen stellen. Nehmen wir ein, jemand will den Kapitalismus abschaffen, aber auf strikt demokratische Weise, und er will zudem an Demokratie, Freiheitlichkeit und Menschenrechten festhalten – ist er dann linksradikal? Oder erst, wenn der Kapitalismus mit Gewalt bekämpft werden soll? Und was wäre mit jemandem, der den Kapitalismus nur stark zurechtstutzen möchte, aber strikt gegen AKWs ist und in diesem Zusammenhang Molotow-Cocktails schmeißt? (Generell könnte man auch fragen: Welche Relevanz sollen die Ziele und welche die eingesetzten Mittel haben, wenn es darum geht, ob jemand als „radikal“ zu gelten hat?)

    Oder eine andere Frage: Ist es ein Zeichen einer radikalen Gesinnung, wenn man will, dass ein Land zerstört wird, und es feiert, wenn seine Zivilisten getötet werden? So halten es die sog. Antideutschen – bezogen auf Deutschland. Sie stammen ursprünglich aus der linken Szene, verteidigen aber (neben Israel) die Außen- und Sicherheitspolitik der USA praktisch bedingungslos (!). Ebenso halten sie es mit dem sog. „Finanzkapitalismus“, der eine besondere und nicht unumstrittene Form des Kapitalismus darstellt. (Man unterstellt den Kritikern antisemitische Motive, selbst wenn es dafür keinerlei objektive Hinweise gibt und die Kritiker rein wirtschaftlich argumentieren und selbst eher dem linken Lager angehören.)

    Radikal sind diese Antideutschen sicherlich – aber sind sie nun nun linksradikal? Oder eher rechtsradikal? Oder führt uns diese Einteilung in diesem Fall nicht weiter?

  92. @TH, #99:
    Dass das GG das nicht vorsieht, war nicht meine Frage. Meine Frage war, _warum_ das GG das nicht vorsieht.
    Man könnte einem BP auch mehr politischen Einfluss geben, ohne ihn direkt zu wählen. Man könnte ihm Einfluss nehmen, und ihm trotzdem direkt wählen.
    Zwischen seiner (In)Direktwahl und seinen politischen Einflussmöglichkeiten gibt es keinen zwingenden Zusammenhang. Bzw., gerade _weil_ er faktisch so wenig Einfluss hat, kann es nicht schaden, ihn direkt zu wählen.
    Inwiefern würde eine Direktwahl des BP also das ganze System auf den Kopf stellen?

    Ansonsten: „Gefühlte“ Demokratie? Was soll das sein? Was wäre das Gegenteil, „gemessene Demokratie“?

  93. @ LLL

    Nach meiner Definition ist es linksradikal, den Kapitalismus abschaffen zu wollen, weil das Wirtschaftssystem eine der zentralsten Punkte einer Gesellschaft ist. Wenn man das radikal anders haben will, ist man eben (links-)radikal. Eine grundsätzliche Änderung des Wirtschaftssystems würde ja auch große gesamtgesellschaftliche Konsequenzen haben.
    Auch wer dieses Ziel im Einklang mit den geltenden Gesetzen erreichen will, ist linksradikal, da das Ziel (unabhängig der Mittel) schon als radikal gilt.
    Wird dieses Ziel gesetzeswidrig verfolgt oder werden – nach Selbstzuschreibung – linke Ziele verfolgt, die selbst gesetzeswidrig sind (Bspw: Einparteienstaat), dann würde ich das ‚linksextrem‘ nennen.

    …“der den Kapitalismus nur stark zurechtstutzen möchte, aber strikt gegen AKWs ist und in diesem Zusammenhang Molotow-Cocktails schmeißt? “
    Den würde ich wahrscheinlich einen linken, gewaltätigen Atomkraftgegner nennen. Dafür brauche das Wort radikal nicht. Man könnte ihn auch einen linken Anti-Atomkraftextremisten nennen. Klingt allerdings komisch.

