Berichte über VW-Kantine

Völlig wurst

Es geht also mal wieder um die Wurst. Nicht um die Impf-Wurst dieses Mal, sondern um die bekannte Auto-Wurst: Volkswagen hat in einem internen „Info-Schreiben“ angekündigt, dass es im Betriebsrestaurant (vulgo: Kantine) im Wolfsburger Markenhochhaus künftig kein Fleisch mehr geben werde.

Und jetzt brennt da die Küche!

Die Deutsche Presse-Agentur (dpa) hat das am Montag vermeldet und „Currywurst gestrichen“ drüber geschrieben. Die Currywurst als Symbolfleisch, weil VW sie selbst herstellt, viele Millionen im Jahr, und weil sich die Currywurst hervorragend eignet für völlig überhitzte Grilldebatten. Viele Medien haben das deshalb aufgegriffen, es zieht jetzt quasi weltweite Kreise, schon daran zu erkennen, dass die „Main-Post“ meldet, der unterfränkische Bauernpräsident sei „empört“ über das „Currywurst-Aus in der VW-Kantine“.

„Kommt der Veggie-Day, den die Grünen einst forderten, jetzt durch die Hintertür“, fragt der Kommentator der FAZ, und es ist wie bei allen Fragen dieser Art: Man kann sie einfach mit Nein beantworten. Macht auch der FAZ-Kommentator. Nein, kommt nicht, beruhigt er. Da steht kein „Veggie-Day“ (auch so eine schreckliche Debatte) an der ominösen Hintertür und glotzt mit seinem Tofu-Gesicht hinein.

Über die Straße: Currywurst

Es ist nämlich einfach so, dass nur eine der vielen Wolfsburger Kantinen des Konzerns fleischfrei werden soll, unter anderem deshalb, weil sich nach Angaben von VW „viele Mitarbeiter“ mehr vegetarische und vegane Alternativen wünschen. Am Standort Hannover praktiziert VW das offenbar schon. Und wer in Wolfsburg seine VW-Currywurst will, weil er sonst nicht mehr malochen oder gar existieren kann, muss nur auf die andere Straßenseite in die andere VW-Kantine, da gibt es sie weiterhin, wie es heißt.

Diese nicht ganz unwichtige Info geht allerdings ein bisschen unter, zusammen mit dem Abendland. Großes Getöse: Die schaffen die Currywurst ab! O Gott! Kann jemand die Hintertür abschließen? Möglicherweise stehen da schon Herr und Frau Gendergaga, Annalena Baerbock und das Seitan-Monster. Das ist ungefähr die Stimmung in Teilen der digitalen Netzwerke.

DAs bÖsE neTz

Peter Huth, einst Chefredakteur von Springers „B.Z.“ und „Welt am Sonntag“, findet die heftigen Reaktionen schlimm: Nichts illustriere „den miserablen Zustand der Diskussion in Deutschland und die schwindende Vernunft besser als die Causa ‚Currywurst bei VW’“, schreibt er auf Facebook. „Das Netz“ explodiere vor Empörung. Dass es weiterhin „Ketchupwurst“ gebe bei VW, werde „entweder nicht zur Kenntnis genommen“ oder „einfach ignoriert“. Weil es nur noch um „dummerhafte, stumpfsinnige Empörung“ gehe. (Nachtrag: Huth hat dazu auch einen Kommentar in der „Welt“ geschrieben.)

DAs bÖsE neTz aLsO wIEdEr!

In den Kommentaren unter seinem Post wird Huth darauf hingewiesen, dass das aber vielleicht auch ein „Problem unserer auf Klicks ausgerichteten Medien“ sein könnte, doch das findet Huth „zu einfach“, weil in jedem Text zum Thema ja zu lesen sei, dass es weiterhin Currywurst gebe bei VW.

Doch das ist vielleicht zu einfach.

„Welt“-Wurst-Video Screenshot: Welt

Denn natürlich legen es auf Klicks ausgerichtete Medien auch hier erst mal auf klickträchtige Überschriften an. Bei der „Welt“ zum Beispiel gibt es ein Video mit der Überschrift: „Keine Currywurst mehr in der VW-Kantine“, und im Teaser dazu steht:

„In der Kantine bei Volkswagen im Wolfsburger Markenhochhaus müssen die Angestellten in Zukunft auf einen Klassiker verzichten: die Currywurst. Der Konzern möchte in Zukunft nur noch vegetarisches und veganes Essen anbieten.“

Dass es weiterhin auch Currywurst in VW-Kantinen gibt, erfährt man ganz am Ende des Videos.

