Die Männer der 80er, 90er und die besten Männer von heute
„Es ist nicht schwierig für mich, ins Radio zu kommen“, sagt Balbina. „Es ist unmöglich!“ Dabei ist die Sängerin aus Berlin durchaus bekannt: Sie tourte mit Herbert Grönemeyer. Sie spielt in ausverkauften Hallen. Ihre Alben werden in vielen Feuilletons begeistert besprochen. Außerdem ist Balbina – als einzige Frau – für den diesjährigen Gema-Autorenpreis nominiert.
Aber das hilft offenbar alles nichts.
„Frauen werden benachteiligt, wenn sie starke, progressive und intelligente Musik machen“, sagt Balbina. Sie hätten keine Chance, im Mainstream-Radio zu laufen. Was abweiche, anders sei, nicht so eingängig, werde dort kaum gespielt. Sie kenne genug Frauen, Musikerinnen, denen es ähnlich gehe. Aus einer Besonderheit, einer Stärke, meint Balbina, werde eine Schwäche gemacht. „Machst du einfache, gefällige Musik, in der du singst, wie schön alles ist, wird das auch gespielt.“ Chartmusik eben. Einheitsbrei. Aber selbst im Chart-Pop sind Frauen unterrepräsentiert, wie Untersuchungen belegen.
„Frauen im Pop-Business“ – so war 2016 eine Studie überschrieben, die der Bayerische Rundfunk in Auftrag gegeben hatte, und in der die deutschen Top 100 Charts von 2001 bis 2015 ausgewertet wurden. Das Ergebnis: Am größten war der Frauenanteil in den Charts im Jahr 2006 mit rund 41 Prozent; seither sinkt die Zahl stetig. Durchschnittlich sind lediglich 26 Prozent Sängerinnen in der Hitparade vertreten. Bei den Songwriterinnen sieht es noch schlechter aus. Eine Studie des BR in Zusammenarbeit mit der Gema zeigt: Im Schnitt nur 11 Prozent der Texte zwischen 2001 und 2015 stammten von Frauen, also von Urheberinnen, die bei der Gema gelistet sind.
Ed Sheeran, dann Felix Jaehn, Liquido und Michael Jackson
Männer dominieren also den Markt – und auch das Programm der Sender. Radio an, und schon dudelt es wie immer: Ed Sheeran folgt auf Felix Jaehn, Liquido und Michael Jackson – was dann als das Beste aus den 80ern, 90ern und von heute verkauft wird. Frauen sind in diesem Gedudel der großen Pop-Wellen immer noch Mangelware, vor allem wenn sie keine leichten Pop-Schlager liefern, aber auch generell: So folgen viele Sender bis heute der Regel, nicht mehr als zwei Frauentitel hintereinander zu spielen. Dann muss wieder ein Mann kommen. Automatisiert wird das durch eine Software, in der Liedern Attribute wie „weiblicher oder männlicher Gesang“ zugeordnet werden.
Auch Puls, die junge Welle des Bayerischen Rundfunks, greift auf die alte Regel zurück. So könne man weibliche und männliche Stimmen gut im Programm verteilen, sagt Andy Barsekow, Musikplanungschef von Puls. Der Sender hat sich in der Vergangenheit bereits mit dem Thema „Frauen im Musik-Business“ beschäftigt, mit einem Podcast, einer Podiumsdiskussion; an einem Tag, immerhin, liefen auch mal nur weibliche Titel. Das Ergebnis: Die Branche müsse mutiger werden, sagt Barsekow. Dazu gehöre auch, dass sich Plattenfirmen, Veranstalter und Radiomacher von ihren Auswahlkriterien lösen würden und mehr in Newcomer-Förderung investieren.
In der aktuellen Rotation des Senders sind, nach eigenen Angaben, insgesamt 40 Prozent der Lieder mit weiblichem Gesang. Was aber noch nichts über das tatsächliche Verhältnis weiblicher und männlicher Interpreten aussagt: Wer mit mehreren Titeln gelistet ist, wird auch mehrfach gezählt.
Es sei aktuell noch „schwere Arbeit“, für ein ausgeglichenes Geschlechterverhältnis zu sorgen, sagt Barsekow, weil generell weniger Musik von Frauen veröffentlicht werde – aber es lohne sich. Bei Puls könne man immerhin noch unbekanntere und alternativere Bands dazu holen, die progressivere Musik spielten. „Ein Hit-Sender wie Bayern 3 kann das nicht, da diese Titel verständlicherweise nicht ins Format passen und die Auswahlmöglichkeiten im Mainstream-Markt nicht so groß sind wie etwa im Indie-Bereich.“ Es gebe eben „sehr wenig Sendezeit für außergewöhnliche, nicht-mainstreamige Musik“. Dadurch werde die mögliche Auswahl an Titeln mit weiblichem Gesang natürlich noch kleiner. Solche fänden meist nur in einem kleinen Kosmos statt.
„Es gibt hier keine Scheuklappen“, sagt Barsekows Kollege Robert Morawa, Musikchef bei Bayern 3. „Wir messen auch keinen weiblichen Starappeal.“ Derzeit seien im Musikpool von Bayern 3 rund 43 Prozent der Lieder von Frauen gesungen. Auch hier: bloß Lieder, nicht Interpreten. Seiner Redaktion, sagt Morawa, gehe es aber sowieso nicht ums Geschlecht, sondern viel mehr um die Mischung: „Wenn uns die Leute einschalten, wollen sie gut unterhalten werden, gute Musik hören – eben ihre Lieblingssongs.“
Bayern 3: „Wir können nur spielen, was auf dem Markt ist.“
Es sei nicht so, dass die Hörerinnen und Hörer von Bayern 3 lediglich so und so viele Frauen vertragen könnten. Aber: Die Gemeinschaft entscheide, was ein Hit wird und – noch wichtiger: was ein Hit bleibt. „Ich sehe auch, dass sich nur wenige Frauen auf dem Markt etablieren können, aber das geht ja auch über das Radio hinaus.“ Die Verantwortung dafür sieht Morawa nicht bei den Radiomachern, sondern: in der Industrie. „Wir können nur spielen, was auf dem Markt ist. Wir veröffentlichen ja keine Musik.“
Das stimmt, einerseits. Durch gezielte Auswahl oder eben auch Nicht-Auswahl entscheiden Radiosender andererseits aber durchaus, was bei den Hörerinnen und Hörern ankommt, was nachgefragt und somit produziert wird.
„Man könnte das Musikprogramm wesentlich vielfältiger gestalten, wenn man nicht nur den starren Regeln des Plattenfirmenmarketings folgen würde“, sagt Peter Urban, langjähriger NDR-Musikredakteur und Kommentator des Eurovision Song Contest. Er findet, die Plattenfirmen hätten oft zu wenig Phantasie, auch mal etwas anderes zu machen, zum Beispiel mehr Frauen zu engagieren und zu Erfolg zu führen. „Die nehmen immer gerne nur das, was schon erfolgreich gewesen ist.“ Dem als Sender blind zu folgen, sich danach zu richten, dafür gibt es laut Urban eigentlich keinen triftigen Grund.
Robert Morawas Argumentation, was die Musikauswahl betrifft, ist auch etwas widersprüchlich: Auf der einen Seite seien Hitradios immer auf der Suche nach der „Ausnahmenummer“, nach „etwas Außergewöhnlichem“, und das am besten möglichst frühzeitig, sagt er. Auf der anderen Seite wünscht sich der Musikchef von Bayern 3 Frauen-Musik im Stil von Max Giesinger oder Mark Forster. Also wieder der gleiche Pop-Kram, nur mit weiblicher Stimme? Ist das außergewöhnlich? Oder haben Interpretinnen nur eine Chance, wenn sie wie ihre männlichen Popschlager-Kollegen klingen?
Dass Frauen, die anspruchsvollere Musik machten, nicht stilprägend wären, findet Peter Urban unsinnig: „Wenn ich in die Popgeschichte schaue, gibt es so viele dominante Frauen in jeder Stilart: im Singer-Songwriting, Soul, R’n’B – überall Frauen, die ganz wichtige Musik gemacht haben, und nicht unbedingt weniger als Männer.“ Diese Frauen, die zu Stars wurden, sind natürlich drin in den Musikprogrammen. Neu reinzukommen, ist hingegen schwierig, weil die Rotation auf fragwürdigen Umfragen basieren, den Musikanalysen.
Die Playlist ist das Aushängeschild der Sender. Sie soll, sie darf nicht stören, muss schnell wiedererkennbar sein, und das Schlimmste wäre, wenn wegen eines Songs abgeschaltet würde. Deshalb werden Hörerinnen und Hörern bei Umfragen immer wieder etliche Musikschnipsel vorgespielt. Die Probanden entscheiden: hop oder top? Dudelt schön, nervt schwer? Und wer zu viel fordert, fliegt raus.
So entsteht ein magen- und ohrenfreundlicher Musikbrei, der sich immer wieder reproduziert. Und hinter dem „abwechslungsreichen Mix“ steckt dann nicht mehr als ein Programm, das die Radiostunden durchplant – und auch nur das ausspuckt, was der Musikpool hergibt. Heißt: Wenn die Musikredaktion nur wenige Künstlerinnen auswählt, kommen sie auch weniger vor.
Urban: „Jemand müsste den Mumm haben, etwas zu ändern!“
Peter Urban wünschte sich da mehr Offenheit von den Radiomachern. Sie müssten davon weg, dass alles „immer genau stromlinienförmig gewissen Kategorien dienen muss“. Man sollte vielleicht mal diese Musikanalysen überdenken. „Sonst hört sich das Radio an, wie es sich oft anhört: Immer die gleichen Songs, den ganzen Tag, in verschiedenen Reihenfolgen, ohne große Abwechslung, ohne großes Abenteuer – das ist sehr, sehr schade.“ Damit es um sich greife, müssten aber erst mal ein paar den Mumm haben, Dinge zu ändern. Damit es nicht immer heiße: Die anderen machen es aber doch auch so.
Radiomacher stünden da in der Pflicht, findet Musikerin Balbina. Anstatt die Verantwortung an die Plattenfirmen weiterzureichen, müssten sich auch die Hörfunkredaktionen eingestehen, was sie tun könnten: „Die haben alle eine Vorbildfunktion, die einen als Quelle, die anderen als Kanal. Und wie es gerade läuft, ist es scheißlangweilig.“ Wenn die Radiomacher behaupten würden, Frauen hätten keine Hits, sei das vorgeschoben. Und: „Warum haben sie denn dann keine Hits? Vielleicht, weil sie im Radio nicht gespielt werden?“
Man müsse sich entscheiden, ob man nur der Werbekanal der großen Labels sein wolle – oder langfristig interessante Künstlerinnen und Künstler in seinem Programm aufbaue und so etabliere, findet Balbina. Auf diese Weise würde auch die Industrie in Zugzwang kommen. Radiosender müssten sich eben nur öffnen für neue Musik, dann würden sie auch auf viele Frauen aufmerksam werden. „Es gibt sie ja!“, sagt Balbina. Dass es der Markt nicht hergebe, sei ein Vorwand. „Mehr Qualität, mehr Außergewöhnliches im Radio – das würde das Geschlechtsproblem von ganz alleine lösen.“
Auch Anja Caspary, Musikchefin der RBB-Welle Radio Eins, lässt das Argument, der Markt bringe zu wenig Frauen mit Potential hervor, nicht gelten: „Das kann man ja auch verändern!“, sagt sie. „Es gibt so viele Frauen, die aber noch nicht bekannt sind.“ Die müssten erst vom Radio bekannt gemacht werden. Da würden sich ihre Radiokollegen manchmal nicht genug Mühe geben – nicht aus bösem Willen, sondern aus tradiertem Verhalten.
