Hasswort (18)

Die Frauen

Gleich zu Anfang mal ein paar hoffentlich lebensrettende Disclaimer: Ich habe, ehrlich, nicht das Geringste gegen die Schlecker-Frauen. Ich finde auch die Trigema-Frauen und die Apple-Frauen lobenswert. Unsere Kriegerfrauen haben mein Mitgefühl, die benachteiligten Frauen meine – meist ferne – Solidarität. Überhaupt finde ich zwar nicht die, aber doch viele Frauen gut, arbeite gern mit ihnen, und die meisten meiner besten Freunde sind Frauen.

Der Begriff „Hasswort“ ist vielleicht auch ein bisschen hart. Trotzdem muss ich bekennen: Bei „die Frauen“ überläuft mich gelegentlich ein Schauer. Aber da kommt es auf Feinheiten an: Natürlich nicht bei „die Frauen“ als deskriptiver Begriff. Er ist so berechtigt und banal wie „die Männer“, „die Schimpansen“ oder „die Journalisten“ – nach schlichten Merkmalen grob kategorisierend eben. Bei „die Kinder“ ist es schon ein wenig schwieriger, weil sie bekanntlich mit „die Männer“ und „die Frauen“ in einen Topf geworfen werden, obgleich da die Kategorien unklar sind: Ist Kind-Sein geschlechtslos? Meint „die Frauen“ nur geschlechtsreife oder geschlechtlich agierende Personen? Oder am Ende gar nur solche, die sich als Teil von „die Frauen“ verstehen?

Ich meine einen Begriff von „die Frauen“, der an der Oberfläche weibliche Menschen beschreibt, in Wahrheit aber den Gang der Welt wispert. Er ist ein Begriff für Wissende; er vibriert unter dem Lack. „Die Frauen“ können zwei sein oder 200 Millionen, notfalls alle. „Die Frauen“ sind zwingend andere, zugleich aber auch stets ein bisschen die oder der Sprechende selbst. Diese irrisierende Identität teilen sie sich mit der Arbeiterklasse, den Steuerzahlern und den Mietern, also weiteren Bevölkerungsgruppen, für die sich allezeit jemand müht, um „ihre Rechte zu stärken“.

Nun ist es so: Man kann sich unter „die Frauen“ Personen vorstellen wie – beispielhaft – Verona Poth oder Friede Springer, Fürstin Gloria, Susanne Klatten oder Heidi Klum. Hier drängt sich mir persönlich das Bedürfnis, ihre „Rechte zu stärken“, ehrlich gesagt nicht unmittelbar auf; ich finde, dass sie schon ausreichend gestärkte Rechte haben. Solche eine Unterscheidung liegt aber keinesfalls im Blickfeld von „die Frauen“. Um sich dem Grund meiner (heutigen) Wahl zu nähern, muss man sich mit der Bereitschaft zu einer gewissen Sensibilität vorstellen, wie es sich anfühlt, wenn Teresa Bücker, Anne Wizorek oder Ursula Schele – ebenfalls beispielhaft – die genannten fünf Personen als „die Frauen“ bezeichnen und ihrem Gutmeinen einverleiben.

Der bestimmte Artikel erfüllt bei diesem „die Frauen“ zwei faszinierend gegenläufige Funktionen: Zum einen ist er eine beziehungsvolle Demonstration seiner eigenen völligen Überflüssigkeit, da mit „die Frauen“ stets die Geschlechtsträgerinnen als solche, also alle Frauen der Welt gemeint sind. Zugleich simuliert das „die“ vor der lieblosen Gattungsbezeichnung eine gewisse Nähe, Vertrautheit, Zärtlichkeit, eine Fürsorge. Der gute Vater sagt nicht, er müsse noch „Kinder“ vom Kindergarten abholen, sondern „die Kinder“. Und wenn die Mutter sagt, dass sie „einen Käsekuchen“ backt, meint sie damit nicht das Gegenteil von zwei Käsekuchen, sondern den einen, der nur für uns ist.

„Die Frauen“, wie es etwa eine TV-Magazin-Moderatorin sagt, die einen Drei-Minuten-Bericht darüber ankündigt, was „die Frauen“ heute einmal mehr denken, brauchen und wollen, ist also ein ziemlich vereinnahmender, aber auch ein sehr einbeziehender Begriff. Er stellt die sprechende Person Seite an Seite mit der Gattung, die sie scheinbar neutral bezeichnet.

„Die Frauen“ enthält also auch eine ganz kleine Geschichte: Eine Minimalgeschichte. Das sind Erzählungen (darf ich hier „Narrative“ sagen?), die den Willen zur Empathie aus dem puren Nichts quetschen. Zur Verdeutlichung: Eine Meisterin der Minimalgeschichte ist Franziska Reichenbacher, die Lottofee der ARD. Jeden Samstag liest sie zunächst die spannenden Zahlen von Spiel 77 und andere Knaller vor, und dann kommen die Lottozahlen. Frau Reichenbacher wiegt sich dann leicht in den Hüften und sagt: „Die Fünf ist dabei, und die Sieben, und die Zwölf. Die Zweiundzwanzig ist dabei, die Einunddreißig, und die Zweiundvierzig ist dabei.“ Die Zusatzzahl ist nie dabei; sie kommt immer allein und stellt sich daneben.

Unter allen denkbaren Abenteuern, die der Fünf und der Sieben und ihren vier Freunden widerfahren und sie auf den Flatscreen geblasen haben könnten, ist das „Dabeisein“ nun wirklich das minimalistischste. Aber es erfüllt seinen Zweck: Es rührt einen als Zuschauer tatsächlich an, dass die Zwölf heute dabei ist und mitmacht und nicht nur irgendwie lieblos dahingerotzt wurde. Die zehn Millionen Lottospielerinnen haben da gleich einen ganz anderen, persönlichen Zugang zur Zwölf, wie sie ja auch zuvor eine magische Verbindung zur verfluchten Vierzehn aufgebaut hatten, die diesmal schon wieder nicht dabei ist.