Alte weiße Wurst

Die „Welt“ hat sicherheitshalber auch noch einen Ernährungspsychologen befragt. Über dem Interview steht ein Zitat, dass der alte weiße Ernährungspsychologe selbst als „überspitzt“ bezeichnet: „Die Currywurst steht für den alten weißen Mann“. Herrlich! Das klickt sich gut. Jede und jeder kann sich denken, was da unter dem Facebook-Post der „Welt“ jetzt so los ist.

Auch „auto motor sport“ konnte der wurstigen Überschrift nicht widerstehen. „VW streicht die Currywurst: Volkswagen wird fleischfrei“ stand da zunächst über dem Artikel. Inzwischen hat die Redaktion daraus ein „VW streicht die Currywurst in WOB: Volkswagen wird fleischfreier“ gemacht und auch den Text verändert.

Selbst die taz hat der VW-Currywurst, die sie „ein Stück Niedersachsen“ nennt, ein nettes Artikelchen gewidmet, in dem noch mal erklärt wird, dass es eine tolle Wurst ist, die nur „mit halb so viel Fett“ auskomme „wie die durchschnittliche Currywurst“.

Schröder und der Kraftriegel

Und wenn der Grill schon glüht, ist es natürlich super, wenn sich ein deutsch-russischer Ex-Kanzler zu Wort meldet: Gerhard Schröder. Der war mal im VW-Aufsichtsrat, es gibt Bilder von ihm, auf denen er sich genüsslich Currywurst in die Futterluke steckt, und auf LinkedIn schreibt Schröder nun unter dem Hashtag „#rettetdieCurrywurst“, diese sei (zusammen mit Pommes) „einer der Kraftriegel der Facharbeiterin und des Facharbeiters in der Produktion“. Wenn er noch im Aufsichtsrat säße, hätte es das, also einen Abschied vom Fleisch, nicht gegeben. Großes Putinehrenwort.

Schröders Geraune (im Netz!) ist eigentlich völlig egal, aber natürlich eine wunderbare Einladung an Medien, die Sache so noch mal weiterzudrehen. Schröder, Wurst, VW – das lassen sich wenige entgehen. Man muss die Empörung im Netz, egal von welcher Seite sie kommt, einfach weiter befeuern.

Und falls sich jemand fragen sollte, wie eigentlich Schröders Partei insgesamt zur Currywurst steht, findet die Antwort im Politik-Magazin „GQ“. Dort sagt SPD-Kanzlerkandidat Olaf Scholz auf die Frage „Lieber Bio-Currywurst von der Bude oder Veggie-Burger von McDonalds?“ ganz klar: „SPD ist Currywurst!“. Und Dennis Radtke von der CDU erkennt in der Wurst und der ganzen Aufregung Wahlkampf-Potential für einen Currywurst-Kanzler Laschet.

Nachtrag, 15.8.2021. Was noch so geschah: „Altkanzler Schröder und Frau legen nach – sie lieben die Currywurst: ‚Natürlich mit Bier'“, meldet das Redaktionsnetzwerk Deutschland (RND) und schreibt einen Instagram-Post von Gerhard Schröders Frau ab. Andere Medien machen das auch.

Das Inforadio des rbb sendet ein Interview mit einem „Gastrosoph“, und der Moderator fragt bezüglich der einen VW-Kantine, in der es nun kein Fleisch mehr gibt: „Ist das jetzt mutig und zeitgemäß oder schon ein bisschen diktatorisch?“ (Ja, er sagt das wirklich.) Er hat auch noch mehr nicht verstanden.

„Bild“-Redakteur Ralf Schuler jammert: „Hände weg von meiner Currywurst!“ Im Beitrag und den Zitaten von Bürgern wird weiter suggeriert, die Currywurst würde bei VW abgeschafft.

Die „Neue Presse“ fragt: „Ist sie eine vom Aussterben bedrohte Spezies?“ Aus der Volkswagen-Kantine sei die Currywurst „bereits verschwunden“. Stimmt nicht, aber so kann die „Neue Presse“ noch mal ein „Klares Bekenntnis zur Kanzlerplatte“ auf den Titel drucken.