Im Musikpool von Radio Eins befinden sich allerdings auch nur insgesamt ein Drittel Künstlerinnen. Hier zählt aber jeder Interpret und jede Interpretin nur einmal, egal mit wie vielen Liedern sie oder er vertreten ist. Dass es weniger Frauen seien, sagt Caspary, komme vor allem durch das große Archiv aus den 1970er und -80er Jahren zustande. Damals seien Frauen mit E-Gitarren und Mikrofon auf der Bühne noch bespuckt worden. Zahlreiche Steine habe man ihnen in den Weg gelegt. Seit den 2000ern habe sich das geändert, seitdem sei das Verhältnis in der Playlist auch eher ausgeglichen, sagt die Musikchefin.
Radio Eins: „Wir müssen uns fragen, ob wir gerecht planen.“
Die öffentlich-rechtlichen Sender befinden sich hier in einer Zwickmühle. Sie sollen sich einerseits, finanziert durch den Rundfunkbeitrag aller Bürger, von Quoten frei machen. Auf der anderen Seite schwände ihre Daseinsberechtigung, wenn sie niemand mehr hören würde. Davor fürchten sich viele Sender.
Radio Eins-Musikchefin Caspary versteht die Ängste ihrer Kollegen, aber sie sagt auch: „Rundfunkbeiträge verpflichten! Deswegen finde ich, dass wir uns darum kümmern müssen, die Realität abzubilden. Und wenn wir das paritätisch täten, müssten mehr Frauen als Männer gespielt werden.“ In Casparys Vorstellung werden Frauen künftig im Radio gespielt, ohne dass das etwas Besonderes ist. Ganz normal. Damit auch Regeln, wie jene, nicht mehr als zwei Frauen hintereinander zu spielen, bald Geschichte sind.
Radiomacher seien in der Pflicht, sich immer wieder selber zu überprüfen, damit sie die Frauen nicht vergessen. „Wir müssen uns immer fragen, ob wir wirklich gerecht planen und gerecht verteilen“, sagt Caspary. Der Anruf eines Hörers neulich habe sie irritiert. Er fragte, ob Radio Eins eine Frauenquote eingeführt habe, ihm sei aufgefallen, dass in letzter Zeit so viele Künstlerinnen gespielt würden. „Wir achten bei der Musikauswahl halt einfach nicht drauf, ob drei Frauen hintereinander gespielt werden“, sagt Musikchefin Caspary. Das sei dem Hörer offenbar aufgefallen. Was interessant sei: Wenn eine Stunde lang nur Männer gespielt werden, hinterfrage das in der Regel niemand.
Ergänzend:
„Max Giesinger und die deutsche Industriemusik“
https://www.youtube.com/watch?v=nFfu2xDJyVs
Das ist jetzt das Kontrastprogramm zu „Die Frauen“, oder?
Aber ehrlich gesagt, da wird von „dem“ Radio verlangt, dass es einerseits die Realität wiedergibt – x% aller „Hits“ wird von Frauen gemacht – aber andererseits genau diese Realität verändert – min. y% aller „Hits“ müssen von Frauen gemacht werden.
Was denn nun?
Nebenbei, sollte Musik von nicht-so-mainstreamigen Frauen gespielt werden, aber von nicht-so-mainstreamigen Männern nicht?
Gefühlt Radios sind eh am aussterben.
Bin da bei mycroft. Wenn es nunmal ein „hitradio“ ist und mehr hits von Männern sind ist es logisch, dass mehr Männermusik gespielt wird. Im experimentellen Radio kann das gerne anders sein, aber auch da würde ich eher für mehr „nicht-mainstream“ stimmen — egal ob von Männern oder Frauen.
Btw: wieviel Prozent der Künstler sind denn überhaupt weiblich? Denn eine 50/50 quote ist ja nicht per se gerecht — wenn es weniger Künstlerinnen gibt ist das halt so.
Als Wahnsinnig-Selten-Radiohörer finde ich: Der Wunsch, ein absolut massentaugliches Programm zu machen, führt zu genau diesem Radioprogramm, das wir haben: Permanent nur die selben zweihundertfünfzig Songs, die immer und immer wiederholt werden – unterbrochen von dem „lustigen Morgen-Max“, dem „lustigen Telefonanruf“, dem „lustigen Mitmachquiz“, dem „lustigen Aufreger der Woche“ und den „lustigen Staumeldungen“. Dazu kommen unzählige Quietsch-und-Knurps-Geräusche und dazwischen haben Marketingexperten herausgefunden, daß Werbung dann besonders gut in’s Ohr geht, wenn sich zwei Menschen mit schrillen Stimmen gegenseitig anschreien.
Daher finde ich den Artikel auch recht krude. Es wird behauptet, es gäbe so viele weibliche Interpreten, die nicht gespielt werden. Mag sein. Es gibt aber auch genauso viele männliche Interpreten, die nicht gespielt werden. Das liegt an der insgesamten Struktur des Radioprogramms, das alle nicht etablierten Künstler gleichermaßen benachteiligt.
Es heißt im Artikel auch, durchschnittlich seien 26 % Sängerinnen in den Hitparaden des letzten Jahres vertreten gewesen. Gut, aber wieviel Prozent macht denn der Anteil der Sängerinnen im Repertoire der GEMA aus? (Ehrlich Frage, ich habe nichts dazu finden können.) Und wenn diese 26 % dann 40 % der Gesamtmusik ausmachen, ist das nicht, um im Ton dieses Artikels zu sprechen, eine völlig unsinnige Dominanz dieser Frauen in der Gesamtabmischung?
Mein subjektiver Eindruck von vor etwa 5-10 Jahren, als ich noch ab und zu (teils unfreiwillig) Radio gehört habe, war der, dass unter Pop-Songs sehr viele weibliche Künstler vertreten sind. Amy Winehouse, Shakira, Rihanna, Lady Gaga, Adele, Katy Perry, …, während mir auf männlicher Seite auf Anhieb nicht viel einfällt außer die etwas mainstreamtauglicheren Lieder von Rockbands wie Green Day, Linkin Park, Coldplay. Ich hatte das damals so eingeordnet, dass Pop eher weiblich dominiert und Rock/Punk/Metal eher (extrem) männlich. Ich war schon sehr überrascht, als ich das erste mal gehört habe, dass Frauen im Pop unterrepräsentiert sind.
Es macht auch mE wenig Sinn, als Aufhänger eine Künstlerin zu nehmen, die ‚starke progressive‘ Musik macht. Damit wird sie auf Hitradio Antenne 1337 ebenso wenig gespielt wie die zahlreichen männlichen Kollegen, die auch keine Mainstream-Musik machen. Hat mit ihrem Geschlecht mal wieder überhaupt nichts zu tun.
„Meine Musik wird nicht im Radio gespielt“ ist aber auch eine der schönsten Beschwerden der 70er, 80er und von heute. Wenn mal bitte jemand ins Archiv steigt, sind über die Jahre etliche Meldungen von den verschiedensten Leuten zu finden.
Was ein Glück, dass diese Beschwerdeführerin ihre dann in das allgemeine „Frauen werden überall benachteiligt“-Gejammere dieser Zeit anhängen kann. Die Rihannas und Beyonces, die einem entgegen quäken, sobald man mal versehentlich einen der Pop-Dudler einschaltet, gelten natürlich nicht, weil die sind ja nicht ich.
Es hindert niemand die Dame daran, einen Hit zu produzieren, der dann auch ganz automatisch im Radio läuft. Wer bewusst ein Nischenprodukt produziert, muss sich nicht wundern, wenn man auch nur in der Nische Abnehmer findet. Aber es sind natürlich immer alle anderen schuld.
In Zeiten des gestreamten Radios – mit zehntausenden Radiostationen – via Internet, spielen die paar deutschsprachigen Sender (mit den äußerst überschaubaren Playlisten, oftmals im Dauerwiederholungsmodus) tatsächlich doch wohl kaum eine entscheidende Rolle.
Wer möchte, kann sich heute seinen Radioplayer ausschließlich mit weiblichen Stimmen programmieren und es gibt sogar Sender, die nur Künstlerinnen präsentieren (z. B. SomaFm, GotRadioGirlPower, Femmetal …).
Da ist nun wirklich für jede(n) etwas dabei!
„Ich muss was gegen das Nichtstun tun, denn das Nichtstun tut mir gar nicht gut“
Ist das starke, progressive und intelligente Musik? Im klassischen Songaufbau: Strophe, Chorus, Strophe, Chorus, Variation des Chorus wird in durchaus bekannten Metaphern (Löcher in die Luft starren, Zeit totschlagen) über Langeweile gesungen, mit der bahnbrechenden Botschaft im Chorus, dass diese eben nicht gut ist, dann noch ein bisschen Hip Hop in der Wiederholung und fertig ist ein Song, der mich in den genannten Chartsendern überhaupt nicht überraschen würde, nur klappt es halt nicht immer.
Wer heute noch deutsches Radio hört ist eh nicht mehr zu helfen.
BBC Radio 6 Music kann man den ganzen Tag hören ohne auch nur einem der 100 gleichen Dudel-Hits belästigt zu werden.
Und garantiert frei von Giesinger und anderen Jungmannbetroffenheitsschlagerheinzen. Außerdem man lernt eine Menge KünstlerInnen kennen, die es hier nie ins Radio schaffen.
Wir haben uns ja auch daran gewöhnt, dass eine Politikerinnenquote an der Spitze gibt, auch wenn die Verteilung der Parteimitglieder eine völlig andere ist.
D.h. wir müssen jetzt alles auswerten was Geld oder Ansehen bringt, ob davon mindestens 50% Frauen profitieren.
Aber schon irgendwie komisch, dass Journalisten immer mehr in soziale und wirtschaftliche Bereiche des Lebens steuernd eingreifen.
