Zurückgetretene Harvard-Präsidentin

Wie sich die „New York Times“ in die rechte Kampagne gegen Claudine Gay einspannen ließ

Claudine Gay
Claudine Gay vor dem Bildungsausschuss des US-RepräsentantenhausesFoto: Imago / Zuma Wire

Man hat es mit einer seltsamen Medienkampagne zu tun, wenn Zielscheibe und Schütze eigentlich einer Meinung sind: dass es sich um eine Medienkampagne handelt. Claudine Gay, die zurückgetretene Präsidentin der Universität Harvard, sieht sich als Opfer konservativer Meinungsmache und warnt: „Dies war lediglich ein einziges Gefecht in einem umfassenderen Krieg, der darauf abzielte, das Vertrauen der Öffentlichkeit in Säulen der amerikanischen Gesellschaft zu zerstören.“

Chris Rufo, der konservative Aktivist, der Plagiatsvorwürfe gegenüber Gay in den letzten Wochen organisierte und an die Medien weiterreichte, sieht Gay nur als ersten „Skalp“ an seinem Gürtel, und warnt, auf die gegen Gay würden weitere Kampagnen folgen. „Im ganzen Verlauf der Kampagne,“ so Rufo im „Wall Street Journal“, „habe ich den unorthodoxen Schritt getan, die Strategie in Echtzeit zu erklären, zur erklären, wie Konservative das Mediennarrativ gestalten und Harvard unter Druck setzen konnten.“

Es handelt sich um eine Medienkampagne auf der Metaebene: Alle wissen, dass es eine Medienkampagne ist, keiner versucht das zu verstecken. Wenn überhaupt jemand in diesem Schmierentheater ahnungslos agiert, dann die Medien selber.

Sie geben sich zumindest ahnungslos. Denn die Monomanie, mit der sich amerikanische Prestigemedien, allen voran die „New York Times“ im Laufe des vergangenen Monats auf Harvard und auf Claudine Gay eingeschossen haben, ist bemerkenswert, und hat an ihrem Sturz wahrscheinlich keinen unbeträchtlichen Anteil gehabt. Das lässt sich im Detail natürlich nicht beweisen, aber man kann doch einen vergleichbaren Fall heranziehen, der sogar an meiner eigenen Universität passiert ist.

Was in Stanford anders war

Marc Tessier-Lavigne, Stanfords ehemaligem Präsidenten, wurde vorgeworfen, dass von ihm mitverfasste Arbeiten manipulierte Bilder enthielten. Die Vorwürfe waren zum Teil schon älter, aber ein Jung-Reporter des „Stanford Daily“ machte sie im November 2022 publik. Stanfords Board of Trustees stellte sich demonstrativ hinter den Präsidenten, berief aber eine Kommission, die die Vorwürfe prüfen sollte. Der Abschlussbericht sprach den Tessier-Lavigne nur bedingt frei und am 19. Juli 2023 erklärte dieser seinen Rücktritt vom Amt des Präsidenten.

Was hier im Vergleich zur Causa Gay ins Auge sticht, sind die Diskrepanzen im zeitlichen Ablauf: Auch in Stanford hatten wir den Eindruck, die Ereignisse überschlügen sich, auch in Stanford machte man sich Sorgen über die Reputation der Universität, auch in Stanford wollte man sich nicht von den Medien (zumal studentischen Medien) treiben lassen. Nur: im Vergleich zur Kampagne, die gegen Gay lief, ist Stanford im Schildkrötentempo vorgegangen. So – das sollte man dazusagen – wie es sich bei solchen Vorwürfen gemeinhin gehört. Gerade bei Plagiatsvorwürfen braucht eine gründliche Aufarbeitung und Bewertung gemeinhin vor allem viel Zeit.

Die nahm man sich im Fall Tessier-Lavigne, im Fall Gay hingegen nicht. Gay hatte am 5. Dezember ihren viel kritisierten Auftritt vor dem Repräsentantenhaus. Der erste Plagiatsvorwurf gegen Gay wurde von Christopher Rufo am 10. Dezember 2023 in seinem Newsletter auf Substack erhoben. Sie ging am 3. Januar 2024. Es gibt sicherlich mehrere Gründe, warum Gays Demontage weniger als einen Monat dauerte, verglichen mit Tessier-Lavignes (großzügig angesetzt) acht Monaten. Aber einer davon lautet garantiert: die Medien.

Denn es ist auffällig: Der Skandal um Tessier-Lavignes Name erschien in der „New York Times“ erst, als der Präsident bereits gegangen war. Was vielleicht auch damit zu tun hatte, dass Harvard in der „New York Times“ einfach häufiger vorkommt als das ferne Stanford. Aber die Uni kam durchaus vor: etwa als ein konservativer Richter von Jurastudent:innen ausgebuht wurde oder als die falsche Nachricht einer angeblichen Liste der von der Universität „verbannten“ Wörter die Runde machte.

Die Artikelflut

Vergleichen wir einmal die Artikel, die die „New York Times“ den Plagiatsvorwürfen gegen Gay widmete. Hier eine Auswahl:

Auch diese Artikel sprechen von einer Kampagne, scheinen aber nicht zu reflektieren, was Rufo offen aussprach: dass die Artikelflut selbst längst Teil der Kampagne waren. Anders als im Fall Liz Magill an der University of Pennsylvania, in deren Fall es in der Fakultät schon vor der Anhörung im Repräsentantenhaus rumort hatte, und die sowohl für fehlende Unterstützung jüdischer als auch palästinensischer Studierender in der Kritik geraten war, scheint die Harvard Corporation und die Fakultät anfangs größtenteils hinter Gay gestanden zu haben. Die Artikel in der „New York Times“ reflektierten nicht etwa interne Zerwürfnisse der Uni, sie schienen darauf aus, sie zu amplifizieren.

Mehrere der Autor:innen der oben aufgelisteten Artikel in der „New York Times“ (allen voran die Bildungsreporter, aber auch zwei Finanzreporter) scheinen seit Mitte Oktober eigentlich ausschließlich über amerikanische Universitäten geschrieben zu haben. Nein, ich muss mich korrigieren: Sie scheinen seit Mitte Oktober ausschließlich über zwei amerikanische Universitäten zu schreiben, nämlich die University of Pennsylvania, deren Präsidentin Liz Magill direkt im Anschluss an die Anhörung im Repräsentantenhaus zurücktrat – und Harvard.

Mein Verweis auf die relative Marginalität des Stanford-Skandals in den Seiten der „Times“ ist keine reine Verschnupftheit über die stiefmütterliche Behandlung der amerikanischen Westküste durch die Ostküstenmedien. Denn im Grunde genommen haben die Abläufe in Stanford genau die Menge Aufmerksamkeit erhalten, die sie auch verdient hatten. Nur die in Harvard eben unverhältnismäßig mehr.

