Seit dem 7. Oktober, dem Terrorangriff der Hamas auf Israel, sind laut dem Committee to Protect Journalists (CPJ) in Gaza und Israel bereits 39 Journalisten getötet worden, in nur vier Wochen. Im ganzen Jahr 2022 seien es 68 Journalisten gewesen, die ums Leben kamen – und zwar weltweit!
Die NGO Reporter ohne Grenzen (ROG) kommt zu ähnlichen Zahlen. „Es ist der tödlichste Beginn eines Krieges im 21. Jahrhundert“, sagt Christopher Resch, Pressesprecher und Nahost-Experte bei ROG, im Übermedien-Podcast. Vor allem palästinensische Journalisten sind bisher gestorben, was an der Art der Kriegsführung liege und an der Situation in Gaza, wo die Hamas bewusst den Tod von Zivillisten, wozu Journalisten gezählt werden, in Kauf nimmt. Es sei ein Dilemma, sagt Resch: Man müsse als Journalist ja rausgehen, um Dinge in Augenschein zu nehmen – werde dann aber im Zweifelsfall getroffen.
Dass es sich bei Journalisten in Gaza ausnahmslos um Helfer der Terroristen handle, wie es gelegentlich heißt, sieht Resch nicht. Er begrüßt aktuelle Untersuchungen, zum Beispiel zur Rolle von Agentur-Reportern während des Terroranschlags der Hamas. „Ich warne aber vor einer Vorverurteilung.“ Es habe vor dem Krieg auch unabhängigen Journalismus gegeben in Gaza.
Auch dass Reporter in Gaza vom israelischen Militär systematisch ins Visier genommen würde, kann Resch nicht erkennen. Aber es kommt offenbar vor. Issam Abdallah etwa, ein Reporter der Nachrichten-Agentur Reuters, kam mutmaßlich bei einem israelischen Angriff ums Leben. Es gibt Indizien, dass dieser Angriff Abdallah und seinen Kollegen galt. Reporter ohne Grenzen hat deshalb dazu Strafanzeige beim Internationalen Gerichtshof für Menschenrechte eingereicht.
Was ROG damit bezwecken will, weshalb es schwierig ist, gerade Schutzausrüstung nach Gaza zu bringen und welchen Anschuldigungen sich auch ROG ausgesetzt sieht seit Beginn des Krieges, darüber spricht Resch mit unserem Podcast-Host Holger Klein. Die ganze Folge „Holger ruft an … wegen getöteter Nahost-Journalisten“ hören Sie hier:
(Sie können den Podcast auch über die Plattform oder App Ihrer Wahl hören. Hier ist der Feed.)
Der Gesprächspartner
Christopher Resch ist Pressereferent im Berliner Team der internationalen Menschenrechtsorganisation Reporter ohne Grenzen (RSF) mit Fokus auf den Nahen Osten (MENA) und Südosteuropa. Er hat in Leipzig und Istanbul Journalistik und Arabistik studiert und anschließend für das Goethe-Institut in Ägypten und Saudi-Arabien gearbeitet. Er ist Herausgeber des Sammelbands „Medienfreiheit in Ägypten“ (von Halem Verlag, 2015). Vor seiner Tätigkeit für RSF war er freier Journalist, unter anderem für „taz“, Deutsche Welle und Deutschlandfunk. Seit 2018 arbeitete er zudem als freier Referent im Themenfeld Islam und Geflüchtete.
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