    Mit den Antideutschen haben Sie einen interessanten Punkt angesprochen.
    Ich kenne mich mit denen zu wenig aus, um mehr als Vermutungen abzugeben, aber mein Eindruck ist folgender:
    Die Antideutschen sind eine Reaktion auf (bestimmte) antiimperialistische Linke, d.h. der Hauptpunkt war der Nahost-Konflikt. Es waren Linksradikale, denen der Antisemitismus oder Antiimperialismus der deutschen Linken zuviel war. Daraus haben sich auch eher konservative Strömungen entwickelt, die man nicht mehr unbedingt antikapitalistisch nennen würde. Ob die Ablehnung Deutschlands selbst schon radikal ist, scheint mir unklar: Ich würde fragen, was an dessen Stelle treten soll und davon mein Urteil abhängig machen.

    Trotzdem: Es geht einem doch leichter von der Hand als bei ‚rechts‘ und ‚rechtsradikal‘.

    Gruß

    pit

  94. @Pitpitpat,
    Danke. Ich kann die dortige Argumentation an sich nachvollziehen, aber teile sie nur bedingt. Vor allem diesen Satz:
    „Denn die Macht, die darin liegt, darf er nach allgemeiner Auffassung nicht nutzen.“ Was jemand darf oder nicht, steht im GG.
    Wenn die Macht des BP zu groß ist, dann sollte man die jeweiligen Gesetze entsprechend anpassen. Oder sie ist genau richtig, dann darf er sie ggfs. auch nutzen. Oder das Amt ist im Grunde überflüssig, dann sollte man es abschaffen.

    Nebenbei kann es auch so passieren, das ein SPD-BP auf eine Schwarz-Grüne Regierung trifft. Joah, und?
    Wenn jetzt das Argument ist, dass ein direkt gewählter BP eher geneigt wäre, der Regierung zu widersprechen, als ein BP, der von der Vorgänger-GroKo aufgestellt wurde, frage ich mich mal, wieso eigentlich?

    Das Argument, dass rechte Parteien auf diesem Wege einen Rechten per Direktmandat ins Amt schieben, kommt mir relativ schwach vor. Wenn rechte Parteien so viele Wähler haben, dass die einen Rechten zum BP machen können, hätten sie auch genug, um eine rechte Regierung zu bilden _und_ in der Bundesversammlung einen ebensolchen zu wählen.

  95. @Mycroft: „Wieso wäre es verboten, ein Referendum später zu wiederholen?“

    Es ist nicht verboten, aber politisch schwer zu rechtfertigen – auch dann, wenn man objektiv (etwa durch Gutachten, Gerichtsverfahren o.Ä.) zu dem Schluss kommen sollte, dass die durch das Referendum getroffene Entscheidung falsch ist. Und dazu müsste überhaupt erst jemand politisch so integer sein, ein Referendum auch ungeachtet persönlicher Konsequenzen infrage zu stellen. Wenn „das Volk“ anders abgestimmt hat, steht immer die Legitimitätsfrage im Raum.

    Es ist einfach eine sehr schlechte Idee, Prinzipien der repräsentativen Demokratie zu umgehen, zudem wenn die Hürden für eine Korrektur falscher Entscheidungen so hoch sind.

    Direkte Demokratie suggeriert schnelleres Handeln, birgt aber in Wahrheit nur die Gefahr, mehr Fehler schneller zu begehen, ohne zu wissen, ob und wie sie sich später korrigieren lassen. Deshalb ist sie bei Extremisten und Populisten so beliebt.

    „Die Direkte Demokratie zu Ende gedacht, okeee – wieso darf ich dann einen Bundestagsabgeordneten direkt wählen, den BP aber nicht?“

    Weil der Abgeordnete sie Sie als Teil einer Partei und eines Parlaments vertreten soll. Das hat den Sinn, dass eine ganze Reihe von gesellschaftlichen, innerparteilichen und parlamentarischen Normen, Prozessen und Diskursen zum Tragen kommen, in welche die Entscheidungen des Abgeordneten eingebunden sind.

    Je weniger dieser Normen, Prozesse und Diskurse eine Entscheidungsfindung begleiten, desto größer wird die Gefahr, dass nicht mehr längerfristige Interessenabwägung, sondern kurzfristiger Populismus und Willkür das Handeln beeinflussen.

