„Promis unter Palmen“

Das viel zu späte Entsetzen über die Verachtungs-Show

Foto: Sat.1

Es hätte gut ausgehen können: Zehn aus dem Trash-Fernsehen recycelte C-Promis, eine Luxusvilla am Strand von Phuket, 100.000 Euro Preisgeld. Der Sekt knallt, das Timing stimmt – das Konzept des neuen Sat.1-Formats „Promis unter Palmen“ verspach soliden Quarantäne-Eskapismus.

Auch viele TV-Kritiker*innen wollten nach einer lähmenden Staffel „Dschungelcamp“ und dem Flop von „Big Brother“ über die modrigen Ecken unter Palmen hinwegsehen: „Niemand, aber wirklich niemand, hätte damit rechnen können, wie großartig, witzig, skurril und ablenkend diese Sendung werden würde“, schwärmt „DerWesten“ zum Showstart am 25. März, „Focus Online“ sieht in „Promis unter Palmen“ einen „echten Lichtblick“ und eine „Perle“, DWDL ein „Guilty Pleasure“, „Bild“ nennt das Format die „beste Trash-Show des Jahres“, und sogar der „Spiegel“ kommt zu dem Schluss: „Es kommt zu rechten Zeit.“

Zu spät kommt die Erkenntnis: „Promis unter Palmen“ ist triefend toxisches Fernsehen. Eigentlich wäre es das Mindeste, wenigstens das Finale nicht mehr auszustrahlen, das heute Abend bei Sat.1 auf dem Programm steht.

Alles ist vergiftet

Vier Folgen, über 500 Sendeminuten lang, blieb die beispiellose Giftigkeit dieser Show ohne große Reaktion. Weder sexuelle Belästigung, noch Mobbing, nicht einmal ein frauenverachtendes privates Video von Kandidat Bastian Yotta konnte an der kollektiven Verzücktheit an „Promis unter Palmen“ rütteln.

Erst im Halbfinale lässt die x-te Mobbing-Attacke („Weißt du, was wir alle haben, was du nicht hast? Jemanden zu Hause, der sich auf einen freut“) gegen Kandidatin Claudia Obert viele Zuschauer*innen von ihrer Sofaseligkeit aufschrecken. Am Abend vor Oberts „freiwilligem“ Abgang, während die Kandidatin weinend auf dem Fußboden liegt und der Sender zum ersten Mal beschließt, sie als Opfer, nicht als betrunkene Witzfigur zu inszenieren, zieht ein Shitstorm durchs Netz:

Nachtrag, zur Transparenz: @anredo arbeitet auch für den Sat.1-Konkurrenten RTL.

Mit Ausstrahlung von Folge fünf sehen auch „Bild“ & Co „keine TV-Unterhaltung mehr“ („Bild“), sondern ein „Anti-Niveau-Format“ („Web.de“), „schlimmer als das Dschungelcamp“ („Die Welt“). Die Stellungnahme des Senders, dass zu jeder Zeit Betreuer und Psychologen vor Ort gewesen seien und die Sicherheit aller Beteiligten gewährleistet hätten, lässt die kollektive Empörung erst recht anwachsen. Ein Influencer-Unternehmen kündigt den beiden Haupt-Mobbern Carina Spack und Bastian Yotta den Vertrag, und der Gewaltpräventions-Berater Carsten Stahl erstattet Strafanzeige gegen Sat.1 und die verantwortliche Produktionsfirma Endemol.

Tage später nimmt der Sender die Mobbing-Folge aus seiner Mediathek. Die zuständige rheinland-pfälzische Landesmedienanstalt LMK prüft derzeit, ob Verstöße vorliegen – „auch zu Gesichtspunkten des Jugendschutzes“, wie es auf Nachfrage von Übermedien heißt.

Bühne für Sexisten und Menschenfeinde

Die Geschichte vom Mobbing-Eklat einer Trash-TV-Show hätte damit erzählt sein können, konserviert als mäßig relevanter Teil der Fernsehgeschichte. Doch das Problem dieser Show fängt früher an und hört später auf.