Fixierung auf die Elite der Elite

Wenn amerikanische Elite-Medien auf „die Universitäten“ schauen, schauen sie nur auf ganz bestimmte. Es existiert zum einen eine Fixierung auf Elite-Universitäten, und somit auf einen Lehr- und Studieralltag, der der Realität einer verschwindend kleinen Minderheit der Amerikaner entspricht – weniger als ein Prozent aller Studierenden besuchen die Ivy League, University of Chicago, MIT, Duke und Stanford. Laut einer Studie aus dem Jahr 2016 waren es aber bei der „New York Times“ (und beim konservativen „Wall Street Journal“) mehr als die Hälfte. Bei den Autor:innen der oben aufgelisteten Texte waren es alle außer einer.

Aber selbst innerhalb dieser Gruppe ist die Fixierung auf die Ivies, und insbesondere auf Harvard und Yale noch einmal spürbar. Dies geht über die reine Symbolik hinaus. Denn elitär sind Dartmouth, Cornell und Brown ja auch. Aber Harvard und Yale sind noch einmal anders. Man hat den Verdacht, dass das nicht etwa daran liegt, dass so viele in den Medien und Politik an diesen Unis waren (obwohl das natürlich auch stimmt), sondern weil so viele von diese Unis abgelehnt worden sind.

Das Phantasma College hat wohl mit der Tatsache zu tun, dass das College für viele Amerikaner äußerst identitätsstiftend war, dass sie aber nach ihrer eigenen Studienzeit sehr selten viel Zeit auf einem Campus verbringen. Das Phantasma Harvard hingegen dürfte mit der Tatsache zu tun haben, dass sich die 99,9 Prozent der Amerikaner, die nicht in Harvard waren, sich gerne erzählen lassen, dass sie es eigentlich verdient hätten, und die, die da sind, eigentlich nicht.

Die Mär von den fallenden Standards

Nur so erklärt sich zum Beispiel die Mär von den fallenden Standards, die auch im Fall Gay wieder zum Zuge gekommen ist. Gays Aufstieg und Fall, schrieb zum Beispiel der „New York Times“-Kolumnist Bret Stephens, habe mit „dem Soziale-Gerechtigkeit-Modell der Universität zu tun“, das das frühere „Exzellenzmodell, mit Fokus auf intellektuelle Verdienste und Wissenszuwachs, Entdeckergeist und den freien Ideenaustausch“ „gesprengt“ habe.

Eine solche Aussage wirft natürlich alles mögliche in einen Topf: Zugangsquoten für Studierende (Stephens denkt vor allem an affirmative action), die Standards bei Berufungen, die „Diversifizierung“ von Studienfächern und Lehrplänen, die Infrastruktur um „DEI“ („Diversity, Equity and Inclusion“), die breiteren Schichten das Studium an Elite-Unis ermöglichen und erleichtern soll. Die Erzählung stimmt in eigentlich keinem Fall, egal was er meint. Nahm Harvard 1984 noch 16 Prozent der Bewerber:innen, dürften es 2024 ungefähr 2 Prozent sein. Die Zahl der Afroamerikaner in der Fakultät ist in Harvard weiterhin äußerst gering. Die Fächer, an denen sich Menschen wie Stephens ständig abarbeiten (Afroamerikanische Studien und ähnliche) sind weiterhin verschwindend klein verglichen mit traditionsreicheren Departments. Und Menschen wie Stephens sind nur auf die Geisteswissenschaften fixiert – dabei dürfte der größte Zuwachs an Fakultät an amerikanischen Unis seit den 1970ern nichts mit afroamerikanischer Identität oder Feminismus zu tun haben, sondern mit Informatik, Ingenieurswissenschaften und Business.

Aber wichtig ist dabei eigentlich, dass Stephens das alles in einen Topf wirft – und in einen Topf werfen kann. Er bietet seinen Leser ein Erklärungsmuster an, warum Menschen, die anders sind als sie selber, an Harvard studieren konnten, sie aber nicht. Alles, was sie im Leben erreicht haben, so vermittelt er, haben sie sich selbst erarbeitet. Alles, was andere erreicht haben, haben sie finsteren Mächten und illegitimer Einmischung in die „natürliche“ Ordnung der Dinge zu verdanken. Harvard ist noch Harvard, wenn man selbst da war und sich auf es berufen kann (was selbst Chris Rufo tut, obwohl er nie an Harvard studiert hat). Aber Harvard ist nicht mehr Harvard, wenn andere dasselbe versuchen.

Eine ideale Projektionsfläche

Genau darum geht es Rufo: Wie alle Faschisten unterhöhlt und delegitimiert er alle Institutionen, auf deren Autorität er sich dennoch beruft. Je nachdem, wie lang sein Kreuzzug gegen die Universitäten weitergeht, er wird noch jede Menge „Skalps“ einsammeln. Aber nicht nur die Reputation der Universitäten wird leiden, sondern eben auch die der Medien. Das ist von Chris Rufos Warte aus betrachtet ein Bonus. Der Grund, warum die „New York Times“ da mitspielt, ist um einiges trauriger und dümmer, aber auch er ist nicht wirklich mysteriös, weil sich die amerikanischen Mythen über „Verdienst“ („Merit“) eben in jede Biographie gut ausgebildeter Amerikaner einschleichen.

Weil jeder einen Studienplatz, Job, Preis nicht bekommen hat, den ein anderer (oder – Oh Gott! – eine andere) bekommen hat. Und die Erzählung, warum man das, was man eigentlich „verdient“ hat, nicht bekommen hat, führt in den USA seit Jahrzehnten, und unabhängig der Fakten, durch Kategorien von race und Gender. „Es ist mir nicht entgangen“, schrieb Claudine Gay nach ihrem Rücktritt (ebenfalls in der „New York Times“), „dass ich eine ideale Projektionsfläche bin für Befürchtungen über den Generationen- und demografischen Wandel, der sich auf dem amerikanischen Campus abspielt.“ Auch das dürfte Chris Rufo genauso sehen.

32 Kommentare

  1. Ein bisschen verwirrt bin ich von dieser Kritik schon.
    Das mit dem Tempo sehe ich ein; eine Uni, die sich derartig unter Druck setzen lässt (oder sonst ein Arbeitgeber), scheint mir auch etwas labil zu sein.
    Allerdings wäre doch die Konsequenz, dass keine Zeitung über Gay, Havard und die Kampagne berichten sollte, auch nicht neutral oder unterstützend, weil das sonst bereits Teil der Kampagne wäre, was bei einer Uni-Personalie ja noch eine Option wäre, aber bei Guttenberg bspw. ein No-Go.