    Wie nachteilig und völlig losgelöst von eigentlichen Interessen sich eine Direktwahl des Bundespräsidenten entwickeln kann, konnte man ja eben in Österreich sehen. Die Wahl wurde zum Spielball von Populisten, die über Rassismus Stimmung machten; um seriöse Themen, die einen wirklichen Einfluss auf die Zukunft des Landes haben werden, ging es dabei gar nicht mehr.

  96. @Mycroft

    Ich bin kein Jurist, deshalb sind meine Aussagen nur mit Vorsicht zu genießen, aber hier meine Deutung:
    1. Aus historischen Gründen hat Deutschland eine Art lebendige Visitenkarte als BP. Darüber hinaus ist der BP die nominell höchste Macht, die dementsprechend die Gesetze einmal unterschreiben muss.
    2. Die bisherigen BP haben sich – mehr oder minder – deshalb bislang auch so verhalten: Deshalb gab es bisher auch selten Probleme damit, da das Selbstverständnis der BP immer mit dem allgemeinen Verständnis seiner Rolle übereinkam.
    3. Wird der BP direkt gewählt, bekommt er größeres Gewicht.
    4. Wenn ein direkt gewählter BP diese neue Legitimation für mehr Eigenständigkeit nutzen möchte, tritt erstmal nur ein Konflikt mit dem Rollenverständnis auf (siehe 2)
    5. Es gibt aber durchaus sehr strittige Fragen, bei denen bspw. ein deutscher Hofer einige Möglichkeiten hätte, den politischen Betrieb zu bremsen. Hat der BP z.B. das Recht, Gesetze materiell zu prüfen?
    Er könnte Gesetze mit einem Verweis auf mögliche Verfassungswidrigkeit einfach nicht unterzeichnen. Der Bundestag hätte dann wahrscheinlich keine andere Möglichkeit, als ihn abzusetzen und eine Neuwahl des BP einzuleiten. Und was ist, wenn dann der gleiche Kanidat wiedergewählt wird? Spielen wir dann ‚Und täglich grüßt das Murmeltier?‘
    Ich weiss nicht, ob Ihnen das hilft, aber mehr fällt mir im Moment nicht ein.

    Beste Grüße

    pit

  97. Nachtrag:

    Fehlerhafter Link

    „Das Argument, dass rechte Parteien auf diesem Wege einen Rechten per Direktmandat ins Amt schieben, kommt mir relativ schwach vor.“

    Mir auch.

  98. @Marc-Oliver, #105:
    Die Gefahr, dass ich aus kurzfristigen, populistischen Gründen irgendwelche Idioten wähle, gibt es so auch.
    Es werden regelmäßig Gesetze geändert, die von einer demokratisch gewählten Legislative erlassen wurden, weil eine neue, ebenfalls demokratisch gewählte Legislative bestimmte Dinge anders sieht, weil sich die Umstände geändert haben, oder weil das Gesetz sein Ziel erreicht hat.
    Da kommt ja auch niemand und sagt: „Ihr dürft doch nicht einfach demokratisch legitimierte Gesetze ändern!“
    Indirekte Demokratie hat schon ihre Berechtigung; und Referenden können meinetwegen sehr hohe Hürden, was Beteiligung und Mehrheiten betrifft, haben.

    @Pitpitpat:
    Gesetze einfach aus Trotz nicht unterschreiben kann der BP jetzt ja auch (theoretisch). Was wäre im umgekehrten Fall, wo eine äußerst rechte Koalition die Regierung stellt, ein moderater BP aber noch im Amt ist, und die rechte Koalition ein tatsächlich fragwürdiges populistisches Gesetz verabschieden will?
    Egal, warum der BP das nicht unterschreiben will, das Parlament hat lt. Wiki (Ihr anderer Link funktioniert leider auch nicht) die Möglichkeit, die (vorgeblichen) Bedenken auszuräumen, indem es das Gesetz ändert, indem es das GG ändert, indem es einen Organstreit vorm Bundesverfassungsgericht beginnt oder indem es den BP anklagt. Wenn diese Klage dann dazu führt, dass ein „dt. Hofer“ abgesetzt wird, ist das eben so. Dass der dann wiedergewählt wird, halte ich für unwahrscheinlich; aber wenn doch, dann hieße das ja, dass die Stimmberechtigten auf Seiten des BP stünden, und sie ihn vermutlich wählen, _weil_ er dieses Gesetz nicht unterschreiben wollte.
    Alternativ können sie natürlich einfach bei der nächsten Parlamentswahl ein Parlament wählen, was dieses Gesetz wieder zurück nimmt, egal, ob es ein gutes oder schlechtes Gesetz ist.
    Kein noch so gutes GG kann Leute davon abhalten, falsche Entscheidungen zu treffen.