Außerdem sagt uns die klitzekleine Geschichte auch etwas über die Lottofee. Nämlich dass sie sich erstens um die Zahlen und zweitens um die lieben Zuschauer wirklich kümmert. Sie möchte am liebsten, dass alle 49 Zahlen dabei sind, und ist jeden Samstagabend ein bisschen traurig, wenn 43 nicht mitkommen dürfen.

Damit sind wir nun wieder bei „die Frauen“. Sie sind alle, die dabei sind, und die Person, die sie anspricht, ist auch dabei. Sie hat sie im Blick: jede einzelne, aber auch alle zusammen, als „die“. Sie beschützt sie, indem sie sie in ihrer Sprache aufhebt und ihre Rechte stärkt, egal welche. „Die Frauen“ sind vielfach anonym. Sie schwitzen und riechen nicht und tragen keine Kittelschützen. Ihre Existenz als Schleckerfrau, Topmodel, Alleinerziehende oder Rapperin ist gelegentlich nützlich, aber nicht wirklich von Belang.

Oft sind „die Frauen“ in fernen Ländern. Dort sind sie entweder vollkommen entrechtete Elendsgestalten oder mutige Kleinkreditnehmerinnen, die ihre gewalttätigen und faulen Besteiger mit Hilfe blonder NGO-Frauen zum Teufel schicken.

Wenn eine einundzwanzigjährige Studentin im vierten Semester sagt, dass „die Frauen“ wollen, dass ihre Rechte gestärkt werden, sehen sie selbst und alle, die Zeugen des Wunders werden, im Geiste die Herde der dankbaren Lämmer vor sich. Als ich ein zwanzigjähriger Gymnasiast war, wusste ich ziemlich genau, was die Proletarier aller Länder wünschten. Heute wissen 24-jährige Online-Journalistinnen ungewöhnlich viel über „die Frauen“ von Hollywood.

Das Wort meiner Wahl ist also eigentlich gar kein Wort, sondern eine Denkschule. Aber das ist ja bei den meisten Wörtern so, die schmerzen.

42 Kommentare

  1. Es ist ja keine Sache, welche „die Frauen“ für sich allein gepachtet haben. Nicht weniger gilt doch der Lieblings-Satz so manch leitenden Redakteurs: „Die Leute wollen das lesen“ oder auch „Die Zuschauer erwarten das von uns“. Früher berief man sich in Redaktionskonferenzen auch gerne mal auf den „Mann auf der Straße“, was einen nachdenklichen Zeitungsredakteur aus einem namhaften Verlagshaus hinaus in die Fußgängerzone trieb, um diesen „Mann auf der Straße“ endlich mal ausfindig zu machen – leider ohne Erfolg.

    In Kombination werden solche Verallgemeinerungen erst so richtig schön: „Immer öfter“ werden „die Leute/die Frauen/die Bürger Zeuge von irgendetwas/konfrontiert mit irgendetwas, wahlweise auch „immer mehr“ erleben „die Frauen/die Bürger“ Dinge, über die dann berichtet/sich empört werden muss.

    Fragen Sie dabei bitte nie nach Zahlen, Statistiken, Umfragen. Denn dann gelten Sie rasch als realitätsblind. Besonders im Feuilleton, wo ein aufmerksamkeitsökonomischer Verdrängungswettbewerb stets Lust auf steile Thesen schafft, sind Fakten, wie der Rheinländer zu sagen pflegt, „e Jeföhl“.

  2. „Bauknecht weiß, was [die] Frauen wünschen“, ist Geschichte – gut so!
    Auch die Bezeichnung „Bundesministerium für [die] Familie, [die] Senioren, [die] Frauen und [die] Jugend“ – kurz: BMFSFJ – ist m. E. überholungsbedürftig und könnte – z. B. – in „Bundesministerium für Menschen“ umbenannt werden.

  3. Es ist eher meistens nicht richtig, wenn eine größeren Gruppe pauschal als eine homogene Gruppe dargestellt wird.
    Sowas ist die Folge, wenn man mehr in Gruppen denkt als in Individuen.

  4. @Stefan Niggemeier und Boris Rosenkranz oder umgekehrt.

    Bitte belasst es nicht bei diesem einen Beitrag von Thomas Fischer. Gebt ihm eine regelmäßige Kolumne auf Übermedien. Und wenn er keine fortlaufende Kolumne mehr will, gebt ihm trotzdem eine! Für sein Honorar zahle ich gerne einen Euro mehr im Monat!

  5. Danke für diesen Beitrag Herr Fischer.

    Mein erster Gedanke ganz am Ende war der Zusammenhang von politischen Entscheidungen die „der bzw. die Wähler“ haben möchten. Und es ist mir eiskalt den Rücken runter gelaufen.

  6. Yay, ein Beitrag von Thomas Fischer. Sehr schön!
    Ich habe speziell den kleinen Exkurs über die sprachlichen Besonderheiten bei der Ziehung der Lottozahlen sehr genossen.

  7. Auch immer gerne genommen: „Das Netz ist empört“, wenn bei Twitter sich mehr als 50 Hansel über irgend etwas erregen.
    Debattieren im im Netz und außerhalb mehr wie 100 Menschen, unter ihnen Plasberg, Lanz oder Frauke Ludovig, über ein Thema „debattiert ganz Deutschland“.

  8. Schön, Sie hier zu lesen, Herr Fischer! Ich hoffe, Sie genießen Ihren Unruhestand und bereichern uns auch weiterhin mit Ihren klugen, blickfelderweiternden Kommentaren, in welchem Medium und in welcher Form auch immer.