@Struppi:
In der Politik finde ich solche Quoten tatsächlich nicht allzu schlecht — einfach um etwas mehr Vielfalt in den Biographien in die politischen Entscheidungen zu bringen. Denn ich bin schon der Meinung, dass im Parlament und in den Ministerien ein Querschnitt der Gesellschaft sitzen sollte. Man muss es mit dem Proporz nicht übertreiben, aber eine gewisse Vielfalt halte ich da für sinnvoll.
Überall, wo es um die Wirtschaft o. Ä. geht finde ich Quoten aber generell unsinnig. Denn warum sollte z. B. ein Radiosender eine Quote für Musik von Frauen haben müssen? Da fehlt mir die Logik. Es wird produziert was gehört wird. Man kann Hitradio Sender ja doof finden (mich nerven sie auch), das ändert aber nichts daran, dass sie offenbar mehrheitlich so gewünscht sind. Das gleiche gilt für Max Giesinger und Co. Denn sonst würde sie ja keiner hören. Man wird ja nicht gezwungen „hitradio Antenne sowieso“ anzuschalten. Und wer gerne Musik von Frauen hört kann das bei anderen Sendern ja auch. Ich sehe das Problem hier also überhaupt nicht. Der Sinn von Radio ist ja nicht, Leute zu gutem Geschmack — bzw. was man selbst dafür hält — zu erziehen.
Hm ja, meinem Empfinden nach werden Hits durchaus von TV und Radio kreiert. Da wird dann irgendein neuer Song jede zweite Stunde gespielt, bis man sich irgendwann daran gewöhnt hat. Jedenfalls läuft das in den „Jugendradios“ Einslive u. Co. so ab. Was also heute ein Oldie aus den 90ern ist, wurde mal bewusst dazu gemacht. Da könnte man sich, gegeben der Annahme das w. oder m. Pop genau die gleiche Mansche ist, also auch dazu entscheiden, für eine ausgewogenere Hitparade zu sorgen.
Kanm mich nur meinen Vorrednern anschließen. Habe auch mit allen Männern aus meinem Umfeld geredet und wir sind uns einig.
Frauenquote in der Politik schön und gut, aber jetzt noch auf der Arbeit und im Radio?!? Bald sind wir Männer garnicht mehr sicher vor diesen ständig nach Gleichberechtigung geifernden Wesen. Hat doch die letzten 2000 Jahre auch so gut geklappt! Mitlerweile ist seit gut 20 Jahren sogar Gewalt in der Ehe nicht mehr legal. Irgendwann ist auch mal gut.
Ich bin wie immer bestürzt über die Einstellung meiner „Geschlechtsgenossen „, welche sich selbst als europäisches Leuchtfeuer des aufgeklärten und toleranten Mannes sehen.
Aus meiner Sicht ist noch mehr im Radio unterrepräsentiert als nur die Quote Frauen/Männer. Heavy Metal bestimmt die Verkaufszahlen von physischen Tonträgern und im Radio läuft auch nichts davon. Wer will auch das Gekreische von Kreator im Radio hören? Wer die Power von Arch Enemy? Steven Wilson tritt barfuß mit Ninet Tayeb im ZDF Morgenmagazin auf, aber auch nur, weil er statt eines Prog-Albums ein Pop-Album machen wollte und sich das ausgesucht hat. Bemerkenswert, aber auch wie ein Fremdkörper.
„Mehr Mut“ ist geschlechterunabhängig und die Lösung ist natürlich die Abschaffung dieser automatisch analysierten Playlists, die den allgemeinsten und weichgespültesten Konsens abbilden wollen.
Ich habe mit allen Männern in meinem Umfald geredet und alle sind sich einig: Männer, die darüber rumheulen, dass sie vor ständig nach Gleichberechtigung geifernden Wesen nicht mehr sicher seien, sollten etwas gegen ihre Angstzustände tun, das ist nicht gesund!
In den Albumcharts von dieser Woche auf Platz 1: Judas Priest (Männer aus den 70,80,90,00er Jahren und bis heute) – wieviel wird davon wohl im „Mainstreamradio“ gespielt werden?
@Anonym:
Ich habe mit den Frauen in meinem Umfeld geredet: die arbeiten mehrheitlich in technischen Berufen und machen keine Popmusik.
Könnte es sein, dass Erfolg tatsächlich mit eigenen Entscheidungen zusammenhängt und nicht damit, dass eine die patriarchalische Weltverschwörung unterdrückt?
Im konkreten Fall werden nämlich nicht nur keine Frauen, die starke, progressive und intelligente Musik machen, im Radio gespielt, sondern auch keine Männer, die starke, progressive und intelligente Musik machen.
Insofern ist die Gleichberechtigung ja umgesetzt, nur halt eben in Form gleicher Benachteiligung.
@15 – Anonym:
Der Unterschied liegt darin, dass das Parlament als repräsentative Kammer die Bevölkerung eben repräsentieren soll. Wenn jetzt 50% der Bevölkerung weiblich ist, im Parlament aber nur 30% Frauen sitzen, stimmt etwas nicht. Daher ist in diesem Falle eine Quote sinnvoll.
Sie kann auch dann sinnvoll sein, wenn man Strukturen aufbrechen will, die Frauen benachteiligen. Das geht logischerweise aber nur da, wo Frauen strukturell benachteiligt werden.
Ist die im Radio der Fall? Werden dort weniger Frauen gespielt, weil sie Frauen sind, oder weil die Musik nicht massentauglich genug ist. Der reine Charterfolg ist dafür übrigens kein hinreichendes Kriterium, da es auch um das Genre geht, und bei großen Radiosendern größtenteils eben massentauglicher Pop läuft, der so kreativ ist, dass auch ein paar Affen einen Hit schreiben könnten.
Dieser ganze Artikel beruht letztlich darauf, dass eine Frau sich beschwert, dass der Frauenanteil zu gering sei und sie daher strukturell benachteiligt ist. Dabei bleibt die Frage offen, ob es diese Benachteiligungs-Struktur bzgl. Frauen wirklich gibt, oder ob einfach nur nicht massentaugliche Ware benachteiligt wird, unabhängig vom Geschlecht der Interpreten.
Und gerade im Pop-Bereich fallen mir – und vermutlich auch vielen anderen – sehr viele Namen weiblicher Künstler ein, die sehr erfolgreich sind oder waren und auch im Radio laufen bzw. liefen. Das ganze ist natürlich auch gewissen Trends und Schwankungen unterlegen. Heute scheinen offenbar eher Interpreten vom Schlage Giesinger und Co. angesagt zu sein.
Früher gab es auch eine Phase, in der (wie in einem anderen Kommentar erwähnt) auch viele Frauen zu hören waren. Als ich das letzte Mal regelmäßig Mainstream-Radio hören musste (im Büro), liefen vor allem Frauen im Radio.
Wichtig ist, dass man versteht, dass es in manchen Bereichen durchaus sinnvoll ist, eine paritätische Verteilung auf die Geschlechter zu haben, in anderen Bereichen aber nicht.
@ken
Ich bezweifle stark dass das so einfach ist. Sicher hilft marketing (wie überall anders auch), aber sie machen damit aus einem Mistsong auch keinen Kassenschlager. Das zeigen ja alleine die ganzen Gewinner von DSDS.
@anonym
Quoten haben leider mit Gleichberechtigung überhaupt nichts zu tun. Bzw. wenn sind sie so kompliziert zu berechnen, dass es keinen Sinn mehr macht. Oder wollen sie sagen, dass 50/50 automatisch immer gerecht ist? Wenn ja, wieso?
Sonst müsste man schon viel eher anfangen und einfach Quoten für z. B. das Studium oder das Gründen von Bands festlegen. Dann müssen halt Frauen gezwungen werden Mathe zu studieren oder eine heavy metal band zu gründen. Ich wüsste zwar nicht wo das helfen soll aber wenn alles quotiert werden soll dann wenigstens richtig.
(und falls es Ihnen nicht aufgefallen ist: es gibt durchaus mehrere Frauen, die auch gegen Quoten sind. Bzw. gibt es in den Kommentaren hier auch keine Abfrage, wer männlich und wer weiblich ist. Vielleicht sollten Sie dahingehend mal ihre Vorurteile überprüfen)
P. S. : ich habe balbina schon im Radio mit Nichtstun gehört (zumindest kenne ich den Song und wüsste nicht woher sonst). Ich würde also behaupten, dass schon der erste Satz des Artikels irreführend ist.
Mir fallen spontan jede Menge Frauen ein, die sowohl im Radio als auch im Fernsehen immer wieder zu hören bzw. zu sehen sind:
– Lena Valaitis
– Peggy March
– Frl. Menke
– Ixi
– Maxi und Chris Garden
– Susi und die Rockets
– Hanne Haller
– Nena
– Andrea Jürgens
– Rosenstolz
– Katja Ebstein
– Ireen Sheer
– Wencke Myhre
– Paola
– Nicole
– Jule Neigel
– Juliane Werding
– Marianne Rosenberg
– Tina York
– Kim Fisher
– Ingrid Peters
– Mary Roos
– Annette Humpe
– Siw Inger
– Gitte
– Conny Morin
– Caterina Valente
Und das sind ja beileibe nicht alles Interpreten von weichgespülten Mainstream-Stücken. Juliane Werding beispielsweise hat schon von Anfang an immer wieder sehr kritische Frauenthemen besungen. Ich denke etwa an „Vielleicht irgendwann“, wo es um eine junge Frau geht, die schwanger wird und von ihrem Freund sitzengelassen wird. Auf dem Album „Es gibt kein Zurück“ sind gleich drei Stücke drauf, in denen Männer aufgrund von Verfehlungen in der Partnerschaft umgebracht werden. Das wird auch im Radio und Fernsehen gespielt.
Auch Jule Neigel ist eher für feministische Texte bekannt, und Frl. Menke für freche und ungewöhnliche Inhalte. Annette Humpe besingt in „Ich küsse Ihren Mann“ eine ungewöhnliche Dreierkonstellation und Kim Fisher in „Du, ich und er“ ihre eigenen Schwierigkeiten mit der Akzeptanz einer Dreierbeziehung.
Die Einschätzung, daß eine Frau mit ungewöhnlichen Texten in ihrer Musik deshalb nicht im Fernsehen oder Radio gespielt wird, kann ich aufgrund dieser Beobachtungen nicht nachvollziehen.
ich glaube, ich habe in meinem (bisher noch nicht freigeschaltetem) Kommentar Jule Neigel mit Ina Deter verwechselt. Ich habe mal ein Interview mit Ina Deter gesehen, in dem sie sich dazu äußerte, daß sie doch eigentlich als Feministin auftreten wollte, aber im Gegensatz zu Nina Hagen, die ihre Weiblichkeit bewusst in den Vordergrund stellte, kaum wahrgenommen wurde.
Frauen machen also im Gros aussergewöhnlichere und qualitativ hochwertigere Musik als Männer. Soviel steht also laut Balbina schon mal fest.
@ Thema:
Irgendwie schafft der Artikel keine klare Abgrenzung. Geht es hier um Unterrepräsentierung von Frauen, von „progressiver Popmusik“ (Oxymoron?) oder von Frauen, die ProgPop machen?