  99. @Mycroft:

    Natürlich werden Idioten gewählt und Gesetze geändert. Es macht aber einen gewaltigen Unterschied, ob der Einfluss der Idioten unmittelbar ist oder durch die Arbeit in Parteien und Parlamenten kanalisiert und korrigiert wird. Und es macht einen gewaltigen Unterschied, ob Entscheidungen durch parlamentarische Prozesse getroffen und geändert werden oder durch einmalige Ja/Nein-Volksabstimmungen, bei denen schon aus logistischen Gründen gar kein Platz mehr für Nuancen bleibt.

  100. In der Friedens- und Konfliktforschung wird die Notwendigkeit gesell. Homogenität, gleicher Werte und Identitäten herausgestellt. So etwa im Konzept des Nationbuilding. Was für andere Staaten gilt, soll für europäische Staaten wie Dt. nicht gelten? Nationalismus war der Weg zum souveränen Nationalstaat, der die Grundlage unserer Freiheit, Sicherheit und unseres Wohlstandes ist. Nicht umsonst geht die größte Gefahr nicht mehr von starken, sondern schwachen oder failed staates aus. Die „neue Rechte“ sieht den nötigen Gesellschaftsvertrag gefährdet und warnt vor der Migration von Menschen, die unserer Verständnis von Werten und Freiher nicht teilt und damit unseren gesellschaftlichen Konsens gefährden. Es geht um Werte, nicht um Rasse, Hautfarbe, Nasenlänge, Phänotyp etc. Sie als Rassisten bzw (latent)rassistisch zu bezeichnen ist nur eine Unterstellung, die sich mit diffusen Vergleichen aushilft und ignoriert, dass es im Ethnopluralismus keine Abwertung eines Individuums aufgrund seiner Abstammung gibt. Ein Ethnopluralist wertet niemanden ab, etwa weil er einer muslimischen Gemeinschaft angehört, mehr noch würde er einen äußeren Einfluss, der die kulturelle Selbstbestimmtheit dieser Gruppe angreift, verurteilen. Was in Saudi Arabien gesell. Konsens ist, ist Angelegenheit der Bürger dort und sollte nicht von uns bestimmt werden. Wenn muss der Diskurs und der Wandel von innen kommen. Aber dennoch darf und muss man sich dagegen wehren, wenn mit saudischen Petrodollars wahabistisches Gedankengut in Dt. verbreitet wird.

  101. Frei nach Radio Eriwan: Im Prinzip ja.

    Man könnte Referenden auf bestimmte Bereiche beschränken, man könnte Referenden mit hohen Hürden gegen Populismus schützen, man könnte die jeweilige Fragestellung vom zuständigen Parlament formulieren lassen.
    Aber ja, indirekte Demokratie hat Vorteile. Die Idioten sind ja nicht nur die, die gewählt werden, sondern auch die, die wählen.

    Andererseits kann man Referenden auch ablehnen und trotzdem für eine BP-Direktwahl sein. Das sind zwei unterschiedliche Dinge.

  102. @DÖHMANN-ROHWOLD

    ‚Wie stehen Sie zur These: „Nationale Identität“ ist der Schein von Gleichheit, der von sozial-ökonomischer Ungleichheit im Staat ablenkt.‘

    Der Sinn darin besteht nicht, von Problemen abzulenken, sondern sich der Verantwortung für seine Umwelt & Mitmenschen bewußt zu werden.