25 Kommentare

  1. Ich lerne auch jeden Tag, dass Fleisch nicht alles ist und ich bin sogar immer öfter bereit darauf zu verzichten. Ist besser für meine Gesundheit und auch die Umwelt/Tiere. Man muss den Leuten mal den Zusammenhang erklären, aber wahrscheinlich ist es sowieso egal was man sagt, es geht immer nur um Empörung und „Verbote“.

    Habe gestern einen kurzen Artikel über die Charité gelesen, dass sich Grünenpolitiker beim Besuch in eben dieser nur über eine mögliche vegetarische Kantine informiert haben und nicht über Arbeitsbedingungen und Überlastung, ich kann mir da aber schon vorstellen, dass eine gesunde Ernährung dazu führt, dass weniger Leute krank werden und deshalb auch weniger Leute ins Krankenhaus müssen. Man muss auch das große Ganze sehen (wollen) und ich glaube kaum, dass irgendeinem CDU oder SPD Politiker irgendwas an einer besseren Gesundheitsverpflegung interessiert, weil das bringt nunmal keine Rendite. Höchstens ein paar Wählerstimmen, wenn man so tut als ob.

  2. Herrlich. Ich hätte fast drauf gewettet, dass der Artikel kommt. :-) Aber der eigentliche Skandal ist ja die Wurst an sich bei VW. Denn in Wolfsburg wird gar keine echte Currywurst verkauft. Und das so siebenmillionen Mal im Jahr. Also auch genauso viele Skandale. VW eben. Denn in Wolfsburg, oder sagen wir beim „Autobauer“, wird ja nicht eine „weiße Vorgebrühte“ verkauft, sondern eine Art Blender. Eine Art Fleischwurst (rot). Und das kann es ja nicht sein. Machen die Berliner aber auch falsch. Sowieso wird die Currywurst erst durch die Sauce zur „Echten“. Da gerade Grillsaison ist, hier eine Anregung für den ultimativen Genuss: a) eine weiße „Vorgebrühte“ auf den Grillrost. Wehe dem der sie auf „die Platte“ (viel zu fettich) legt. b) die Sauce: in jeder guten Currysauce ist Tomatenketchup und… Cola. Durch die Hitze beim Erwärmen karamelisiert die leicht und gibt der Sauce eine gewisse Süße. Apfelmus und Zwiebel runden die Sache ab. Und keinesfalls das Currypulver in die Sauce. Sondern auf die fertige Wurst, die schön in kleine Stückchen geschnitten neben der Pommes in der Schale liegt. Lecker! Und das ist keine Satire. Mayo nicht vergessen! PS: es gibt im SPIEGEL heute übrigens ein Bild von Schröder an einem Currywurststand. Das ist ne Echte… Wegen Werbung und so hier nicht der Name der Fleischfabrik, aber in Gütersloh-Verl gibt es auch nicht sooo viele Fleisch-Fabrikanten. Nein, es ist nicht Tönnies. Die Firma fängt mit „K“ an – und das ist die „Kanzlerwurst“ :-)

  3. Es heißt wohl „auto motoR sport“, oder?

    Und eigentlich wären es nicht „Herr und Frau Gendergaga“, sondern „Person und Individuum Gendergaga“, die an dieser Hintertür stünden, aber nunja.

    Warum Kantinen nach mit und ohne Fleisch sortiert werden, hinterfrage ich nicht weiter…

  4. @3 Mycroft
    Du hast es ausdrücklich NICHT hinterfragt, aber meine Abhandlung dazu kommt jetzt trotzdem ;)

    Das Konzept, eine Kantine/Mensa von mehreren komplett fleischfrei zu machen, ist total sinnig – und wurde schon an meiner Uni vor 20 Jahren praktiziert.
    Deutscher Kantinenstandard nach DIN-Norm und UN-Völkerrecht ist es ja, täglich ein (1) fleischfreies Gericht anzubieten. Wenn du jetzt heute/immer/wenn dir danach ist aber gerne kein Fleisch essen möchtest und trotzdem eine ansprechende Auswahl haben möchtest, gehst du in die Veggie-Kantine und kannst dir nach Herzenslust eine Suppe, ein Hauptgericht, ein Dessert aussuchen und das tollste ist dann: Es ist einfach gar kein Fleisch drin, ohne dass du dir einen Kopf drum machen musst, ob nun Speck in den Bratkartoffel ist, Gelatine im Pudding oder Rind in der Bouillon.
    Ich ess ja auch gern mal ne Körriwuas – aber das Prinzip ist eigentlich nur logisch und praktisch :)

  5. @Dominik: danke. Klingt sehr danach, dass man Kantinenbetreiber disziplinieren muss, aber vllt. ist das ja so.