  9. Dieser Beitrag gefällt mir nicht. Es wird nicht herausgearbeitet, was an der rhetorischen Vereinnahmung der Gruppe aller – oder irgendwelcher – *Frauen* im besonderen bedenklich ist (und wozu sich sicher Interessantes sagen ließe), sondern der Verfasser kritisiert, wenn ich ihn recht verstehe, den Gebrauch von Formulierungen wie „die Frauen“ (wobei statt „Frauen“ auch andere Gruppenbezeichnungen stehen könnten) im allgemeinen. Tatsächlich gibt es daran viel auszusetzen, wie solche Formulierungen gebraucht werden, welche unzulässigen, vielleicht sogar verletzenden Unterstellungen mit ihrem Gebrauch insinuiert werden, wie manipulative Rhetorik mit ihnen betrieben wird usw. In Ansätzen ist davon in Herrn Fischers Beitrag zu lesen, wenn auch für meinen Geschmack zu wenig und in zu wenig erkenntnisvermittelnder Weise. Das „Haßwort“ (es widerstrebt mir zu sagen, daß ich etwas oder jemanden „hasse“, aber sei’s drum) zu diesem Beitrag ist dann aber nicht „die Frauen“, sondern vielmehr „die“. Der Titel ist also wenigstens irreführend, der Text hinterläßt mich enttäuscht und zur Sache (egal welcher von beiden) wenig erhellt.

  10. Aus diesem Blickwinkel die Ziehung der Lottozahlen zu beschreiben ist ganz große Kunst! Ein Beitrag, der hängen bleibt.

  11. Puh. Wenn ein, ich nenne es mal, sich dem menschenfreundlichen und verstandesorientierten Spektrum zuzurechnendes Medium, wie Übermedien, Herrn Bundesrichter a. D. ein Forum bietet, über seine Meinung zu Frauen(politik) zu schreiben, dann, naja. Nennen wir es eine kühne Entscheidung. Herr Fischer hat Ahnung von so vielen und kann brillant darüber schreiben. Beim Thema „Frauen“ greift er finde ich meistens daneben. So auch, wie ich finde, in diesem Beitrag. Was will der uns sagen? An irgendeiner Stelle muss er mal wieder betonen, dass es Frauen gibt, denen es gut geht. Als wäre das ein Argument gegen die Existenz von strukturellen Rassismus.

  12. Hab ich was überlesen? Wo schreibt denn Thomas Fischer hier über „Frauenpolitik“? Es geht doch um die generalisierende und aus Fischers Sicht tendenziöse Verwendung der Formulierung „die Frauen“, oder? Find das ja fast ein bisschen arg banal. Weil man das ja in der Tat von vielen Begriffen kennt. Aber sowas ist jetzt schon außerhalb des „menschenfreundlichen Spektrums“? Na, dann hoff ich mal, dass Maike hier nicht irgendwann zum Gatekeeper für Autoren wird. Man muss ganz sicher Fischers Ansichten nicht immer teilen, aber lesenswert sind seine Texte eigentlich immer.

  13. Also, dass ich mich als Gatekeeperin aufspielen will, ist ein Missverständnis. Falls das so rübergekommen ist, entschuldige ich mich dafür. Dass ich Herrn Richter Fischer im Grundsatz bewundere, habe ich hoffentlich deutlich gemacht. Seine Ausführungen zum Thema „Frauenpolitik“, „Sexismusdebatte“ (und natürlich, Hanno, schreibt er darüber in diesem Artikel, Stichwort Theresa Bücker zum Beispiel), finde ich aber tatsächlich sehr grenzwertig. Richtig schlimm, ich würde das schon frauenfeindlich nennen, war sein letzter Artikel zur Wedel-Berichterstattung der Zeit bei Meedia, wo er sich sowohl inhaltlich als auch formal absolut disqualifiziert hat (finde ich).

  14. EMAN (11) + MAIKE (13):
    Ach, wie schade! Sie haben es so gar nicht verstanden (wenn auch auf unterschiedliche Weise)!
    Bitte verzeihen Sie mir!
    Ja, liebe MAIKE, auch ich bin, wie wir alle, gegen „strukturellen Rassismus“, und zusätzlich sogar noch gegen den unstrukturellen.
    Und Nein, liebe EMAN, ich meinte nicht irgendwelche „Gruppen“.

    Mit ähnlichem Tremolo wie „die Frauen“ wird derzeit in Deutscghland nur noch „die Menschen“ ausgesprochen. Man muss „den Menschen“ zuhören, beim ihnen sein, sich auf sie einlassen, fragen, was sie davon haben, plim plam plum…

    Ganz ehrlich, hoch und heilig: Ich weiß es ja, dass es unvorstellbar schlimm ist, Frauen zu benachteiligen. Ich entschuldige mich auch vor der Weltgeschichte dafür, dass ich es nicht ändern kann, keine Frau zu sein und daher nicht zu den Guten zu gehören. Aber das ist eine andere Baustelle!
    HIER ging es mir wirklich gar nicht um weitere sprachliche Gewalttätigkeiteten gegen die leidende Menschheitsmehrheit aus der gehobenen Mittelschicht, sondern nur um ein klitzekleines NERV-Wörtchen. Ich hätte gern auch „radikalislamisch“ genommen, und besonders gern auch „immer mehr“.
    Ich habe mich dann aber doch für die religiöse Variante entschieden und „die Frauen“ gewählt. Das ist natürlich anspruchsvoll, denn man muss halt das Tremolo mitdenken und das Wort zum Sonntag im Ohr haben oder das starre Gesicht der Isabell-Huppert-Imitatorin Teresa Bücker vor Augen, wenn sie es ausspricht: Mit dieser abgrundtiefen Verachtung für die nicht Erleuchteten und zugleich dem leuchtenden Schweben um die Augen herum, das von der Erkenntnis der GANZEN Wahrheit kündet. Wie gesagt: Manchmal sind es die ganz kleinen Geschichten, die Spaß machen. Und es soll sogar schon Erleuchtete gegeben haben, die es für möglich hielten, dass es selbst im allerheiligsten Ernst ein paar lustige Lächerlichkeiten geben könnte.
    TF