    ‚Akzeptieren Sie Ausgrenzung (welcher Art und Ursache auch immer) oder inwiefern schließt Ihre Argumentation Ausgrenzung aus?‘

    Ausgrenzung oder Diskriminierung akzeptiere ich nur, wenn sie nicht ungerecht ist.
    Anzunehmen ein Staat oder eine Einrichtung wäre ungerecht, bloß weil sie ihren Mitgliedern Privilegien zukommen läßt, würde bedeuten, das jegliche Form von freier Assoziation oder Vereinigung abzulehnen wäre. Das ist aber genau das, was im Nationalsozialismus und anderen totalitären Systemen, wie zum Beispiel der Sowjetunion geschehen ist, (ohne hier irgendetwas gleichsetzen zu wollen) wo die gesamte Zivilgesellschaft staatlich gelenkt und gleichgeschaltet wurde.

  103. @Inga Staatsvolk ist der juristische Terminus der Verfassungsrechtler für das Volk eines Staates.

    Wer die Identität unseres Staatsvolkes in Frage stellen möchte, der verfolgt verfassungsfeindliche Ziele. Ebenso kann durchaus „Völkermord“ im Sinne des internationalen Rechts vorliegen, wenn man Masseneinwanderung zulässt und die autochthone Bevölkerung in die Minderheit treibt, man sollte den Begriff nur politisch nicht in Deutschland benutzen, wie es die NPD polemisch tut, weil damit die Shoa relativiert würde und sie einen Opferzusammenhang konstruiert, und weil nicht jeder den Sachverhalt formaljuristisch versteht.

    Der Grund, warum man an ihnen nicht vorbei kommt, ist dass sonst alles intellektuell subaltern bleibt. Man muss deren Gedanken nicht nachvollziehen, das verlangt ohnehin keiner, aber sie nicht zur Kenntnis zu nehmen, das ist schlichtweg ungebildet.

  104. @LLL, pitpitpat

    Ich wäre dafür, die Wörter näher an ihrem Wortursprung zu nutzen, umd zwischen den Extremen (muss ja nicht immer linear sein) und der Radikalisierung zu unterscheiden. Wer Atomkraftwerke mit Mollies beschmeißt, versucht ein Ziel innerhalb unserer Werteordnung mit illegitimen Mitteln durchzusetzen: radikal. Wer durch freie Wahlen eine verfassungsändernde Mehrheit zur Einführung eines Rätessystems mitsamt Abschaffung allen persönlichen Eigentums erreichen will, zielt mit legitimen Mitteln auf ein Ergebnis, das außerhalb unserer Grundordnung läge: extrem. Demnach könnte man gleichzeitig radikal und extrem sein. Da ich der Abgrenzung in dieser klaren Form nach der politischen Bildung im Sozialkundeunterricht aber nicht wieder begegnet bin, scheint das im Journalismus so nicht erfolgsversprechend.

  105. @LLL

    ‚Oder eine andere Frage: Ist es ein Zeichen einer radikalen Gesinnung, wenn man will, dass ein Land zerstört wird, und es feiert, wenn seine Zivilisten getötet werden? So halten es die sog. Antideutschen – bezogen auf Deutschland‘

    Das ist aber jetzt grober Unsinn. Die Antideutschen verstehen unter ‚Deutsch‘ nicht das Land & seine Bürger, sondern eine Ideologie.

  106. Der BP ist in Deutschland ein Platzhalter für den Monarchen.

    @Dohmann-Rowolt
    „Sie kann bio-völkisch definiert werden oder kulturell, was auf die „deutsche Leitkultur“ hinausläuft (die bis dato nicht definiert ist)…“

    Oder einfach als Erbe unserer Ahnen.

    “ „Nationale Identität“ ist die dazu passende Ideologie, sie ist ohne Ausgrenzung nicht zu haben.“

    Das ist neoliberale Polemik. Was der Mensch ausgrenzt oder einschliesst, das bestimmt er selbst. Nationale Identität ist das gleiche Problem als Kollektiv. Vom Essen eines Apfels bis zum Schlafen in einem Bett bis zur Ehe ist so vieles „ohne Ausgrenzung“ nicht zu denken. Jeden Apfel den ich esse, kann ein anderer nicht essen usw.