Subjektiv finde ich die Musik von Balbina nicht progressiv, sondern lupenreinen Pop, was m. E. genau das Problem ist – Austauschbare Massenware bleibt austauschbare Massenware, egal ob sich der Künstler selbst als total wertvoll wahrnimmt.
Aber gut, ich hör‘ Metal.
Das Thema hatten wir schon mal irgendwo, es gibt durchaus auch Frauen im Heavy Mäddel: Bolt Thrower, Girlschool, Babymetal (Triggerwarnung), Arch Enemy, Kylesa, Kittie, Gilgamesh, etc ..
Und ich habe noch nie jemanden auf einem Konzert getroffen, der gesagt hat „Ich finde die Band schlecht, weil Frauen“.
@17: „Breaking the Law“ läuft tatsächlich noch ab und zu … Auf Radio 21 :D
Die Firepower is‘ voll überbewertet, find‘ ich.
@20: So funktioniert das Prinzip Quote:
„Wir brauchen noch 3 Frauen im VW Vorstand – Du, du und du, mitkommen, Ihr macht das jetzt!“
@22:
Ich denke, für den VW-Vorstand werden sich schon weibliche Freiwillige finden, aber vom Prinzip her hat ichbinich nicht unrecht – um den Frauenanteil in allen Bereichen zu erhöhen, reicht es nicht, den Frauenanteil in der Führungsebene zu erhöhen, es müssen auch in der Ausbildungsebene mehr werden.
Einfaches Rechenbeispiel: wenn in einer Branche der Frauenanteil bei 20% liegt, in der Führungsebene aber bei 30% per Frauenquote, haben die Frauen in der Führungsebene kein Interesse, den Frauenanteil in den unteren Ebenen zu erhöhen. Warum? „Wir 20% Frauen konkurrieren um 30% der bestbezahlten Jobs. Wenn wir den Frauenanteil in den unteren Ebenen erhöhen, holen wir uns nur unnötige Konkurrenz ins Boot.“
Wenn jetzt das Argument kommt, dass Frauen untereinander doch solidarisch sein müssen: Die Männer in den Vorständen haben auch keine Solidarität mit den Männern auf den unteren Rängen (sonst müssten letztere nie für bessere Löhne, Arbeitsbedingungen oder sonstwas streiken).
Und wenn ich jetzt evt. noch einsehe, dass Quoten nicht völlig sinnlos sind in der Politik oder vllt. wichtigen Industrien, aber bei Kunst? Jede Band muss min. ein männliches und ein weibliches Mitglied haben? Maler müssen min. 30% von jedem Geschlecht malen? (Ich habe schon gelesen, dass _das_ nicht die Forderung war, aber das wäre die konsequente Folgerung der Argumentation…)
@anderer Max 22
Ich habe zugegebenermaßen keine Ahnung von heavy metal sondern wollte nur ein Beispiel bringen. Falls das falsch ist und es doch sehr viele Frauen in den Bands gibt entschuldige ich mich. Es ging mir nur um das grundsätzliche Problem. Meinetwegen tauschen wir das Beispiel zu amerikanischen Gangster rap o. Ä. ;)
@Mycroft:
Da ist man dann aber ganz schnell bei der Frage, warum man persönliche Entscheidungen (studiere ich Mathe oder Medizin) quotieren sollte. Denn wir sind ja ein freies Land. Ich habe diese Diskussion sowieso nie wirklich verstanden. Wenn man der Meinung ist, dass Frauen in den „typischen Berufen“ zuwenig verdienen: warum versucht man nicht, die Bezahlung und Anerkennung dieser zu erhöhen? Ist ja nicht so, dass Erziehung/Pflege etc. unnötige Berufe sind. Da geht die Diskussion mMn immer in die komplett falsche Richtung. Und was, wenn die Interessen von Frauen und Männern nunmal unterschiedlich sind? Was machen wir dann?
@ Ichbinich:
Oder was machen wir, um die deutlich höhere Rate an tödlichen Unfällen bei Männern auszugleichen? Schubsen wir Frauen jetzt von Dächern?
Wenn in der Automobil-Branche sehr wenig Frauen in Führungspositionen sitzen, ist das wahrscheinlich eine Folge davon, dass diese Branche sehr männerdominiert ist. Ok. Das ist also das Symptom, nicht die Ursache.
Umgekehrt, dass überproportional viele Männer in Automobilbranche-Vorständen sitzen, bedeutet vllt., dass Männer privilegiert sind, aber nicht, dass _alle_ Männer privilegiert sind, sondern nur die in den Vorständen. Wenn Frauen gerne VW-Vorstand werden wollen, wieso sollte das mein Problem sein? Weil ich das „Privileg“ habe, dasselbe Geschlecht zu haben wie ein Automobil-Vorstand? Der Typ gibt mir doch trotzdem nichts ab.
@Mycroft
Sehe ich auch so. Weitergehend glaube ich auch nicht, dass wir eine bessere Gleichberechtigung haben, wenn jetzt plötzlich auch noch ein paar Frauen im VW-Vorstand sitzen. Das hilft der Masse der anderen Frauen ja auch überhaupt nicht. Genau so wenig wie es mir hilft, dass derzeit meine Geschlechtsgenossen dort mehrheitlich vertreten sind.
Aber ähm… das Patriarchat!
@27: Evtl. schaffen mehr Frauen im Vorstand aber eine Atmosphäre, die generell dazu führt, dass Frauen überhaupt Bock auf so einen Karriereweg haben. Positives Beispiel und so.
@25: Missy Elliot, Lil‘ Kim, Lauryn Hill, Aliyah, etc. …
Klar sind Freuen im Metal und auch Rap sicherlich unterrrepräsentiert.
Aber auch hier denke ich, dass positive Beispiele weitere Geschlechtsgenossinnen dazu inspirieren könnten, diesen Weg auch zu versuchen.
So wie VW-Vorstand und so.
@anderer Max:
So groß sind die Unterschiede zwischen Frauen und Männer nicht, dass Frauen sich in Konkurrenzsituationen groß anders als Männer verhalten. (Ja, die bösen Sprüche sind oft anders, sie sind aber gleichermaßen gemein.)
Und welche Atmosphäre im Vorstand von VW oder wo herrscht, kriegt man als Außenstehende(r) so oder so nicht mit. (Ich würde aber davon ausgehen, dass wegen des hohen Konkurrenzdruckes die Jungs da nicht unbedingt die besten Kumpels sind.)
Keinen Bock auf einen Karriereweg, in dem ein sehr hohes Einkommen winkt, weil (noch) nicht genug Geschlechtsgenoss(inn)en dort arbeiten? Okeeee, wie wollen Sie dann je die Frauenquote bei den Dachdeckern erhöhen? Wenn eine Frau sich schon von schlechter Atmosphäre am Arbeitsplatz abschrecken lässt, wie viel mehr von der Gefahr, bei einem Arbeitsunfall zu sterben (bei viel weniger Gehalt)?
Ach, das muss man auch nicht zerreden …
Je sichtbarer und positiver dargestellt etwas daherkommt, desto mehr Mitläufer finden sich dafür.
Ziel ist ja auch ganz klar eine Parität herzustellen, damit es die tatsächliche Verteilung der Geschlechter in der Gesamtbevölkerung repräsentiert.
Flugbegleiter und Erzieher z. B. sind leider keine großartigen „Schlüsselpositionen“ weshalb eine Männerquote hier keinen Sinn macht. Genau wie eine Freuenquote bei Dachdeckern.
Wovor haben die ganzen Männer hier Angst?
Quote sagt doch auch nichts anderes, als das bei gleichwertiger Qualifikation, die Stelle bitte weiblich besetzt wird.
In #23 persiflierte ich bereits die Wahrnehmung, die einige hier über „Quote“ haben.
Je länger ich darüber nachdenke, desto mehr macht eine Männerquote für Erzieher tatsächlich Sinn.
@Anderer Max 31:
Das sehe ich komplett anders. Da es aber mMn schön die verschiedenen Standpunkte illustriert hier mal als Entgegnung:
„Wovor haben die ganzen Männer hier Angst?“
Das hat nichts mit Angst zu tun, sondern mit der Vorstellung, wie eine gute, freie Welt aussehen soll. Da gibt es offenbar unterschiedliche Sichtweisen. Im Konkreten:
„Ziel ist ja auch ganz klar eine Parität herzustellen, damit es die tatsächliche Verteilung der Geschlechter in der Gesamtbevölkerung repräsentiert.“
Schon hier kann ich nicht zustimmen. Ich glaube nicht, dass eine Welt, in der alles quotiert ist, eine bessere ist. Warum sollte das auch so sein?
„Flugbegleiter und Erzieher z. B. sind leider keine großartigen „Schlüsselpositionen“ weshalb eine Männerquote hier keinen Sinn macht. Genau wie eine Freuenquote bei Dachdeckern.“
Achso? Wer definiert „Schlüsselpositionen“? Kennen Sie den VW-Vorstand? Also ich nicht. Warum ist der dann also eine Schlüsselposition? Wenn, dann müsste es Quoten beim Bayern München oder meinetwegen der Nationalmannschaft geben — denn diese Leute sind sichtbar (Ironie an: Wenn man das beim FC-Bayern macht wird auch wenigstens die Bundesliga wieder interessanter…).
Bzw. noch konkreter:
„Aber auch hier denke ich, dass positive Beispiele weitere Geschlechtsgenossinnen dazu inspirieren könnten, diesen Weg auch zu versuchen.
So wie VW-Vorstand und so.“
Der VW-Vorstand als Vorbild? Ernsthaft? In meiner Filterblase gibt es derzeit wenig Menschen, die so geringes Ansehen haben wie der VW-Vorstand. Oder Manager im Allgemeinen. Mich inspirieren Ackermann, Zetschke und wie sie alle heißen nicht — warum sollte das bei Frauen anders sein?
„Quote sagt doch auch nichts anderes, als das bei gleichwertiger Qualifikation, die Stelle bitte weiblich besetzt wird.“
Nein, das sagt eine Quote nicht. Eine Quote sagt, dass x% der Stellen mit Frauen besetzt werden müssen. Wenn es da keine qualifizierten gibt wird halt eine weniger qualifizierte genommen — das ist ja genau die Kritik an Quoten (wie gesagt auch von Frauen, die dann unabhängig von Qualifikation als „Quotenfrau“ abgewertet werden).