    @Rosenkranz, ganz vergessen: völlig Wurst.

  6. Was ich mich bei allen Berichten gefragt habe: Was ist ein Markenhochhaus? Ist das wie bei Markenklamotten, hat Adidas das Hochhaus gebaut oder Gucci? Wissen alle, was das ist, nur ich nicht? Sollte man diesen Begriff erklären?

    Das ist doch die wahre journalistische Verfehlung hier ;)

  7. Der Anteil an „Veganern“ an der Gesamtbevölkerung der BRD beträgt ca. 1,41%. Also die stramme Mehrheit. Nicht zu verwechseln mit „Strammer Max“. Aber auch sehr lecker.

  8. #6: ernsthafte Frage? Okay – es handelt sich um das bekannte Gebäude der Hauptverwaltung in Wolfsburg – kann man schön vom ICE aus sehen – auf dem sich das VW-Logo des Konzerns ständig um die eigene Achse dreht. Aber das wussten Sie doch, oder? Oder wollten Sie nur was mit „Marke“ schreiben ? :-)

  9. Beängstigend finde ich, dass bei jeder dieser Nicht-Geschichten Medien mehr merken, dass sie eigentlich Nachrichten selbst machen können. Man erfindet Quatsch und berichtet dann über die „Aufregung im Netz“ über den Quatsch, drei Promipolitiker müssen was sagen und nächste Woche schreibt Anna Schneider noch ein Stück über den ernsten Kern der Sache, das gibt dann ne „Debatte“ und fertig sind anderthalb Wochen Klicks. Und es gibt keinen Mechanismus, der das stoppen kann.

  10. #Und 10 % Vegetarier*innen. Anteil der Leute, die niemals und unter keinen Umständen eine fleischfreie Kantine betreten unbekannt, Potential der Kund*innen aber entsprechend groß. Die Tatsache, dass die Belegschaft sich das gewünscht hat mal außen vor, deren Meinungsfreiheit wird ja durch den ganzen Backlash auch voll eingeschränkt und so.

  11. #10. Der Anteil von Veganern und Vegetariern an der Belastung der Krankenkassen wegen chronischer Mangelerscheinungen und anderer Entzündungen 100%. Aber jeder wie er will. Eng wirds nur wenn mir Dritte vorschreiben möchten was bei mir auf den Teller kommt. Na gut – in der guten alten DDR ging’s ja nicht anders. Die hatten ja keine Lebensmittel zum Verbieten. :-)

  12. @8: Ich musste es wirklich googlen. Und es gibt sogar einen Wikipedia-Eintrag über das Gebäude, in dem drinsteht, dass es seit 2016 so heißt. Vermutlich habe ich ein Nickerchen gemacht, als es damals ins Allgemeinwissen der Deutschen übergegangen ist ;)

    VW-Vorstandshochhaus hat aber auch sehr viele Buchstaben.

  13. #12. Gut dass Sie wieder aufgewacht sind :-) Das macht doch nix, und es ist auch nicht wirklich verpflichtendes Allgemeinwissen. Das weiß man nur wenn man mit Marken an sich etwas zu tun hat, oder sich außerhalb des Kaufs eines Golf für VW interessiert. Und in dem Laden gehen die Uhren sowieso anders, und wie wir mittlerweile wissen, nicht nur die Uhren.

  14. @11: Vegetarier:innen belasten die Krankenkassen? Hmm. Bestimmt mindestens so dolle wie die ganzen Nichtraucher:innen. Weil die länger leben und so.
    Und wenn’s erst ein Problem gibt, wenn Dritte Vorschriften zum Essen machen wollen, ist’s ja gut, dass im obigen Fall die Ersten sich diese Essensplanänderung selbst gewünscht haben und maximal noch der Zweite, nämlich der Kantinenbetreiber, Vorschriften macht. Indem er einfach manche Gerichte kocht und manche nicht. Aber das ist ja eigentlich auch schon Bevormundung…

  15. Lol, haben Sie den Artikel gelesen? Oder nur die Überschriften derer um die es in diesem geht?

    Vegetarier*innen haben in aller Regel keine ernährungsbezogenen Mangelerscheinungen und Veganer*innen nur, wenn sie nicht aufpassen, aber das ist selten und ansonsten gut und günstig behandelbar. (Nicht, dass es was bringen würde auf das Getrolle ernsthaft einzugehen.)