Einer von zehn Kandidaten ist Bastian Yotta, Dschungelcamp-Überlebender und selbsterklärter Coach, einer, der meint, dass sich eine Frau „in den Arsch ficken zu lassen hat“, schließlich habe sie drei Körperöffnungen. Entsprechender Müll sickerte Mitte April aus einem vier Jahre alten Coaching-Video ins Netz, da hatte Yotta bereits etliche Sendeminuten der im November aufgezeichneten Show gefüllt. Aus dem Zusammenhang gerissen, ein Ausrutscher, versuchte der 43-Jährige sich zu rechtfertigen. Auch Sat.1 reagierte unbeholfen. Erst eine Woche nach Auftauchen des Videoschnipsels twittert der Sender:

Währenddessen beweist sich Yotta jeden Mittwoch zur Primetime als manipulativer Vollzeit-Sexist: „Bist du eine Frau, die zu ihrem Wort steht?“, maßregelt er Obert, die er alkoholabstinent coachen möchte – wenn sie den Blick abwendet, fasst er ihr ins Gesicht, wenn sie nicht spurt, wird ihr das Essen am selben Tisch verweigert. Glaubt man einem Leak von RTL, verlässt Yotta die Show als Gewinner.

Kein Aufschrei, kein Einschreiten

Für noch mehr toxische Männlichkeit hat Sat.1 Ronald Schill engagiert, einst zum Innensenator von Hamburg aufgestiegener „Richter Gnadenlos“, heute Quotengrapscher unter Palmen.

Schill führt fort, womit er bei „Promi Big Brother“ 2014 Dritter wurde. In Folge vier zieht er, 61, die Kandidatin Janine Pink, 33, aufs Bett, drückt sich von hinten an sie, greift ihr an den Po. Sie kichert unbeholfen, ermahnt ihn, ihr lieber die Füße zu massieren. Kurz knetet er ihr die Zehen, dann krabbeln seine Finger an der Jogginghose nach oben zwischen ihre Schenkel, streicheln ihren Schritt. Mehrmals bittet Pink ihn folgenlos, seine Hände von ihrer „Monika“ zu nehmen, nach sechs Minuten schält sie sich aus seinem Griff – sie müsse sich jetzt erstmal erholen.

Ronald Schill belästigt Janine Pink Screenshots: Sat.1

Sechs Minuten lang halten Kameras drauf, zoomen ran an Pobacken und zwischen Beine. Fürs Entertainment krönt man Szenen wie diese mit drolligen Bauchbinden („sexsüchtiger Sexist“) und bewirbt Online-Bonusmaterial („Grapscher Ronald und die Frauen“). Kein Aufschrei, kein Einschreiten.

Auch TV-Kritiker*innen finden die „Sex-Spielchen“ („TV Movie“) des „Lustmolchs“ („Bild“) noch immer amüsant. Anders als das kollektive Mobbing reicht die Belästigung einer Frau, die freiwillig an einer Unterhaltungsshow teilnimmt, als Trigger für einen Shitstorm offenbar nicht aus. Drei Jahre nach #MeToo, nach der Reform des Sexualstrafrechts mit dem selbst für einfachste Gemüter verständlichen Grundsatz „Nein heißt Nein“, ist ausgerechnet eine kameraüberwachte Trash-TV-Villa Safe Space für sexuelle Belästigung.

Böses zum Frühstück, zum Mittagessen, beim Dinner

Wie konsequent der Sender Grenzüberschreitung als Unterhaltung verkauft, zeigen auch andere Szenen – teilweise lange vor dem umstrittenen Halbfinale. Ein Streit zwischen den beiden Erzfeindinnen Claudia Obert und Désirée Nick, der in einem Schubser endet. Ein vor Erschöpfung zu ertrinken drohender Tobi Wegener, der von seiner eigenen Mitstreiterin geschultert wird, bevor Rettungsschwimmer vor Ort sind. Später eine 63-jährige Désirée Nick, die nach einer Sport-Challenge in der Mittagshitze am Strand zusammenbricht, während der Sprecher kommentiert: „Désirée ist tot… unglücklich“.

Nicht nur die Extremsituationen, die Handgreiflichkeiten und kollabierte Kandidat*innen, machen die Show schwer erträglich, sondern auch die alles durchdringende Bösartigkeit der Bewohner*innen untereinander, das ständige Erniedrigen, der Sexismus. Sätze wie „Du lebst doch von deinen Hupen“ (Nick zu Spack) und „Das ist keine Frau, das ist ein Viech“ (Mangiapane über Obert). Große Brüste machen alt, alte Frauen sind nichts wert, Frauen, die Schlappen tragen, sind Schlampen, und schönheitsoptimierte Blondinen verdienen ihr Geld zwangsläufig als Prostituierte. Böses zum Frühstück, zum Mittagessen, beim Dinner. Luftholen ist in der Show nicht möglich.