Ich verstehe wie gesagt schon die Zielstellung nicht — im Konkreten wird es dann mMn noch unklarer. Was ist der Vorteil daran, wenn ich Frauen (oder Männer) zwinge, Berufe auszuüben, die sie nicht wollen nur damit eine Quote erfüllt wird? Damit wir uns nicht falsch verstehen: Die Möglichkeiten Jobs wahrzunehmen oder zu studieren müssen natürlich gleich sein (das ist aber meines Wissens nach der Fall). Die konkrete Auswahl des Jobs soll doch dann aber bitte den Einzelnen überlassen werden. Und wenn Frauen nunmal mehrheitlich nicht Mathe studieren wollen — warum sie zwingen? Es gibt mMn ganz andere Probleme, die dort angegangen werden müssen. Kinderbetreuung ganztags, Rückkehrrecht aus Teilzeit etc. Meinetwegen auch Quoten in einzelnen Bereichen, wo Frauen diskriminiert werden oder eine paritätische Verteilung wirklich sinnvoll ist (z.B. Politik). Aber im VW-Vorstand oder der Musik? Das sind jeweils private Entscheidungen. Und ich habe noch nie jemanden getroffen, der gesagt hat: „Die Musik höre ich nicht, da singt ja eine Frau“.
@Anderer Max
Das, was Sie beschreiben, wäre ein Gleichstellungsgebot (davon ausgehend, dass es in dem Bereicht überdurchschnittlich viele Männer gibt). Eine xy-Quote lässt entweder direkt nur die Einstellung von xy zu, bis xy/alle=Quote, oder setzt einen Stichtag, an dem die Quote erreicht sein muss.
Irgendwie habe ich aber immer noch (nicht nur hier) kein tragfähiges Argument für das Instrument gehört. Das ist beim Popradio doch wie im DAX-Vorstand: Warum sollte die Popdudelei schon alleine dadurch weniger belangslos werden, dass relativ mehr Frauen mitdudeln? Und was hat der Mann oder die Frau am Fließband davon, wenn die Arschlöcher in der Chefetage durchschnittlich weniger Schwänze tragen? Toll wäre es doch mal, wenn wir es schaffen würden, statt der Schwanz- die Arschlochquote in Führungsetagen zu senken. Da hat aber wohl eines wenig mit dem anderen zu tun. Und das kann man jetzt sogar schriftlich haben.
@Anderer Max/Ichbinich:
Ich stimme da Ichbinich in großen Teilen zu; letztlich führt eine maximale Chancengleichheit eben auch zu einer maximalen Ausdifferenzierung der Gesellschaft.
Wo ich widerspräche ist, dass eine Quote dadurch nicht per se sinnfrei ist. Die Quote für Führungspositionen bspw. ist geeignet, eine weniger männerdominierte Kultur in Unternehmen darzustellen.
Denn viele sexistische Mechanismen sind keine bewussten Entscheidungen. Wenn ein Personaler aber seit 30 Jahren Frauen maximal als Chefsekretärin gesehen hat, kann es gut sein, dass er Frauen unbewusst den Zugang zu Führungspositionen „versperrt“, besser gesagt: sie übergeht.
Unsere männerdominierte Gesellschaft wird sich eben nicht einfach so ändern, weil wir uns jetzt alle einig sind, dass Frauen rechtlich Männern gleichzusetzen sind. Das sind wir uns bei Homosexuellen auch einig und trotzdem gibt es tatsächlich noch immer gewählte Parlamentarier, die die Öffnung des Ehebegriffs abgelehnt haben und es noch tun.
Ziel der Quote ist es also nicht eine Parität herzustellen, sondern die Tatsache, dass Frauen Führungspositionen übernehmen, als normal darzustellen. Das heißt indes auch, dass eine Quote nur für den Übergang da sein kann und darf.
Nur um das klarzustellen: ich beziehe mich hier auf rein private und privatwirtschaftliche Situationen (Vorstände, Musikbranche, etc.) und nicht auf Situationen, in welchen das Volk repräsentiert werden soll. Wobei ich da – also in der Politik – frage, warum man eigtl. bei Frauenquoten und Länderproporz (auch eine Art Quote) aufhört und nicht auch andere unterrepräsentierte Gruppen per Quote fördert.
Das hat nichts mit Angst zu tun, ich halte die Nützlichkeit von Quoten für Frauen bloß für sehr optimistisch hochgeschätzt. Um zu zeigen, dass Frauen Führungspositionen übernehmen können, soll die Quote helfen? Okeee, aber das zeigt dann aber gleichzeitig, dass Frauen Quoten brauchen, um Führungspositionen zu erreichen. Ist jetzt nicht ganz das, was mich motivieren würde. Mal abgesehen davon, dass ich nicht auf die Idee komme, das Zeug zum VW-Vorstand zu haben, nur weil ich ein Mann bin. Oder zum Pop-Star, weil Dieter Bohlen ein Mann ist.
Und ich bezweifle, dass Managerinnen für weibliche Angestellte weniger Tarifgegner wären als Manager für männliche Angestellte. Die Managerinnen-Quote nutzt demnach höchstens den paar Frauen, die wegen der Quote Managerinnen werden. Yay.
Eine Männerquote bei Kindergärtnern und Grundschullehrern wäre tatsächlich besser, weil Kinder etwas leichter zu beeinflussen sind als Erwachsene und das derzeitig weiblich dominierte Erziehungswesen reproduziert nur das Klischee, dass Männer nicht mit Kindern umgehen könnten. (Frauen aber immer).
Und solange die Berufe mit den meisten Todesfällen fast reine Männerdomänen sind, wird es immer einen Todesfall-am-Arbeitsplatz-Gap zwischen Frauen und Männern geben. In einer etwas besseren Welt würde das Unfallrisiko irgendwie mit dem Einkommen korrespondieren, aber nein. Eine Erzieherin verdient ungefähr so viel wie ein Dachdecker. Das ist die Kehrseite von Frauenquoten: Frauen sollen motiviert werden, nach mehr Einfluss und Geld zu streben, aber gleichzeitig sollen die riskanten Tätigkeiten ruhig bei den Männern bleiben. Dass diese Rosinenpickerei dem Feminismus nicht gerade zum Ruhm gereicht, ist Ihnen wohl klar, oder?
@36 – Mycroft:
Quoten helfen, den bekannten Umstand, dass Frauen Führungspositionen übernehmen zu können, als nicht außergewöhnlich darzustellen. Das ist ein wichtiger Unterschied.
Wenn in DAX-Aufsichtsräten nur Männer säßen, dann wäre die Beförderung einer Frau in eine solche Position außergewöhnlich. Das sollte und soll aber nicht so sein. Dagegen hilft dann eine Quote tatsächlich.
Übrigens ist eine Quote kein Beleg dafür, dass Frauen ohne Quote nicht in diese Position kämen, sondern, dass es ohne Quote schwieriger wäre oder aufgrund strukturellem Sexismus verhindert würde.
@Dominic Zander:
„Wenn ein Personaler aber seit 30 Jahren Frauen maximal als Chefsekretärin gesehen hat, kann es gut sein, dass er Frauen unbewusst den Zugang zu Führungspositionen „versperrt“, besser gesagt: sie übergeht.“
Vorstände werden nicht von Personalern eingestellt sondern vom Aufsichtsrat bestimm. Aber davon mal abgesehen könnte es sein, dass einzelne da keine Frauen haben wollen, ja.
Ich glaube aber, dass das sich automatisch löst bzw. dass Quoten da mehr schaden als helfen (aber das ist tatsächlich ein „glauben“ — ich kann da natürlich wie immer falsch liegen).
Denn das Problem ist ja tatsächlich, dass Vorstände typischerweise älteren Semesters sind. Und zu den Zeiten haben Frauen nunmal weniger solche Positionen innegehabt, so dass es sicherlich tatsächlich schwer sein wird, qualifiziertes Personal zu finden.
Das ändert sich ja aber auch jetzt schon. Bzw. glaube ich an der Stelle tatsächlich an den Markt. Denn ein Unternehmen kann es sich garnicht leisten, für den Vorstand nicht die qualifiziertesten zu nehmen. Denn dann würde ein anderes Unternehmen die Position einnehmen.
und zu:
„Die Quote für Führungspositionen bspw. ist geeignet, eine weniger männerdominierte Kultur in Unternehmen darzustellen.“
Diese besagte „männerdominierte Kultur“ ist ja eigentlich eine marktwirtschaftliche Kultur. Und wie andere Kommentatoren schon sagten; eine Frau im Vorstand wird genauso die Interessen des Unternehmens vertreten — sonst wäre sie an der Position falsch. Eine Frau im Vorstand führt sicher nicht dazu, dass plötzlich alle Mitarbeiter besser bezahlt werden und keine Konflikte mehr auftreten . Das ist ein merkwürdiger Irrglaube, der davon ausgeht, dass Frauen per se „bessere Menschen“ sind. Alle Erfahrungen zeigen aber, dass Frauen in Vorständen daran garnichts ändern.
Das ist widersinnig. Wenn die Tatsache, dass Frauen Führungspositionen übernehmen können, bekannt ist, so zeigt eine Quote doch gerade, dass es ohne diese außergewöhnlich wäre.
Zudem setzt diese Überlegung wieder voraus, dass das Fehlen von Frauen in Führungsetagen kausal an deren Weiblichkeit gebunden ist und nicht an Faktoren, die stärker bei Frauen als Männern korrelieren. (Beispiele dafür wären Wunsch nach Vereinbarkeit von Familie und Beruf, homogene Wochenarbeitszeit oder Introversion.)
Ob es ohne Quote schwieriger oder manchmal dann unmöglich wäre, ist eine Frage der Marginalität. Wenn die Parameter eher niedrig sind, ist es vielleicht nur etwas schwieriger, wenn sie hoch genug sind aber unmöglich. Eine Quote setzt sozusagen die alte Kurve aus, ersetzt sie jedoch nicht mit einer, deren Parameter plötzlich der Gesamtheit der arbeitenden weiblichen Bevölkerung entsprechen, sondern mit einer unbekannten, denn die Basis sind jetzt nur alle die Frauen, die nach den herkömmlichen Parametern qualifiziert und auch willens sind die Position anzutreten. Und die unterscheiden sich eben deutlicher von denen der weiteren Frauen als von männlichen Führungskräften, s. Link o.
Ok, unklar formuliert: eine Frau, die „per Quote“ in einem Vorstand gelangt ist, und ihren Posten kompetent ausfüllt, beweist schon, dass Frauen die nötige Kompetenz haben können, sind aber trotzdem nicht das optimale Vorbild für andere Frauen, weil Männer Vorbilder haben, die es auch ohne Quote „geschafft“ haben. (Womit ich nicht sagen will, dass Männer, die Karriere machen, dies nur durch faire Mittel erreichen; neben „Alltagssexismus“ gibt’s Seilschaften, Vetternwirtschaft u.a.m., was den Wettbewerb verzerrt.)
Also sagt man Jungen: „Ihr könnt alles schaffen, wenn ihr Euch Mühe gebt.“, und Mädchen: „Ihr könnt alles schaffen, wenn es Quoten gibt (und Ihr Euch Mühe gebt).“
Und Männer, die ihre liebgewonnenen Vorurteile pflegen wollen, können sich darauf zurückziehen, dass der Wettbewerb per Gesetz zugunsten der Frauen verzerrt wurde; die Quote ist schon psychologisch nicht geeignet, Vorurteile bei Männern abzubauen.