  15. Und wenn Fischer dann Namen wie Theresa Bücker und andere in diesem Zusammenhang nennt, schreibt er schon über Frauenpolitik? Na gut, meinetwegen. Mir ist das ein bisschen zu wenig, um diesen Text mit diesem Schlagwort zu charakterisieren. Ansonsten gibt es durchaus Texte von Thomas Fischer, die auch mich nicht so überzeugt haben. Z.B. jener zum Fall Wedel. Würde jetzt aber zu weit führen, das hier im Einzelnen zu erläutern. Soweit weit wie du würde ich da allerdings in der Wertung nicht gehen.

    Ist aber auch egal, es geht ja auch um den obigen Text. Und da ist mir ziemlich schleierhaft, wie man den bzw. dessen Autor generell außerhalb eines menschenfreundlichen Spektrums stellen kann. Und dass Fischer sich an bestimmten Klischees stört, das rechtfertigt schon die Unterstellung, er würde das als „Argument gegen die Existenz von strukturellen Rassismus“ verwenden? Nee, sorry, das finde ich daneben.

  16. @Maike 18.29:
    Wenn Sie – was ersichtlich der Fall ist – meinen „Wedel“-Beitrag ernstlich „frauenfeindlich“ finden, haben Sie (ihn) aber nun wirklich GAR nicht verstanden. Er ist, nach meiner Ansicht, ziemlich genau das Gegenteil.

    Wir haben in Deutschland jährlich ungefähr 8.000 Strafanzeigen wegen einefacher oder schwerer (Vergewaltigung) sexueller Nötigung. Frage: Auf welche Berufsgruppen verteilen sich die von der Polizei ermittelten Tat-Verdächtigen? Es wäre neu, dass detaillierte Untersuchungen dazu vorliegen, und absolut neu, dass ein überproportionaler Anteil von Verdächtigen aus der Film- und Fernsehbranche kommen. Vielmehr scheint es mir so, dass die festgestellten Taten in allen Kreisen, Schichten und Berufsbereichen der Gesellschaft vorkommen. ES ist mir nicht bekannt geworden, dass die deutschen Aktiengesellschaften ihre „Archive durchsuchen“ oder „Task Forces“ gründen, mit denen sie nach Tatopfern von sexuellen Nötigungen oder auch nur „Belästigungen“ bis kins Jahr 1960 zurück suchen. Sie sind auch nicht dazu öffentlich aufgefordert worden. Keine investigative Recherchegruppe untersucht das Belästigungsverhalten in Krankenhäusern, bei großen Zeitungen in Hamburg und anderswo oder in Kaufhäusern.
    Sondern es wird EIN Bösewicht mit Fällen, die zwischen 20 und 45 (!) J
    Jahre alt sind, herausgegriffen und öffentlich „vernichtet“. das zu kritisieren, hat auch nicht ansatzweise etwas mit „Frauenfeindlichkeit“ oder gar mangelndem Mitgefühl für Straftatopfer zu tun. Ich kann nichts dafür, wenn heute in der öffentlichen Diskussion nur noch reflexhaft mit unsinnigen Etiketten herumgeschrieen wird; und ich beabsichtige auch nicht, mir das aufzwingen zu lassen.
    Noch eine Frage dazu: Sabine Rückert hat vior ein opaar Jahren geschrieben, es sei klar, dass ein Mann, gegen den die Beschuldigung der Vergewaltigung erhoben wird, „schon durch diese bloße Beschuldigung VERNICHTET IST.“ Nehmen wir an – und nichts spricht dagegen, und sie sagen es ja immerzu -, dass die ZEIT-Redakteurinnen überzeugt sind, dass Wedel Straftaten begangen hat. Dann muss ja trotzdem noch die leitende Redakteurin sagen: Den VERNICHTEN wir jetzt. Es ist UNSERE Aufgabe, Wedel zu VERNICHTEN, und unser Stolz, das getan zu haben.
    Ich muss gestehen, dass mir das nicht selbstverstädnlich und auch nicht so problemlos vorkommt, wie es allgemein gesehen wird. Ich habe NICHTS gegen Verdachtsberichterstattung (warum auch?), aber einiges gegen VERNICHTUNGS-PRESSE.
    Die Behauptung, es habe der Wedel-Aktion bedurft, um in Deutschland „die Diskussion“ über sexuelle Beläsigung und sexuelle Nötigung und über Benachteiligung von Frauen anzustoßen, halte ich für absurd. Es wurde ein „deutscher Weinstein“ gesucht und mit hohem Aufwand dargestellt. Man hätte auch irgendjemand anderen nehmen können – wie man hört, auch jemanden aus dem eigenen Haus.
    Ich habe zu den „Wahrheiten“ und „Ermittlungen“ in Sachen Wedel nichts beizutragen. Es gibt schon 10 Millionen Sachverstä#ndige und Freizeit- RichterInnen, die den Fall bereits gelöst haben; da brauche ich nicht mitzutun. Ich erlaube mitr aber zu kritisieren, wenn eine große und ehrenwerte Pubklikumszeitung ein ums andere Mal auf dem Marktplatz schreit, sie habe unvergleichlich professionelle Arbeit „nach den Maßstäben der Ermittler“ geleistet, und sich allen Ernstes als Ersatz-Staatsanwaltschaft aufspielt. Staatsanwaltschaften und Gerichte in Deutschland würden übrigens NICHT formulieren, jetzt gehe es ans VERNICHTEN. Nichts, was ich an der ZEIT-Berichterstattung kritisiere, hat etwas damit zu tun, ob die behaupteten Opfer Frauen oder Männer, Kinder oder Greise sind. Dass man als Opfer-Feind beschimpft wird, wenn man dafür eintritt, dass die Beschuldigungen in zivilisierten Rahmen und Formen bleiben, ist sehr schade.
    TF

