„Sind Sie dabei?“

Wie die „Welt“ Prominente vorführt, weil sie ihr kein „Statement gegen den Judenhass“ schicken

Schweigen ist also doch nicht Gold, wie man immer dachte, Schweigen ist gefährlich. Jedenfalls, wenn man prominent ist und nicht darauf eingeht, wenn die „Welt am Sonntag“ fragt, ob man mal eben ein Statement „gegen den Judenhass“ schicken könnte. Gefährlich ist das, weil man dann schnell als jemand dasteht, der womöglich gar kein Problem hat mit Judenhass.

"Welt"-Artikel mit der Überschrift: "Sonst laut 'gegen rechts' – beim Judenhass ganz leise" mit Fotos von Nora Tschirner, Lars Eidinger und Sophie Passmann.
Screenshot: Welt

Am Freitag erschien im Angebot der „Welt“ ein Artikel (€), der etlichen Prominenten vorwirft, zum Hass gegen Juden zu schweigen. Und das, obwohl die sich doch in anderen Fällen so gerne öffentlich äußerten: „Sonst laut ,gegen rechts‘ – beim Judenhass ganz leise“, so steht’s in der Überschrift.

Er habe „Stimmen prominenter Menschen in Deutschland“ sammeln wollen, schreibt „Welt“-Redakteur Frédéric Schwilden:

„Es sollte nicht um Politik gehen. Nicht um den Nahost-Konflikt. Einfach nur um die Solidarität mit Juden.“

Also verfasste Schwilden Mails, schickte sie an Musiker, Autoren, Moderatoren. Er würde sich „riesig freuen, wenn ich Sie für ein Statement gewinnen könnte“. Drei Sätze bloß, das würde schon reichen. „Sind Sie dabei?“

"Welt"-Anfrage mit der Bitte um ein "Statement gegen Judenhass"
Schwildens Mail an Teresa Bücker Screenshot: Welt

Gemeldet haben sich darauf laut „Welt“ genau zwei Leute: die Influencerin Diana zur Löwen und Klimaaktivistin Luisa Neubauer. Alle anderen sagten ab oder reagierten nicht. Und die zählt Schwilden jetzt genüsslich auf. Man muss sich das wahrscheinlich so vorstellen, dass er das mit spitzen Fingern getippt hat, eher abgeneigt, auch ganz grundsätzlich angesichts der Prominenten, um die es da geht. Es liest sich jedenfalls so.

Schwilden schreibt, wie all die Promis sich doch sonst für vieles einsetzten. Wie sie „Geld für mutmaßliche Opfer von mutmaßlichen Sexualstraftaten“ sammelten, Instagram-Accounts Frauen aus dem Iran überließen oder sich gegen Rassismus engagierten. „Deutschland ist doch so bunt, so tolerant, so gegen Rassismus“, schreibt der „Dandy-Journalist“ – aber jetzt? Wo sind sie denn alle jetzt, wenn es um Israel geht, um Juden, um Hass?

Das kann man natürlich beklagen und auch öffentlich diskutieren. Ob es nicht zu leise ist. Ob es nicht viel mehr öffentliche Solidarität geben müsste, auch und gerade von Menschen, die ihre Prominenz und ihre Reichweite gerne nutzen in anderen Angelegenheiten, teilweise recht plakativ.

„Doch wo bleibt die Solidarität mit Israel?“

Die Debatte gibt es auch bereits. Josef Schuster, Präsident des Zentralrats der Juden in Deutschland, schrieb vergangene Woche in der „Jüdischen Allgemeinen“, wie schmerzlich das „laute Schweigen aus dem Kultursektor“ sei. Als die Ukraine angegriffen wurde, seien „viele Kulturinstitutionen und Kulturschaffende schnell solidarisch“ gewesen. „Doch wo bleibt die Solidarität mit Israel?“, fragt er. „Wo ist ihr moralischer Impetus, den gerade die Mitglieder dieses Milieus sonst so oft und so überzeugt zeigen?“

Auch die „Welt“ zitiert aus Schusters Text:

„Für die Mitglieder unserer Gemeinden bleibt das Gefühl, ja die Gewissheit, allein zu bleiben, genau dann, wenn Anteilnahme und Identifikation so gebraucht werden.“

Schwilden schlussfolgert: „Dass das nicht nur ein Gefühl Schusters ist, belegen die Anfragen von WELT AM SONNTAG.“ Als wäre es ein Beleg für dieses Gefühl, wenn Menschen nicht auf eine „Welt“-Anfrage reagieren.

