Fragen und Antworten zum Fall Buschmann
Im Zusammenhang mit dieser Recherche haben wir dem „Spiegel“-Redakteur Rafael Buschmann und der „Spiegel“-Pressestelle am 22. Juli 2019 Fragen gestellt, die wir hier mit den Antworten im Wortlaut dokumentieren.
Fragen von uns an die „Spiegel“-Pressestelle
Liebe Frau zum Hingst,
wir planen, auf übermedien.de zeitnah zu berichten über die Vorwürfe gegen Rafael Buschmann im Zusammenhang mit der „Spiegel“-Perumal-Berichterstattung 2014 und seine geplante Beförderung zum Chef des Investigativ-Teams.
In diesem Zusammenhang haben wir folgende Fragen an den „Spiegel“. Wir brauchen Ihre Antworten bitte bis spätestens morgen, Dienstag, 12 Uhr.
1. Der Darstellung des „Spiegel“ im Artikel „Faule Äpfel“ (Heft 27/2014 sowie ähnlich online), dass der Matchfixer Wilson Raj Perumal vor dem WM-Gruppenspiel Kamerun gegen Kroatien eine zutreffende Prognose über den Ausgang und eine Rote Karte abgegeben habe, widersprechen zahlreiche öffentliche Aussagen und Belege wie Screenshots. Welchen Beleg hat der „Spiegel“, um seine Berichterstattung zu stützen? Gibt es einen Screenshot oder ein Protokoll der Facebook-Kommunikation zwischen Perumal und Buschmann? Oder nur Buschmanns Aussage?
2. Warum hat der „Spiegel“ danach nie wieder über diesen Fall und den angeblichen Scoop berichtet, obwohl er größte internationale Aufmerksamkeit, eine Fifa-Untersuchung und ein Dementi ausgelöst hat?3. In E-Mails, die Teil der „Football Leaks“-Datensammlung sind, findet sich ein weiterer Hinweis darauf, dass die „Spiegel“-Berichterstattung „Faule Äpfel“ im Juni 2014 falsch war: die Aussage eines hochrangigen Facebook-Mitarbeiters. Diese Dokumente sollen der „Spiegel“-Chefredaktion seit Anfang des Jahres bekannt sein. Stimmt das? Was hat die Chefredaktion damit gemacht?
4. Stimmt es, dass „Spiegel“-intern der Fall in diesem Jahr daraufhin erneut nachrecherchiert wurde? Stimmt es, dass damit Nicola Naber beauftragt wurde? Was war das Ergebnis dieser Recherchen?
5. Stimmt es, dass Rafael Buschmann das Fehlen von Belegen zunächst damit erklärt hat, dass sein Mobiltelefon erst auf einen Betonboden und dann in Wasser gefallen sei? Und dass er in diesem Jahr erklärt hat, dass sein Facebook-Account gehackt wurde? Wären das für den „Spiegel“ glaubwürdige Erklärungen für das Fehlen eines Beleges, dass die Konversation mit Perumal 2014 so stattgefunden hat, wie Buschmann behauptet?
6. Stimmt es, dass die Mitarbeiter-KG die Chefredaktion zu einer Stellungnahme zu diesem Fall aufgefordert hat? Wie lautet die Antwort der Chefredaktion?
7. Der Journalist Matthew Karnitschnig, der 2014 und 2018 öffentlich der Darstellung des „Spiegel“ widersprochen hat, sagt, dass er zu keinem Zeitpunkt vom „Spiegel“ oder der Relotius-Kommission kontaktiert wurde. Wie lässt sich das vereinbaren mit den angeblichen Aufklärungsbemühungen des „Spiegel“ und der Relotius-Kommission?
8. Ist es richtig, dass Rafael Buschmann zum 1. August Leiter des Investigativ-Teams wird? Weshalb schafft der „Spiegel“ diese Funktion? Was ist der Grund dafür, dass Buschmann sie bekommt?
9. Ist es richtig, dass die meisten anderen Team-Mitglieder, insbesondere Jürgen Dahlkamp, Gunther Latsch und Jörg Schmitt, zu diesem Zeitpunkt aus dem Team ausscheiden? Was ist der Grund für dieses Ausscheiden?