  17. Äh, könnte vielleicht netterweise einer der Hausherrn kurz klarstellen, ob es sich bei „Fischer im Recht“ wirklich um den Autor handelt? Frage nur so aus allgemeinem Interesse… :)

  18. Wenig Grund, inhaltlich daran zu zweifeln, auch wenn die Tippfehlerfrequenz und das häufige SCHREIEN mich verwundern.

    Ich denke, der Punkt, den Herr Fischer kritisiert, hat durchaus etwas für sich: Medien sollten sich nicht als Ersatzpolizei, -staatsanwaltschaft und -gericht in einem gerieren. Sind sie nicht, werden sie nicht und sollten sie auch nicht sein, auch nicht bei der Verfolgung eines überaus wünschenswerten Ziels.

    Trotzdem kann es in meinen Augen legitim sein, Taten, die aus strafrechtlicher bzw. strafprozessualer Sicht irrelevant sind, da beispielsweise verjährt, gleichwohl noch in die Öffentlichkeit zu ziehen und den mutmaßlichen Täter medial „an den Pranger zu stellen“. Das Strafmonopol hat zwar der Staat, das Ermittlungsmonopol aber nicht.

    Das Strafrecht, da wird Herr Fischer, wenn ich ihn in früheren Beiträgen richtig verstanden habe, sicher zustimmen, hat nur Bandenfunktion, beschreibt also die äußerste Grenze des gerade noch Zulässigen bzw. schon Verbotenen in unserer Gesellschaft. Gesellschaftliches Zusammenleben wird aber nicht nur durch diese Banden, sondern auch durch die „inneren Werte“, sprich Moral, Werte und Regeln diesseits des Strafrechtskosmos bestimmt. Man sollte daher weder der Versuchung unterliegen, gesellschaftliche Veränderungen durch Herumdoktern am Strafrecht zu erzwingen (klappt meistens nicht), noch gleich mit der Strafrechtskeule schwingen, wenn es gilt, Mißstände in unserem Zusammenleben zu bekämpfen.

    Dieser Kampf kann und sollte aber auch durch die Medien ausgetragen werden, und zwar – nach Kräften sorgfältig recherchiert – auch zu Taten, die aus dem Raster der strafrechtlichen Verfolgung inzwischen bereits aus formalen Gründen herausfallen. Und ja, selbst wenn bei dieser Darstellung ein Herr Wedel medial VERNICHTET wird, genau diese mediale Darstellung aber einige andere Arschlöcher in Machtpositionen davon abhält, künftig Frauen zu belästigen, weil sie eben nicht den Strafdruck, sondern „die Medien“ fürchten, so mag sich das gerade im Sinn gewollter gesellschaftlicher Veränderung lohnen. Die Vernichtung im öffentlichkeitswirksamen Sinn kann dabei im Einzelfall durchaus verheerende Ausmaße annehmen, allerdings nach meiner – zugegebenermaßen subjektiven – Einschätzung doch auch maßgeblich nur bei Personen, die sich zuvor auch freiwillig in dieses Rampenlicht begeben haben. Wenn die dann „am Pranger“ stehen für etwas, was die Zeit in mehr als einem Dutzend Fällen (ja, hier kommt es dann halt auf das Vertrauen ins Medium an) ermittelt hat, dann hält sich mein Mitleid in engen Grenzen. Sie sollte sich halt nur nicht den Mantel des Straf(prozess)rechts überwerfen.

    Im Übrigen sollte man, da schießt Herr Fischer meines Erachtens über das Ziel hinaus, auch auf der Folgenseite klar unterscheiden: die „mediale Vernichtung“ einer Person mag für den einzelnen durchaus den Charakter einer „Vernichtung“ des Rufs und der künftigen Erwerbsmöglichkeiten mit sich bringen, das will ich gar nicht bestreiten. So viele solcher Extremfälle sind mir aber wiederum auch nicht bekannt. Und Herr Wedel kann heute und morgen in das Restaurant seiner Wahl gehen, den Abend verbringen, wie es ihm passt, kurz, tun und lassen, was er will. Derjenige, der mit der strafrechtlichen „Vernichtung“ in Form von Freiheitsentzug konfrontiert ist, dürfte das als die bessere Alternative ansehen.

    Mit anderen Worten: Medien sollten sich nicht als Strafverfolgungsbehörden gerieren. Sie sollten allerdings schon Verfehlungen einzelner aufbereiten und öffentlich machen, auch wenn darüber kein Strafgericht mehr urteilen wird. Die Wirkung kann für den einzelnen verheerend sein, sollte aber auch nicht überschätzt werden. Ansonsten wäre unsere Bundeskanzlerin bei dem, was ihr alles medial untergeschoben wird, sicher schon längst „weg“.

