„Shopping Queen“

SM-Werbung: Vox will sich nicht unterwerfen

Und jetzt kommt also die Medienaufsicht mit der Peitsche, allerdings mit einer ganz weichen. Im Februar hatte der Sender Vox seine beliebte Kleidersendung „Shopping Queen“ unter das Motto „50 Shades of Grey“ gestellt. Ein neuer Teil des Soft-SM-Streifens kam damals gerade in die Kinos, und Vox nutzte das, mal ordentlich für den Film zu trommeln. Wir haben bei Übermedien damals über die auffällige Werblichkeit der Sendung berichtet:

Die Kommission für Zulassung und Aufsicht der Medienanstalten (ZAK), die die Privatsender kontrolliert, hat das nun ganz offiziell als Werbeverstoß geahndet. In einer Pressemitteilung schreiben die Medienwächter:

In fünf Sendungen von „Shopping Queen“ vom 30. Januar bis 2. Februar 2017 auf VOX stellte die ZAK Produktplatzierungen mit einer zu starken Herausstellung des ersten und zweiten Kinofilms „Fifty Shades of Grey“ fest. In jeder Folge hatte es ein Gewinnspiel um Premierenkarten sowie 1000 Euro gegeben. Zusätzlich waren zahleiche weitere Bezüge zu den beiden „Fifty Shades of Grey“-Filmen, etwa erläuternde Kommentare, die sich auf Inhalt, Personen und Handlung bezogen, sowie Ausschnitte zu sehen. Die Kennzeichnung als Produktplatzierung reiche in dem Fall nicht aus, da die Art, Dauer und Intensität der Darstellung der Filme übermäßig gewesen sei, beanstandete die ZAK.

Auf Nachfrage teilt die ZAK mit, dass Vox nun einen „Beanstandung“ zugehen werde mit der Aufforderung, so etwas künftig nicht mehr zu tun – das ist die schwächste Sanktion im Peitschenschrank der Medienwächter, wenngleich damit offiziell ein Rechtsverstoß des Senders festgestellt wird.

Die Erfahrung zeige, dass so eine Beanstandung ausreiche und die Sender sich danach richten würden, sagt die Pressesprecherin der ZAK. Außerdem habe Vox so etwas lange nicht mehr gemacht. „Im Wiederholungsfall kann dann auch ein Bußgeld verhängt werden“, so die Sprecherin.

Möglicherweise ist die Hoffnung der ZAK, Vox werde sich unterwerfen, etwas zu optimistisch. Auf unsere Anfrage teilt der Sender mit:

Die Auffassung der ZAK, dass im vorliegenden Fall durch eine vermeintlich zu starke Herausstellung die Grenzen zulässiger Produktplatzierung überschritten wurden, teilen wir nicht.

Deshalb werde man „wie immer“ die „Erfolgsaussichten von Rechtsmitteln“ prüfen, sobald der Bescheid der zuständigen Landesmedienanstalt vorliege. So devot ist Vox dann eben doch nicht.

Nachtrag, 18.6.2020. Nachdem die Landesanstalt für Medien in Nordrhein-Westfalen die Sendung beanstandet hatte, war VOX dagegen juristisch vorgegangen. Nun hat das Verwaltungsgericht Köln die Klage des Senders abgewiesen, berichtet „Legal Tribune Online“:

„Im Falle von ‚Shopping Queen‘ habe der Werbezweck in Bezug auf den zweiten „Fifty Shades of Grey“-Film das Sendungsgeschehen derart dominiert, dass redaktionelle Elemente in den Hintergrund gerückt seien, entschied das Kölner Gericht.“

8 Kommentare

  1. Man merkt dem Text deutlich an, daß Boris Rosenkranz von SM (bzw. BDSM, wie man heute sagt) genauso wenig Ahnung hat wie die Macher dieses unsäglichen Films „Fifty Shades of Grey“. Dieser Film ist kein „Soft-SM-Streifen“, es ist ein Film über die Arroganz des Geldes und über häusliche Gewalt, begangen von einem Täter mit nicht aufgearbeiteten psychischen Problemen, der seine permanenten Grenzüberschreitungen mit dem Deckmäntelchen des BDSM zu rechtfertigen versucht.

    Die wiederholten Anspielungen auf Begrifflichkeiten aus BDSM-Spielen versuchen dem Artikel den Anstrich des Verruchten zu geben, so wie der Film das auch auf groteske Weise versucht.

    Der Artikel formuliert eine Rollenzuweisung der beteiligten Konfliktparteien, die zum Rollenverständnis des BDSM überhaupt nicht passt: Er verortet die Medienaufsicht in der dominanten Rolle und den Fernsehsender Vox in der devoten Rolle, obwohl es darum geht, daß der Fernsehsender Vox Grenzen überschritten haben soll.

    Der devote Partner in einem BDSM-Spiel kann keine Grenzen überschreiten! Das ist qua Definition nicht möglich. Derjenige, der sich an die einvernehmlich vereinbarten Grenzen halten muß, ist der dominante Partner. Wenn nach einem BDSM-Spiel der Vorwurf im Raum steht, daß Grenzen überschritten wurden, dann ist das stets ein Vorwurf an den Dominanten, niemals an den Devoten. Der Dominante kann aufgefordert werden, etwas bestimmtes zukünftig nicht mehr zu tun. Der Dominante soll sich nach den Absprachen richten, nicht der Devote.