    Ansonsten könnte man einer Uni, die sich als die Elite der Elite verkauft und gekauft wird, aber auch einfach härte Maßstäbe setzen als einer normalen Elite-Uni oder gar Mittelmaß-Uni, oder auch, von einem eher linken Standpunkt aus, fragen, ob eine handverlesende Elite-Uni überhaupt so eine Säule der Gesellschaft sein kann.

  2. Dieses „alles in einen Topf verwerfen“ und gleich mal kulturkämpferisch verwursten, beherrscht hierzulande keiner* so gut wie Spiegel-Redakteur Rene Pfister, der in der aktuellen SPIEGEL-Ausgabe von Washington aus die ganz große Keule schwingt: „Was Unis und Medien aus dem Sturz der Harvard-Präsidentin lernen können.
    Claudine Gay sieht sich als Opfer einer rechten Kampagne. Doch die erste schwarze Frau an der Spitze der Elitehochschule Harvard scheiterte am Mangel ebenjener Diversität, die sie doch eigentlich fördern wollte. “
    Ein Kommentar von René Pfister

    (* vielleicht mit Ausnahme von Jan Fleischahuer und Ulf Poschardt)

    PS Pfisters Litaneien gehören auf jeden Fall in die aktualisierte Ausgabe von: Adrian Daub „„Cancel Culture Transfer – Wie eine moralische Panik die Welt erfasst“

  3. Aufruf zum Judenmord ist in Deutschland eine Straftat. Eine Unipräsidentin, die hierzulande eine Aussage wie Frau Gay träfe, wäre einen Tag später ihren Job los. Zurecht. In Harvard fragten sich „progressive“ Leute unter Gays Ägide offenbar, ob Vernichtungsphantasien nicht doch in Ordnung gingen. Wenn „Opfer“ einen Massenmord fordern, ist das bestimmt okay – free speech und so. Und natürlich ist es „rechts“, sich daran zu stören.

    Dazu fällt Herrn Daub leider nicht das Geringste ein. Den ganzen Auslöser der Debatte versteckt er verschämt hinter einem Link. „Viel kritisierter Auftritt“ – was soll das heißen, war sie vielleicht unangemessen gekleidet? Dazu fällt mir nichts mehr ein.

    Empfehle folgenden Text aus der taz – nicht konkret zum Gegenstand, aber passend zur Stimmung in der US-Linken: https://taz.de/Israel-als-Symbol-des-Boesen/!5976692/

  4. @KK:
    Fairerweise muss man sagen: sie trat nicht wegen mangelnder Härte gegenüber „Aufrufen zu Straftaten“ als „Mobbing und Belästigung“ zurück, sondern wegen Plagiatsvorwürfen, und da sind ein paar Wochen wirklich absurd wenig. (Oder, es ist absurd, dass man das überhaupt je akzeptiert hat…)
    Vor allem heißt das ja, dass Leute einfach sorgfältiger ihre akademischen Grade erarbeiten müssen, dann darf man auch gegen Juden sein…
    Unis in den USA haben einfach zu viel Macht über sich selbst.

  5. @KK:
    “ In Harvard fragten sich „progressive“ Leute unter Gays Ägide offenbar, ob Vernichtungsphantasien nicht doch in Ordnung gingen. Wenn „Opfer“ einen Massenmord fordern, ist das bestimmt okay – free speech und so. Und natürlich ist es „rechts“, sich daran zu stören.“

    Das buche ich mal unter „freie Assoziation“. Ich weiss nicht, warum der wahre Kern dermaßen aufgeblasen werden muss.

    Die jüdische Allgemeine schreibt:
    „Verantwortliche scheinen überfordert
    In den USA sind die sowohl die Meinungsfreiheit als auch die Versammlungsfreiheit sehr weit gefasst. Sie dürfen laut dem ersten Verfassungszusatz (First Amendment) nicht gesetzlich eingeschränkt werden. Inwiefern jedoch Universitäten auch Kundgebungen tolerieren müssen, durch die sich Angehörige von Minderheiten eingeschüchtert oder gar bedroht sehen, ist umstritten.“

    (Ma)KK(arthy) geht das nicht weit genug, da muss „offenbar“ noch ein wenig mehr Öl ins Feuer gegossen werden.

    Mich würde es freuen, wenn der Antifaschismus mal ebenso ambitioniert unterstützt würde, auch im Interesse unserer jüdischen Mitbürger. Ich will Frau Gay gar nicht verteidigen, Sie hat selbst schon eingestanden, fehlerhaft geantwortet zu haben und scheint auch sonst nicht frei von Kritikwürdigem.

    Es ist aber auch langsam keine Frage mehr, dass dieser Kulturkampf mit seinen Anti-Woke Kreuzzügen eines Rufo oder einer Stefanik dem Siegeszug des modernen Faschismus Vorschub leisten (soll).

    Am besten finde ich das gerade in der taz beschrieben:

    taz.de/Rechte-Kampagne-in-den-USA/!5979906/

    „[…] Für andere, wie den langjährigen Präsidenten der jüdischen Campus-Vereinigung Hillel, Bernie Steinberg, zeigt sich in der gesamten Diskussion ein schrecklicher Missbrauch des Antisemitismusvorwurfs, der zu Inquisitionen im Stil der McCarthy-Ära führe.
    Vermutlich war Claudine Gay tatsächlich nicht mehr zu halten – die Rechte kann hier einen Triumph feiern. Aber es gibt keinen Grund anzunehmen, dass sich Elise Stefanik, Christopher Rufo oder auch der im Hintergrund agierende Financier Bill Ackman damit zufriedengeben. Sie werden nicht ruhen, bis African-american studies, Gender Studies oder alles, was sie als Wokeness diskreditieren, aus den Unis verbannt ist.“

  6. Verwirrt bin auch ich über diesen Artikel. Warum erfährt man in ihm nichts über die Plagiatsvorwürfe gegen Gay? Gut, habe ich also selbst ein wenig gegoogelt und bin in dem Wikipedia-Eintrag über Claudine Gay u.a. darüber gestolpert, dass die Plagiatsvorwürfe gegen sie erstmals im Oktober 2023 von der „New York Post“ erhoben wurden. Sollte das stimmen (Wikipedia belegt diese Angabe nicht), dann lässt sich die Behauptung in dem Artikel, Gays Demontage habe weniger als einen Monat gedauert, nicht aufrecht erhalte.