  19. @Herr Fischer, Hanno (das ist Herr Fischer)
    Also, ich entschuldige mich zunächst noch mal. Meine Wortwahl war völlig daneben und überzogen.
    Ich will gar nicht lange rumdiskutieren. Meine kritische Haltung Ihrem Meedia-Artikel gegenüber gründet in etwa auf dem, was auch Frau Juniorprofessorin Hoven in ihrer Replik darauf angeführt hat.
    Ich weiß nicht, ob Sie das jetzt noch interessiert, aber ich versuche doch noch mal, kurz zu erklären, warum ich Ihnen Frauenfeindlichkeit unterstellt habe.
    In der ganzen Debatte um Dieter Wedel werden immer wieder Stimmen laut, zum Beispiel die von Gisela Friederichsen habe ich so verstanden, die es den Frauen, die erklären, Gewalt durch Dieter Wedel erlitten zu haben, vorwerfen, sich nicht eher zu Wort gemeldet zu haben und teilweise daraus auch ableiten, die Aussagen dieser Frauen für unglaubwürdig zu erachten zu können. Das finde ich tatsächlich immer noch frauenfeindlich und einigermaßen unerträglich. Das hat nichts mit Dieter Wedel und dem konkreten Fall zu tun, sondern mit der damit einhergehenden Fehleinschätzung der Situation, in der von sexueller Gewalt betroffene Menschen sich häufig befinden.

    Ihre Kritik an der Berichterstattung der Zeit, dass Sie diese am Maßstab der Anforderungen an staatsanwaltliche Ermittlungen und nicht an jenen der Verdachtsberichterstattung bewerteten, habe ich in diesen Diskurs eingeordnet. Dass die Zeit behauptet hat, nach den Maßstäben der Ermittler gearbeitet zu haben, war mir entgangen, das ist natürlich dumm (für einen Opfer-Feind hatte ich Sie nie gehalten, eher befürchtet, Sie seien vielleicht verrückt geworden).

    Abschließend möchte ich mich noch mal entschuldigen. Die, so nehme ich es wahr, große Aggressivität in der Metoo-Debatte (aber auch anderen Debatten), habe ich anscheinend zu einem Teil verinnerlicht und in meinen Kommentaren hier übernommen und weitergetragen.

  20. @ 16 fischer im recht

    Daß ich „es so gar nicht verstanden“ habe scheint mir plausibel, und daher rührte auch meine Unzufriedenheit. Nachdem ich den Text noch mehrmals gelesen habe, gefällt er mir nach wie vor nicht, und es fällt mir schwer, die Botschaft zu erkennen. Ich halte es für offensichtlich, daß „Frauen“ ebenso wenig wie „Männer“ oder „31½jährige“ eine homogene Gruppe sind, die über einen Kamm zu scheren in jedem beliebigen Zusammenhang sinnvoll und anständig ist. Es ist bedauerlich und gelegentlich empörend, daß das – aus Nachlässigkeit oder gezielt – trotzdem oft getan wird. Ein Text, der hierüber konstruktiv aufklärt, hätte mir grundsätzlich gefallen.

    Ich gebe nach sorgfältiger Lektüre gerne zu, daß durchaus auf die diesbezügliche Vereinnahmung von „Frauen“ weiter eingegangen wird, als ich es zunächst wahrgenommen hatte. Ich habe allerdings inzwischen den starken Verdacht, daß mir Texte dieser Gattung, die aufs Polemische und dabei stark aufs Implizieren setzen, regelmäßig Verständnisprobleme bereiten und für mich nicht den Unterhaltungswert haben, den sie sicherlich verdienen. Deshalb: Nichts für ungut, ich bin wohl beim „Haßwort“ (zum Begriff: s. o.; er hätte mir schon eine Warnung sein sollen) einfach falsch aufgehoben.

  21. @22 EMAN
    Danke für die Antwort.
    Witze zu erklären ist eigentlich ihr Tod. Dennoch noch ein Nachtrag: gemeint ist nicht allein die einigermassen sinnfreie Vereinnahmung einer hochgradig differenzierten Population unter einem groben Raster-Merkmal (was ja bei anderen auch geschieht), sondern die Anreicherung dieser Gattungsbezeichnung mit einer Vielzahl untergründiger Moral-, Definitions-, Zuschreibungs- und Postulats-Anteile und Bedeutsamkeiten. Also um die Hintergrund-Strahlung, die dazu führt, dass und wie der Begriff als Synonym für „die Opfer“ ausgesprochen wird. Das hat etwas von „ die Deutschen“ im Jargon der AFD, aber natürlich viel trauriger, also mit einer Konnotation von „die ARMEN Frauen“, zugleich aber das schwärmerische Sinnen, das man auch hören kann, wenn katholische Priester sagen, „die Kinder“ seien dem HERRN besonders nah.

    Man muss es nicht witzig finden, sich darüber lustig zu machen. Aber man darf.

  22. @20 VANNAY
    Ich schreie nicht. Ich kann bloß keine Kursivschreibung in diesen kommentarkästchen.
    Und vertippen tu ich mich seit 50 Jahren zuverlässig. Zwei-Finger-System. Ich stamme aus einer Zeit. Als Menschen noch ohne Tastatur an den Händen geboren wurden.
    TF

