Wer für die Weihnachtszeit und die Tage danach noch auf der Suche nach guten Serien ist, für den haben wir im heutigen Türchen Nummer sieben genau das Richtige! Kathrin Hollmer, unsere Fachfrau für fiktionale Formate, hat drei deutschsprachige Serien-Tipps, die zum Lachen bringen, zum Nachdenken anregen und die vielleicht noch nicht jede:r kennt.
Die Debütserie von Elsa van Damke und Jana Forkel ist der endgültige Beweis dafür, dass man sexualisierte Gewalt thematisieren kann, ohne diese zu reproduzieren. In der Serie geht es um das Zimmermädchen Amelie (Marie Bloching, bekannt aus „Die Discounter“), das von einem Hotelgast vergewaltigt wird. Die Tat ist weder zu sehen noch zu hören, die Auswirkungen davon aber umso eindrucksvoller erzählt: weil Amelie Superkräfte entwickelt und sich an übergriffigen Männern und Vergewaltigern rächt, vor allem aber, weil man ihr beim Heilen zusehen kann. Die Dramedy ist im einen Moment herrlich komisch – ohne sich über Opfer lustig zu machen –, im nächsten berührend, radikal und ziemlich lehrreich.
Lamin Leroy Gibba ist in dieser Produktion Autor, Showrunner und Hauptdarsteller in einem. In seiner Dramedy-Serie stehen zwei Schwarze, queere Figuren im Mittelpunkt, was immer noch selten ist im deutschen Fernsehen: die Mittzwanziger Lalo (Gibba) und seine beste Freundin Karla (Melodie Simina). Lalo hat sein Architekturstudium geschmissen und muss den Tod seines Vaters verarbeiten. Karla arbeitet in der Finanzwelt und hat bereits Führungsverantwortung. So wie die beiden auf der Suche nach sich selbst taumeln, stolpert man als Zuschauer:in durch die Folgen. Die Serie erzählt einfühlsam und mit sanftem Humor von Rassismus, toxischen Beziehungen und Vorgesetzten sowie dem Struggle mit Freund:innen und Familie.
Uff, diese menschgewordenen Klischees muss man erst einmal verkraften: den Snob Anthony, den Incel Jeppe, den Donut-„Entrepreneur“ Abdel, den Möchtegern-Gangster-Rapper Marvin und den Pumper Tim. Die fünf sind die Kandidaten der Reality-Show „Player of Ibiza“, nur dass sie nicht auf die Balearen fliegen, sondern ins niedersächsische Buchholz fahren und Teil der „Feminismus-Edition“ sind: Sie sollen von Sexisten zu Feministen werden. Die Serie der Macher von „Die Discounter“ ist im Mockumentary-Stil gedreht, persifliert Reality-Formate und hinterfragt dabei Männlichkeitsbilder und Sexismen. Das ist irre lustig, noch beeindruckender ist, wie inklusiv die Serie ist: auch die größten Machos gewinnt man hier irgendwie lieb.
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Die Autorin
Kathrin Hollmer arbeitet als freie Journalistin in München. Sie schreibt nicht nur über Filme und Serien, sondern diskutiert auch gern in Jurys darüber, insbesondere, wie Frauen und Diversität erzählt werden. Sie ist Vorsitzende der Nominierungskommission des Grimme-Preises für die Kategorie Fiktion.
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