Aufwertung durch Abwertung

Es ist kein Geheimnis: Reality-TV-Teilnehmer*innen wissen, worauf sie sich einlassen – und erhalten als „Schmerzensgeld“ bei „Promis unter Palmen“ wohl zigtausend Euro Gage. Dementsprechend unterhaltsam kann man es finden, wenn Claudia Obert, nicht mehr ganz so erfolgreiche Modeunternehmerin Ende 50, sturzbesoffen im Satin-Nachthemd zu epischen Streichern über den Strand taumelt und Spielregeln nicht mehr kapiert. Schadenfreude kann für den quarantänegebeutelten Zuschauer heilsam sein – das Phänomen der eigenen Aufwertung durch Abwertung nennt die Soziologie „sozialen Abwärtsvergleich“.

Wer kurz innehält, kann aber auch Zeuge davon werden, wie eine offenbar alkoholkranke Frau („Nüchtern halte ich das hier nicht aus“) sich vor den Augen eines Millionenpublikums selbst zerlegt. Die Deutung der Bilder liegt beim Zuschauer. Nicht zuletzt die Rezeptionsethik entscheidet, ob ein Format Erfolg hat oder nicht, erklärt Joan Kristin Bleicher vom Institut für Medien und Kommunikation in Hamburg. Mehr als drei Millionen Zuschauer pro Folge und ein Marktanteil von 20 Prozent sprechen für sich: Der Zuschauer will’s sehen.

„Kein Teilnehmer zu Schaden gekommen“

Geht es um die Produktionsethik, um die Rolle der Verantwortlichen, bleiben Fragen offen. Hätte die Produktion Janine Pink vor Ronald Schill und Claudia Obert vor sich selbst schützen müssen? Hätte sie Gewalt, Alkoholismus und sexuelle Belästigung kritisch einordnen, ja sogar einschreiten müssen? „Mobbing ist Teil des Unterhaltungsprinzips von Reality-TV, diese Shows leben vom Confrontainment“, sagt die Medienwissenschaftlerin Bleicher, „und auch sexuelle Belästigung scheint zur Quotenstrategie zu gehören“.

Auf eine halbseitige Nachfrage von Übermedien reagiert Sat.1 mit folgendem Pressestatement:

„Bei der Reality-Show ‚Promis unter Palmen‘ handelt es sich – wie der Name schon sagt – um eine Show mit Reality-erfahrenen Promis, die ihre Sendezeit daher meist sehr gezielt zu nutzen wissen und sich sehr bewusst sind, dass die Kamera permanent läuft. Wir schreiben den Promis nicht vor, wie sie sich als erwachsene Menschen zu verhalten haben. Wichtig ist: Kein Teilnehmer ist zu Schaden gekommen, die Sicherheit am Set war stets gewährleistet.“

Grenzüberschreitungen beim Namen nennen

Ein Sender, dem jedes Mittel für die gute Quote recht ist, Kandidat*innen, die Gift spucken und eine Branche, an der offensichtlich sämtliche Debatten der vergangenen Jahre vorbeigezogen sind: Für Kulturpessimisten wäre „Promis unter Palmen“ ein Anlass, mal wieder den Tiefpunkt der Fernsehunterhaltung auszurufen.

Mehr geholfen wäre der Unterhaltungskultur, würden zumindest die Medien Grenzüberschreitungen beim Namen nennen: Schill ist nicht rollig, sondern übergriffig. Yotta kein Coach, sondern Sexist. Nick keine Natter, sondern eine Menschenfeindin. Und „Promis und Palmen“ ist selbst mit Lockdown-Langeweile nicht die „beste Show gegen den Quarantäne Blues“, sondern eine Bühne für Arschlöcher, eine Spielwiese für Anti-Solidarität, ein Rückschlag für die Gleichberechtigung. Was bleibt, ist die Hoffnung, dass grell ausgeleuchtete und kameraüberwachte Reality-TV-Villen nicht einen Mikrokosmos unserer Gesellschaft zeigen, sondern, naja, nur einen Haufen Müll.

32 Kommentare

  1. Die Kritik ist wohl nicht euer ernst,gemäß diesem Maßstab sind Trash Shows jeder Coleur verunmöglicht.Yottas Meinung hin oder her,muss ja kein Mädel mitmachen-was Ronald Schill und Frau Obert betrifft,warum wohl wurden sie mit einem Kontrakt ausgestattet?Beide Protagonisten haben sich exakt so verhalten das gute Chancen auf weitere Auftritte bestehen.Obert verkauft ihre Abstürze,Schill seine Angrabberei…was sollte einem TV Sender sonst E200.000 wert sein?