  2. Würde ich so sagen. Das Puplikum entscheidet bis zu welchem Grad es bereit ist zu leiden. Wenn es zu viel wird schaltet es ab.

    Treibt der Sender es zu weit haben wir einen nachhaltigen Vertrauensverlust, das Puplikum schaltet gar nicht mehr ein – die Beziehung ist beendet.

    Die Medienaufsicht übernimmt in der Analogie mehr die Position eines unbeteiligten Dritten der fragt: Gehst du nicht ein wenig zu weit? Meinst du nicht das du dich bei deinem Partner entschuldigen solltest?

  3. Ja, wenn man BDSM-Rollen zuordnen will, dann muß man wohl zu dem Schluß kommen, daß der Fernsehsender Vox der Dominante ist und der Zuschaue der Devote. Die Medienaufsicht hat dann eher die Rolle des Veranstalters einer BDSM-Party, der selbst Regeln aufstellt, die generell zu beachten sind (zusätzlich zu dem, was die jeweiligen Spielpartner unmittelbar miteinander absprechen). Die Devoten können sich dann auch mit noch unbekannten Partnern auf ein Spiel einlassen, ohne im Einzelnen alles vorher durchsprechen zu müssen, weil die Wesentlichen Punkte bereits durch den Veranstalter festgelegt sind.

    Das alles passt natürlich nicht zu dem Szenario und der Wortwahl dieses Artikels. Und es passt natürlich auch überhaupt nicht zu der Vorstellung, daß die Medienaufsicht mit einer Peitsche daherkäme. Diese Assoziation von BDSM mit „Peitsche“ ist ohnehin Unsinn. Das ist ein reiner Show-Effekt in schlechter Telephonsex-Werbung, aber hat mit der Realität nichts zu tun. Vor allem lenken solche Dinge von den tatsächlichen Grenzüberschreitungen ab, die sich Mister Grey in dem Film erlaubt:

    Da kommt die Studentin von einer Veranstaltung und findet ihr Fahrzeug nicht wieder. Es taucht dann ein Chauffeur von Mister Grey auf und überreicht ihr Schlüssel für ein nagelneues Fahrzeug. Und er offenbart ihr, daß ihr altes Fahrzeug längst abgeholt und verkauft wurde. Mister Grey hat sich einfach so ihres Eigentums bemächtigt, ohne sich irgendeinen Gedanken dazu zu machen, ob sie vielleicht an dem Fahrzeug hängt, ob sie persönliche Sachen darin hat, ob sie damit überhaupt einverstanden ist. Als Zuschauer möchte ich da ausrufen: „Mädchen, sieht zu, daß Du Land gewinnst! Dieser Mann wird niemals Deine Grenzen respektieren!“.

    Die Studentin ist sich im Unklaren über die Beziehung. Um darüber nachzudenken, nimmt sie sich eine Auszeit und besucht ihre Eltern. Mister Grey fliegt mit seinem Privatjet hinterher, überrascht die Eltern im Cafe und stellt sich als der Lebensgefährte der Tochter vor. Gegen ihren Willen macht er sich also mit ihren Eltern bekannt, er überrumpelt sie und schafft vollendete Tatsachen. Spätestens an diesem Punkt ist offensichtlich, daß die Studentin sich mit einem unbelehrbaren Stalker eingelassen hat.

    Das Kinopublikum zeigt bei diesen Szenen aber keinerlei Regung. Ganz anders, als Mister Grey sein Spielzimmer zeigt. Da geht ein Erschrecken und Raunen durch das Publikum. Dabei ist da bloß ein Raum mit vielen Sexspielzeugen zu sehen, mehr nicht. Der Mann hat Geld, der muß seine Sexspielzeuge nicht in einer Kiste unter dem Sofa im Wohnzimmer aufbewahren (wie ich), der hat dafür ein eigenes Zimmer. Daran ist doch nichts Überraschendes oder gar Erschreckendes. Aber das Publikum fährt auf den Show-Effekt ab, daß in Großaufnahme Sexspielzeuge gezeigt werden.

    Ich habe den Film mit zwei verschiedenen Freundinnen gesehen. Ich war mit einer Freundin im Kino, mit der ich Blümchensex habe. Eine Woche später war ich mit einer Freundin im Kino, mit der ich auch härtere Sachen mache. Der ersten Freundin hat der Film gefallen, und sie sagte zu mir „Daniel, Du hast eben keinen Sinn für Romantik“. Die zweite Freundin dagegen hat meine Kritikpunkte geteilt.

    Das ist das Problem: Menschen, die von BDSM keine Ahnung haben, glauben, diese dauernden Grenzüberschreitungen seien ein Ausdruck eines besonders romantischen Charakters. Der Artikel von Boris Rosenkranz unterstreicht das auch noch, in dem er Grenzüberschreitungen der Rolle des Devoten zuordnet. Er vermittelt das falsche Bild, daß dann, wenn im BDSM-Spiel etwas schiefläuft, die Schuld beim Devoten läge.