Eigentlich sollte jeder die Freiheit haben, selbst zu entscheiden, wann, wie und auf welchem Kanal er oder sie Positionen zu welchem Thema auch immer kundtut. Eine Presse-Anfrage abzusagen, kann viele Gründe haben. Keine Zeit. Krank. Irgendwas. Zumal die Anfrage auch offen lässt, was mit den Statements geschehen soll, in welcher Form sie publiziert werden. Und vielleicht hatten auch – ja, das ist möglich – manche schlicht keine Lust, sich in der „Welt“ zu äußern. Niemand muss mit der „Welt“ reden.

In der „Welt“-Anfrage ist allerdings eine Falle versteckt. Denn was sollte man schon antworten auf die Frage, wie man zu Hass steht, ganz allgemein, und hier konkret zu „Judenhass“. Man kann ja nur dagegen sein, wenn man einigermaßen bei Verstand ist, gerade in diesem Land. Nie wieder.

Und was heißt es dann, im Umkehrschluss, wenn man nichts dazu sagt? Heißt das, dass man womöglich doch nicht so ein Problem mit „Judenhass“ hat? Sind die Leute, die die „Welt“-Anfrage absagen, vielleicht Antisemiten?

Der Text formuliert das nicht, aber er bietet Böswilligen eine Vorlage, das so zu deuten, und damit eine Vorlage für neuen Hass. Unter dem „Welt“-Post auf Twitter, zum Beispiel, werden die vorgeführten Promis unter anderem als „Pack“ bezeichnet. Ein User unterstellt ihnen, für sie seien „Juden nur gut, wenn sie lange schon tot sind“. Ein anderer schreibt, dass sie früher „mit den Nazis marschiert“ wären. Noch einer postet ein „Gedankenspiel“: „Hätten diese Pfeifen im 3. Reich Juden geholfen oder hätten sie weggesehen oder sie sogar für ein Heldenorden an die gestapo verkauft?“

Korrektur: Hat doch was gesagt

Die „Welt“ nutzt die Absagen also als Beweis dafür, dass sich die Promis grundsätzlich nicht äußern wollen. Unangenehm ist dann natürlich, wenn man manches nicht mitbekommen hat.

Unter dem Text finden sich inzwischen Korrekturen. Im Artikel stand zum Beispiel ursprünglich, die Band Feine Sahne Fischfilet habe sich nicht zum Thema geäußert. Sie hatte aber schon vor zwei Wochen auf Instagram einen Text zum Angriff auf Israel verfasst. Das musste die „Welt“ nach Veröffentlichung ihres Textes nachreichen.

Und noch eine Korrektur:

„Klaas Heufer-Umlauf äußerte sich zu dem Thema in einem Freitagmorgen veröffentlichten Podcast. Text und Optik haben wir entsprechend aktualisiert.“

Die „Welt“ hatte Heufer-Umlauf zunächst, neben anderen, im Artikel abgebildet.

Und dann ist da noch Nora Tschirner, deren Bild immer noch über dem Text zu sehen ist. Und der im Text immer noch vorgeworfen wird, sich nicht geäußert zu haben, stattdessen schmiert Schwilden ihr aufs Brot, man sehe sie in Instagram-Storys „Eis essen und auf Filmpremieren gehen“, was wohl in der „Welt“-Welt als pietätlos gilt – dafür hat sie also Zeit! Wie Sophie Passmann, der von der „Welt“ vorgehalten wird, öffentlich Fußball gespielt zu haben.