  7. Die taz hat insofern Unrecht, da – wenn überhaupt – Plagiatsvorwürfe schrecklich missbraucht wurden.

    Weil das ja immer thematisiert wird: diese Anhörung zeigte eine gewisse Doppelmoral der Unis.
    Sie nehmen für sich in Anspruch, „Mobbing und Belästigung“ verbieten zu dürfen, ok.
    Aber „Tötet alle Juden“ sei eine Meinungsäußerung, daher von der Verfassung gedeckt und deshalb nicht verbietbar.
    „Judith ist doof“ ist aber auch eine Meinungsäußerung. Jetzt wäre ich zwar der Ansicht, dass ein Mob von Studenten, der „Judith ist doof!“ skandiert, besagte Judith mobbt und belästigt, aber wie uns Leute, die den besten der besten Unis vorsitzen, darlegen, wäre auch das dann von der Meinungsfreiheit gedeckt.

    Also ist entweder dieses „Mobbing und Belästigung“-Verbot ein ziemlich zahnloser Tiger, oder aber, die Begründung ist eine dumme Ausrede. Dass sich Mobbing gegen eine bestimmte Person richten müsse, ist auch nur ein Vorwand – angenommen, Judith sei Jüdin, vor welchem Mob hat sie vermutlich mehr Angst, vor dem mit „tötet alle Juden“ oder dem mit „Judith ist doof“? Gilt sinngemäß auch für „Tötet alle Moslems“, „Tötet alle Palästinenser“ oder auch „Tötet alle Schwarzen“.
    Wer dergleichen duldet, obwohl soe eigens das Recht beansprucht, es verbieten zu dürfen, zerstört iosen Ruf als „Stütze der Gesellschaft“ selbst. Selbiges gilt natürlich auch, wenn soe die eigene Abschlussarbeit abgeschrieben hätte und sich DAMIT dann für den Vorsitz einer Top-Elite-Uni beworben hat.

  8. @Mycroft

    >>>Die taz hat insofern Unrecht, da – wenn überhaupt – Plagiatsvorwürfe schrecklich missbraucht wurden.<<<

    Das bezieht sich auf ein Zitat von Bernie Sternberg. Wie soll also die taz da "Unrecht" haben können? Und ich würde sagen, dass Herr Sternberg damit nicht so ganz falsch liegen kann, betrachtet man die Tatsache, wer, bis zu den rechten Rändern hin, gegenwärtig alles versucht mit dem Antisemitismus Vorwurf Politik zu machen. Aiwanger wäre da schon ein ziemlich gutes Beispiel. Insgesamt wird in Deutschland derzeit versucht, den Antisemitismus zu einem importierten Phänomen umzudeuten, was schon mindestens pervers ist.

    Ich will Claudine Gay überhaupt nicht freisprechen.
    Seltsam ist aber, wie wenig es manche Menschen interessiert, was tatsächlich in der Befragung gesagt wurde:
    "Tötet alle Juden" kam nicht vor. It's as simple as this.
    Es kamen die Wort "Intifada" und die Parole "from the river to the sea" vor und die werden, ob zu recht oder nicht, im Anschluss eben mit "Tötet alle Juden" übersetzt.
    Nimmt man aber das, was tatsächlich gesagt wurde und die Antwort: "Das kommt auf den Kontext an", dann ergibt sich für mich zumindest ein etwas differenzierteres Bild.
    Nach wie vor ziemlich fragwürdig für eine Harvard Präsidentin, zumal ich nicht glaube, dass "from the river to the sea" anders gelesen werden kann. Aber dass sie es tut, glaube ich schon.

    Worum es aber mir hier ging ist:
    Was soll dieses Gedrehe an der Eskalationsschraube in immer absurdere Geschwätzhöhen?

    Israel und Gaza befinden sich, nach meiner Einschätzung, gerade im Würgegriff zwischen Hamas und Israels Rechtsaußen Regierung.
    Netanjahu wird diesen Krieg nicht beenden, bevor er das Gefühl hat, dass sich die Stimmung wieder ihm zuwendet, also wahrscheinlich erst, wenn in Gaza kein Stein mehr auf dem anderen liegt.
    Die IDF wird sich absehbar mit dem Vorwurf Kriegsverbrechen verübt zu haben auseinandersetzen müssen, soviel dürfte jetzt schon feststehen.

    Und nein, ich habe meine Meinung nicht geändert. Ich verabscheue
    die Hamas absolut, ich erschauere nach wie vor wegen der Gräuel vom 8. Oktober.
    Israels Existenzrecht steht vollkommen außer Zweifel.
    Nur um den automatischen Antwort-Impulsen, die jetzt zu erwarten sind, zuvor zu kommen.

    Mir ist Angst und Bange um Israel, wenn das alles so weitergeht.

  9. „Das bezieht sich auf ein Zitat von Bernie Sternberg. Wie soll also die taz da „Unrecht“ haben können?“ Weil der Rücktritt eben auf ihr angebliches oder tatsächliches Plagiat beruht, nicht auf ihren angeblichen Antisemitismus, und die taz das erkennen könnte und trotzdem eine irrige Aussage zitiert. Ohne sie als „irrig“ zu kennzeichnen, jedenfalls.

    „Seltsam ist aber, wie wenig es manche Menschen interessiert, was tatsächlich in der Befragung gesagt wurde:
    „Tötet alle Juden“ kam nicht vor. It’s as simple as this.“
    Stimmt, es wurde gefragt, ob ein „Aufruf zum Völkermord an den Juden“ als „Mobbing und Belästigen“ gelte. Nicht, ob „Intifada“ oder „From the River to the Sea…“ als Aufruf zum Völkermord an Juden und/oder als „Mobbing“ oder „Belästigen“ gelten würde. Oder welche Formulierung sonst.
    Die Antwort war auch nicht „Grundsätzlich fallen Aufrufe zu Straftaten unter ‚Mobbing und Belästigung‘, aber wir behalten uns vor, in jedem Fall zu prüfen, welche Äußerung zu einer Straftat aufruft.“, was ich persönlich absolut ok gefunden hätte.

    „Tötet alle Juden“ wäre mMn definitiv ein „Aufruf zum Völkermord an den Juden“. Jetzt mag diese Formulierung in der Praxis in Havard noch nicht vorgekommen sein, und die Frage insofern etwas akademisch, aber das wäre ja auch eine Antwort gewesen.

  10. Es fehlt der Hiinweis, dass Harvard Studierende benachteiligt und drangsaliert wurden und werden, wenn sie nicht die “richtigen” Pronomen verwenden oder nicht an die Beliebigkeit von biologsichem Geschlecht glauben.
    Nun, Esoterik und Antisemitismus, das gehörte schon immer zusammen. Der Faschismus braucht die Leugnung von Fakten und Wissenschaft, um seine eigenen, beliebigen Wahrheiten glaubhaft verbreiten zu können.
    Wissenschaftsfeindlichkeit – an einer Uni? Hier schließt sich der Kreis: wer in seiner Arbeit plagiiert, hat wohl auch ein anderes Wissenschaftsverständnis.