  2. @EDDYNOVA
    Ich paraphrasiere:
    „Sexuelle Belästigung hin oder her, die Frau ist doch selbst schuld, wenn sie so einen kurzen Rock anzieht!“

    Catch my drift?
    Puuhh…

  3. Schon gemerkt? Moral und Würde gibt keine Einschaltquoten. Der Konsument tut sich im Alltag schon immer schwerer diese selbst zu bewahren. Mühe geben ist gleich Anpassung. Und die hat gefälligst der Andere zu erbringen. Dies will er nicht auch noch im TV sehen, nein, die niederen Instinkte wollen bedient werden.

  4. @Eddynova:

    Demnach wäre also alles erlaubt, ohne irgendwelche Grenzen? (außer des Strafgesetzbuches)
    Sie haben schon eine komische Vorstellung von Gesellschaft.

    @Daniel Willers:

    Die Quote vom Finale wird man morgen ja wissen. Nach Ihrer Logik müsste sie nochmal ordentlich steigen. Und erlaubt ist was gefällt. Millionen Scheißhausfliegen können nicht irren, oder so…

  5. Zustimmung, da schlimmes Format. Nur sollte dieser Kommentar etwas neutraler und sachlicher in Detail sein:
    – Schill als ehemaligen „Richter Gnadenlos“ zu bezeichnen, übernimmt eine alte Boulevardbezeichnung, die Übermedien nicht verwenden sollte. Auch nicht in einem Kommentar. Oder werden solche Etiketten von Übermedien dann gerne übernommen, wenn es „den Richtigen trifft“?
    – Warum wird das Alter von Schill und Pink erwähnt? Um die Belästigung noch verwerflicher zu erachten? Also ist die Altersdifferenz *auch* (bei erwachsenen Personen) ein relevantes Kriterium für Übermedien, um sexuelle Belästigung zu bewerten?
    – War Claudia Obert in einer Szene „sturzbetrunken“? Es ist zwar eine Wertung, aber ich würde es nicht so sehen. Sie war m.E. angetrunken. Und ist sie „offenbar alkoholkrank“, weil sie sagte, ohne Alc halte sie es da nicht aus? Das *kann* zwar sein, aber die Sendung gibt das nicht her.
    Also: Dem Kommentar stimme ich zu, aber im Detail halte ich manche Punkte für nicht redlich dargestellt.

  6. @ Jens (#5):

    Das „Richter Gnadenlos“-Etikett hat Schill sich schon selbst angeheftet (was allerdings auch kein Grund ist, es zu zitieren). Ich hatte mal das zweifelhafte Vergnügen, diesen Ko*******en auf Wahlkampftour zu interviewen, als er noch Senator war: Im neogotischen Ambiente des Göttinger Ratskellers, er trug Anzug und Krawatte. Fühlte sich trotzdem klebrig an.

    Zur Sendung: Für das „Entsetzen“ fehlt das Überraschungsmoment. Widerlich ist das alles, aber erwartbar. So sehr ich z.B. die Trash-TV-Kolumnen von Anja Rützel bei SPON schätze – vielleicht sollte man den ganzen Formaten von Dschungelcamp über Bachelor bis „Adam und Eva“ einfach jegliche Aufmerksamkeit verweigern. In der Hoffnung, dass sie irgendwann doch aussterben mögen. (Und ja, ich weiß, dass widerspricht der Eskalationslogik des Mediums.)

  7. Produktionsethik?
    Ihr habt für eure „guilty pleasures“ seit über zwanzig Jahren in Studios, Berghütten, Urwald, Plattenbauten, Bunker und Landhäuser geglotzt und euch einen wohligen Schauer abgeholt, wenn die Leute im Fernsehen wegen (vorgegaukelten) Hygienemängeln bloßgestellt, ihres Intelligenzdefizits wegen verarscht, mit schmerzhaften und ekelerregenden Mutproben gequält, wegen ihrer Weltanschauung verächtlich gemacht oder aufgrund ihrer Krankheiten oder ihres Äußeren verlacht wurden. Aber jetzt ist das Maß voll? Die Linie überschritten?
    Auch die Betreiber von Übermedien haben solche Formate rezensiert und aktiv am Bild der antiintellektuellen TV-Sünden für das akademische Proletariat gebastelt. Es gab nie ein Maß und die Linie muss immer wieder neu überschritten werden, weil es das einzige dramaturgische Moment ist.

