Interview-Fake

Medienanstalt rügt Stralsund TV

Der Privatsender Stralsund TV hat gegen das Rundfunkgesetz verstoßen. Das hat die Medienanstalt Mecklenburg-Vorpommern (MMV) nun so festgestellt. Konkret liege ein Verstoß gegen §23, die „Allgemeinen Programmgrundsätze“, vor. Dort heißt es unter anderem, die Berichterstattung müsse „anerkannten journalistischen Grundsätzen entsprechen“, also „sachlich und unabhängig“ sein. Hier aber war „die journalistische Unabhängigkeit beeinträchtigt“, so der Direktor der MMV, Bert Lignau, auf Nachfrage.

Alles nach Drehbuch: Das "Neujahrsgespräch"
Alles nach Drehbuch: Das „Neujahrsgespräch“ Screenshot: Stralsund TV

Die MMV hatte nach einem Bericht von Übermedien ein Prüfverfahren gegen Stralsund TV eingeleitet. Ende April hatten wir hier berichtet, dass der Sender das „Neujahrsgespräch mit Dr. Badrow“, dem Stralsunder Oberbürgermeister, detailliert geplant und abgesprochen hatte. Unter anderem wurden in einem Drehbuch Fragen und Antworten festgelegt; anschließend kamen sie genau so in der Sendung vor. Kritische Nachfragen enthielt das Interview nicht.

Wie MMV-Chef Lingnau sagt, sei „kein Geld geflossen“ für das Interview, man habe das jedenfalls nicht feststellen können. Die MMV werde den Verstoß jetzt mit einer „Beanstandung“ rügen. Damit kommt der Sender glimpflich davon. Die Beanstandung ist die schwächste Sanktion, die die Medienaufsicht verhängen kann. Stralsund TV muss die Rüge nicht einmal ausstrahlen im Programm, wozu die MMV den Sender hätte verpflichten können. Darauf habe man verzichtet, sagt Lingnau. Die Zuschauer von Stralsund TV werden also mutmaßlich nicht erfahren, für welchen Murks ihr Sender gerügt wurde.

Bei einer „Beanstandung“ wird auch kein Bußgeld fällig. Die Medienanstalt fordert den Sender lediglich auf, so steht es im Gesetz: den festgestellten Verstoß „zu beheben oder künftig zu unterlassen“. Allerdings werde die MMV Stralsund TV eine Verwaltungsgebühr in Höhe von rund 800 Euro berechnen, so Lingnau. Der Bescheid soll in zwei bis drei Wochen zugestellt werden. Der Sender hat dann vier Wochen Zeit, dagegen Widerspruch einzulegen.

„Die Medienanstalt nimmt den Fall nun zum Anlass, die Qualität im lokalen Rundfunk zu verbessern“, sagt Lingnau. Das sei die Lehre, die man daraus ziehe. „Wir werden also mal sehen, ob wir den Sendern Seminare vermitteln können, vielleicht beim Deutschen Journalisten-Verband.“ Auf diese Weise sollten sie lernen, professioneller und distanzierter mit Gesprächspartnern umzugehen. Wie das umgesetzt werden soll, überlegt die MMV noch.

2 Kommentare

  1. Ach, die werden das bestimmt nie wieder tun… also per eMail, damit man es einfacher zurückverfolgen und dann vielleicht richtig rügen kann. Da wird dann halt vorher persönlich abgesprochen was gefragt werden soll und wie sich der Bürgermeister effektiv am Besten in Szene setzen kann und gut ist!

  2. Unterschwellig, Herr Rosenkranz, lassen Sie durchblicken, dass Ihnen die Sanktion nicht hart genug erscheint. Wenn wir Konsens darüber haben, dass der Hauptzweck einer Sanktion darin besteht, dass der Bestrafte seinen Verstoß nicht wiederholt und „Vergeltung“ keine Rolle spielt, würde mich interessieren, welchen Umfang der Sanktion Sie für angemessen halten würden.

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