„Tendenziös den Öl-Kanister schwingen“

Was man am Wochenende auch noch sehen konnte in Nora Tschirners Instagram-Story: Wie sie auf den „Welt“-Artikel reagiert. Ihre Agentur, schrieb Tschirner, sage „aus für mich sehr dringlichen Gründen“ seit Monaten „ALLE“ Presse-Interviews ab, auch eigene Promo-Interviews:

„Aber wozu sauber recherchieren, wenn man stattdessen bisschen tendenziös den Öl-Kanister schwingen kann, nicht wahr?“

Auch Tschirner hatte sich nämlich geäußert, ebenfalls vor zwei Wochen bereits, mit einem kurzen Text in ihrer Instagram-Story.

Das kann man übersehen, gerade bei einem so flüchtigen Medium. Aber das sieht dann eben nicht gut aus, wenn man der Person andererseits markig vorhält, gar nichts gesagt zu haben. (Und dabei auch noch so viel gute Laune übrig hat, auf die Absage des Managements „aus zeitlichen Gründen“ die „nicht ganz ernst gemeinte Nachfrage“ nachzusenden, ob sie es „denn bis zum 9. November schaffen“ würde – dem Tag der Reichspogromnacht 1938.)

Erwähnt wird Tschirners Statement im „Welt“-Text auch jetzt noch nicht. Tschirner wird dort weiter als Teil der Schweigenden präsentiert, mit Foto. Dort steht inzwischen lediglich:

„Nach Erscheinen des Artikels meldete sich das Management von Nora Tschirner: Durch einen Fehler von Mitarbeiterinnen habe man die Anfrage abgesagt, ohne die Schauspielerin zu kontaktieren.“

Fraglich ist auch, ob die „Welt“ die Absagen immer akkurat wiedergegeben hat. Im Text steht etwa:

„Das Management von Anti-Rassismus-Autorin Alice Hasters antwortete kurz und knackig: ,Leider nein.’“

Hasters’ Managerin, Heike-Melba Fendel, hat dem inzwischen widersprochen. Die „Welt“ habe ihre Antwort „grob verkürzt“. Tatsächlich, schreibt sie, sei die Antwort auf die Anfrage „länger als ,leider nein’“ gewesen, sie habe auch eine Begründung enthalten. „,Leider nein’ war nur das Fazit.“

Die Gründe aber hat die „Welt“ weggelassen. Stattdessen heißt es im Text, bezogen auf alle: Über die Gründe für die Absagen lasse sich „nur spekulieren“. Und das macht die „Welt“ dann gleich mal, mit fremder Hilfe.

Der Antisemitismus-Forscher Wolfgang Benz etwa spekuliert, Menschen hätten „Angst, das Falsche zu sagen“. Er wirft jenen, die nun schweigen würden, „unterlassene Hilfeleistung“ vor. Und die Vizepräsidentin der deutsch-israelischen Gesellschaft, Anna Staroselski, nennt das Schweigen „der sonst so Lauten“ – „eine Schande“. Sie weiß offenbar auch, weshalb sich die Leute nicht äußern: Weil sie Angst hätten, Follower zu verlieren.

Man wird den Eindruck nicht los, dass die „Welt“ mit diesem Artikel nicht eine berechtigte Debatte für eine wichtige Sache führen, sondern eine Kampagne fahren wollte, um einzelne Prominenten schlecht aussehen zu lassen.

Die Debatte wäre im Übrigen auch nicht vorbei in dem Moment, in dem sich Prominente äußern. Dann beginnt eine andere. Dann beginnt eine Debatte darüber, was sie sagen und wie sie es tun. Dass sich Nora Tschirner in einer Insta-Story äußerte, findet „Welt“-Redakteur Schwilden zum Beispiel unzureichend: „Eine Instastory, die sich selbst löscht“, schreibt er auf Twitter, „ist nicht die unbedingt größte Positionierung“.

16 Kommentare

  1. „Und dabei auch noch so viel gute Laune übrig hat, auf die Absage des Managements ‚aus zeitlichen Gründen‘ die ‚nicht ganz ernst gemeinte Nachfrage‘ nachzusenden, ob sie es ‚denn bis zum 9. November schaffen‘ würde – dem Tag der Reichspogromnacht 1938.“

    Uff, ist das eklig, und Indiz, dass es ihm überhaupt nicht um die Sache geht. Und ohne jetzt großer „Welt“-Leser zu sein, unterstelle ich, dass deren Mitarbeiter sonst ganz schnell monieren, dass andere zu locker mit der „Nazikeule“ schwingen.