  4. Das Problem ist ja folgendes: Es gibt Männer, die haben Probleme mit selbstbewussten Frauen. Manche sind auch regelrechte Frauen-Hasser. Diese Männer kommen dann zu der Einschätzung, sie müssten sich eine devote Frau aus dem BDSM-Umfeld suchen.

    Und es gibt Frauen, die haben Interesse an der devoten Rolle im BDSM und sind noch unerfahren. Diese Frauen geraten dann an solche Männer, die ihnen einreden, sie müssten ohne Widerrede alles mitmachen.

    Wenn nachher die Psyche der Frau in Scherben liegt, wenn der Mann sie völlig zerstört hat, dann redet er ihr ein, daß es ihre Schuld wäre. Er sagt, daß sie wohl nicht devot genug war. Mit dieser (angeblichen) Schuld lässt er sie alleine, während er weiterzieht und sich sein nächstes Opfer sucht.

    Diese Sichtweise unterstützt Boris Rosenkranz, wenn er Grenzüberschreitungen bei der devoten Rolle verortet. Er formuliert sogar explizit, daß die Partei, die er in der devoten Rolle sieht, wohl nicht devot genug ist.

    Fast zeitgleich mit diesem Artikel hat Stefan Niggemeier den Artikel „Literaturkritiker warnt Schwule: Lasst euch nicht mit Arabern ein!“ veröffentlicht. Darin heißt es unter anderem: „Die Schuld für eine Vergewaltigung beim Opfer zu suchen, ist eine klassische Umkehr. Üblicherweise müssen Frauen das ertragen, hier nun ein schwuler Mann.“

    Während also Stefan Niggemeier anprangert, die die Schuld einer Grenzüberschreitung dem Opfer zugewiesen wird, führt Boris Rosenkranz genau die Rollenzuordnung durch, die eine solche Schuldzuweisung unterstützt.

  5. @Daniel Rehbein, #5:
    Ich werde Ihnen gewiss nicht widersprechen, dass Shades of Grey ein mehr als fragwürdiges Bild von Männern und Frauen im Allgemeinen und BDSM im Besonderen vermittelt, aber mit der Kritik an Vox hat damit nur sehr am Rande zu tun.
    Und zwar ist die Kritik an Vox, dass es nicht „devot genug“ ist. Also überhaupt nicht. Während Vox eine Filmreihe bewirbt, in der Kontrollzwang als romantisch und ein extremer Mangel an Selbstwertgefühl als liebenswert dargestellt wird, verfällt es selbst ins gegenteilige Extrem und will sich nicht kontrollieren lassen.

    Ist vllt. eine etwas schräge Metapher, aber es ist eine Metapher.
    Ich bezweifle sehr, dass es viele Menschen gibt, die jetzt denken, Herr Rosenkranz propagiere Analplugs für schleichwerbungsgeile Fernsehsender oder Stalking im Allgemeinen.

  6. Ich glaube ja auch nicht, daß Boris Rosenkranz irgendetwas bestimmtes in Bezug auf BDSM propagieren will. Er hat das gar nicht verstanden, was in diesem Film wirklich passieren, und daß das nichts mit BDSM zu tun hat, und benutzt deshalb dieselben schrägen Buzzwörter wie etwa „Peitsche“, die auch bei der übrigen Berichterstattung über diesen Film von Redakteuren verwendet wurden, die keine Ahnung haben.

    Wenn man schon eine Metapher aus dem BDSM-Bereich verwenden will, dann müsste es heißen „Vox ist nicht dominant genug“. Denn Dominanz bedeutet insbesondere auch, mit einer großen Portion Gelassenheit über den Dingen zu stehen, Kritik an der eigenen Person zu akzeptieren, das eigene Verhalten zu reflektieren, Fehler einzugestehen und künftig zu vermeiden.

    Der Devote kann aufmüpfig sein, frech und vorlaut, er kann ungezogen sein, widerwillig, ungehorsam, man muß ihn an die Leine nehmen, ihn bestrafen, ihn zur Raeson bringen – aber er ist niemals derjenige, der Grenzen überschreitet. Wenn Grenzen überschritten werden, dann macht das der Dominante, dann ist der Dominante seiner Verantwortung nicht gerecht geworden.

  7. Jein.
    „Dominante“ und „Devote“ sind Rollen, nicht wahr?
    Der Vorwurf, wie ich ihn verstehe, ist, dass Vox die Rolle des Devoten nicht spielen will, nicht, dass es die Rolle schlecht spielt.

    Wenn man Vox die Rolle der/s Dominanten zuschreibt, dann wäre der Vorwurf: „Vox ist der Verantwortung als Dominante(s) nicht gerecht geworden und spielt seine Rolle falsch.“

    Dann wäre allerdings das Publikum das Devote, und in dieser Rolle sehe ich mich zumindest nicht.

    („Vox“ ist eigentlich Femininum, aber es heißt _der_ Sender, und eigentlich hat Vox gar kein Geschlecht.)

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