  107. @Mycroft

    ‚Wieso sollte es in islamischen Staaten schwierig sein, nach dem Gesetz zu leben?‘

    Weil die Gesellschaften in den islamischen Staaten, sich seit ihrem Beginn verändert haben, die Rechtssprechung aber nicht. Als Grund dafür wird angegeben, das Gottes Gesetze wie in der Scharia dargelegt, ihre Gültigkeit in alle Ewigkeit beibehalten.
    Das wiederum ist Gegenstand einiger Kontroversen & Debatten im Islam.

    https://en.wikipedia.org/wiki/Ijtihad

  108. @Mycroft

    „Andererseits kann man Referenden auch ablehnen und trotzdem für eine BP-Direktwahl sein. Das sind zwei unterschiedliche Dinge.“
    Auf jeden Fall.

    @ Ansgar #112

    „Wer die Identität unseres Staatsvolkes in Frage stellen möchte, der verfolgt verfassungsfeindliche Ziele.“

    Wenn Sie jetzt noch sagen, was die Identität unseres Staatsvolkes ist? Ich bin Deutscher und ich habe – ganz ehrlich – keine Ahnung, was das ist.

    @VonFernseher

    Ich kann mir sowohl einen Sozialismus vorstellen, der nicht der freiheitlichen demokratischen Grundordnung widerspräche, als auch einen, der das täte, aber ansonsten haben Sie meine Zustimmung. Journalisten müssen auch nicht wie Soziologen schreiben, aber meine These ist:

    Schon das Hufeisenmodell ist nicht besonders belastbar, d.h. ‚Mitte‘, ‚links‘, ‚rechts‘, etc. sind schon ziemlich unscharf. Und wenn auf diesem Hintergrund die Positionierung einer Partei debattiert wird (wie bei der AfD), dann potentieren sich Unsicherheit und Reflektionsfaulheit der Journalisten und heraus kommen dann viele, viele Verlegenheitsbegriffe: ’nationalkonservativ‘, ’national-liberal‘, ‚rechtspopulistisch‘, ‚patriotisch‘, etc.
    Durch diese Unsicherheit wird meiner Meinung nach der AfD zuviel Raum gegeben, die Begriffe der öffentlichen Diskussion selber zu bestimmen.
    Der zweite Grund, warum man sich mit der Bestimmung der AfD so schwer tut, liegt im Versuch, einen absoluten Unterschied zu den anderen Parteien zu konstruieren. Für Teile der Partei mag das gelten (vielleicht die Patriotische Plattform), aber moderate AfD Mitglieder dürften sich höchstens graduell von vielen CDU/CSU Mitgliedern unterscheiden.
    Solange man also nicht darüber spricht, inwieweit andere Parteien (zu Teilen) rechts sind, wird man nicht sinnvoll über das ‚Rechtssein‘ der AfD sprechen können. Damit tut man ihnen nicht nur einen großen Gefallen, man macht meiner Meinung nach auch zum zweiten Mal den Fehler, nicht einen Extremismus der Mitte für möglich zu halten.

  109. @Chefideologe, #117:
    Die „Gesellschaft“ habe sich verändert, die Gesetze aber nicht?
    Wenn diese Gesetze doch ziemlich festlegen, wie man sich zu verhalten hat, wie hat sich die Gesellschaft ändern können?

  110. #54 Götz

    >>BooZeHounDBerZerK hat offensichtlich noch nie Hoecke oder Landig oder Kubitschek oder irgendeinen Neurechten gelesen. Sonst käme nicht so ein erbärmlicher Kommentar heraus.<<

    Wozu hätte ich das auch tun sollen? Höckes Werdegang als Rechtsnationalist ist hinreichend dokumentiert und sollte bekannt sein.

    Aber genau deswegen gibt es eben keine "Neue Rechte", sondern nie abwesende Kräfte formieren sich mit zeitangepaßten Parolen neu.
    Und ganz bewußt nutzen sie die Spannweite des demokratischen Rahmens.

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