  23. @21 MAIKE
    Vielen Dank für Ihre differenzierte und freundliche Antwort!
    Sowohl Frau Hoven als auch viele LeserInnen meinen und deuten in meine Kritik hinein, ich hätte selbst eine „Beweiswürdigung“ in Sachen Wedel im Sinn oder gar schon vorgenommen. Das liegt mir fern und würde ja meine Kritik völlig entwerten.
    Soweit ich die Beweis-Ergüsse der ZEIT kritisiert habe, geschah das nur beispielhaft im Hinblick auf die Qualität: was die Zeit macht, ist eben keine „extrem sorgfältige“ Ermittlung nach dem „Vorbild der Ermittler“, und die veröffentlichten Beweis-Würdigungen sind eher von schwacher und tendenziöser Qualität. Ein Pressebericht ist eben kein Urteil. Ob er „stimmt“ und „wahr“ ist, weiß ich nicht – ebensowenig wie die Millionen von Schlaumeiern, die jedes Wort schon für bewiesen halten und für die ein Gerichtsverfahren eigentlich nur noch zur Bestätigung dienen könnte – mit allen schrecklichen Begleiterscheinungen, die wir aus @ kachelmann“ kennen.
    Die ZEIT, die schon bei Kachelmann „Partei“ spielte , tut das jetzt wieder. Mit demselben Furor, aber entgegengesetzter Laufrichtung.
    Mir geht es nur um die Form, nicht um den Inhalt. Frau Rückert hat, soweit ich weiß, mit keiner der Wedel-Zeuginnen jemals gesprochen, weiß aber ganz genau, dass sie die Wahrheit sagen.
    Welchen Erfolg das hat, zeigt (auch) die vielfach wiederholte wütende Kritik an meiner Kritik, die mir unsägliche Zuschriften beschert hat: es wird gar nicht mehr wahrgenommen, dass ich dauernd sage, zur Sache (wahr oder nicht) könne und wolle ich nichts sagen. Die gesamte Republik ist wie in einem Fiebertraum auf Verbrecherjagd: Am Fernsehen und im Internet!
    Und wenn man darauf aufmerksam macht, wird man als Frauenfeind und Opfer-Verächter beschimpft und von der ZEIT fristlos, wortlos und aussprachelos rausgeschmissen. Ich habe von der Redaktion der Zeit, die jahrelang an mir verdient hat, noch nicht einmal die Spur einer Chance zur Stellungnahme erhalten. Eine öffentliche Veranstaltung „Was darf die Presse?“, die mit mir geplant war, wurde sofort gecancelt, da es nichts mehr ( mit mir) zu reden gebe. Sogar mein Frei-Abo hat man fristlos eingestellt. -So geht‘s, wenn der „ kritische Geist“ einmal in eine gerade unerwünschte Richtung weht.
    TF

  24. @20 VANNAY
    Kleiner Nachtrag: „was die Zeit in mehr als einem Dutzend Fällen ermittelt hat …“
    Bitte überlegen Sie einmal: eine Zeitung hat geschrieben, sie kenne 20 Menschen, die behaupten, von Ihnen vor 30 Jahren beraubt, zusammengeschlagen oder genötigt worden zu sein. Die Namen sagt sie ( ganz überwiegend) nicht, die Taten werden teils reißerisch, teils vage, stets aber tendenziös und einseitig erzählt, mit Einzelheiten, die nahelegen, dass Sie ein moralisch verkommener Schwerverbrecher sind.
    Dann kommt ein Leser und schreibt, mit einem wie Ihnen müsse man kein Mitleid haben, außerdem sei es gut, wenn durch Ihre „vernichtung“ andere davon abgehalten würden, ähnliche Verbrechen zu begehen…
    sie können jetzt noch in ein Restaurant gehen. Aber jeder auf der Straße erkennt Sie als Verbrecher. Sie verlieren sofort die Arbeit und dürfen nie mehr in Ihrem Beruf arbeiten. Alles was Sie je gemacht haben, wird sofort aussortiert und nicht mehr erwähnt. Jeden Tag erklärt einer Ihrer früheren Kollegen, Sie seien das größte Arschloch, der er/sie je begegnet ist… Alles gut? Normales Risiko? Keine Einwände?
    TF

  25. Oh, ein Fall der präsenilen Bettflucht, wie es der nette Professor Schreiber (Göttingen) mal – auf sich bezogen – ausgedrückt hat? :-) Die seligen tastatur- und bilschirmlosen Zeiten kenne ich auch noch, daher völlige Übereinstimmung bei den zwei Fingern …

    Ja, ich räume ja ein, dass die Wirkungen einer öffentlichen „Verurteilung“ verheerend sein können. Dabei hatte ich durchaus Herrn Kachelmann vor Augen, habe ihn aber nicht erwähnt, um nicht völlig abzudriften. Ich verstehe daher ihre Kritik und unterstütze sie insofern, als dass ich von den handelnden Medien die Berücksichtigung der Folgen der Veröffentlichung solcher „Storys“ erwarte. Nur sollten diese eben auch nicht überschätzt werden: Herr Kachelmann tut inzwischen bei Spiegel Daily (?) mit, Herrn Michael Jackson habe ich neulich erst im Radio wieder gehört, Herrn Cruise gucke ich mir auch dann in zahlreichen Filmen an, wenn er einer Gehirnwäscheorganisation angehört, und frauenverachtende Arschlöcher, die dieser Eigenschaft ob eigenen Stimmrecordings eindeutig überführt sind, können trotzdem amerikanischer Präsident werden und bleiben. Bei Herrn Wedel ist mir nicht erinnerlich, welche Filme von ihm stammen (ist aber eher mein persönliches Problem: die Namen von Regisseuren und sogar Schauspielern interessieren mich in aller Regel nicht, der Film muss mich überzeugen), aber wenn ich von ihm zufällig einen Film im DVD-Regal stehen habe, dann fliegt der gewiss nicht wegen der jetzt erhobenen Anschuldigungen raus …

    Wer sich im Applaus des Publikums sonnt (dessen Begeisterung auch nicht auf Fakten basiert, die in einem Gerichtsprozess erarbeitet wurden), sollte sich diesem Publikum auch hinsichtlich seiner Verfehlungen stellen, wenn diese ihrerseits nicht an den Haaren herbeigezogen sind. Sie führen zwar beispielhaft und plastisch einige Widersprüche in den „Aussagen“ der einzelnen „Zeugen“ und zweifelhafte Motivlagen auf Seiten dieser „Zeugen“ auf. Aus Ihrer Richterpraxis wissen Sie aber ebenso gut, dass der Umstand, dass zahlreiche Zeugen ähnliche Verhaltensweisen schildern, zumindest in dem Sinne ein kleines Beweisanzeichen dafür liefern, dass an den Vorwürfen insgesamt „etwas dran“ ist. Dass etwas „hängen bleibt“. Was von der ZEIT auch durchaus beabsichtigt ist. Dabei spielt für mich die Anonymität der Mehrzahl der Zeugen eine untergeordnete Rolle, wenn ich dem Medium (was ich in diesem Fall tue) insoweit vertraue, als es mir die Existenz dieser Personen ebenso wenig vorgaukelt wie deren Kernaussagen. Dann darf man sowas veröffentlichen, ja, daran halte ich fest.