  11. Die fragliche Stelle erwähnt weder „Intifada“ noch „From the river…“, und Gay selbst hat sich für ihre Antwort entschuldigt.
    https://www.spiegel.de/ausland/claudine-gay-zurueckgetretene-harvard-praesidentin-sieht-sich-als-opfer-einer-kampagne-a-9d72c13a-0745-43ed-891f-bf960fd88a60

    Die ganzen Verweise auf Meinungs- und Versammlungsfreiheit kamen nicht von Gay, sondern wurden später in verschiedenen Medien gemacht; und da bin ich weiterhin der Ansicht, wenn DAS das Argument wäre, dann könnte man praktisch nie Mobbing bekämpfen. „Wir versammeln uns, um unsere Meinung zu sagen: Judith ist doof!“

  12. @ Bleikiel / #12:

    „Es fehlt der Hiinweis, dass Harvard Studierende benachteiligt und drangsaliert wurden und werden, wenn sie nicht die “richtigen” Pronomen verwenden oder nicht an die Beliebigkeit von biologsichem Geschlecht glauben.“

    „Aber wichtig ist dabei eigentlich, dass Stephens das alles in einen Topf wirft – und in einen Topf werfen kann.“

    Was für Stephens gilt, gilt für alle rechten Kulturkämpfer*innen, einschließlich Bleikiel. Man muss gar nicht mehr versuchen, die Bemühungen, das aggressive Negieren des Geschlechts von Transpersonen zu unterbinden, mit den eigentlichen Vorwürfen in Verbindung zu bringen – man kann einfach alles zusammenrühren. Und wehe, jemand tut das nicht, dann folgt die Ermahnung „Es fehlt der Hiinweis“…

    Übrigens wird man auch außerhalb des Campus „drangsaliert“ werden, wenn man Menschen konsequent und absichtlich mit einem unerwünschten Geschlecht bezeichnet, ggf. auch in der direkten Form „aufs Maul“. Dass sich manche Menschen das gegenüber Transpersonen herausnehmen und man es ihnen extra verbieten muss, ist wenn dann der eigentliche Skandal.

  13. @Mycroft:
    Es gibt Aufnahmen der Befragung. Ich ging davon aus, dass Sie die gehört hätten? Schon allein interessant, wie Claudine Gay dort von Stefanik bearbeitet wird. Sie fragt nach Intifada und „from the river to the see“ und merkt dann selber in Teilsätzen an, dass dies ja für „Tod allen Juden“ stünde.
    Darauf antwortet Gay aber nicht. Das wird daraus nachträglich konstruiert. Weil Sie zu A sagt, dass das auf den Kontext ankäme, und die ( ja wie nenne ich die Chef Cancel Culture Beauftragte der Republikaner denn am besten? Inquisitorin? ) sagt A bedeute auch B, wird konstruiert, Claudine hätte gesagt, B käme auf den Kontext an.
    Eine beliebte Methode bei CC Beauftragten und nicht ungefährlich, denn so wird, wie auch bei uns zu beobachten, Antisemitismusbekämpfung mißbraucht, um dem politischen Gegner oder ganzen Menschengruppen zu schaden.
    Gay wurde ( zum Glück ) wegen Plagiatsvorwürfen gekündigt. So hatte diese krude Strategie in diesem Fall keinen Erfolg.

  14. „Schon allein interessant, wie Claudine Gay dort von Stefanik bearbeitet wird. Sie fragt nach Intifada und „from the river to the see“ und merkt dann selber in Teilsätzen an, dass dies ja für „Tod allen Juden“ stünde.
    Darauf antwortet Gay aber nicht.“ Habe ich auch nicht behauptet. Bzw., ich habe auch nie behauptet, dass das für „Tod allen Juden“ stünde.

    „Weil Sie zu A sagt, dass das auf den Kontext ankäme, und die ( ja wie nenne ich die Chef Cancel Culture Beauftragte der Republikaner denn am besten? Inquisitorin? ) sagt A bedeute auch B, wird konstruiert, Claudine hätte gesagt, B käme auf den Kontext an.“
    Sie hat das zu B gesagt.
    https://www.youtube.com/watch?v=lwu3rBAWvOQ

    Frage: „Zählt Aufruf zum Völkermord an Juden in Harvard als Mobben und Belästigen?“ Antwort: „Es kommt auf den Kontext an.“ – „Auf welchen Kontext?“ – „Ob es gegen ein Individuum gerichtet ist.“

    Es geht an der Stelle also _nicht_ mehr um die Frage, ob „Aufruf zum Völkermort an Juden“ als „Aufruf zum Völkermord an Juden“ gilt, sondern wann eine (hypothetische) Aussage, die fürs Argument als „Aufruf zum Völkermord an Juden“ gälte, als Mobben und/oder Belästigen gilt.
    Und sorry, die Einschränkung, dass sie gegen ein Individuum gerichtet sein muss, ist eine dumme Ausrede.

    Bzw., ich will nicht sagen, dass die Aussage falsch sei. Vllt wird das in Harvard ja so gehandhabt, aber dann wäre es doch recht einfach, die Anti-Mobbing-Regeln zu umgehen.

  15. Die beanstandete Stelle habe ich verlinkt; behaupten Sie, diese sei irgendwie zusammengeschnitten worden?
    Wenn nicht, sagt Gay da, dass Aufrufe zum Völkermord nur als Mobbing gelten, wenn sie gegen ein Individuum gerichtet seien.
    Was nach einer sehr billigen Ausrede klingt, weil man ja immer behaupten könnte, dass damit eine Gruppe gemeint sei.

    Das Problem hier ist, dass entweder Harvard die Anti-Mobbing-Vorschriften problemlos gegen Aufrufe zu Völkermorden einsetzen könnte, oder auch gegen Aussagen, die _kein_ Aufruf zum Völkermord sind, aber andere Mobben und Belästigen, oder aber, dass diese Vorschriften nichts taugen, weil sie gegen Meinungs- und Versammlungsfreiheit verstoßen.
    Zum Glück gibt es keine CC, Frau Gay hat einen Gastbeitrag in einer großen Zeitung schreiben dürfen, um sich zu beklagen, wie schlimm diese Kampagne sei. Vllt schreibt sie auch ein Buch darüber.