    Und, @ST:
    Ja, die Grenzen setzt die Gesetzgebung (nicht nur das StGB), was auch sonst. Alles danach ist Kultur – auch in der Abwesenheit von Anstand und Bildung.
    (Wie man den Menschen im Fernsehen auch zum Deppen machen kann, ohne ihn zu beschädigen, haben Generationen von Fernsehunterhaltern bewiesen. Das sind die, denen die Fernsehschaffenden in Geburtstagsrevuen und aus dem Off kommentierten Zusammenschnitten angeblich so sehr nachtrauern, die aber wahrscheinlich heute größtenteils keine Chance mehr hätten.)

  8. @kritischer Kritiker: Vielleicht ist das Problem aber auch nicht zu viel Aufmerksamkeit für diese Formate im allgemeinen, sondern eher für die falschen Details. Was mich an dem Artikel oben wie an vielen anderen Beiträgen zum Thema so stört ist, dass sie sich immer wieder hauptsächlich an den Leuten vor der Kamera abarbeiten. Die frauenfeindlichen Aussagen eines Kandidaten… Ja, gut, kann man noch mal zitieren, aber wer die kennen wollte, kannte die auch schon vor diesem Kommentar. Das wirklich spannende ist doch: Wer sind eigentlich diese Leute, die es für eine gute Idee halten solche Menschen in einer solchen Zusammensetzung in eine Sendung zu lassen? Was haben die sich dabei gedacht? Was sagen die, wenn sie neuen Freunden ihre Arbeit erklären müssen: „Ach, ich bin bei Promis unter Palmen – weißt schon – der Mobbingsendung“??? Wieso geht man in der Beurteilung solcher Formate jedesmal die Skandale und Skandälchen um die einzelnen Protagonisten durch und fördert damit noch das Wunschnarrativ des Senders von diesen ulkig-verrückten Promis, die sich ja alle wie offene Hose benehmen, statt die Menschen hinter den Kulissen mal zu fragen, was zum Teufel dieser ganze Mist eigentlich soll? Kalkofe hat mal in einem ähnlichen Zusammenhang (ich glaube es ging damals um scripted Reality) gesagt, dass man eigentlich viel weniger die Laiendarsteller parodieren müsste als die Sendungsverantwortlichen. Nur bekäme man die eben in der Sendung nicht zu sehen. Einfach nur die Pressestelle zu fragen und deren Antworten mitzuliefern bringt da natürlich gar nichts. Was soll da auch anderes kommen als Floskeln.

  9. Ich stimme dem Kommentar in vielen Punkten zu, muss aber kritisieren, dass Übermedien den Artikel mit einem Teaser-Bild auf Facebook gepostet hat, das zeigt, wie Schill seine Hand in Janines Schritt hat.
    Ein Nichteinschreiten anderer Medien in die sexuelle Belästigung sowie die Ausstrahlung zu kritisieren, selbst aber ein Bild der Szene weiterzuverbreiten, widerspricht sich meiner Meinung nach.

  10. Früher gehörte zum prominent sein zumindest eins: Prominenz. Das ist heute anscheinend anders.

  11. Wirkt wie aus einer Paralleldimension, den Schill nun lässig beim Grabschen zu sehen.
    2003 gab es noch musikalischen Widerstand gegen den damaligen Hamburger Innensenator, von Fettes Brot mit Bela B:
    https://www.youtube.com/watch?v=bAl5HbBJe98

    Ich glaube, wenn damals einer gesagt hätte: Hey in 17 Jahren macht der Schill bei einem billigen Big-Brother Abklatsch mit, hätte ich denjenigen ausgelacht.

  12. @Calafati
    Die Antwort ist doch wirklich einfach: Profitinteresse ohne Berücksichtigung moralischer Grundsätze. Ein gesellschaftlich schon immer sehr weitverbreitetes Phänomen.