  2. Es ist absolut widerlich, wenn irgendein Medium irgendjemanden zu irgendeiner Äußerung nötigen will, respektive eine ausbleibende Resonanz als Pranger zu verwenden.
    Vielleicht darf man Absagen nicht freundlich mit „Leider …“ beantworten, sondern hart gerade heraus: „Dir verlogener Nulpe und deinem verschissenen Drecksblatt gebe ich nicht mal einen Pfurz!“

  3. Die Aktion der „Welt“ ist ein typischer Springer-Move, Kritik daran sehr gerechtfertigt. Wer an einer Aktion nicht teilnehmen mag, muss sich nicht dazu nötigen lassen. Schon gar nicht darf man ihn hinterher wegen nicht beantworteter Anfragen denunzieren.

    Aber das Problem der (relativen) Stille im sonst so sensiblen Kulturbetrieb bleibt. Beispiel: Festival-Gäste werden abgeschlachtet, und in der Clubszene dröhnt das Schweigen – was auch schon der Taz auffiel: https://taz.de/Schweigen-der-Club-Szene-zu-Hamas-Terror/!5962392/

    Mich überrascht das nicht, es bestätigt meinen Eindruck aus der Mbembe- und der Dokumenta-Debatte: „Israelkritik“ ist post-kolonialer Konsens.

    Angesichts der antisemitischen Massaker will derzeit kaum jemand behaupten, die „zionistischen Besatzer“ trügen allein die Verantwortung – aber bevor man sich über 1.400 tote und 200 entführte Zivilisten empört, setzen viele jetzt lieber auf zivile Opfer in Gaza, die Israels Verteidigung gegen die Hamas fordern wird.

    Denn, so zynisch das klingt: Dann ist der moralische Kompass wieder klar genordet, und man kann den Zeigefinger auf das gewohnte Ziel richten: Die „zionistische Entität“ Israel. Ein irgendwie wohliges Gefühl des Auf-der-richtigen-Seite-stehens. Greta Thunberg ist schon soweit, und die steht bekanntlich per defintionem auf der richtigen Seite.

  4. Naja, erinnert an das Kapitel von Bild, wo die unter Anderem St Pauli mangelnde Flüchtlingssympathie vorwerfen wollten, weil die sich nicht auf die Bildkampagne einlassen wollten. Ging damals schon nach hinten los, bekannte Gesichter zum kostenlosen Selbstmarketing zwingen zu wollen ist halt n bissel eklig. Bildblog hatte dazu ausführlich berichtet. Schade, dachte Springer hätte zumindest dort gelernt.

  5. Springer ist einfach ein ekelhafter Konzern. Der ganze Springer-Konzern, nicht nur Bild. Wer dort arbeitet, hat seine Seele verkauft.

  6. @ #3 „Angesichts der antisemitischen Massaker will derzeit kaum jemand behaupten, die „zionistischen Besatzer“ trügen allein die Verantwortung – aber bevor man sich über 1.400 tote und 200 entführte Zivilisten empört, setzen viele jetzt lieber auf zivile Opfer in Gaza, die Israels Verteidigung gegen die Hamas fordern wird.“

    Sie mögen die „Welt“, die letztlich auch nur die Bild für Menschen mit Realschulabschluss ist, zu Recht für deren Methoden kritisieren, aber Ihre eigene Betrachtung ist kein Stück weniger einseitig als Sie es anderen hier vorwerfen.

    Terror ist am Ende das Mittel der unterlegenen Seite, um die Bevölkerung des Gegners dazu zu bringen Änderungen von der Regierung zu fordern. Letztendlich macht die IDF mit der Bombardierung der Zivilbevölkerung im Gazastreifen aber auch nichts anderes.