Der pädagogische Wert erscheint mir nach wie vor sehr überschaubar.
@38 – Ichbinich:
Das ist ein Zusammenhang, der sich mir nicht erschließt. Weil es keine Frauen in Führungspositionen gibt, gibt es auch keine dafür qualifizierten?
Tut mir leid, aber das klingt für mich sehr nach naiv-marktliberalen Ansichten. Und natürlich können sich Unternehmen auch minderqualifiziertes Personal leisten. Ansonsten wäre bspw. Herr Mehdorn schon seit Jahrzehnten arbeitslos. Qualifikation ist gerade in Vorständen nicht das entscheidende Kriterium.
Dann hätte ich wohl nicht „männderdominiert“ geschrieben. Habe ich aber. Aus gutem Grund. Oder möchten Sie leugnen, dass unsere Wirtschaft insgesamt (und vor allem historisch so gewachsen) männerdominiert ist?
Was auch nicht Sinn einer etwaigen Quote ist. Sinn einer Quote soll sein, dass die Tatsache, dass Frauen in Führungspositionen SIND, eine Art Symbolkraft hat, die eben diese Tatsache als das darstellt, was sie ist: normal. Darum geht es. Nicht darum, dass Frauen per se die besseren Menschen sind, und wir alle in einer Art Paradies leben, sobald 50% aller Jobs von Frauen besetzt sind.
@39 – VonFernseher:
Nein. Eine Quote zeigt nur, dass es noch zu viele Menschen gibt, die es als außergewöhnlich einstufen. Das ist ein Unterschied.
Aber sind die Faktoren nicht auch wieder kausal durch deren Weiblichkeit begründet und somit auch ein kausaler Grund für das Fehlen von Frauen in Führungsetagen?
Ja dann, wenn es eine Frage der Marginalität ist, können wir es ja auch sein lassen. Traurige Ansicht.
@40 – Mycroft:
Und wenn wir Quoten als Übergangslösung betrachten, die die Gesellschaft dahingehend verändern sollen, dass man Jungen und Mädchen (und allen anderen) unabhängig vom Geschlecht sagt: „Du kannst alles schaffen“ (wobei das natürlich eh gelogen ist)? Heute ist es doch eher so, dass er Junge hört „Du kannst alles schaffen“ und das Mädchen „Du kannst alles schaffen, aber wunder dich, wenn du ständig übergangen wirst, weil du ein Mädchen bist.“
@Dominik Zander
Die Frauenquote soll also die Führungsetagen weniger männerdominiert machen, was dann die gesamte Wirtschaft weniger männerdominiert macht und damit irgendwie die Kultur ändert. Es ist aber nicht Sinn der Quote, dass Frauen etwas an der Kultur ändern, weil es an sich ein Wert ist die Quote zu erfüllen. Die Chefinnen müssen also gar nichts anders machen als die dominanten Männchen und trotzdem wird sich die männerdominierte Kultur dahingeben. Bei so vielen Drehungen wird mir langsam schwindelig.
Dann wären also extrovertierte Frauen, die keine Familie wollen und auf die Work-Life-Balance scheißen, weniger weiblich?
Ich hoffe, dass wir über solche Zuschreibungen hinaus sind. Nein, Frauen verkörpern öfter als Männer Eigenschaften, die in den Vorstandsetagen vorgeblich nicht gebraucht werden. Aber eine einzelne kann sich durch filzigste Seilschaften und härteste Ellenbogen auszeichnen und trotzdem noch ganz Frau sein.
Ich schätze, Sie haben den Begriff der Marginalität falsch eingeordnet. Der steht hier in einem mathematischen und nicht einem sozialen Zusammenhang, sprich es gibt Grenzprodukte, ab wann das Ganze in eine Richtung kippt. Es ging mir nicht darum, mit dem Wort das Problem fehlender weiblicher Führungskräfte zu marginalisieren.
Dass man das mit der Quote besser sein lassen sollte, ist nicht deshalb meine Ansicht, weil ich keine Frauen in Vorständen sehen will, sondern weil ich lieber Menschen mit anderem Wertekanon dort sähe, egal ob weiblich oder männlich.
@Dominic Zander
„Das ist ein Zusammenhang, der sich mir nicht erschließt. Weil es keine Frauen in Führungspositionen gibt, gibt es auch keine dafür qualifizierten?“
Nein. Weil Frauen vor 40 Jahren nicht in der gleichen Zahl wie Männer Berufe studiert haben, die relevant für Vorstandsposten sind, gibt es jetzt nicht soviele qualifizierte Frauen dafür. Und der Vorstand ist nicht nur eine Führungsposition. Dort hat man die Verantwortung für das gesamte Unternehmen. Das ist schon etwas mehr als Gruppenleiter.
„Ansonsten wäre bspw. Herr Mehdorn schon seit Jahrzehnten arbeitslos. Qualifikation ist gerade in Vorständen nicht das entscheidende Kriterium.“
Ich bezweifle, dass Sie die Qualifikation von Vorständen bewerten können.
Und ja, bei dem Thema bin ich marktliberal.
„Dann hätte ich wohl nicht „männderdominiert“ geschrieben. Habe ich aber. Aus gutem Grund. Oder möchten Sie leugnen, dass unsere Wirtschaft insgesamt (und vor allem historisch so gewachsen) männerdominiert ist?“
Wenn Sie in diesen Klischees denken, dann ist meinetwegen die Wirtschaft insgesamt männerdomiert. Dann sind aber einige Frauen (typischerweise die, die Qualifikation für einen Vorstandsposten haben) auch Männer. Oder meinen Sie eigentlich „sozial eingestellt“, wenn Sie „Frauen“ sagen? Dann wird das aber mit der Quote noch schwieriger.
„Was auch nicht Sinn einer etwaigen Quote ist. Sinn einer Quote soll sein, dass die Tatsache, dass Frauen in Führungspositionen SIND, eine Art Symbolkraft hat, die eben diese Tatsache als das darstellt, was sie ist: normal. Darum geht es. Nicht darum, dass Frauen per se die besseren Menschen sind, und wir alle in einer Art Paradies leben, sobald 50% aller Jobs von Frauen besetzt sind.“
Eine Quote soll abbilden, dass das, was normal ist, auch sichtbar wird? Das ist mir ehrlich gesagt zu hoch. Und wie hängt das mit dem oben beschriebenem „männerdomiert“ etc. zusammen?
„Aber sind die Faktoren nicht auch wieder kausal durch deren Weiblichkeit begründet und somit auch ein kausaler Grund für das Fehlen von Frauen in Führungsetagen?“
Und genau das werden Sie mit Quoten überhaupt nicht ändern. Damit also komplett Ziel verfehlt. Denn wie schon mehrfach geschrieben bekommen Sie durch die Quote ja nicht die alleinerziehende Mutter von 3 Kindern in den Vorstand. Das ist ja genau der Irrglaube, der dieses ganze Quotenthema so unsinnig macht.
„Normal“ heißt „üblich“ oder „von überwiegender Häufigkeit“. Eine Sache, die mit überwiegender Häufigkeit vorkommt, bräuchte keine Quote. Ergo zeigt eine Quote, dass etwas genau _nicht_ normal/häufig ist, sondern man versucht, diese Häufigkeit zu erhöhen. Und wenn wir, also Sie und ich, Quoten als Übergangslösung betrachten, was wäre denn der Zustand, wo man Quoten wieder abschaffen kann?
Persönlich halte ich die männerdominierte Vorstandslandschaft für die _Folge_ und nicht die Ursache der generellen Männerdominanz, und die wiederum – persönliche Theorie – rührt daher, dass Jungen eine größere Risikobereitschaft anerzogen wird als Mädchen. Sprüche wie „Wundere Dich nicht, wenn Du ständig übergangen wirst, denn Du bist ein Mädchen.“ sind da eigentlich nicht geeignet, etwas zu ändern. Besser wäre: „Wenn Du übergangen wirst, lass Dich nicht abschrecken.“
Und Frauenquoten reduzieren das Risiko für Frauen, sind also _kein_ Mittel, die Risikobereitschaft von Frauen zu erhöhen, oder die von Männern zu senken.
@42 – Vonfernseher:
Vorab: Dominic Zander. Nicht mit „k“.
Der markierte Teil ergibt sich mir nicht. Aber prinzipiell: ja (darauf gehe ich dann weiter unten bzgl. Mycroft ein).
Sie sprachen von Eigenschaften, die häufiger bei Frauen zu finden sind, als bei Männern. Da sich Männer und Frauen aber eben genau in diesem einen Punkt, nämlich ihrem Geschlecht, unterscheiden, frage ich mich, was sonst der kausale Grund für die von Ihnen gegebenen Einwände sein soll. Ich bitte daher um Aufklärung.
Entweder überlese ich gerade Ihre Ironie, oder aber Sie wollen „über solche Zuschreibungen hinaus“ sein, nur um dann geschlechterspezifische Klischees, also eben diese Zuschreibungen, über die Sie hinaus sein wollten, anzubringen.
Haben Sie Quellen für die Verwendung dieses Begriffs in diesem Sinne? Während meines Mathestudiums ist mir der Begriff nämlich nur in Stochastik mal begegnet, aber in anderem Zusammenhang.
Anderer Wertekanon als was genau?
@43 – Ichbinich:
Ja, das kann ich nachvollziehen. Da frage ich mich dann aber, woher man diejenigen Frauen nimmt, die nach gesetzl. Quote nun in Vorstände kommen sollen?
Wenn man sich die Resulte des Mehdorn’schen Handelns anschaut, sollte man vor allem Zweifel an dessen Qualifikation bekommen.
Welches Klischee? Dass die Geschichte (nicht nur) Europas vor allem von Männern geprägt und dominiert wurde und Frauen erst seit kurzer Zeit rechtlicht gleichgestellt sind? Das ist für Sie ein Klischee?
Ich assoziiere Frauen nicht mit angeblich typischen Eigenschaften. Diesen Schluss haben allein Sie jetzt hier gezogen, indem Sie Frauen mit Qualifikation für Vorstandsposten als Männer bezeichnen.
Das tut mir leid, ist aber ehrlich gesagt Ihr Problem, wenn Sie sich intellektuell nicht in der Lage sehen, diese simple Argumentation nachzuvollziehen.
Oder aber Sie lernen die Kontext zu beachten. Allerdings haben Sie ja schon zugegeben, Verständnisprobleme zu haben, daher sehe ich Ihnen das hier auch gern nach.