  13. Nun zieht der Sender großkotzig die Konsequenzen und ladet ihn nicht ein.
    So ein gehäuchel, er kann und darf wegen Aus und Einreise Verbot nicht kommen so sieht es aus, da können se so tun als ob und verarschen weiter die Zuschauer.
    Aber RTL hat yotta ja auch ab geschworen bis, ja bis zum 29.da gab’s eine bezahlelifeschaltung über die er sich voll lustig macht in Insta..
    Top, verarsche kann weiter gehen 🙄

  14. Im Jahre 2020 sollten einem Mensche, die freiwillig bei so einer Sendung mitmachen und die alt und geistig fit genug sind sich darüber im klaren zu sein, nicht mehr leid tun.
    Was Richter Gnadenlos, den ich für immer in Rio wähnte, da im Beispiel tat ist natürlich nicht korrekt, warum sich Miss Pink aber sechs Minuten lang das hat gefallen lassen weiß ich allerdings auch nicht.
    Noch schlimmer finde ich die Leute, die sich so einen scheiss angucken. Aber am schlimmsten finde ich die Leute, die sich darüber beschweren aber immer noch angucken.

  15. Zwei der drei hier zitierten Twitter-Accounts haben, nachdem sie das Mobbing in Folge 5 für so unerträglich gehalten haben, das Finale trotzdem geguckt und mit Tweets bedacht. Wie Sat.1 wollten sie auf die Aufmerksamkeit und „Quoten“ in Form von Followern und Likes nicht verzichten.

    Und das erklärt das Problem mit diesen Shows wohl ganz gut: Entsetzt sind selbst die Entsetzten nur fürs Protokoll. Wozu also etwas ändern, wenn trotzdem alle wieder einschalten?

  16. @Tony Touch: Die Erklärung ist mir zu einfach. Bei den paar Berichten, die ich über solche Sendungsmacher mitbekommen habe, hatte ich schon immer den Eindruck, sie würden ihre Arbeit als wichtig empfinden, weil sie damit das „wahre Leben“ abbilden. Es ist ja z.B. bemerkenswert wie viele Sendungen, die in den letzten Jahren gelaufen sind als „Sozialexperiment“ beworben wurden. Aber genau deswegen möchte ich eben mehr Hintergründe über diese Branche haben. Ich bin mir selbst nicht sicher. Ist es wirklich nur Werbung und alle die das produzieren sind Zyniker die im Zweifelsfall auch einen Mord abfilmen würden, Hauptsache die Quote stimmt? Oder glauben sie wirklich, dass sie uns allen etwas gutes tun und Aufklärungsarbeit leisten über die Probleme der Menschen. Denn so könnte man es ja auch sehen: An unserer Sendung erkennen die Zuschauer wie akzeptiert sexuelle Belästigung in der Bevölkerung immer noch ist. Wir führen ihnen nur ein Negativbeispiel vor um sie dafür zu sensibilisieren.

  17. Mea Maxima Culpa est: ich bin erst jetzt, also viel zu spät, entsetzt. Hätte ich das nur viel eher gelesen, dann wäre ich schon viel früher entsetzt.

  18. „offenbar alkoholkranke“
    Nein, es ist nicht offenbar. Wie kommt man zu solchen Behauptungen, andere hätten eine Suchterkrankung? Wie wäre es mit etwas mehr Vorsicht, ehe man solche Aussagen trifft?

    Und btw: Was kann menschenverachtender sein, als Menschen „nur einen Haufen Müll“ zu nennen?

  19. @Lars:

    Das wollen Sie jetzt aber mit Absicht falsch verstehen, oder? Der Satz mit dem „Haufen Müll“ bezieht sich nicht auf die Menschen, sondern auf die gezeigten Vorfälle und Übergriffe.

  20. @Retho: Nun ja, „nicht einen Mikrokosmos unserer Gesellschaft“, sondern „einen Haufen Müll“. Der Mikrokosmos bezieht sich auf Menschen, also auch der Haufen, oder nicht? Auch die „Bühne für Arschlöcher“ deutet ja in die gleiche Richtung, die Teilnehmer unbedingt herabsetzen zu wollen.
    Ich finde, Kritik an Sendung und Teilnehmern würde besser ohne Beleidigungen auskommen.

  21. @17, Vannay:
    „Da Frau Rützel mit ihrem vorfreudigen Artikel verlinkt wird, sollte der Vollständigkeit halber auch das hier angeführt werden“

    Das ist vor allem ein schönes Beispiel für die Rützelsche Doppelmoral: Im einen Text beklagt sie, dass Obert „drastisch gemobbt und beleidigt“ worden sei. Im anderen Text schreibt sie selbst vom „Pichelbulldozer Claudia Obert“ und mit Bezug zu Schill: „Wie sensationell eklig er Claudia Obert, jener Designerin, die schon bei „Promi Big Brother“ schnapsselige und spreizbeinige Scheißegal-Laune zelebrierte, unter ihr Kleid fasst.“

    Das, was Rützel/Spon hier unter dem Deckmantel der ironisch-kritischen Distanzierung von sich geben ist, auch nicht besser als das Mobbing von Yotta & Co. in der Sendung.