    Da nennt man es dann aus irgendeinem Grund nicht Terror, sondern Verteidigung mit akzeptablen Kollateralschäden. Nennen Sie mich zynisch, aber für mich macht es keinen nennenswerten Unterschied. Am Ende kommt es auf das gleiche raus. Zahllose tote Zivilisten. Wobei halt wesentlich mehr Palästinenser zu Kollateralschäden werden, als es israelischen Terroropfer gibt.

    Sehr sehenswert zum Thema Verantwortung der Hamas dazu fand ich das Interview von Bassem Youssef bei Piers Morgan (ja, hätte ich auch nicht erwartet).

  7. „Dröhnendes Schweigen“ daran festzumachen, dass man nicht mit der Welt reden will, ist etwas albern.
    Zumal auch sich viele durch ihre normalen Kanäle zum Thema äußern.
    Aber manchmal wundert man sich schon, zu welchen Themen viel gesagt wird und zu welchen wenig.

  8. Das Engagement des besagten Medienunternehmens für Israel und gegen Antisemitismus ist bis zu einem gewissen Grad verdienstvoll. Der Zeitungskonzern sollte jetzt aber bitte nicht so tun, als hätte er darauf ein Monopol oder gar eine Art Alleinvertretungsanspruch (zumal in Medien ja oft von „selbst ernannt“ die Rede ist, auch in den Medien dieses Unternehmens). Kaum verhüllten gruppenbezogenen Menschenhass gibt es bei Springer leider zuhauf, auch gegen Menschen, deren Vorfahren im Dritten Reich verfolgt oder getötet wurden; gegen Sinti und Roma wird in Medien gehetzt ohne Ende, auch und gerade von Springer. Bei Frankfurts Ex-OB Peter Feldmann hat sich gerade die große Boulevardzeitung sehr mit Hetze hervorgetan („Pattex-Peter“ usw., kann man nachlesen), da waren schon gewisse antisemitische Codes dabei; Peter Feldmann ist Jude, er war in der SPD (dort ist er inzwischen verständlicherweise ausgetreten, nach all der fehlenden Unterstützung bis zum offenen Mobbing. Dass Herr Feldmann auch einige lustige bis verunglückte Aktionen gemacht hat und durchaus auch selbstherrlich war, rechtfertigt in keinster Weise das Kesseltreiben gegen ihn); einem linken oder irgendwie so wahrgenommenen Sozialdemokraten gegenüber zeigte sich Springer schon von einer anderen Seite.
    Zum Schluss noch dies: Nichtjüdische Deutsche können/sollen sich sicherlich für jüdische Menschen und Israel einsetzen. Aber nicht so, wie im vorliegenden Fall beschrieben, dieser Pranger und das „Wer nicht nach unserer Pfeife tanzt ist xyz“, das ist einfach nur übel, von den Hasskommentaren in den Hass-Netzwerken gar nicht zu reden (fällt diesen Menschen gar nicht auf, in welchen Stil sie verfallen?). Vielleicht sollten hier nichtjüdische Deutsche ganz allgemein einfach mal ein paar Phon oder Dezibel runterdrehen, die Vergangenheit ist nun mal vergangen, diese Art von medialem (Über-)Eifer macht sie nicht ungeschehen.

  9. An Schwildens Stelle würde ich mir eher Gedanken über die lächerliche Response-Quote machen, die seine Mail generiert hat. Ein guter Texter hätte das sicherlich so formulieren können, dass »mehr dabei« sind. Aber ich vermute, er hatte eh nicht vor, einen Artikel mit Statement zu verfassen, sondern genau den, den er geschrieben hat.

  10. Den Standard dafür, wie man mit Anfragen des Springer-Verlages umgeht, hat bekanntlich Judith Holofernes gesetzt.

  11. Ich frage mich, ob „Antisemitismus-Forscher Wolfgang Benz… Und die Vizepräsidentin der deutsch-israelischen Gesellschaft, Anna Staroselski“ hinter der Aktion stehen, oder ob sie daraus lernen und sich zukünftig vom Springer-Konzern fern halten.