Fragen von uns an Rafael Buschmann:
Lieber Rafael Buschmann,
ich recherchiere für Übermedien über die anhaltenden und neuen Zweifel an Ihrer Berichterstattung über Wilson Raj Perumal 2014 und seine angebliche Prognose des WM-Gruppenspiels Kamerun gegen Kroatien. In Dokumenten aus „Football Leaks“, die mir vorliegen, findet sich dazu neben einem Mailwechsel zwischen Ihnen und Chris Eaton auch die Aussage eines Facebook-Managers, wonach das entscheidende Messenger-Gespräch zwischen Perumal und Ihnen nicht vor dem Spiel stattgefunden habe, sondern erst danach. Das deckt sich mit den Aussagen Perumals sowie Screenshots von der Konversation, die 2014 unter anderem der „Daily Telegraph“ veröffentlicht hat.
Ich möchte Sie in diesem Zusammenhang fragen:
1. Sind Ihnen diese „Football Leaks“-Dokumente bekannt? Wenn ja, seit wann? Halten Sie sie für authentisch?
2. Wie erklären Sie sich, dass laut dieser Dokumente ein Facebook-Manager bestätigt, dass Ihre Konversation erst nach dem Spiel stattfand?
3. Sind die Screenshots, die der „Telegraph“ hier zeigt, gefälscht? https://www.telegraph.co.uk/sport/football/teams/cameroon/10939113/Wilson-Raj-Perumal-has-no-evidence-for-claims-Cameroon-fixed-World-Cup-matches.html
4. Welchen Beleg haben Sie dafür, dass die Konversation so stattgefunden hat, wie Sie es in dem Artikel „Faule Äpfel“ (und ähnlich online) behauptet haben?
5. Stimmt es, dass Sie angegeben haben, Ihr Mobiltelefon sei Ihnen erst auf den Betonboden und dann ins Wasser gefallen? Und dass Sie in diesem Jahr erklärt haben, Ihr Facebook-Account sei gehackt worden, so dass sich die Messenger-Konversation nicht mehr nachvollziehen lasse?
6. Stimmt es, dass Sie die Leitung des Investigativ-Teams des „Spiegels“ übernehmen?
7. Wie bewerten Sie die Entscheidung zahlreicher verdienter Redakteure, das neu strukturierte Investigativteam zu verlassen bzw. ihm nicht anzugehören?
8. Warum entscheiden sich Ihre Kollegen Ihrer Meinung nach so?
9. Wurde an Ihrer Arbeitsweise intern Kritik geäußert a) vom internationalen Netzwerk EIC, b) innerhalb des „Spiegel“? Wie haben Sie darauf reagiert? Wie entkräften Sie derlei Kritik?
Die Antwort des „Spiegel“ vom 23. Juli 2019:
Lieber Herr Niggemeier,
vielen Dank für die weiteren Fragen zum Beitrag „Faule Äpfel“ und zu diversen Personalien hier im Haus. Ich darf für Chefredaktion, Kommission und Rafael Buschmann gemeinsam antworten.
Wie wir Ihnen jüngst und auch Herrn Rosenkranz im Dezember letzten Jahres ja schon mehrfach geantwortet haben: Die Kommission ist zahlreichen Hinweisen zu verschiedenen Artikeln nachgegangen und setzt ihre Arbeit bekanntlich bis heute fort. Auch zum oben genannten Artikel sind Hinweise eingegangen und es wurden weitere Recherchen durchgeführt. Die Kommission hat in Kenntnis sämtlicher Darstellungen – auch der von Herrn Perumal und der von Herrn Karnitschnig veröffentlichten – bis heute keine Belege für Fälschungen gefunden.
Wir bitten weiter um Verständnis dafür, dass weder die Kommission noch wir uns zu weitergehenden Rechercheergebnissen, Belegen und Quellen äußern.
Worauf wir in jedem Falle aber Wert legen: Rafael Buschmann hat vor der Veröffentlichung seine nach wie vor gültige Beleglage mit Unterlagen und Zeugen sowohl der Ressortleitung, Dokumentation und Rechtsabteilung offengelegt und es wurde dann im Einverständnis mit der Chefredaktion entschieden, diesen Beitrag so wie geschehen zu veröffentlichen. Auf dieser Basis wurde die Abmahnung von Herrn Perumal auch zurückgewiesen, er hat dann keine weiteren Ansprüche verfolgt oder geltend gemacht. Der Artikel „Faule Äpfel“ war, dieser Eindruck entsteht angesichts Ihrer Fragen mittlerweile manchmal, von daher kein einsamer Beitrag von Rafael Buschmann.
Die Redaktion des SPIEGEL äußert sich im Übrigen grundsätzlich auch nicht auf Anfragen öffentlich zu Personalfragen. Wenn es etwas zu verkünden gibt, möchten wir dies schon aus Respekt unseren Mitarbeitern gegenüber selbst tun und nicht über dritte Medien.