    Triefend toxischer Journalismus.

  22. Vielleicht könnte man das „parodieren“ (konterkarieren mit einem Livestream von einer Bodyfarm…
    stumme verwesende sterbliche Überreste von Leuten,die freiwillig ihre Hülle der Wissenschaft/Kriminologie zu Verfügung gestellt haben..weil sie auch noch auch ihrem Ableben Sinn stiften wollen…
    also quasi das Gegenteil von dem obigen Programm
    „z-promiunterpalmen“…

  23. also ich weiss auch nach diesen 6 folgen, wen ich jetzt sogar noch unsympathischer finde als vorher schon
    und wen ich vorher sehr mochte und jetzt nicht mehr so

    auch mobbing war das definitiv

    aber ich komme einfach nicht dahinter, inwiefern – wie im letzten absatz von euch gesagt – diese sendung ein rückschritt für die gleichberechtigung sein soll

    ich habe 10 erwachsene frauen und männer gesehen,
    die offensichtlich mündige persönlichkeiten sind
    und wenn sich janine pink von einem ronald schill die füsse massieren lässt, die zehen küssen (weiss nicht mehr genau ob er noch mehr gemacht hat) und von ihm gesagt kriegt, sie hätte schöne füsse (auch hier weiss ich leider nicht mehr das genaue adjektiv)
    dann sehe ich nirgendwo sexuelle belästigung, denn es hat ihr ja offensichtlich gefallen
    und die monika wurde ja von ihm in ruhe gelassen, als sie es so wollte
    denn seit pulp fiction wissen wir ja wohl alle, was eine fussmassage genau bedeutet

    oder will mir hier jemand erzählen, dass janine der meinung war,
    das wäre eine massage wie sie ein profifussballer von dem vereinsmasseur auf schalke bekommt !?!

    wenn die gleichberechtigung schaden nimmt, dann höchstens durch eure behauptung
    denn das war definitiv ein gut begonnener, später etwas ungeschickter flirtversuch von ronald schill mit einer gleichberechtigten janine pink

    das mit metoo zu vergleichen halte ich für sehr sehr gefährlich
    denn ich habe eine frau gesehen, die sich die zehen hat küssen lassen und dann mit dem mann ins schlafzimmer gegangen ist
    und als klar war, die monika hat aber leider sendepause, war auch schluss
    also wenn solche geschichten das sind, worauf metoo aufgebaut ist,
    dann . . . gute nacht

    sollte ich mich irren oder etwas nicht beachtet haben, bitte ich um aufklärung

  24. Mal vorab : Ich habe die Show nicht gesehen ich kann solche Sender gar nicht empfangen.
    Und ich bin unsicher ob ich diesen Beitrag noch als Medienkritik einordnen kann .
    Dieses und ähnliche Formate würden wahrscheinlich nur von wenigen Menschen gesehen werden wenn nicht selbst erklärte Qualitätsmedien – und zwar die ganze Palette – täglich ( ! )
    diesen Mist zwischen echten Schlagzeilen unterbringen würde.
    DER WENDLER : Wellensittich tot.
    LENA : sexy Fotos Netz rastet aus

    Kann man alles täglich auf den Titelseiten von Spiegel FAZ Welt Süddeutsche einfach auf allen Seiten lesen wenn man möchte.
    Bestehen da eigentlich Verträge zwischen allen oder warum wird das so promotet. Eine Beantwortung dieser Fragen würde ich mir eigentlich von übermedien wünschen und nicht wie es Frau Obert ergangen ist

  25. Sorry aber ich muss noch einmal nach schieben. Sehen sie liebe Autorin was sie mit solch einem Artikel anrichten können. Ich habe mir alle Kommentare sorgfältig durchgelesen und alle befassen sich inhaltlich mit dieser Sendung.
    Sie gehen einen schmalen Grat.
    Wenn etwas Inhaltsloses zwischen bedeungsvollen Nachrichten platziert wird dann muss man für den Grund danach fragen.