  12. Es trifft hier, finde ich zumindest, exakt das zu, was ich an anderer Stelle bereits anmerkte:
    Nicht der Antisemitismus soll bekämpft werden, sondern der Vorwurf wird als Waffe eingesetzt, wogegen auch immer man polemisieren möchte.
    Man muss den Fokus nur entsprechend ausrichten, dann klappt das immer.
    Also werden die BSD Verteidiger zitiert, aber bspw. die Rote FLORA, der FCSP und andere linke Stimmen möglichst nicht. Die Rapperin Nuhra ja, aber Sven Väth nicht.
    Und wenn mangels Masse nichts belastendes gefunden wird, dann ist das eben verdächtige Stille.

  13. Die Springer-Presse ist und war schon immer menschenverachtend. Manipulation und Lüge ist ihre DNA. Wenn diese Leute sich tatsächlich für das Wohlergehen der Juden in Israel interessieren würden, dann würden sie sich Gedanken darüber machen, wie Frieden und Sicherheit für Israel erlangt werden kann. Und dann würde ihnen auffallen, dass das nicht funktioniert, wenn man alle UN-Resolutionen ignoriert und sich als kolonialer Unterdrückerstaat aufführt, der der unterdrückten Ethnie Tag für Tag mehr Land raubt und Minister verkünden lässt, dass man sich das gesamte Territorium holen wird, weil es den Juden von Gott versprochen wurde. Es ist nicht pro-israelisch, dabei zuzusehen, wie israelische Regierungen immer weiter den Konflikt schüren und ihn mittlerweile durch über 600.000 Siedler wahrscheinlich unlösbar gemacht haben. Genauso wenig, wie es pro-russisch ist, den Krieg gegen die Ukraine nicht zu kritisieren.

  14. @Tanja Faust:
    Die Springerpresse hat bei allen anderen Fehlern nicht gerade den Ruf, besonders antisemitisch zu sein, auch wenn ihr weiter vorgeworfen wird, vom eigenen Antisemitismus ablenken zu wollen.
    Ihr Argument läuft trotzdem ins Leere, weil die Welt ja keine Aussage zum Hass _gegen Israel_ abgefragt hat, sondern gegen _Judenhass_.
    Und ohne allzuviel hineininterpretieren zu wollen, wenn die Deutsche fragen, ist es wohl eher das Wohlergehen von Juden _in Deutschland_, worum die – angeblich oder tatsächlich – besorgt sind.
    Jetzt mag man meinen, dass man einem deutschen Juden ja kaum die Politik der israelischen Regierung zum Vorwurf machen würde, aber im Wahrheit wird deutschen Juden die Politik aller möglichen Regierungen vorgeworfen, wegen globaler Weltverschwörung und so, insofern verstehe ich die Besorgnis schon.
    Wird eigentlich Nigeria zum Vorwurf gemacht, mit Bodentruppen gegen Boko Haram zu kämpfen?

  15. Abgesehen davon, dass es schon eines enormen Selbstbewusstseins (um nicht zu sagen Selbstüberschätzung) bedarf, wenn man meint, man sei so bedeutsam, dass eine ausbleibende Antwort gleichbedeutend sei mit einer aktiven Nicht-Antwort, stelle ich mir schon die Frage, welchen Informationswert Statements irgendwelcher (nach welchen Kriterien auch immer ausgesuchter – warum hat er denn nicht Fußballer befragt?) Prominenter zu Themen haben sollen, die mit ihrer Prominenz eigentlich nichts zu tun haben. Gerne wird „Künstlern“ irgendein besonderer Intellekt unterstellt, so dass deren „Urteil“ für viele mehr gilt als das eines Handwerksgesellen. Ob deren Statements aber abgesehen von deren Prominenz – sprich Reichweite – irgendwie bedeutsamer sind, als diejenigen von Fachleuten, die sich mit dem Thema auskennen, möchte ich bezweifeln.
    Anders herum gefragt: sind denn Prominente die moralischen Instanzen unserer Gesellschaft?

  16. „sind denn Prominente die moralischen Instanzen unserer Gesellschaft?“
    Gute Frage eigentlich, aber anscheinend ist die Antwort ja „Ja“. Sonst würde man sie nie zu solchen Fragen befragen, und die WELT-Anfrage jetzt wäre die außergewöhnliche Ausnahme.

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