    Aber bei den Sorgen um’s Gesundheitswesen :-) schon geimpft? :-)

  16. Ah, a new Witzbold is in Town. Na ja, bei jetzt 7000+ Übonnenten war das wohl unvermeidlich. Luschtig!

  17. Die Currywurst ist ein Kulturgut der Arbeiterklasse (keine Ironie). Fleischärmere bis -freie Kantinen sind sinnvoll, der Spott über Verlustgefühle ist arrogant.

    Dass Springermedien diese Gefühle ausnutzen – geschenkt. Dass der Artikel sich ausschließlich beömmelt, statt mal die Kommunikationsstrategie von VW einzordnen – nicht geschenkt. Ist das ein Zufall, dass die gerade jetzt ihr Markenessen aus der Hauptkantine verbannen? Sind es nur „die Medien“, die daraus eine große Sache machen, oder hat der Konzern das genauso setzen wollen? Ist das nicht Greenwashing der billigsten Sorte?

    Egal: Der „alte weiße Mann“ kann hier sowohl ironisiert als beschuldigt werden (letzteres in Form von Laschet und Schröder). Voll auf den Leim gegangen, Übermedien. Und andererseits natürlich effektvoll die eigene Klientel bedient. Herrlich! Win-win-Situation.

  18. @Marvin: Im Volkswagen-Sprech steht „Marke“ für das Autounternehmen VW das Golf und Passat baut, in Abgrenzung zu „Konzern“, womit die Muttergesellschaft VW AG gemeint ist, zu der außer dem Unternehmen mit der „Marke“ VW auch noch viele andere Autounternehmen, wie Skoda, Audi oder Porsche, gehören.

    Außerhalb von Wolfsburg oder der Automobilfachpresse sind die Begriffe aber überhaupt nicht geläufig, ich würde also zustimmen, dass man den Begriff „Markenhochaus“ ruhig in den Aufregern hätte erklären können. (Vielleicht hätte das auch Schröder geholfen zu verstehen, dass da vermutlich gar nicht so viele Facharbeiterinnen und Facharbeiter von betroffen sind; in dem Hochhaus werden nämlich gar keine Autos gebaut)

    Außerdem: Volkswagen hat schon lange auch ganz regulär eine vegane Variante der Currywurst. Das eine Kantine kein Fleisch mehr anbietet muss also überhaupt nicht heißen, dass sie keine VW Currywurst mehr verkauft.

  19. Schön zu sehen, wie selbst in der Kommentarspalte der Diskurs derailt: “Das in Berlin ist keine echte Currywurst!” “Currywurst ist Arbeiterkulturgut.” “Vegetarier zerstören unser zweitklassiges KV System”. Etc. Dabei geht es hier um ein Paradebeispiel der Aufmerksamkeitsökonomie und ihre Selbstbefeuerung durch die Presse selbst. Das Thema an sich ist dabei völlig egal. Dass es diesmal eine unglaubliche Banalität ist und die Dreistigkeit der Informationsunterschlagung so groß ist, macht es eigentlich zu einem guten Exempel und Studienobjekt, wie diese Mechanismen Funktionieren, was sie mit uns machen und welche Wege es aus diesem Habitus heraus gibt.

    Aber klar, man kann auch nur über Wurst polemisieren und das Ganze als ideologischen Stellvertreterkrieg für die eigene Position verstehen, wie der Rest da draußen.

  20. Zu VW:
    Natürlich gut vorstellbar, dass die das so terminiert haben, um white-washing zu betreiben, unisono mit der E-Auto Offensive. NUR … wären sie da wohl schlecht beraten gewesen, da die Mehrheit der PKW Neukäufer im Augenblick auf die, natürlich weiter fleissig gefertigten, SUVs im Angebot schielt. Und die dürften solche Nachrichten gar nicht goutieren.
    Ich denke also nicht, dass es sich tatsächlich um white-washing handelt.
    Zu den Medien allgemein:
    Nach dem Veggietag in Kantinen und der absurden Hype über Wochen, die darauf folgte, wurde dieser Ball begeistert aufgenommen, und natürlich besonders von denen, die derzeit fanatischen „Anti-Grünen“ bis „Pro-AfD“ Wahlkampf bestreiten.
    Bei BILD und Reichelt gehe ich mittlerweile von letzterem aus.
    Dass diese das mit „Click-Bait“ Methoden betreiben, ist sicher teilweise zufällig. Soll heissen, es ist eigentlich eher mit Yellow-Press Methoden der Schlagzeilen Erfindung zu vergleichen und wird nur zufällig auch dem moderneren Standard „click-bait“ gerecht, weil mittlerweile auch online-medien, flankierend oder schon vorherrschend, genutzt werden.