  26. Ich habe bei der Lektüre des Artikels lange gebraucht, zu bemerken, wo der Fehler auf Seiten der DarstellerInnen liegt. Irgendwann dämmerte mir, dass anscheinend alle etwas wissen mussten, was ich nicht wusste: Derlei Sendungen sind nicht geskriptet. Vor dem Hintergrund, dass das also echtes Verhalten von Menschen zeigt und nicht „nur” der Phantasie einseitig talentierter Skriptschreiber entspringt, ist das natürlich wahrlich ekelhaft.

    Ich guck den Kram nicht, wird auch so bleiben.

  27. @25: Die zweigeteilte Frage kann ich Ihnen auch so beantworten: Nein, es bestehen keine Verträge zwischen allen. Es wird so „promotet“, weil es aktuelles Zeitgeschehen ist, mag Ihnen das nun gefallen oder nicht.

  28. Wirklich ein sehr schöner Artikel, der mir aus der Seele spricht. Ich fand die Sendung von Anfang an verachtenswert und toxisch – und dachte, ich sei im falschen Film, als ich im Internet zunächst reihenweise Lobeshymnen auch auf renommierten Plattformen zu lesen bekam. Nun hat Sat.1 zwar einen verdienten Shitstorm bekommen, aber das wird die Verantwortlichen leider wenig jucken. Die schauen euphorisch auf die gute Quote – und haben jetzt frech die Bestätigung der zweiten Staffel verkündet. RTL ist auch nicht besser und hat für das „Sommerhaus der Stars“ Carina Spack verpflichtet, die maßgeblich am Obert-Mobbing beteiligt war und nun zur Belohnung gleich für das nächste Format engagiert wurde…

    Und da sind wir auch bei dem eigentlichen Problem, das Calafati schon ansprach. Nämlich die Tatsache, dass Sat.1 und Konsorten ganz gezielt und kalkuliert kontroversen und problematischen Menschen eine Plattform bieten, die nicht mit krawalligem und prolligem Verhalten sparen. Mit dem euphemistischen Unwort „Trash-TV“ kann man heutzutage all das rechtfertigen – obwohl es letztlich einfach Asifernsehen ist. Bastian Yotta wurde nun praktischerweise als Buhmann abserviert und von weiteren Produktionen ausgeschlossen. In Wirklichkeit hat sich Sat.1 aber einfach jeglicher Verantwortung entzogen und bis heute keinerlei Entschuldigung oder Fehlereingeständnis abgegeben.

  29. Nach einigen wenigen Minuten des frühen Big Brother und ebensolchen beim frühen Dschungelcamp wende ich weder Zeit noch mentale Energie dafür auf, Trash-Fernsehen auch nur zur Kenntnis zu nehmen. Ganz gelegentlich stolpere ich über journalistische Bewertungen solcher Kulturleistungen, eben auch in renommierten Journalen. Was dieses „Promis unter Palmen“ überhaupt ist, habe ich erst durch diesen Übermedien-Artikel wirklich realisiert.
    Und das genügt mir völlig, ist mir im Grunde schon zu viel. Ich habe schon reichlich damit zu tun, mein reales Dasein von einer Flut von Unsäglichkeiten nach Möglichkeit freizuhalten. Daher kann ich nicht nachvollziehen, weshalb ich schlechtes Benehmen als Unterhaltungsangebot konsumieren sollte.
    Da ich aber auch Realist bin, sehe ich natürlich die Mechanismen und selbstgeschaffenen Zwangsläufigkeiten, die derartiges hervorbringen und offensichtlich unumkehrbar werden lassen. Ich muss mich aber nicht darüber freuen, und das freut mich. Im Grunde tun mir alle Beteiligten leid, da sie so oder so einen Teil ihrer Menschenwürde aufgeben (um nicht zu sagen, verkaufen). Zivilisation geht anders.

  30. Ich verstehe nicht, warum die körperliche Gesundheit in unserer Gesellschaft so einen hohen Stellenwert hat und gleichzeitig die psychische Gesundheit nicht.
    Man stelle sich vor, die psychischen Angriffe und Verletzungen wären sie körperlich. Wäre es akzeptabel, wenn in einer Unterhaltungssendung echtes Blut spritzt? In Rom war das so.

  31. Ich habe nie eine Folge angeschaut, denn der Teaser war abschreckend genug. Ich bereue lediglich, nicht mal reingezappt zu haben, um zu sehen, welche Werbekunden bei diesem Format schalten. Man sollte ja wissen, welche Marken man zu boykottieren hat. Vermutlich kaufe ich aber eh nichts von denen.

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