  16. Soweit ich weiß, ist der Aufruf zum Völkermord tatsächlich durch die amerikanische Redefreiheit gedeckt. Dies dürfte insbesondere dann gelten, wenn dieser nur indirekt aus Parolen herbeiinterpretiert werden kann. Das ist durchaus auch in den USA keine neue Erkenntnis und wird seit Jahren, wenn nicht Jahrzehnten, diskutiert, wann immer es um die Themenkomplexe Redefreiheit, Hate Speech etc. geht.

    Sprich Gay könnte diese Parolen gar nicht als Mobbing ahnden, wenn sie eben nicht gegen ein bestimmtes Individuum gerichtet sind, ohne dabei die verfassungsmäßigen Rechte einzuschränken. Wovon sich jetzt jemand mehr bedroht fühlt, spielt bei der rechtlichen Würdigung überhaupt keine Rolle. Und diejenigen, die die aktuelle Kampagne gegen sie gefahren haben, hätten andernfalls auch eine Kampagne gegen die Gays Versuch zur Einschränkung der Redefreiheit gefahren. Denen geht es doch um etwas ganz anderes.

    Absurd offensichtlich wird es doch wenn man sich anschaut, wer hier ihre Ankläger und die Anführer der Kampagne waren. Nämlich genau die Leute auf deren Seite sonst regelmäßig Gestalten mit mehr Hakenkreuzfahnen als Hirnzellen aufmarschieren. Und denen dabei jedes einzelne Mal ein besonderes Recht zur Redefreiheit attestiert wird.

  17. „Gay könnte diese Parolen gar nicht als Mobbing ahnden, wenn sie eben nicht gegen ein bestimmtes Individuum gerichtet sind.“
    Dann ist Mobbing in Harvard ja super einfach, und die entsprechenden Vorschriften ziemlich nutzlos.

    „Und diejenigen, die die aktuelle Kampagne gegen sie gefahren haben, hätten andernfalls auch eine Kampagne gegen die Gays Versuch zur Einschränkung der Redefreiheit gefahren.“
    Das mag sein, aber in dem Fall würde ich Gays Vorgehen verteidigen, denn mMn gilt:
    – eine Aussage kann Mobbing sein, ohne sich als Völkermordaufruf zu qualifizieren
    – eine Aussage, die einen Völkermordaufruf darstellt, ist quasi automatisch Mobbing gegen Angehörige des betreffenden Volkes
    – die Bestimmungen der Harvard-Uni gelten mWn nur für den Campus selbst, oder? Wer unbedingt zum Völkermord aufrufen will, kann das auch woanders machen.

    Diese wertlose Anti-Mobbing-Vorschrift nervt mich hier am meisten.

  18. „Dann ist Mobbing in Harvard ja super einfach, und die entsprechenden Vorschriften ziemlich nutzlos.“

    Nur dann, wenn man sich mit aller Macht selbst einredet, dass die Mehrzahl der Mobbingfälle Aufrufe zum Völkermord sind… Was ich jetzt einfach mal Kraft meiner Wassersuppe in Zweifel ziehen möchte, denn davon hätte man wohl schon etwas mehr gehört.

    „– eine Aussage, die einen Völkermordaufruf darstellt, ist quasi automatisch Mobbing gegen Angehörige des betreffenden Volkes
    – die Bestimmungen der Harvard-Uni gelten mWn nur für den Campus selbst, oder? Wer unbedingt zum Völkermord aufrufen will, kann das auch woanders machen.“

    Nein, warum denn das? Man muss nicht immer zwanghaft wirklich gleich alles in einen Topf werfen. Wenn man auf diese Weise beides vermischt, relativiert man einerseits „normales“ Mobbing wie es tagtäglich stattfindet, andererseits verharmlost man Aufrufe zum Völkermord indem man sie mit dem Verhalten asozialer Schüler gleichsetzt. Da hat man gleich das schlechteste in beiden Welten erreicht.

    „Diese wertlose Anti-Mobbing-Vorschrift nervt mich hier am meisten.“

    Die Anti-Mobbing-Vorschrift hat ihre Berechtigung und wird sicher tausendfach korrekt und zweckdienlich angewendet. Dass sie hier, aufgrund der aus europäischer Sicht geradezu absurden amerikanischen Interpretation der Redefreiheit, an ihre Grenzen stößt, tut ihr in allen anderen Fällen keinen Abbruch. Was dich viel eher nerven sollte, ist das was in den USA alles unter Redefreiheit fällt.

  19. „Nur dann, wenn man sich mit aller Macht selbst einredet, dass die Mehrzahl der Mobbingfälle Aufrufe zum Völkermord sind…“
    Nein.
    Wenn das Recht auf freie Meinungsäußerung sogar Aufrufe zu Verbrechen einschließlich Völkermord erlaubt, und die Uni Harvard selbst auf dem eigenen Campus keine Vorschriften dagegen erlassen darf, dann erlaubt das Recht auf freie Meinungsäußerung auch Mobbing, sofern dieses Mobbing als „Meinungsäußerung“ formuliert wird.
    Oder sonst hätte man die paradoxe Situation, dass die Uni „Tod für Judith Smith“ als Mobbing bestrafen dürfte, aber „Tod für alle Juden“, also _einschließlich_ Judith Smith, nicht. Oder halt entsprechend mit den Angehörigen anderer Völkern.
    Natürlich ist die Schwelle für „Mobbing“ niedriger als für „Aufruf zum Völkermord“, aber das hieße im Umkehrschluss, dass „Intifada“ -Rufe bereits Mobbing sein könnten, wenn sie nicht als Aufruf zum Völkermord gelten, und dementsprechend geahndet werden könnten.
    Oder umgekehrt, wenn Mobbing unter Redefreiheit fiele, nervte es mich natürlich auch, aber dann würde die Anti-Mobbing-Vorschrift andauernd unterlaufen.

    Da Gay erst ein halbes Jahr Vorsitzende war, musste sie möglicherweise auch einfach eine Lücke in den Vorschriften verteidigen, für die sie nichts konnte, so viel Fairniss muss sein, aber dann ist die Lücke trotzdem da.

  20. Wer Plagiate sucht, der wird Plagiate finden. Aber bei wem sucht der gewöhnliche Plagiatssucher? Vorzugsweise beim Feind, Gegner oder Konkurrenten. Dabei ist es doch egal, ob eine Frau Giffey, ein Herr von und zu Guttenberg oder eine Frau Weidel einen Doktortitel besitzen oder nicht. Bei einer Uni-Präsidentin ist es aber relevant. Relevant ist es auch, was für ein Klima sie an ihrer Hochschule zulässt oder fördert. An beidem ist sie gescheitert. Selbst ein würdevoller Rücktritt ist ihr nicht gelungen. Anstatt ihre eigene Unfähigkeit einzugestehen, verbreitet sie Verschwörungstheorien.