@44 – Mycroft:
Oh, Mycroft definiert sich die Wörter wieder, wie sie ihm gefallen. „Normal“ heißt „der Norm entsprechend, vorschriftsmäßig, so (beschaffen), wie es sich die allgmeine Meinung als das Übliche, Richtige vorstellt“. Diese Definition (Quelle: duden.de) ist weitaus umfangreicher. Wenn nämlich also die allgmeine Meinung Frauen in Führungsetagen als richtig ansieht (wovon ich hier ausgehe), dann sind Frauen in Führungsetagen per definitionem normal. Wenn sie dabei aber unterrepräsentiert sind, ist diese Unterrepräsentation nicht normal.
Der Zeitpunkt ist erreicht, wenn die Frage, welches Geschlecht ein Kandidat hat, nicht mehr gestellt wird.
Dem Rest stimme ich zu, allerdings ist die Quote – (nicht nur) in meinen Augen – wie gesagt als Übergangslösung anzusehen.
„Das Übliche“ ist doch in der Duden-Definition enthalten, insofern verstehe ich Ihren Widerspruch nicht.
Da „normal“ auch „der Norm entsprechend“ heißt, müsste es eine Norm geben, die ein bestimmtes Geschlecht für Führungspositionen vorschreibt. Also ist „normal“ das, was die Quote vorschreibt, nicht das, was Sie oder ich für normal halten?
Solange es eine geschlechterbezogene Quote gibt, muss nach dem Geschlecht von Führungspositionen gefragt werden. Ergo würde man diese Quote nie abschaffen.
Und hierzu:
Die derzeitigen vorstandsrelevanten Uni-Jahrgänge, die (wenn ich ichbinich richtig verstanden habe) höhere Frauenanteile haben als die von vor 40 Jahren, werden in einigen Jahren die Vorstände stellen. Demnach bildet der jetzige Frauenanteil einfach den Studentinnenanteil in den Erstsemestern von vor 40 oder 30 Jahren ab. Von daher wären Quoten bei der Ausbildung wichtiger als in Vorständen, wenn man mehr Frauen (oder umgekehrt mehr Männer) in bestimmten Branchen oder Berufen will.
Ob es _jetzt_ genug qualifizierte Frauen für die Frauenquote gibt, bezweifle ich persönlich gar nicht. Es gibt ja auch mehr qualifizierte Männer, als in den Vorständen sitzen.
@Dominic Zander
Die Erfüllung der Quote scheint für Sie einen intrinsischen Wert zu haben, so als wäre an sich schon etwas besser, wenn wir uns überall repräsentativ der Gesamtgrundheit verteilten.
Was ist dann der Wert der Quote?
(Außer für die paar dutzend Frauen, die von „ziemlich weit“ oben nach „über mir arbeitet nur noch mein Helipilot“ klettern?)
Versprächen Sie sich auch etwas von einer Rothaarigenquote? Laktoseintolerante? Unterwasserrugbyfans? Die assoziiere ich nämlich auch nicht mit bestimmten Führungsqualitäten, aber die könnten es den ganzen mischblonden Latte-Macchiato-Golfern mal so richtig zeigen. Zeit wird’s.
Der Unterschied:
Merkmal A häufiger mit Merkmal X als mit Merkmal Y zu finden –> Korrelation
Mehr x erzeugt mehr a –> Kausalität
Aufreten x bedingt a –> auch Kausalität
Frauen und Männer unterscheiden sich eben nicht nur in XX/XY oder Zwei-/Dreibein, sondern auch in vielem anderen, aus den unterschiedlichsten Gründen. Personen in DAX-Vorständen und Personen ohne Führungsposition unterscheiden sich ebenso in vielem. Und oft sind sich dann eine Vorstandsfrau und ein Vorstandsmann in bestimmten Merkmalen ähnlicher als die Vorstandsfrau und ihre Gärtnerin oder der Vorstandsmann und sein Fensterputzer. Und das könnte wirtschaftskulturelle Gründe haben und vielleicht kein Zufall sein.
Nein, Sie überlesen „öfter – Eigenschaften“ und „vorgeblich“, s.o.
Sie haben wahrscheinlich Recht, dass man den Begrifflichkeiten in einem Mathestudium auf deutsch selten begegnen wird; schon eher auf englisch oder in den Wirtschaftswissenschaften, die auch gerne näher an den englischen Begriffen arbeiten. Wir befinden uns aber nicht in der Wahrscheinlichkeitsrechnung, sondern in der Infinitesimalrechnung.
Jeder Mensch überlegt sich vor einer so einschneidenden Entscheidung wie einem Eintritt in die höchsten Managementebenen, was er bereit ist dafür zu geben und was er sich ausmalt zu erhalten. Da wo sich Kosten und Nutzen berühren, kommt es zu einer positiven Entscheidung (von beiden Seiten, denn wer zu wenig ausgibt – nehme ich mal grob vereinfachend an – wird nicht genommen).
Jeder bewertet die einzelnen marginalen Kosten mit unterschiedlichen Faktoren, wie es seiner eigenen Nutzenfunktion entspricht: der eine hätte gerne geregelte Wochenenden mit der Familie, die andere braucht eine Entfernung < 5km zu ihrem Lieblingsgolfplatz, etc. pp. Die Grenzkosten, mit denen es noch opportun erscheint, mit einem weiteren Δk noch ein bisschen mehr U(k) rauszuholen, unterscheiden sich also bei den einzelnen Parametern deutlich.
Es scheint, dass mehr Frauen (nicht alle) gerade jene Kosten als sehr hoch bewerten, die in ihrer Gesamtheit den Nutzenkanon "DAX-Vorstand" bringen, als das Männer tun. Dafür ist aber eine Frau, die das anders bewertet, eben nicht weniger weiblich, sondern einfach mehr wie die anderen in der "Führungsriege".
Mein Wertekanon* käme mich dort "oben" wahrscheinlich auch teuer zu stehen, weswegen ich mich jetzt aber nicht weniger männlich oder weiblicher fühle., sondern einfach dafür eintrete, dass wir unsere Wirtschaft weniger von Soziopathen, Narzisten und Egomanen lenken lassen.
*langfristige Kapitalerhaltung statt kurzfristiger Renditeerwartung, soziale und ökologische Verantwortung, Realisierung von Gewinnen dort, wo sie erwirtschaftet werden, Lebensarbeitszeitregelungen, …
@dominic Zander
„Ja, das kann ich nachvollziehen. Da frage ich mich dann aber, woher man diejenigen Frauen nimmt, die nach gesetzl. Quote nun in Vorstände kommen sollen?“
Nicht soviele ist ungleich keine. Sollte nach einem Mathestudium bekannt sein. Wie mycroft auch schon sagte gibt es ja auch mehr qualifizierte Männer als die, die dann tatsächlich im Vorstand sitzen. Die Frage ist nur: Warum sollte es gerechtfertigt sein, dass z. B. Bei 10% qualifizierten Frauen 30% per quote gesetzlich vorgeschrieben sind?
„Ich assoziiere Frauen nicht mit angeblich typischen Eigenschaften. Diesen Schluss haben allein Sie jetzt hier gezogen“
Weiter oben schrieben Sie‘
„Die Quote für Führungspositionen bspw. ist geeignet, eine weniger männerdominierte Kultur in Unternehmen darzustellen“
Was meinen Sie denn dann mit „männerdominierter Kultur“ wenn es keine „typischen Eigenschaften von Männern“ gibt?
Sie drehen sich hier im Kreis. Entweder gibt es Eigenschaften, die Frauen eher besitzen, oder nicht. Da sollten Sie sich mal eine Meinung dazu bilden und danach überlegen, was jetzt die quote bringen soll.
Ich stimme da VonFernseher zu: ja es gibt Eigenschaften, die Frauen öfter besitzen als Männer und nein, eine quote ändert das Verhalten in Vorständen nicht weil Frauen mit diesen Eigenschaften so oder so nicht in den Vorstand kommen. Ergo ist es eine unsinnige Bevorzugung von Frauen in diesen Berufen. Das macht also höchstens als eine Art Rache Sinn, weil Männer vorher alles dominiert haben. Ich glaube aber nicht, dass dieses Ziel erstrebenswert ist.
„„Frauen werden benachteiligt, wenn sie starke, progressive und intelligente Musik machen“, sagt Balbina.“
Eher:
Benachteiligt wird man, wenn man starke, progressive und intelligente Musik macht. Unabhängig vom Geschlecht.
Bsp.:
Julien Baker:
https://www.youtube.com/watch?v=CXZG6-3BaKY
Lucy Dacus:
https://www.youtube.com/watch?v=xw4B9ygnlbM
Tom Liwa:
https://www.youtube.com/watch?v=V3lxvb9ycy0
Werden alle nicht gespielt… ein erster Schritt wäre es ja schon, wenn man von den bekannten Künstler unbekannte Lieder spielen würde. Die haben ja mehr als 1,2 Lieder.
Man könnte – aus Sicht der Konzerne – die Quoten natürlich trotz allen Contra-Argumenten trotzdem begrüßen:
Wenn ein Gesetz verabschiedet wird, das für die Interessen einer relativ kleine Gruppe von Menschen – hier: Frauen, die in die Vorstände von dt. Konzernen wollen – quasi maßgeschneidert ist, dann sollte man diese Gruppe auch ins Boot holen, vllt. kriegt man dann auch Gesetze, die dem jeweiligen Konzern auf den Leib geschneidert sind. Ein Schelm, der Böses dabei denkt.
@46 – Mycroft:
Da steht aber mehr als nur „Das Übliche“. Und dieses Mehr macht einen Unterschied. Zumal per definitionem eben deutlich mehr normal ist, als es nach Ihrer Definition wäre. Laut Ihrem Verständnis wären bspw. Homosexuelle nicht normal. Oder Blonde. Oder Christen. Oder Laktosetolerante. Ist das Ihre Sicht der Dinge?
Nein, es reicht die Norm, dass unabhängig vom Geschlecht entschieden werden soll.
Wenn man eine Quote von 30% Frauen in Führungspositionen hat und dort 40% Frauen arbeiten, kann man aufhören nach dem Geschlecht zu fragen. Nur so als Beispiel.
Womit dieses Argument dann also hinfällig würde.
@47 – Vonfernseher:
Es tut mir leid, bei Ihnen diesen Eindruck erweckt zu haben, aber er ist falsch.
Die Gesellschaft zu einem Punkt zu entwickeln, an welchem das Geschlecht nicht nur keine Rolle spielen sollte, sondern tatsächlich keine Rolle spielt. Das hat man angeblich typischen Eigenschaften von Frauen und Männern nichts zu tun.
Wenn es eine strukturelle Benachteiligung dieser Gruppen aufgrund der entsprechenden Eigenschaften/Eigenarten/etc. gibt, dann wäre ich auch dort für eine Quote.
In Kurzform also: Frauen sind so wenig vertreten, weil sie einfach nicht die notwendige Qualifikation mitbringen, was zwar mit ihrem Geschlecht korreliert, aber nicht kausal dadurch bedingt ist?
Gut, dann habe ich das wohl falsch verstanden. Mea culpa.