    Zum Thema Fleisch:
    2021 soviel Grill-Ideologie kurz nach dem neuen IPCC Bericht zu lesen, läßt mich an mehr als einem „sapiens“ im Homo sapiens sapiens zweifeln.

  21. @18: Das ist doch das viel schönere Medienbeobachter-Thema: Redakteure nutzen Wörter, die keiner kennt (also mindestens ich nicht). In diesem Essay werde ich die Abgehobenheit der Medienblas…

    Gibt es eigentlich Studien zum Allgemeinwissen der Deutschen? Über welche Themen kann man fachsimpeln, was muss man stärker erklären? Und was wissen sie über Medien? Meine These ist, dass die Mehrheit der Leute nicht Mal weiß, was ein „(dpa)“ am Ende einer Zeitungsmeldung bedeutet. Es kommt zwar jeden Tag vor, wird aber nie erklärt.

  22. Diese ganze Empörungskultur ist doch auch nicht neu. Die Bild hat es doch scon vor Internetzeiten regelmäßig geschafft. Aber da wurden die Leute nur einmal am Tag mit einer begrenzten Menge an Clickbait Propaganda gefüttert. Doch heutzutage ist es eine 24Std befeuerung. Und die Schreihälse haben eine Plattform und plötzlich erscheinen die Schreihälse auch gar nicht mehr so wenig und anonymisiert lässt es sich noch viel leichter und lauter schreien.
    Das wirklich traurige an der Sache ist doch, dass immer mehr „seriöse“ Medien auf diesen Clickbait Zug mit auf springen.

    Und zum Thema Fleisch möchte ich zu Beginn direkt #20 Frank Gemein zitieren, da er mir hier aus der Seele spricht:
    „2021 soviel Grill-Ideologie kurz nach dem neuen IPCC Bericht zu lesen, läßt mich an mehr als einem „sapiens“ im Homo sapiens sapiens zweifeln.“
    Dazu muss gesagt werden: Ich habe Fleisch immer geliebt und weiß auch dass nahezu nichts an diesen grandiosen Geschmack herankommt. Als gelernter Koch der mal das Privileg hatte Kobe Rind zu essen, weiß ich wovon ich rede. Und damit kommen wir zur Wurst. Ich weiß was in Würsten alles drin sein kann (und meistens auch ist) und wenn die Würstchen Fans das wüssten, wären es ganz sicher deutlich weniger.
    Nichtsdestotrotz bin ich seit 6 Jahren Vegetarier aus rein ethischen und ökologischen Gründen.
    Damit möchte ich nur allen ans Herz legen, einfach mal über den eigenen Fleischkonsum nachzudenken.

  23. #19 Ich stimme Ihnen da zu, auch wenn es sich hier um what-about-ism und Ablenkung von einem einzigen Troll (Nonotmi Nohnamy) handelt.
    Eine Praxis die ich eher aus dem Forum der Tagesschau kenne. Da gibt es auch einige Fälle die jeden Artikel gradezu vollspammen und es geht eher um Kontra des Kontra willens als umDiskurs. Was mich überrascht ist das hier so viele Menschen bereitwillig auf diese Art von User:in einsteigt. Ich war der Meinung die „Community“ wäre resilienter solchen Störfaktoren gegenüber.

    TL:DR Mir ist es egal was die „richtige“ Currywurst. Es ist mir aber nicht egal, dass so sinnbefreiter Kram hier diskutiert wird, wenn das Thema ein völlig anderes ist.

  24. Die Aussage: „VW richtet in der Firmenzentrale vegetarische Kantine ein, in Nebengebäude müssen Arbeiter weiter Fleisch essen“, wäre natürlich auch Anlass zu Diskussionen, bedient aber andere Narrative.

    Ich fände den „Greenwashing“-Spin aber noch besser: „Vegetarier arbeiten freiwillig für VW!“

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