  21. @Mycroft:
    „Die beanstandete Stelle habe ich verlinkt; behaupten Sie, diese sei irgendwie zusammengeschnitten worden?“

    Den gesamten Wortlaut habe ich verlinkt. Haben Sie ein Problem damit, den Kontext zur Kenntnis zu nehmen?

    Wenn Sie ernsthaft glauben wollen, Claudine Gay hätte die Absicht gehabt zu sagen, dass die Aufforderung zum Massenmord an Juden im richtigen Kontext durch „Free speech“ gedeckt sei, bitte.

    Nach meinem Empfinden wurde ihr das untergeschoben.

    Welch glorreicher Sieg im Kampf gegen den Antisemitismus wurde da wieder errungen. Da jubeln sicher auch Aiwanger und sogar Höcke.

  22. @ #22
    Auch in Deutschland wird ein Unterschied zwischen Mobbing, das in der Regel gegen ein Individuum oder eine überschaubare Gruppe Menschen gerichtet ist und dem Aufruf zum Völkermord gemacht. Weil es eben zwei verschiedene Dinge sind.

    Mobbing richtet sich gegen ein Individuum, das sich entsprechend gegen diese persönlichen Angriffe verteidigen darf. Soweit sind selbst die Amis.

    Gruppenbezogener Menschenhass, solange er im allgemeinen bleibt, ist dagegen durch die Redefreiheit gedeckt. Auch dann, wenn sich ein Individuum dieser Gruppe zugehörig fühlt.

    Und, nein, die Mobbing-Vorschrift wird eben nicht dauernd unterlaufen, weil eben nicht jede jeder Aufruf zum Völkermord sich gegen ein bestimmtes Individuum mit seinen individuellen Abwehrrechten richtet.

    Wir müssen hier nicht über die verschiedenen Widersinnigkeiten im amerikanischen Recht streiten, da es auch noch einmal komplett anders funktioniert als das deutsche.

    Das kannst du gerne noch hundertmal doof und paradox und sonstwas finden, aber so ist nun einmal die aktuelle Rechtsdeutung in den USA.

  23. „Wenn Sie ernsthaft glauben wollen, Claudine Gay hätte die Absicht gehabt zu sagen, dass die Aufforderung zum Massenmord an Juden im richtigen Kontext durch „Free speech“ gedeckt sei, bitte.“
    Das habe ich nie geglaubt, denn diese Argumentation kam im Nachgang von dritter Seite. Meinetwegen auch, um es Ihr unterzuschieben, aber H. R. z.B. argumentiert damit.

    „Mobbing richtet sich gegen ein Individuum, das sich entsprechend gegen diese persönlichen Angriffe verteidigen darf. Soweit sind selbst die Amis.“
    1. ein individueller Jude darf sich also demnach nicht gegen judenfeindliche Äußerungen wehren? Oder ein individuelle Afroamerikaner gegen rassistische Äußerungen? Oder jemand aus Alabama gegen Alabamawitze? Okehee, aber dann wüsste ich ja, was ich als Mobber täte.
    2. Harvard und andere Unis haben doch offensichtlich eigene Vorschriften, die über die normalen US-Selbstschutzrechte der Betroffenen hinausgehen und der Uni erlauben, solche Dinge mit eigenen Mitteln zu ahnden. Das ist keine Vorschrift der Amis, sondern eine, die Harvard SO eingeführt hat, und deshalb muss Harvard sich rechtfertigen, wenn es das nicht tut, nicht „die Amis“.

    „Gruppenbezogener Menschenhass, solange er im allgemeinen bleibt, ist dagegen durch die Redefreiheit gedeckt. Auch dann, wenn sich ein Individuum dieser Gruppe zugehörig fühlt.“
    Ok, wenn das so ist, auch in dem Fall, dass die Univorschriften zur Anwendung kommen können, darf man also nicht sagen „Judith stinkt!“, aber „Juden stinken!“. Jedesmal, wenn Judith in den Raum kommt. Das ist aus meiner Sicht eine massive Lücke in den Uni-Vorschriften. Höcke wird’s sicher freuen.

  24. „Wenn Sie ernsthaft glauben wollen, Claudine Gay hätte die Absicht gehabt zu sagen, dass die Aufforderung zum Massenmord an Juden im richtigen Kontext durch „Free speech“ gedeckt sei, bitte.“

    Denken wir an die Alt-Right Demo in Charlottsville, glaube ich, zurück bei der lautstark „Jews will not replace us!“ skandiert worden ist. Das war schlicht völlig legal in den USA. Gedeckt durch die Redefreiheit. Und dabei ist es eine sehr viel direktere Aufforderung zum Völkermord, möchte ich meinen, als es der Slogan „Palestine will be free, from the river to the sea.“ je sein könnte.

    Wenn solche Parolen in den USA also durch die Verfassung garantiert legal sind, kann eine Unipräsidentin es wohl kaum verbieten sie zu rufen. Selbst dann wenn man es als Mobbing ansehen möchte.

    „1. ein individueller Jude darf sich also demnach nicht gegen judenfeindliche Äußerungen wehren? Oder ein individuelle Afroamerikaner gegen rassistische Äußerungen? Oder jemand aus Alabama gegen Alabamawitze? Okehee, aber dann wüsste ich ja, was ich als Mobber täte.“

    Ggf. kann sich ein Jude dagegen wehren, wenn er es schafft vor Gericht überzeugend darzustellen, dass es sich nicht um eine Ausübung der Redefreiheit, die eben auch Hate Speech schützt, handelt, sondern um einen persönlich gegen ihn gerichteten Angriff. Was dabei dann rauskommt, dürfte auf den Richter ankommen vor dem dies verhandelt wird.

    „2. Harvard und andere Unis haben doch offensichtlich eigene Vorschriften, die über die normalen US-Selbstschutzrechte der Betroffenen hinausgehen und der Uni erlauben, solche Dinge mit eigenen Mitteln zu ahnden. Das ist keine Vorschrift der Amis, sondern eine, die Harvard SO eingeführt hat, und deshalb muss Harvard sich rechtfertigen, wenn es das nicht tut, nicht „die Amis“.“

    Harvard kann aber mit seinen Regeln nicht die US-Verfassung außer Kraft setzten. Man müsste sich also mal ansehen, was genau die Harvardregelung eigentlich umfasst. Mobbing ist ja nicht immer nur verbal. Es kann ja auf viele auch physische und emotionale Arten gemobbt werden. Lärm machen, wenn jemand versucht zu reden. Vor jemandem Ausspucken. Etc.