Also auch in meinen durchaus englischsprachigen Analysis-Büchern findet sich der Begriff ebenso wenig. Kann es sein, dass es sich dabei ausschließlich um einen Terminus aus den Wirtschaftswissenschaften handelt?
1. Über die Weiblichkeit von Frauen schreibe ich hier gar nicht.
2. Frauen sind also nicht in Führungspositionen, weil sie es nicht wollen (Kosten zu hoch, Nutzen zu gering)?
Ich frage mich ernsthaft, warum Sie so oft von „männlich“ oder „weiblich“ als Attribution schreiben, wo es doch um die reine Frage des tatsächlichen biologischen Geschlechts geht.
Arbeit und Geld. Das klingt doch sehr nach wirtschaftsliberalen Ideen.
Also da muss ich aber anmerken, dass man Konzepte aus der Mathematik, vor allem was Mengen und deren Größe angeht, nicht einfach auf die Realität übertragen darf. Ein verwandtes Beispiel: es ist mathematisch korrekt zu sagen, dass fast alle Führungspositionen von Frauen besetzt werden oder dass fast alle Menschen drei Arme haben.
Ah okay. Das war durchaus missverständlich. Mit „männerdominierte Kultur“ meinte ich unsere Gesellschaft, die eben eine männerdominierte ist. Damit schreibe ich aber ausschließlich über biologische Merkmale und keine angeblich typischen Eigenschaften. Analog: die IT-Welt wird von Kaffeetrinkern dominiert. Damit ist auch keine Aussage über deren Eigenschaften jenseits der Vorliebe zu Kaffee gemacht (und auch die ist bloße Vermutung, sollte als Beispiel aber reichen).
Um das ganze nochmal etwas anders zu erklären:
In meinen Augen macht eine Quote in manchen Bereichen durchaus Sinn, um die historisch bedingte Dominanz von Männern in unserer Kultur zu durchbrechen, da eine Auswahl nach dem biologischen Geschlecht dem liberalen Grundgedanken der Chancen- und Rechtsgleichheit widerspricht. Die Quote soll dabei helfen, diesen Wandel der Gesellschaft zu beschleunigen (oder z.T. auch erst zu ermöglichen). Es geht dabei nicht darum, dass Frauen typische Eigenschaften hätten, die einem Unternehmen von Nutzen sein können, sondern nur um die Umsetzung des o.g. Stützpfeilers einer offenen liberalen Gesellschaft. Man kann natürlich auch einfach warten und hoffen, dass sich die Situation von allein ändert. Dies halte ich allerdings für a) etwas naiv und b) zu langsam.
Es gibt also (min.) zwei Bedeutungen von „normal“, die eine bezeichnet einen empirisch beobachteten _häufigen_ Ist-Zustand – „Es ist nicht normal, dass es im Sommer schneit.“, und die andere einen (normativ) _vorgegebenen_ Soll-Zustand – z.B. was in DIN soundsoviel steht, oder „Normalerweise schüttelt man sich die Hand zur Begrüßung.“ Im hiesigen Zusammenhang stellt die Häufigkeits-Definition eigentlich das Gegenteil der Vorschrift-Definition dar.
Wenn Sie einen Begriff verwenden, aber eine der möglichen Bedeutungen nicht meinen, ist das nicht meine Schuld. Und ja, als laktosetoleranter blonder Christ, bin ich der Häufigkeits-Definition nach nicht normal. Zwei dieser drei Dinge sind aber angeboren, ergo nicht per Norm änderbar.
Sie haben die Frage von „normalen Vorstandszusammensetzungen“ auf „normale Menschen“ umgebogen. Schöne Kurve, aber rerailen wir die Diskussion doch besser.
Ja, nee, ist klar. Oder, man erhöht die Quote auf 50% (+- den Wert eines halben Vorstandspostens, wenn der Vorstand eine ungerade Anzahl an Posten hat). Nur so als Gegenbeispiel.
Ok, mal anders gefragt, je Führungsposition gibt es eine Anzahl von Personen, die fähig _und_ willens sind, diese Position zu übernehmen (Alle anderen sollten gar nicht erst in Betracht kommen). Nehmen wir mal an, all diese Personen seien entweder Männer oder Frauen (und wer das für ein soziales Konstrukt hält, Vorstandsposten sind auch Konstrukte). Also kann man sagen, dass x% des Auswahlpools Frauen und y% Männer sind, wobei x+y =100%, ok?
Jetzt die spannenden Fragen: Wie groß ist x? 30%? Falls ja, woher weiß man das? Falls nicht, ist x höher oder niedriger? Falls höher, ist das Frauen gegenüber benachteiligend, falls niedriger, Männer gegenüber. Ergo müsste die Quote permanent an die tatsächlichen Werte für x+y angepasst werden, um nicht Männer oder Frauen zu benachteiligen (80% der geeigneten Gruppe konkurrieren um nur 70% der Posten oder 50% um nur 30% oder je, nachdem). Gerechtigkeit sieht anders aus.
Nebenbei, wenn man von einem männlichen oder weiblichen Vorstand entlassen wird, merk man keinen Unterschied, insofern ist das Geschlecht tatsächlich egal. Wenn aber jemand im Radio singt, kann ich fast immer hören, ob es eine Frau oder ein Mann ist. Crazy.
Ich höre SWR 3, Bayern 3, Antenne 1 etc. Das gefällt mir. Wahrscheinlich muss ich mich dafür nun entschuldigen. Denn ich höre, was Übermedien abwertend als „Einheitsbrei“, „Gedudel“, „Chartmusik eben“ bezeichnet. Ich habe auf Youtube Balbina angehört – und bin froh dass das auf meinen Sendern nicht läuft. Da Balbina „starke, progressive und intelligente Musik“ macht, gefällt mir offensichtlich schwache, veraltete und dumme Musik. Und weil mein Geschmack für dumme Musik von vielen Hörern geteilt wird hat Balbina keine Chance.
Das ist natürlich völlig falsch und muss sofort geändert werden!! Ab sofort müssen die Mainstream-Sender progressive, intelligente Musik von Frauen spielen, die „abweiche, anders sei, nicht so eingängig“ ist. Und wenn Sie es nicht freiwillig tun, muss ein Gesetz zum Schutz vor dummer, männlicher Musik her. Und wenn dann die abweichende, andere und nicht eingängige Musik dadurch plötzlich normal wird und nicht mehr abweichend, dann muss das Gesetz nochmal geändert werden. Es muss dann vorschreiben, dass nur noch intelligente und progressive Musik gespielt werden darf.
@Dominic Zander
Letzter Versuch:
1. Normierung vs. Normalität
Dass ein Wort im Wörterbuch mehrere Bedeutungen hat, heißt nicht, dass man immer alle bedeuten will; manchmal schließen sich zwei Bedeutungen sogar aus, wie z.B. bei normal wie in Normalverteilung und normal wie in Normalisierung eines Standards.
Würden alle Studierende normalisiert lernen und normale Klausuren schreiben, lägen alle Noten zwischen 1,0;U(I,EN);4,0 mit einer Abwägung der investierten Anstrengung I und der erwarteten Note, Fünfer gäbe es ja keine. Und Klausuren, die stärker in die Endnote eingehen, hätten natürlich einen besseren Schnitt als andere. Komischerweise gibt es aber keine wesentliche Verschiebung der Glocke nach links und die Ergebnisse sind meisten relativ normalverteilt.
Und auch bei einer DIN-Norm gibt es nur sehr selten das eine, richtige Normale, sondern Normbereiche, verschiedene Alternativen oder sogar verschiedene Normen zur Auswahl. Männlichkeit wäre in einer DIN-Norm nicht unnormal, sondern die zweite Ausprägung, analog: hetero-/homo-/bisexuell, blond/rot/schwarz,…
2. Quotenheuristik
Es kann nicht etwas durch seine ständige erzwungene Beachtung in die Bedeutungslosigkeit geführt werden. Ein gutes Beispiel für die Absurdität solcher Zielsetzungen sind quotierte ErstrednerInnenlisten, die garantiert jede fruchtbare Diskussion irgendwann sabotieren und strikt logisch zu suboptimalen Ergebnissen führen.
Nee. Weder bringen Frauen „einfach nicht“ diese Eigenschaften mit, sondern relativ seltener, noch handelt es sich um notwendige Qualifikationen, sondern um Persönlichkeitsstrukturen, deren Einforderung oft tradiert und daher willkürlich und vergleichsweise selten vorteilhaft ist.
(relativ, vergleichsweise, tradiert, willkürlich, oft, selten: Signalwörter für fehlende Kausalität)
3. Kultur in Vorstandsetagen (mit Signalworthervorhebungsservice)
Sie interpretieren die Worte Mann, Frau, weiblich, männlich halt immer gerade so, wie es Ihnen in den Kram passt. Wenn ich oder Mycroft sie benutzen, haben sie natürlich eine gendergemainstreamte Bedeutung, während bei Ihnen alles rein biologisch ist. Frauen sind auch seltener „da oben“ anzutreffen, weil relativ mehr von ihnen sukzessive Karriereentscheidungen treffen, die bei der jetzigen durchschnittlich repräsentativen Unternehmenskultur für solche Positionen als ungeeignet dargestellt werden. Aber ebenso suchen sich die relativ mehr Männer, die schon „oben“ sind, die Neuen nach den von ihnen präferierten persönlichen Eigenschaften aus. Und wenn man in diese Urne mit allen, die sowohl selbst wollen und gewollt werden, hineingreift, zieht man halt fast immer einen Mann.
Blödsinn. Das klingt nur nach Arbeitswelt und Wirtschaft. Da treffen Sie dann auf die Führungskräfte. Die korrelieren nämlich ganz schlecht mit dem Wolkenland der Glücksbärchis und erstrednerInnenquotierten Forumsdiskussionen.
Das ist zwar nicht von mir, sondern von Ichbinich, trotzdem: Wir befinden uns bei der empirischen Sozial- und Wirtschaftsforschung, also im Umfeld von Numerik und Stochastik. Das Auftreten von Dingen ist irgendwie wahrscheinlich, mit Fehlern behaftet und hoffentlich vielleicht signifikant. „Fast alle Führungspositionen sind von Frauen besetzt“ ist unwahrscheinlich, relativ fehlerhaft und mit Sicherheit nicht signifikant.
Den Rest Ihrer Rabulistik können Sie sich dann selbst beantworten. EOT
Meine derzeitige Lieblingsband besteht aus vier Frauen (zwei Gitarristinnen, eine Bassistin, eine Drummerin, mit wechselndem Gesang). Im Radio habe ich die noch nie gehört. Was vermutlich nicht daran liegt, daß es sich um vier Frauen handelt, sondern daran, daß die ihr Songs selberschreiben und dann mit Gitarren, Baß und Schlagzeug intonieren. Sowas kommt im Radio halt nicht mehr vor.