  26. @ Fischer im Recht

    Wenn Sie kursiv schreiben wollen, einfach die Leerzeichen nach dem Kleiner-als-Zeichen im folgenden Beispiel entfernen:
    beliebiges Wort

  27. Verdammt, neues Beispiel. Diesmal müssen die Minus-Zeichen entfernt werden:
    beliebiges Wort

  28. Okay, gleiches Problem…bzw. gleicher Fehler!
    Noch mal neu:
    kursiv
    fett
    Zitat
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  29. Die Sache wird mir nicht klarer …
    wieso hat das denn bei Nr. 31 geklappt, bei Nr. 32 nicht?
    Na ja, man muss nicht alles (ALLES) verstehen.
    tf

  30. Na ja, der Befehl selbst funktioniert schon. Das Problem ist das Darstellen des Befehls. (Der macht sich immer unsichtbar.)

  31. Wenn ich es recht verstehe, dann analysiert Herr Fischer oben nicht so sehr den Ausdruck „die Frauen“, sondern eher einen ganzen Diskurs, in dem dieser Ausdruck eine zentrale Position innehat („Denkschule“).

    Ich versuche es mal in freier Interpretation – es gibt fünf Aspekte in diesem eigentümlichen Diskurs:

    a) Wer den Ausdruck „die Frauen“ verwendet, reklamiert für sich Deutungshoheit, aber auch Zuständigkeit
    b) Wer den Ausdruck „die Frauen“ verwendet, vereinnahmt die genannten Personen (weibliche Menschen), verleibt sie sich geradezu ein
    c) Wer den Ausdruck „die Frauen“ verwendet, befleißigt sich einer schwärmerischen Empathie gegenüber den genannten Personen, als könne er – besonders jetzt! – all ihre Sorgen und Nöte einzeln spüren
    d) Wer den Ausdruck „die Frauen“ verwendet, interessiert sich einen Scheißdreck für die realen Lebensumstände all der realen Frauen, insbes. nicht für ihre Sorgen und Nöte
    e) Wer den Ausdruck „die Frauen“ verwendet, betreibt kalkulierte Propaganda – und sonst nichts.

    Diese Wiedergabe trifft nicht genau den Wortlaut von Herrn Fischers Analyse – doch stimmt sie (hoffentlich) mit dem Geist seiner Analyse überein. Wenn ich es recht verstehe, dann zeigt Herr Fischer, wie mit dem Gebrauch des bloßen Ausdrucks „die Frauen“ bereits eine bestimmte Tendenz, eine bestimmte Richtung für alle folgenden Äußerungen festgelegt ist.

    Ohne hier weiter ins Detail zu gehen: Mir scheinen Herrn Fischers Ausführungen oben sehr erhellend und aufschlußreich. Schön wäre es, wenn er bei nächster Gelegenheit seine diesbezüglichen Überlegungen weiter entwickeln und ausarbeiten könnte. Denn sein Thema ist ja bei Weitem noch nicht erschöpft …

    Großartig finde ich, daß Herr Fischer einige Kommentare unter seinem Artikel wiederum kommentiert! Zum einen finde ich seine Anmerkungen lehrreich, zum anderen setzt sich Herr Fischer direkt mit seinen Lesern und Kritikern auseinander – so entsteht ein fruchtbarer Dialog (und keine Filterblase). An diesem Verhalten sollte sich der deutsche Qualitäts-Journalismus ein Beispiel nehmen!

    Herr Frank Reichelt und andere Leser haben oben angeregt, daß Herr Fischer bei „Übermedien“ häufiger Artikel veröffentlicht, z. B. im Rahmen einer eigenen Kolumne. Dies wäre in der Tat eine große Bereicherung für alle Leser! Also bitte weiter so ;-)

  32. Lieber Herr Fischer, leider kann man den bebenden Unterton von „die Frauen“, (mir persönlich übrigens viel nerviger „die Menschen“ – warum sagt keiner mehr „die Leute“?) schriftlich schwer rüberbringen, dann hätten es vielleicht alle kapiert. Hätten Sie denselben Text doch nur über „die Menschen“ geschrieben, kommt auf das selbe raus und ausnahmsweise könnte Ihnen niemand Frauenfeindlichkeit vorwerfen. Andererseits wär`s dann vielleicht Menschenfeindlichkeit… Habe Ihre Texte , wie auch diesen, immer mit großem Gewinn gelesen, auch wenn ich mal anderer Meinung war. Was für eine unglaublich entlarvende, arme, unsouveräne Reaktion der Zeit, ich konnte es kaum glauben, und das I-Tüpfelchen ist der Aboentzug. Und zum Statement von Frau Rückert fehlen mir die Worte (…keine Argumente…???). herzliche Grüße fbkln

  33. Man sollte beim Positiven bleiben: Jetzt, so ohne „Zeit“-Abo, haben Sie doch sicher öfters mal Zeit, hier zu schreiben, Herr Fischer!?

  34. Ich habe kein Wort in dem Artikel verstanden ich verstehe das Thema noch nicht mal. Auch nicht die im Anschluss entstandene Diskussion. Das ganze kommt mir vor wie eine Erscheinung der Quantenfluktuation aus dem Bereich des möglicherweise Problematischem.

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