    „Ok, wenn das so ist, auch in dem Fall, dass die Univorschriften zur Anwendung kommen können, darf man also nicht sagen „Judith stinkt!“, aber „Juden stinken!“. Jedesmal, wenn Judith in den Raum kommt. Das ist aus meiner Sicht eine massive Lücke in den Uni-Vorschriften. Höcke wird’s sicher freuen.“

    Letztendlich, so wie ich das interpretiere, ja, genau so könnte man das verstehen. Das ist aber keine Lücke in den Regelungen der Uni, sondern die Anwendung der Verfassung der USA.

    Da freue ich mich Höcke enttäuschen zu können. Dankenswerterweise leben wir ja in Deutschland und die US-amerikanische Redefreiheit ist eben nicht mit unserer Meinungsfreiheit gleichzusetzen.

  25. Gay wurde nicht von rechten Ideologen zu Fall gebracht. Das hätten diese gerne.
    Gay hat es geschafft, sich selbst in der Anhörung zu demontieren, zu zeigen, dass sie einer Universitätspräsidentschaft – egal von welcher Uni – nicht würdig ist. Sie hat nicht verstanden, wie wichtig es ist die Würde von Menschen zu beschützen.
    Es ging nie um Hautfarbe, Herkunft, Religion oder Geschlecht. Dass es zu dieser Diskussion und der rechten Hetzkampagne kam, war die vorrauszusehende Folge ihres (und ihrer Kolegen und Kolleginnen) Auftritt bei der Anhörung vor dem US-Kongress.

    Was ich am Artikel nicht verstehe, ist die explizite Kritik an der New York Times. Besser würden die „Lichtgestalten“ der liberalen Amerikaner von ihnen selbst auf Schwächen wie Plagiate überprüft worden. In Deutschland ist diese Falle spätestens seit Guttenberg jedem Tölpel in der Politik bekannt. Das ging übrigens innerhalb von zwei Wochen. Damals war der Vorwurf, es wäre eine linke Schmutzkampagne, dem die Wissenschaftler entschieden entgegen traten, weil ein Plagiant eben kein „Kavaliersdelikt“ sei.

  26. Dabei ist [„Jews will not replace us!“] eine sehr viel direktere Aufforderung zum Völkermord, möchte ich meinen, als es der Slogan „Palestine will be free, from the river to the sea.“ je sein könnte.

    Dazu sage ich einfach Nein.
    Letzteres soll wohl heißen „Wir werden Juden ersetzen“, weshalb ich beide Parolen eher als gleichwertig betrachte, oder letztere als eher schlimmer.
    Ist fürs Argument aber auch egal, aber, denn wie Herr Gemein netterweise verlinkt hat, hat Gay ja die Gelegenheit verstreichen lassen zu sagen, dass das wegen der Redefreiheit so geregelt sei, also ist das entweder nicht der Grund, oder aber, Frau Gay kannte den Grund nicht, was an und für sich schon peinlich wäre.

  27. @ H.R., danke für deine Bemühungen und auch Ausführungen, diese Zusammenhänge klar zu differenzieren. Offensichtlich wollten dir nicht viele zuhören. Ich habe dir zugehört und stimme dir zu.

    Es ist ein Konflikt zwischen Redefreiheit und Mobbing und, dass Professor Gay sauber juristisch vor Stefanik antworten musste. Und die Stimme völlig zu, hätte sie das nicht getan, wäre sie dafür eingegriffen worden. Daran ändert auch nichts ihre spätere Entschuldigung, denn man kann sich dafür entschuldigen, weil man versteht, man hat dieses fieses Spiel nicht durchschaut und einen Fehler gemacht und Schaden bewirkt.

    Man muss ja einfach den Kontext und die Umstände, den Hintergrund, anerkennen, um mit fairen Argumenten sauber diskutieren zu können. Den meisten geht’s aber offensichtlich gar nicht um eine faire, ergebnisoffene Diskussion. Also wird diese Kampagne hier auch im Diskussionsforum weitergeführt. Schade! ☹️

    Aber zurück zum Artikel, ich finde es durchaus überzeugend, zu bedenken, dass die Angriffe gegen die Harvard Universität, des regelrechte Einschießen auch von Linken, etwas mit gekränktem Stolz zu tun hat, weil man selbst nichts zu dieser Elite gehört oder dort studiert hat. Zumindestens kann man so eine fiese Motivation mitdenken, allerdings lässt sie sich nicht beweisen. Am Ende sollten gute Argumente, Sachlichkeit und Präzision und Fairness überzeugen. An alldem hat es hier wohl offensichtlich ziemlich gemangelt.

  28. …..Sie kamm, weil sie schwarz ist…..sie ging, weil ihre Kollegen, die sie gewählt und beschützt haben, natürlich alle rassistisch sind und dumm wie rechte nun mal sind…..
    SO lautet also jetzt der neue Mythos… gut, danke Herr Daub…

    Kann sein, das es eine Kampagne war, zu welchem Zeitpunkt die Anschuldigungen veröffentlicht wurden. Aber sie sind nun mal da…,
    aber der NYT rechte Einseitigkeit und Rassismus vor zu werden ist fantasievoll…., oh man universitäre Medieneleite ….

    Wer in den USA nur ACHT! 8! Veröffentlichungen in 20 Jahren geschaft hat, der würde normalerweise NIE! Dekaninnen geschweigeden Präsidentin werden…
    NIE!
    Da zählen nur Veröffentlichungen und Geldmittel
    Aber sie ist natürlich nur wegen ihrer Hautfarbe rausgeschmissen wurden… Und nicht eingestellt wurden

    Es war übrigend ihre Politik die sie zur Zielscheibe gemacht hat, nicht ihre Hautfarbe. Behaupte ich einfach mal…..

  29. Dass teilweise ein gewisser Neid mit in die „Kampagne“ hineinspielt, oder vllt auch Schadenfreude, will ich tatsächlich nicht bestreiten, trotzdem bin ich der Ansicht, dass die Uni ihre Möglichkeiten, um gegen Demos vorzugehen, nicht ausgenutzt hat. Und die Argumente, warum sie es nicht gemacht hat, überzeugen mich nicht. Mal hypothetisch – dürfte McDonalds Demos _in_ McDonalds-Filialen in den USA unterbinden, wenn ihre Gäste sich davon belästigt werden, oder wäre das auch von der Redefreiheit geschütztes Recht?

    Manche Leute beteiligen sich jetzt an der Kampagne gegen die Uni Harvard, nicht gegen Gay, bei denen „Neid“ wohl eher nicht der Grund ist, da sie da studieren.
    https://www.spiegel.de/panorama/bildung/harvard-juedische-studierende-verklagen-elite-uni-wegen-antisemitismus-auf-dem-campus-a-df55db2f-9463-47d7-8fa5-fa1de1526524

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